Bundesliga
Der neue Feind trägt Königsblau
| Montag, 13. Dezember 2004Der 17. Bundesliga-Spieltag: „Wenn die Bayern und die Schalker Meister werden können, dürfen auch die Stuttgarter ihre Ansprüche geltend machen“ (FAZ) / „der VfB hatte die bessere Leistung geboten und obendrein an diesem Tag den besseren Torhüter“ (SZ) – Schalke 04, „Herbstmeister der Herzen“ (FR) – wen mögen die Bremer nicht? „Bayern war gestern, der neue Feind trägt königsblau“ (SZ) – Hertha BSC Berlin, „ein Klon der Lienen-Elf“ (SZ) – „findet der Ausnahmezustand in Mainz langsam sein Ende?“ (FAZ) . Christoph Metzelder, „so schnell werden in Dortmund Schiffbrüchige zu Rettungsschwimmern“ (SZ)
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Bayern München-VfB Stuttgart 2:2
Philipp Selldorf (SZ 13.12.) analysiert: „Der VfB hatte bis zum Schluss die bessere Leistung geboten, er zeigte mehr Einsatz, spielte aggressiver und entschlossener, hatte taktische Vorteile, mehr Chancen), den besseren Spielgestalter (Hleb) und obendrein an diesem Tag den besseren Torhüter. Nur an diesem Tag? Das ist wiederum eine Frage, die auf wenig Gegenliebe traf bei den für alle Einwände toleranten Bayern-Gewaltigen.“
Jagd eröffnet
Matti Lieske (taz 13.12.) ärgert sich über Herbert Fandel und Owen Hargreaves: “Zu den großen Kuriositäten des Fußballs zählt auch in dieser Saison, dass Herbert Fandel Woche für Woche Spiele pfeifen darf. Längst ist er europaweit für seine skurrilen Entscheidungen gefürchtet. Dass solche Skurrilität auch ihre Schattenseiten hat, zeigte sich, als er zusah, wie die Bayern Stuttgarts Besten, Aliaksandr Hleb, systematisch vom Spielfeld traten. Als Fandel bei der absolut rotwürdigen Hargreaves-Grätsche gegen Hlebs Knöchel in der ersten Halbzeit nicht einmal Gelb zeigte, war die Jagd eröffnet. Und als der Stuttgarter nach der letzten gesundheitswidrigen Attacke von Hargreaves raus musste, der Übeltäter aber erneut ungeschoren blieb, erinnerte das stark an den Fußball vor etwa 20 Jahren, als technisch gute Fußballer noch Freiwild für rüde Abwehrrüpel à la Gentile, Goikoetxea oder Karlheinz Förster waren.“
Roland Zorn (FAZ 13.12.) blickt in die Stuttgarter Zukunft: „In München haben sie sich diesmal gewehrt und dabei ihre Spielkunst nicht aus den Augen verloren. Wenn die Bayern und die Schalker Meister werden können, dürfen auch die Stuttgarter ihre Ansprüche geltend machen.“
Schalke 04-SC Freiburg 1:1
Herbstmeister der Herzen
Felix Meininghaus (FR 13.12.) sieht Schatten der Vergangenheit: “Auch wenn das keiner zugeben mag: Nach den dramatischen Ereignissen im Mai 2001 trifft es die königsblaue Seele an ihrer empfindlichsten Stelle, wenn sich die Bayern erneut in letzter Minute auf Rang eins vordrängeln. Zum Ende der Hinrunde macht ein böses Bonmot die Runde, das am Schalker Markt niemand gerne hören wird: Herbstmeister der Herzen.“
Morituri te salutant
Richard Leipold (FAZ 13.12.) erweist den Freiburgern Respekt: “Als die Schalker im 32. Pflichtspiel dieses Halbjahres ermatteten und fahrig eine gute Chance nach der anderen vergaben, faßten die Freiburger in der zweiten Hälfte den Mut, mehr anzustreben als eine knappe Niederlage. Rangnick sagte, der Abstiegskandidat sei aufgetreten wie einst die Gladiatoren im alten Rom, die dem Imperator Cäsar beim Einzug in die Arena zugerufen hätten: „Morituri te salutant“.“
Werder Bremen-1. FC Kaiserslautern 1:1
Ein tolles Jahr für Bremen
Frank Heike (FAZ 13.12.) ordnet ein: „Werder spielt nicht schlecht, doch das letzte bißchen fehlt, sei es Glück, die Gewogenheit des Schiedsrichters oder der lichte Moment eines Einzelkönners. (…) Wieder einmal bricht ihnen eine Stütze der kickenden Gesellschaft weg. Trotzdem war es ein tolles Jahr für Bremen.“
Bayern war gestern, der neue Feind trägt königsblau
Fabian Ernst, noch ein Bremer in Schalke – wie finden das die Bremer, Ralf Wiegand (SZ 13.12.)? „Seitdem die Knappen den Bremern nach Frank Rost auch Mladen Krstajic und Ailton ausgespannt haben, gehört das Wort „Schalke“ zu den schlimmsten Verwünschungen unter Werderanern, ähnlich wie „HSV“ oder „Pauly“ – jenem Schiedsrichter, der im Weserstadion seit jeher als Synonym für Fehlentscheidungen steht. Schalke mögen die Bremer so wenig, dass sogar ein spätes Tor des SC Freiburg sie darüber tröstet, dass die eigene Mannschaft eines zu wenig geschossen hat. Bayern war gestern, der neue Feind trägt königsblau.“
Hannover 96-Hertha BSC Berlin 0:1
Ein Klon der Lienen-Elf
Jörg Marwedel (SZ 13.12.) über Berliner Taktik: „Akzeptieren mussten die Hannoveraner, dass die Berliner sie bei ihrem vierten Auswärtssieg hintereinander mit den eigenen Waffen geschlagen hatten. Wie ein Klon der Lienen-Elf hatten sie gespielt, so kompakt und diszipliniert.“
FSV Mainz-1. FC Nürnberg 0:1
Langer Atem?
„Findet der Ausnahmezustand in Mainz langsam sein Ende?“, fragt Peter Penders (FAZ 13.12.): „Drei Niederlagen in Folge – wer will, kann daraus ablesen, daß den Mainzern langsam die Luft ausgeht. Jürgen Klopp, dem vielgepriesenen Trainer, wäre das durchaus recht. „Die jetzt sagen, daß uns die Luft ausgeht, sind dieselben, die vorher geglaubt haben, wir hätten überhaupt keine Luft.“ Ob sie den langen Atem besitzen, müssen sie erst noch beweisen (…) Anders als Mainz hat der „Club“ nur einmal für Schlagzeilen in der Hinrunde gesorgt, als er den damaligen Tabellenführer Wolfsburg 4:0 besiegte. Herausgekommen aber ist am Ende fast das gleiche Zwischenergebnis.“
VfL Bochum-Hamburger SV 1:2
Zwei letzte Kugeln im Colt
Was will Peter Neururer nun tun, Christoph Biermann (SZ 13.12.)? „Die Mannschaft ist aus der Spur. Neururers Hin und Her der letzten Wochen, etwa die Aufstellung der Mannschaft durch Qualifikationstraining sowie überraschende Wechsel, hatten kaum Erfolg. Der Trainer sprach von der beschränkten Zahl von Patronen, die in der Krise zur Verfügung stehen würden, und bisher blieb sein Peng-Peng ohne große Wirkung. Werner Altegoer hat ihm jetzt noch zwei letzte Kugeln in den Colt gelegt: Ab der Rückrunde ist der 61-fache türkische Nationalspieler Fatih spielberechtigt, und in der Vorbereitung darf der Coach noch einmal versuchen, seine Spieler auf die Höhe ihrer Möglichkeiten zu führen. Dass ihm das gelingt, darauf wollte Neururer, Zocker der er ist, seinen Schopf verwetten. „Meine Haare wachsen weiter, bis wir unten raus sind“, kündigte er an, um gleich der nächsten Pointe nachzustreben: „Ich gehe davon aus, dass ich Ende Februar wieder zum Friseur gehe.“ Das dürfte allerdings so oder so richtig sein, denn das Wallen seiner Haare wird Neururer in Bochum kaum erleben.“
Wir steigen auf, wir steigen ab und zwischendurch Uefa-Cup
Jörg Stratmann (FAZ 13.12.) lacht: „Zumindest ihren Humor haben sie noch nicht verloren. Schon früh in der zweiten Halbzeit wurde den engsten Freunden auf der Osttribüne klar, daß ihrem Team trotz kämpferischer Steigerung wieder mal das Glück abhanden gekommen war. Also faßten sie ihre Stimmung bündig in den fatalistischen Vers: „Wir steigen auf, wir steigen ab und zwischendurch Uefa-Cup.““
Hansa Rostock-Borussia Dortmund 1:1
So schnell werden Schiffbrüchige zu Rettungsschwimmern
Gibt es gute Signale in Dortmund, Javier Cáceres (SZ 13.12.)? „Wie lange bleibt Dortmund im Nichtabstiegsrodeo im Sattel? Die Feststellung, dass der BVB in einem Spiel von nicht messbarer Qualität dem FC Hansa Rostock zum ersten Heimpunkt verhalf, ist schon allerhand; ebenso darf man sich aber auf der Zunge zergehen lassen, dass van Marwijk wahrheitsgetreu eingestand, dass seine Abwehr gegen den mutmaßlich komplexbeladensten Sturm der westlichen Hemisphäre einen „richtigen Notfall“ hatte, den der Rekonvaleszent Metzelder beheben sollte: So schnell werden Schiffbrüchige zu Rettungsschwimmern. Es fehlte nicht viel, und Hansa hätte gewonnen.“
Kommentare
1 Kommentar zu “Der neue Feind trägt Königsblau”
Sonntag, 1. November 2009 um 16:43
[…] Vor wenigen Wochen ist Hargreaves nach mehreren Operationen und langwieriger Rehabilitation wieder zur Mannschaft gestoßen und soll nach jüngsten Aussagen in den nächsten Wochen sein Comeback feiern – wenn es nach der britischen Presse geht, am besten gleich bei einem Treffen auf höchstem Niveau. Ich würde mich über seine baldige Rückkehr auf den Platz freuen, zumal ich seine Spielweise, wie auch sein Auftreten außerhalb des Platzes, in der Regel sehr geschätzt habe. Die Ausnahme von der Regel war ein Spiel am 11. Dezember 2004, in dem Hargreaves seine taktische Aufgabe, Aliaksandr Hleb vom Platz zu treten, mit Bravour erfüllte. […]