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“Trostlosigkeit” (SZ) in Berlin – hängende Köpfe in Kaiserslautern

Oliver Fritsch | Donnerstag, 25. März 2004 Kommentare deaktiviert für “Trostlosigkeit” (SZ) in Berlin – hängende Köpfe in Kaiserslautern

Selten hat eine Fußball-Woche so wenig schönes zu berichten – und so viel Misere und Bedauern: Trainer-Entlassung in Mönchengladbach, unerfüllte Ansprüche in Schalke, auf Zorn folgt in Dortmund Jammer über die „die unheimliche Geschichte der Dortmunder Knie-Fälle“ (FAZ), hängende Köpfe in Kaiserslautern, „Trostlosigkeit des Berliner Fußballs“ (SZ) und eine insgesamt schwache erste Runde nahezu aller deutschen Teilnehmer im Uefa-Cup.

Einzige Ausnahme: Borussia Dortmund gewinnt in Wien mit 2:1 – und verlängert seine Liste der Knieverletzten um Addo und Dedé. Die taz mutmaßt: „Findet sich der Verein als Hauptfigur einer biblischen Parabel wieder, in der er für ein bestimmtes Vergehen mit einer Abfolge von Plagen bestraft wird?“ Pech verschleiert derzeit den sportlich matten Saisonverlauf und die finanziellen Sorgen; Mitleid der Fans und Berichterstatter verdrängt Wut und Enttäuschung. Doch die Financial Times Deutschland hält fest: „Längst hat das Bild einer Mannschaft, die nach der unverhofften Meisterschaft 2001 glänzende Perspektiven zu haben schien, arge Kratzer erhalten.“

Überall verwelken die Visionen

Katrin Weber-Klüver (SZ 26.9.) erläutert die traurige Lage des Fußballs in Berlin: „Wider Erwarten haben noch nicht alle alles aufgegeben in der Hauptstadt. Die Sonne lässt sich nicht unterkriegen. Sie strengt sich an, den Herbst freundlich zu gestalten. Es mag kalt geworden sein, aber deshalb muss der Himmel über Berlin nicht gleich grau werden. Es ist ja schon trist genug, dass inzwischen fast ganzjährig die Novemberstimmung des Verdorrens über dem Fußball dieser Stadt liegt. Überall verwelken die Visionen, bevor sie erblüht sind. Etwa Tennis Borussia Berlin: In den 90er Jahren mit Winfried Schäfer und im Irrgarten des Profisports unterwegs, bringt der Klub seine Saat heute bescheiden auf Oberligarasen aus. Oder brandaktuell der Zweitligaletzte Union Berlin: kündigt seit einer Woche öffentlich an, bei einer Niederlage an diesem Freitag in Unterhaching seinen Trainer zu feuern. Weshalb sich mit diesem Trainer dann ein zweiter Kämpfer – neben der Sonne – gefunden hat: „Ich lasse nicht alles über mich ergehen“, hat Mirko Votava gesagt, „ich werde um meinen Job kämpfen.“ Beim ersten Klub der Stadt sollten sie auch schleunigst den Kampf aufnehmen, und zwar gegen rasanten Verfall von Image und Zuschauerzahlen. Dabei kommen Ansehen und Zuspruch bei Hertha BSC Berlin nicht mal von hohem Niveau. Gerade hat die erste Mannschaft in ihrem achten Pflichtspiel der Saison das vierte 0:0 verbucht. Sie hat überhaupt erst einmal gewonnen, in der ersten DFB-Pokalrunde gegen das viertklassige Reutlingen. Jüngster Gegner am Mittwoch im Olympiastadion war der polnische Erstligist Groclin Dyskobolia aus Grodzisk Wielkopolski. Das Städtchen hat 18 000 Einwohner, Berlin ist 150 Mal größer. Aber es gibt ja keine Kleinen mehr im internationalen Fußball. Man erfährt das immer öfter.“

Zu guter Letzt erwischt es dann doch den Trainer

Jörg Hanau (FR 26.9.) durchschaut die Ankündigung von Hertha-Manager Dieter Hoeneß, einen Spieler rauszuwerfen, als leere Drohung: „Den Trainer rauswerfen, das kann jeder. Sogar in Mönchengladbach haben sie das hinbekommen. Den Spielern den Laufpass zu geben mangels mangelhafter Laufbereitschaft, kommt selten vor. Eigentlich nie. Nicht, dass es Manager jedweder Coleur nicht schon angedroht hätten. Ist es aber wirklich schon passiert? Große Namen waren nie darunter. Es wird die Kleinen unter den Großen treffen. Die nennen sich dann Bauernopfer. Wir dürfen gespannt sein, wen in den nächsten Tagen oder Wochen der Bannstrahl treffen wird. Die Herren Millionäre zittern schon vor Angst. Und selbst wenn es wirklich mal einen der Großkopferten erwischt. Sie fallen weich. Erst gibt’s eine satte Abfindung, dann einen neuen Vertrag bei irgendeinem anderen Proficlub. Selbst in Polen, haben wir gelernt, lässt sich mittlerweile gutes Geld verdienen. Zu guter Letzt erwischt es dann doch den Trainer. Das Gesetz des Marktes. Eine Phrase mit Substanz.“

BLZ-Interviewmit Fredi Bobic

Die gefühlte Souveränität ist wieder dahin

Thomas Klemm (FAZ 26.9.) kann den Kaiserslauterern nicht Trost spenden: „Am Sonntag war die Krise weg, seit Mittwoch ist sie wieder da – so sieht es in der ersten englischen Woche des 1. FC Kaiserslautern dieser Saison aus, bevor sie an diesem Samstag in der Bundesliga gegen das auswärtsstarke Team von Hannover 96 fortgesetzt wird. Klar, das Krisengerede geht nun weiter, sagte FCK-Trainer Erik Gerets nach dem blamablen 1:2 gegen FK Teplice. Drei Tage zuvor, als die Roten Teufel noch um Bundesligapunkte und für ihren Trainer gespielt und 3:1 bei Eintracht Frankfurt gewonnen hatten, meinten die Pfälzer Fußballprofis wieder Selbstvertrauen geschöpft zu haben; doch nach nur sechs Minuten im europäischen Erstrundenspiel und dem ersten Gegentreffer durch den Tschechen Jan Rezek war die gefühlte Souveränität wieder dahin.“

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