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„Endspiel“

Oliver Fritsch | Donnerstag, 25. März 2004 Kommentare deaktiviert für „Endspiel“

Vor dem heutigen „Endspiel“ in der Premier League analysiert Timm Schröder (FR 16.4.) die Position David Seamans. „Auf einmal waren sie wieder da, die Lobeshymnen auf David Seaman. Es war in der 84. Minute des Pokal-Halbfinales Arsenal London gegen den Zweitligisten Sheffield United, als der Keeper einen Kopfball von Paul Peschisolido von der Linie holte und so seiner Mannschaft den 1:0-Sieg und damit den Einzug ins Finale des FA-Cups sicherte. Eine der besten Paraden seiner Karriere schrieb das Boulevardblatt Sun über die Leistung des Torwarts, und der Guardian machte Seaman gleich zum Retter. Ähnliche Worte fand auch der Independent, der dem 39-Jährigen einen Anflug von Genialität bescheinigte. Dazu passte, dass das Spiel gegen Sheffield Seamans 1000. Einsatz als Profifußballer war. Grund genug also für Lobeshymnen, da waren sich die britischen Zeitungen einig. Und das, obwohl sie Seaman, den Zopfträger, noch vor kurzem aufgefordert hatten, seine Karriere endlich zu beenden. Vielleicht war Seaman auch deshalb nicht recht nach Feiern zumute. Vor dem Spiel gegen Sheffield hatte er gesagt: Man hat mir erzählt, dass ich mein 1000. Spiel als Profi mache. Ich habe nicht nachgezählt. Das sollte bescheiden klingen, es ist aber zu vermuten, dass Seaman seine Worte mit Bedacht gewählt hat. Schließlich wurde ihm seit der Weltmeisterschaft in Japan und Südkorea, als England durch einen Patzer Seamans im Viertelfinalspiel gegen Brasilien aus dem Turnier flog, von der englischen Presse die Hölle heiß gemacht. Der Torwart, der Autogramme mit dem schönen Spitznamen Safe Hands signiert, wusste also, dass er zum Dienstjubiläum keine Ergebenheitsadressen erwarten durfte. Zumal der Fehler bei der WM, als Ronaldinhos Freistoß direkt über Seamans Kopf ins Tor segelte, wahrlich nicht sein erster und einziger war. 1995 etwa, im Uefa-Cup-Finale gegen Real Saragossa, ließ er einen ähnlichen Schuss, knapp hinter der Mittellinie abgegeben, passieren. Es war das Siegtor für die Spanier. Oder jetzt, im EM-Qualifikationsspiel der Briten gegen Mazedonien Ende vergangenen Jahres, da rutschte Seaman ein direkt aufs Tor gezogener Eckball über die Linie. Und weil das Spiel unentschieden endete, ergoss sich die ganze Häme der englischen Sportjournalisten über den Keeper, der 75. Mal für sein Land im Tor stand. Die Boulevardzeitung Daily Mirror machte mit einem Bild von Seamans Handschuhe auf, Überschrift: Zu verkaufen. Im nicht minder zimperlichen Express schrieb Kolumnist Des Kelly: Seaman sollte sich nicht Safe Hands nennen, wenn er Blei in den Beinen hat. Der eher zurückhaltende Guardian brachte eine Liste von Seamans Patzern von 1993 bis heute. Und fragte: David, wann meldest du dich endlich arbeitslos?“

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