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Jörg Berger bei Alemannia Aachen in der Erfolgsspur – Stefan Kuntz hofft bei LR Ahlen u.a.
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| Donnerstag, 25. März 2004Schon toll, was hier entstanden ist
Jörg Stratmann (FAZ 10.11.) hat Jörg Berger, Trainer von Alemannia Aachen, ins Gesicht geschaut: „Daß Bergers Miene stets diesen skeptischen, oft bekümmert wirkenden Zug trägt, mag an der jahrelangen Erfahrung liegen. Vor allem, weil der notgedrungen weitgereiste Berger auf seinen beruflichen Stationen bei abstiegsbedrohten Klubs zumeist der Arbeitsplatzbeschreibung Feuerwehrmann gerecht werden mußte. Das prägt. Und das galt lange auch in Aachen, wo es Berger kurzerhand zum Wunder erklärte, als er im vorigen Jahr den Abstieg aus der Zweiten Liga knapp vermied. Trotz der Erlebnisse bei Vereinen, die ganz unten gestanden und kein Konzept, keine Ruhe und eine zu hohe Sensibilität gehabt hätten – so etwas wie bei der Alemannia habe er noch nie erlebt. Denn, so brachte er die boulevardeske Betrugsaffäre am Tivoli auf den Punkt: Wie solle man Spieler herlocken, wenn dort andere im Knast hocken, Koffer verschwinden, die Polizei vor der Tür und kein Geld da ist. Seitdem blieben nicht nur Klassenverbleib und Lizenz gewahrt. Mit einem Etat von nur noch sieben Millionen Euro, zwei Millionen Euro weniger als zuvor, dazu der Vorgabe, immer noch 2,51 Millionen Euro Schulden abzubauen, schaffte es die Mannschaft nun abermals auf Rang eins der Tabelle. Zusätzlich wurde Bundesligaklub 1860 München aus dem Pokalwettbewerb geworfen. Eigentlich eine Menge Gründe, auch einmal zufrieden lächelnd Zwischenbilanz zu ziehen. Der so grüblerisch wirkende Berger versuchte es. Nachdem er den Sieg über München wie weiland Weltmeister Franz Beckenbauer bei einem stillen Spaziergang über den Rasen abseits des Trubels genossen hatte, freute er sich zumindest kurz für alle, die hier nach der Krise in Ruhe weitergearbeitet haben. Denn ich vergesse nicht, wo wir waren vor eineinhalb Jahren. Auch Mannschaftsführer Karlheinz Pflipsen, der selbst einst mit der Sammelbüchse in der Aachener Fußgängerzone gestanden hatte, erging sich gern in Erinnerungen. Schon toll, was hier entstanden ist, schwärmte der Profi.“
Ulrich Hartmann (SZ 10.11.) drückt Stefan Kuntz, Trainer bei LR Ahlen, die Daumen: „Stefan Kuntz muss auf seiner vierten Trainerstation weiter mit Entlassung oder Abstieg rechnen. Ersteres ist ihm vor einem Jahr in Karlsruhe passiert, Letzteres im Sommer in Mannheim. Kuntz schämt sich dieser Misserfolge nicht, sondern stilisiert sie lieber zum Lebensmotto hoch: „Ich habe es mir noch nie leicht gemacht“, sagt er. Und vor diesem Hintergrund hat er sich mit dem launigen Retortenklub LR Ahlen natürlich genau den richtigen ausgesucht. Kuntz ist der siebte Trainer im vierten Zweitliga-Jahr bei LR Ahlen. In der westfälischen Provinz zwischen Münster, Bielefeld und Hamm hat man seit dem Sprung ins Profigeschäft noch nie auf Kontinuität gesetzt. Jupp Tenhagen, Peter Neururer, Uwe Rapolder und zuletzt Werner Lorant hießen die wichtigsten Übungsleiter, die alle nur auf sehr überschaubare Amtszeiten gekommen sind. Und schon droht wieder Ungemach. Die Mannschaft ist Letzter, und da wäre es in Ahlen jetzt eigentlich traditionell an der Zeit, sich vom Trainer zu trennen. Doch das ist bislang nicht passiert. Im Gegenteil. Der Verein hat sich ausdrücklich zu Stefan Kuntz bekannt. Präsident Spikker hat mitgeteilt, man wolle mit Kuntz weiter arbeiten, „bis dass der Tod uns scheidet“. In jedem Mafiafilm wäre das eine lustige Pointe – in diesem Fall jedoch wollte man Vertrauen suggerieren, das diesem Verein allerdings keiner so richtig abnehmen mag. Wenn neuerdings vom Richtungswechsel die Rede ist, von langfristiger Planung und der Integration vereinseigener Talente, dann wiederholen die Vorstandsmitglieder nur das, was sie schon gesagt haben, als der Trainer Rapolder vor zwei Jahren aus Mannheim nach Ahlen gewechselt war, um die Strategie der ständigen Zukäufe durch langfristige Nachwuchsarbeit zu ersetzen. Das Thema hatte sich zwölf Monate später erledigt, als Ahlen in der Abstiegszone überwinterte und danach als Retter den launigen Werner Lorant präsentierte. Nun hat der sanfte Stefan Kuntz das Sagen. Er geht mit seinen Spielern in die Fabrik und ins Kino – genützt hat das bislang nichts. Es geht in Ahlen nämlich drunter und drüber seit Saisonbeginn. Viele Fußballer haben sich verletzt oder ihr Potenzial nicht ausgeschöpft. Die Bundesliga-erfahrenen Zoran Mamic, Ansgar Brinkmann, Pawel Wojtala oder Daniel Felgenhauer haben die Erwartungen nicht erfüllt. Der Manager Joachim Krug ist suspendiert worden, weil er Trainer Kuntz nicht davor bewahren konnte, beim Pokalsieg in Siegen vier Nicht-EU-Ausländer einzuwechseln. Da im Pokal nur drei erlaubt sind, ist Ahlen vom DFB disqualifiziert und der Manager vom Verein beurlaubt worden. Rausgeschmissen haben sie ein paar Wochen später auch noch die Spieler Samuel Ipoua und Ansgar Brinkmann. Über Letzteren erzählt man sich, es soll zu Handgreiflichkeiten zwischen ihm und Präsident Spikker gekommen sein. In allen drei Fällen jedenfalls hat man in Ahlen wieder zuverlässig aufgezeigt, wie unsicher der Arbeitsmarkt dort ist.“
Wer glaubt, er macht auf dicke Hose, der täuscht sich
Siegbert Heid von der Friedrich-Ebert-Stiftung hört und sieht genau hin: „In einem vor einiger Zeit übertragenen Zweitligaspiel Alemannia Aachen gegen Spvgg. Unterhaching glaubte der Reporter, auf zwei Spieler näher eingehen zu müssen. Als der Aachener Spieler für sein 450. BL-Spiel geehrt wurde, hob er dessen Bescheidenheit mit den Worten hervor: „Wer glaubt, er macht auf dicke Hose, der täuscht sich.“ Der untere Bereich des Körpers, der erwiesenermaßen für einen Fußballspieler besonders wichtig ist, wurde zudem mit den Worten gewürdigt: „Der hat so dicke Oberschenkel wie Dolly Buster oben herum.“ Der brasilianische Gegenspieler Copado hatte dafür offensichtlich keinen Blick. Völlig unzutreffend, denn ich habe das Spiel ja auch gesehen, erzählte der Mann am Mikrofon den Unbedarfteren unter uns, dass „er immer mit den Augen am Spielgerät sei.“ Da ich außer dem für alle 22 Spieler gedachten Ball kein anderes Spielgerät erkennen konnte, muss ich sagen, hier irrte sich unser wackerer Berichterstatter. Gerechterweise muss man sagen, dass sich auch Trainer irren können. Eine schöne Szene soll aus dem Spiel Eintracht Frankfurt – Borussia Dortmund aufgehoben werden. Frankfurts Trainer Willi Reimann muss von seinem letzten Korea-Besuch sehr beeindruckt gewesen sein. Über eine Spielsituation im Dortmunder Strafraum urteilte er: „ Cha hat gesagt, er sei klar gefoult worden. Und er kommt aus einem Land, wo die Menschen gut erzogen sind und die Wahrheit sagen.“ Im Fernsehen konnte man aber erkennen, dass Du-Ri Cha im Dortmunder Strafraum ohne gegnerische Einwirkung zu Fall kam. Was folgern wir daraus? Cha muss auf seinem Weg von Korea nach Frankfurt über krumme Touren gekommen sein.“
Christian Eichler (FAS 9.11.) schaut nicht in die Glaskugel, sondern in die Bibel: „Es ist ein langer Weg zurück nach oben. Ob der erste Schritt gegen Frankreich gelingt? Auch da spricht die jüngste Statistik nicht für die Deutschen. Deren Bilanz seit der WM 2002: sieben Siege, fünf Remis, drei Niederlagen, 23:15 Tore. Die der Franzosen: 16 Siege in 18 Spielen, 52:8 Tore. Vorerst also sollte man den deutschen Fußball nicht in einen Topf mit den Besten werfen. Doch zumindest für bibelfeste Ballfreunde besteht Hoffnung. Nach sieben fetten Jahren 1990 (WM-Sieg) bis 1996 (EM-Sieg) wären sieben magere (1997 bis 2003) bald überstanden. Und dieser seit Moses bekannte Zyklus ist ja nicht irgendein Zahlenspielchen aus der ran-Datenbank – sondern die älteste Statistik der Welt.“
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