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100. Geburtstag des Fußballklubs Real Madrid

Oliver Fritsch | Donnerstag, 25. März 2004 Kommentare deaktiviert für 100. Geburtstag des Fußballklubs Real Madrid

„Wenn irgendwann Historiker den 100. Geburtstag des Fußballklubs Real Madrid studieren, dann werden sie auf mehrere Spielverderber treffen. Die hartnäckigsten wohnen in der hintersten Ecke der Halbinsel, an der stürmischen, verregneten Küste Galiciens. Ihr schlimmster Hausfriedensbruch ereignete sich am 6. März, dem Termin des Centenario, mitten in der Festung der Jubilare, dem Stadion Santiago Bernabeu: Dort stahlen die Männer in den weißblauen Hemden den Königspokal, indem sie das Endspiel ohne Rücksicht auf die Inszenierung 2:1 gewannen. Die nächste Frechheit folgte am 10. Mai im heimischen Stadion Riazor, wo die weißgekleideten Ehrengäste 3:0 abgewatscht und auf Platz drei der Abschlusstabelle verbannt wurden. So ähnlich müssen die Römer unter Asterix’ Galliern gelitten haben.“ (Volltext)

Ronald Reng (SZ 10.05.02) beschreibt die schwierige Aufgabe für Jupp Heynckes – Trainer von Athletic Bilbao – die öffentlichen Erwartungen zu erfüllen, nachdem der zwischenzeitliche Titelkandidat mittlerweile auf Platz 8 abgerutscht ist:

„Dabei wäre man in Bilbao vor Saisonbeginn über solch eine Ausgangslage erfreut gewesen: Letzter Spieltag, und noch Optionen, in den Europacup zu kommen. Die Aufgabe für Rückkehrer Heynckes, der vor zehn Jahren schon einmal da war, ehe er weiterzog und mit Real Madrid 1998 die Champions League gewann, hieß, Athletic nach zwei mageren Jahren erst einmal wieder im Mittelmaß der Liga unterzubringen. Das hat er erreicht – doch was objektiv gesehen eine erfolgreiche Saison ist, betrachten Fans und Medien nun als Enttäuschung. Denn der Fußball hat ein Kurzzeitgedächtnis (…) Es ist Jupp Heynckes’ schwerster Kampf in Bilbao: um ein bisschen mehr Realismus. Athletic hält auch im 21. Jahrhundert an seinem Dekret fest, ausschließlich Basken spielen zu lassen. In einer Zeit, in der Bayern München ohne einen Bayern spielt, erscheint das einerseits nobel, andererseits irritierend, schließlich ist es ein – wenngleich harmloses – Tribut an denselben Nationalismus, für den die baskische Terroristengruppe ETA bombt. So oder so ist solch eine Personalpolitik anachronistisch. Mit seiner Regionalauswahl wird Athletic immer im Nachteil gegenüber Wettbewerbern sein, die bei Verletzungen schnell einen Verteidiger aus Argentinien nachkaufen.“ (Volltext)

Peter Burghardt (SZ 07.05.02) berichtet über den neuen Meister CF Valencia und über die zunächst umstrittenen Methoden seines Trainers:

„Zwischenzeitlich hielten die Profis Benitez’ Methoden keineswegs für die geeignete Art, ihnen Beine zu machen. Sie kamen sich vor wie Kleinkinder. Er schickte sie um elf ins Bett und verordnete auch sonst seltsamste Enthaltung: keine Paella, Eis nur aus entrahmter Milch, außerdem ließ er stur verteidigen, denn er liebt Italiens Catenaccio, sein Vorbild heißt Arrigo Sacchi. Zwischen allerlei Unentschieden gab es eine Meuterei, zu den Rädelsführern gehörte der Argentinier Kily Gonzalez, und Mitte Dezember wäre Ernährungsberater Benitez beinahe entlassen worden, als sein Team nach fünf Spielen ohne Sieg 0:2 bei Espanyol Barcelona zurück lag. Dann schickte er drei Stürmer aufs Feld, und es begann die große Wende.“ (Volltext)

Georg Bucher (NZZ 07.05.02) widmet sich dem Meisterkader:

„Mangels eines herausragenden Goalgetters ist das Team schwer auszurechnen, das ausgewogene Kader erlaubt Benítez verwirrende personelle Umbesetzungen. Im Blick auf die nächste Champions League ist allerdings ein Stürmer gefragt, der Garantien für das Toreschiessen gibt (…) So hoch wie den Titel schätzt man am Rio Turia die Überwindung des „Final-Traumas“ ein. Zweimal war unter Héctor Cúpers Leitung die Champions-League-Trophäe in Griffnähe, doch Real Madrid und Bayern München (nach Penaltyschießen) vereitelten den Exploit. Schon damals war den Levantinos ihre Abschlussschwäche zum Verhängnis geworden. Salva hätte sie beheben sollen, allerdings glückten dem einstigen Topskorer von Racing Santander und Atlético Madrid nur fünf Tore; meistens drückte er die Ersatzbank.“ (Volltext)

Walter Haubrich (FAZ 07.05.02) über das überregionale Image des Klubs:

„Im übrigen Spanien hat der CF Valencia nicht besonders viele Freunde, aber auch kaum Feinde. Es ist eine Mannschaft, welche die meisten spanischen Fußballfans eher gleichgültig lässt. Doch alle sind sich einig, dass der CF Valencia nach 31 Jahren mal wieder eine spanische Meisterschaft – es ist die fünfte in der Geschichte – verdient hat.“

Ronald Reng (SZ 30.04.02) über die Gemeinsamkeiten der beiden Trainer von Real Madrid und CF Barcelona, die sich morgen zum Rückspiel des Champions-League-Halbfinales treffen:

„Im Spitzenfußball bildete sich jüngst eine Elite von Trainern, die wie die Manager multiinternationaler Firmen ohne Grenzen zwischen den Klubs hin- und herwechseln. Mobile Führungskräfte wie der Schwede Sven-Göran Eriksson, momentan englischer Nationaltrainer, oder der Italiener Fabio Capello, zurzeit AS Rom. Es sind nicht unbedingt die innovativsten Fachmänner; wichtiger scheint offenbar, dass sie die starke Persönlichkeit sind. Doch ausgerechnet Real und Barca, zwei der führenden Global Player im Fußball, halten sich mit del Bosque und Rexach Trainer, die in ihrer Karriere nie über Madrid bzw. Barcelona hinausgeschaut haben und die man sich auch bei keinem anderen Spitzenklub vorstellen kann; Trainer, die nach außen schwächer wirken als ihre berühmten Spieler. Tatsächlich waren weder del Bosque noch Rexach ursprünglich dafür vorgesehen, ihre heutigen prominenten Positionen auszufüllen. Sie sind da so reingeraten. Beide arbeiteten, bis auf kurze Episoden, nie für einen anderen Klub als den ihren, erst als Profis, später als treue Jugend- oder Assistenztrainer. Sie sollten nur kurzzeitig einspringen, als 1999 in Madrid und vor einem Jahr in Barcelona der Cheftrainer gefeuert wurde und die gewünschten Capellos oder Erikssons nicht zu haben waren.“ (Volltext)

Georg Bucher (NZZ 23.04.02) über den „Gegenwind“ für Jupp Heynckes, Trainer von Athletic Bilbao:

„Nach der Vorrunde schien es durchaus möglich, den Exploit von 1998, Platz zwei und Teilnahme an der Champions League, zu wiederholen. Die „Rotweißen“ hatten auf fremden Plätzen eine Erfolgsserie hingelegt, was sich im neuen Jahr schlagartig änderte. Nur einmal noch, in Vitoria gegen Alaves, gewann man, Heynckes geriet in die Bredouille und unter Rechtfertigungsdruck. Der Anfang der 90er Jahre bereits in Bilbao engagierte Rheinländer vergleicht das Team mit einem VW in der Formel 1. Auf Spieler, die nicht im Baskenland oder in der Provinz Navarra geboren wurden, zu verzichten, um die Identität zu wahren, war ein Wettbewerbsnachteil, der sich nach dem Bosman-Urteil akzentuierte. Zudem treibt das schmale Rekrutierungsangebot Ablösesummen in die Höhe.“ (Volltext)

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