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2:1-Erfolg des Vize-Weltmeisters gegen die färingischen Amateure
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| Donnerstag, 25. März 2004
Wie erwartet reagiert die deutsche Presse sehr kritisch auf den dürftigen 2:1-Erfolg des Vize-Weltmeisters gegen die färingischen Amateure. „Weil die Nationalmannschaft Fußball nur simulierte, wuchsen die Kicker von den Schafsinseln zu einem bedrohlichen Gegner heran“, lesen wir in der FAZ, wo man auch das gutgläubige Vertrauen der deutschen Spieler erkannte, dass nach dem frühen Führungstreffer durch ein Elfmetertor von Michael Ballack „die weiteren Tore wie mit dem Autopiloten durch geringstmöglichen Aufwand erzielt werden“. Die SZ meint zu dem Spiel: „Ein Heimspiel gegen Färöer darf man so nicht gewinnen“, während die taz eine große Kluft zwischen dem Anspruch der Öffentlichkeit und der Wirklichkeit ausmachte: „Das Hauptproblem des deutschen Teams ist die Bürde der Vizeweltmeisterschaft und die damit verbundene Erwartungshaltung, welche dem tatsächlichen Leistungsvermögen in keiner Weise entspricht.“ Doch immerhin: „Ein Tor besser als Berti Vogts“ (Tsp).
Geradezu gereizt begegnen manche Kommentatoren den Versuchen der Beteiligten, die schwache Leistung gleichgültig und unkritisch hinzunehmen. „Der spielerischen Lustlosigkeit folgte die verbale, auch das noch“, liest die SZ den deutschen Spielern ob derer Reaktionen nach dem Spiel die Leviten. „Die deutschen Fußballer verweigern sich nach dem Zittersieg einer grundlegenden Analyse.“
Italien und England hat es auch erwischt. „Slapstick Seaman und Tristezza Trapattoni – von diesen Spezialausgaben des beliebten Serienformats „Pleiten, Pech und Pannen” ist nach Ansicht von Kritik und Publikum am Mittwoch die vermutlich letzte Folge gelaufen“ (FAZ).
Weitere Themen: Andere Spiele der EM-Qualifikation – arbeitsloser Pagelsdorf – ehemaliger Stasi-Mitarbeiter Stange in der Kritik – Portrait Kahn – Töfting im Gefängnis – Fans im Abseits u.v.m.
Zum Gegner heißt es bei Ralf Wiegand (SZ 18.10.). „Im Stadion waren 36.000 Zuschauer, die ganzen Schafinseln haben nur 45.000 Einwohner. Mannschaft und Fans waren mit zwei Flugzeugen gekommen und mussten noch in der Nacht ihres größten Triumphes seit dem 1:0 gegen Österreich 1990 zurückfliegen, weil die beiden einzigen Maschinen der Färöer-Flotte am Morgen wieder im Linienverkehr zwischen Torshavn und Kopenhagen gebraucht wurden. In der färingischen Liga gibt es eine Ausnahmeregelung, nach der ein Mitspieler beim Elfmeter den Ball festhalten darf, falls der Wind zu stark weht ihn sonst vom Punkt pusten würde. Kurz: Die Färöer zählen ungefähr so viele Einwohner wie Coburg, haben das Wetter von Neufundland und nicht mehr Rasenplätze im ganzen Land als der FC Bayern alleine (…) Berti Vogts wird sich nun noch mehr auf diese Deutschen freuen, nachdem das 2:2 seiner Schotten auf den kalten Inseln dank der Elf von Rudi Völler seine böse Macht verloren hat. Vogts darf sich als einziger deutscher Sieger fühlen und darauf gerne ein Gläschen Whiskey heben. Ansonsten gibt es nur Verlierer, die dazu geworden sind, weil sie nicht mehr sehen wollten als das nackte Ergebnis und nicht verstehen konnten, dass sich die Leute darüber ärgerten. Überall unter den Spielern und Trainern war das schlimme Wort vom „Mund abputzen“ zu hören. Das ist ein banalisierender Modebegriff für die Verweigerung einer Analyse, in der man vielleicht die WM als schicksalhaften Glücksfall zu Tage fördern und die Leistungsfähigkeit grundsätzlich neu definieren müsste. Der spielerischen Lustlosigkeit folgte die verbale.“
Eine kritische Analyse von Michael Horeni (FAZ 18.10.). „Tatsächlich aber liegt es nicht an einem übernatürlichen Wachstumsschub der Konkurrenz, sondern vor allem an der Leistungsbereitschaft des Establishments. Es stimmt ganz einfach nicht, daß eine Traditionsmannschaft wie Deutschland gegen unbedeutende Gegner nur verlieren könne – das Publikum registriert sehr genau, ob eine Mannschaft ihre Möglichkeiten auszuschöpfen bereit ist (wie in Litauen) oder nicht (wie gegen die Färöer). Dabei spielt es keine Rolle, ob der Gegner eine ruhmreiche Vergangenheit mitbringt oder die Spieler ihren Lebensunterhalt als Lehrer oder Fischer verdienen. Aber wer in Gedanken schon in der Champions League oder der Bundesliga mit größeren Herausforderungen beschäftigt ist, wie dies nicht nur Kapitän Kahn zugibt, dem wird es nicht immer gelingen, mit ökonomischem Einsatz das maximale Ergebnis zu erzielen. Es ist daher nicht allein einer Leistungsexplosion geschuldet, die es den Kleinen erlaubt, über sich hinauszuwachsen. Vielmehr sind es die Großen, die viel zu beschäftigt sind, um die Tücken des Alltags souverän zu meistern.“
Ralf Wiegand (SZ 18.10.) ist verärgert. „Der Fußball-Funktionär Karl-Heinz Rummenigge, ganz früher einmal ein Liebhaber dieses Spiels und nicht nur seiner Erträge, sagte: Wenn Deutschland gegen Färöer spiele, sei das für die Fans wie ein Knochen ohne Fleisch. Mal abgesehen davon, dass das eine Beleidigung ist, geht es auch an der Wahrheit vorbei. Als Deutschland gegen Färöer spielte, sollte es ein Fest werden, die Fans, 36.000, wollten bloß Spaß haben. Dass es nicht dazu kam – außer man erkennt den grotesken Witz jener Szene, als Elttoer den Pfosten traf und Oliver Kahn die Faust triumphierend in den Himmel reckte –, ist so ärgerlich, dass man sein Bierglas auf den Stammtisch hämmern möchte, bis der Schaum über den Rand schwappt und brüllen: Dann sollen sie halt was anderes machen, diese Deutschen. Kinder unterrichten, Fische fangen, Eis verkaufen. Die Färinger können so was. Die Stimmung wird an den Stammtischen gemacht, nicht in Tagungsräumen oder Hotel-Lobbys. Niemand verlangt, dass die Nationalmannschaft etwas spielt, was sie nicht kann. Aber dass sie akzeptiert, dass man sich an ihr erfreuen möchte, das darf man verlangen. Im Sommer schien es so, als hätten sie das begriffen.“
Thomas Kilchenstein (FR 18.10.) sieht das ähnlich. „Der Vize-Weltmeistertitel beinhaltet auch eine gewisse Verpflichtung. Die Ansprüche des zahlenden Publikums sind gestiegen, sie sind zu Recht gestiegen, die Fans erwarten einfach mehr für ihr Geld, und tatsächlich darf man sich im Grunde hier zu Lande nicht damit rausreden, das Spiel ja, irgendwie, gewonnen zu haben. Mund abputzen, Spiel abhaken – so eine Haltung ist vielleicht ein bisschen zu kurz gedacht. Das Publikum will mehr, Brot und Spiele allemal, nach Möglichkeit auch attraktive und mit vielen Toren garniert. Das ist der Fluch der guten Tat. Mit Durchschnittsware will man sich nicht mehr zufrieden geben.“
Matti Lieske (taz 18.10.). „Mit wenig weltmeisterlichem, aber sehr vizeweltmeisterlichem Fußball besiegt das deutsche Team die Färöer Inseln 2:1 und kämpft tapfer gegen die Geringschätzung von Kickerzwergen. Dass aus einem Fußballzwerg durchaus einmal eine ganz passable Fußballnation werden kann, zeigt nicht zuletzt das Beispiel der deutschen Nationalmannschaft. Im Jahre 1909 spielte diese gegen England, und man kann sich lebhaft vorstellen, wie vor dem Match einige englische Alt-Internationale in den Gazetten der Fleet Street forderten, dass man diese frechen Krauts, die neben dem Fußballspiel doch tatsächlich noch Berufe ausübten wie Dekorateur oder Schornsteinfeger, mindestens zweistellig aus Oxford heimschicken müsste. Bestimmt war das Geschrei groß, als dann doch nur ein 9:0 heraussprang. Nur drei Jahre später gewannen die Deutschen mit 16:0 gegen Russland – Karl-Heinz Rummenigge wäre begeistert gewesen.“
Reaktionen nach dem Spiel Tsp
Ralf Wiegand (SZ 17.10.) porträtiert Deutschlands Nummer Eins. „Oliver Kahn bleibt ein Rätsel, auch wenn er spricht. Er ist im Fußball das, was den Griechen ihr Orakel war. Sie stimmten es milde, interpretierten jeden Satz der Hohen Priester und hofften, dass sie ihnen gewogen blieben. Fußball-Deutschland fürchtet offenbar, dass es kein Leben ohne Oliver Kahn geben kann. Außer Franz Beckenbauer haben auch Karl-Heinz Rummenigge (in Bild), Rudi Völler (in der Pressekonferenz), Vater Rolf Kahn (in der Abendzeitung), sein Manager Ludwig Karstens (im Express), Jens Lehmann (in Sat.1) und Oliver Kahn (in der FAZ und der Hannoverschen Allgemeinen Zeitung und in der Sport-Bild ) über Oliver Kahn geredet. Raum geblieben ist für alles und nichts, es ist eine große Spielwiese für Wortspekulanten. Oliver Kahn ist ohnehin der Meinung, dass man Oliver Kahn nur verstehen kann, wenn man Oliver Kahn ist. Sein Leben ist, glaubt er, zu außergewöhnlich, aber das wusste man ja. Titanen sind einsam (…) Kahn sagt, er könnte es sich leicht machen und ein mediengerechtes Image zulegen, aber das könne er nicht. Jeder Satz ein Widerspruch in sich. Er sagt nicht, dass er es mit aller Macht schon probiert hat, dass er in Talkshows saß mit neuer Frisur und neuen Klamotten, dass er zu Wetten Dass…? ging, dass er sich öffentlich ausstellte. Der Medien-Kahn ist ein gescheiterter Versuch gewesen. Jetzt werden die Haare wieder länger, der alte Mittelscheitel bricht sich Bahn. Der Torwart hat sich wieder in sein Tor verkrochen, es abgeschlossen und den Schlüssel weggeworfen wie damals nach dem Endspiel von Barcelona, als er bei sich das Burnout-Syndrom diagnostizierte. Eine rätselhafte Ziellosigkeit und Demotivation (…) Eines Tages wird er aufhören und die Legende verbreiten, er sei aus dem Tor getrieben worden von durchschnittlichen, angepassten, glatt gebügelten Moralheuchlern. Die Welt ist unvollkommen, weil sie nicht so ist, wie Oliver Kahn sie gerne hätte.“
Thomas Kilchenstein (FR 17.10.) meint dazu. „Als Oliver Kahn das WM-Finale von Yokohama durch seinen Fehler (…) entschieden und er nach dem Abpfiff hilflos Schutz im eigenen Tornetz gesucht hatte, da haben die meisten gar Schlimmes befürchtet: Dass sich der chronisch überehrgeizige Abgreifer davon nicht mehr erholen würde, dass der fast Besessene lange Zeit daran zu knabbern hätte, dass er, der „Titan“ genannte Torwart, womöglich ganz aufhören könnte mit dem Ballfangen. Denn einer, der die eigenen Ansprüche derart ins Astronomische geschraubt hat und im Grunde niemals mit sich zufrieden sein kann, der verzeiht gerade sich selbst keinen – nur allzu menschlichen – Fehler. Ganz so dramatisch ist es nicht gekommen. Oliver Kahn legt sich weiterhin quer, einigermaßen ordentlich auch, und anfangs ist er, das personifizierte Feindbild der Fans, in fremden Stadien sogar mit Beifall empfangen worden. Das fand Kahn gar nicht so schlecht. Und: Er ist keinesfalls, wie allenthalben befürchtet, in ein tiefes Loch gefallen. Doch die Wahrheit ist banaler: Der normale Alltag ist in sein Tor zurückgekehrt, mal geht der Ball rein, mal nicht. Der Rauschzustand der WM, der ihn, King-Kahn, in immer höhere Dimensionen gepuscht hat, ist vorbei, endgültig. Nach dem Rausch folgt der Kater (…) Es ist kein Leichtes, so einfach vom Thron zu steigen. Noch schwieriger ist es, sich im stinknormalen Alltagsgeschäft wieder einzurichten. Gerade dann nicht, wenn man überlebensgroß war.“
Andere Spiele der EM-Qualifikation
Zwei große Verlierer gab es am Mittwoch auf europäischer Bühne. Christian Eichler (FAZ 18.10.) dazu. „Einen Arm erhoben und bewegungslos wie eine kurzsichtige Freiheitsstatue, so ließ der pferdeschwänzige Nationaltorwart der Engländer in der 11. Minute des EM-Qualifikationsspiels gegen Mazedonien Sakiris Eckball zum 0:1 passieren. Auch wenn die Engländer trotz des Malheurs mehr hätten schaffen müssen als ein blamables 2:2, so war doch David Seaman allein der Verlierer. Und die Italiener holten sich bei den famosen Walisern eine 1:2-Niederlage ab, die Trainer Giovanni Trapattoni so verwirrte, daß er den in der zweiten Halbzeit eingewechselten Gattuso schon nach zehn Minuten wieder auswechselte. Das Debakel in Cardiff ließ den ehemaligen Bayern-Trainer und seinen Gefahrverhinderungsfußball als Auslaufmodell des Jahres 2002 erscheinen (…) Die Zuschauer feierten, daß das geschlossene Dach des Millennium Stadium wackelte. Der Stadionsprecher hatte gewarnt: „Jeder, der nicht singt, wird aus dem Stadium geworfen und gezwungen, England zu sehen.“ Das wollte keiner. Obwohl man da noch ein letztes Mal Spaß mit David Seaman haben konnte.“
Birgit Schönau (SZ 18.10.) fasst die Situation der italienischen Elf zusammen. „Nach drei Spielen vier Punkte in der EM-Qualifikation, es macht sich Angst vor dem Ausfall breit. Sollte Italien nach 1984 und 1992 erneut die Qualifikation verpassen? Für die Tifosi und die Presse steht der Schuldige fest: Giovanni Trapattoni, der 63-jährige Coach, der mit seiner Mannschaft im WM-Achtelfinale gegen Südkorea gescheitert war. Die Rufe nach seinem Rücktritt sind nach der „Lektion von Wales“ (Gazzetta dello Sport) unüberhörbar geworden. Der Corriere della Sera geißelte eine „Mannschaft ohne Abwehr“, die Repubblica sah „manifestierte Unterlegenheit“, der Corriere dello Sport winkte zum Abschied: „Addio Trap.“ Zoff sitzt ihm im Nacken. Auch der Verband würde Trapattoni am liebsten im Regen stehen lassen, allen voran der Präsident von Berlusconis Gnaden, Franco Carraro. Trapattoni, der amDonnerstag zum Rapport zitiert wurde, vermittelt mit seinem altmodischen Fußball nicht das gewünschte Sieger-Image. Er beharrt derweil starrsinnig auf seinem Platz.“
Spielbericht Wales – Italien (2:1) NZZ
Reaktionen der irischen Presse NZZ
Irland – Schweiz (1:2) NZZ (I) NZZ (II)
Zur Lage des Schweizer Fußballs NZZ
Michael Smejkal (SZ18.10.) sah einen überzeugenden 3:0 Sieg der Holländer in Wien. „Es war in allen Bereichen eine Demonstration, die die Oranjes in einem seit fünf Wochen ausverkauften Happelstadion abgeliefert haben. Sie hätten ohne Probleme mit fünf, sechs oder sieben Toren Unterschied gewinnen können (…) Der erste Treffer war ein fußballerischer Höhepunkt – aus Sicht der Gewinner: Patrik Kluivert stand allein vor Keeper Manninger, doch anstatt selbst den Abschluss zu suchen, legte er mit der Ferse gegen die Laufrichtung für Clarence Seedorf auf, der den Ball ins leere Tor schob. Solche Szenen sieht man für gewöhnlich bei Benefizspielen oder in der Halle. Aber eigentlich nicht nach 15 Minuten in einem EM-Qualifikationsspiel.“
Österreich – Niederlande (0:3) NZZ
Russland – Albanien (4:1) NZZ
Weiteres
Frank Heike (FAZ 17.10.) besuchte einen arbeitslosen Trainer. „Pagelsdorf, vier Jahre lang Trainer des Hamburger SV, genießt diese Phase des Lebens, beschreibt sie als Luxus. Wie ein Arbeitsloser fühlt er sich nicht, sondern als „Privatier“. Das liegt zum einen an guten Gehältern und einer hohen Abfindung, die ihm der HSV vor 13 Monaten zahlte. Das liegt zum anderen daran, daß daheim im neugebauten Haus 100 trainingswissenschaftliche Fachbücher darauf warten, studiert zu werden, daß ein Zimmer zum Heimkino umgebaut wurde, wo Pagelsdorf ungestört der Leidenschaft Fußball(gucken) nachgehen kann. Fast jedes Wochenende ist der 44 Jahre alte Mann im Norden unterwegs und schaut sich Spiele an – „aber nicht dort, wo ein Trainer auf der Kippe steht“. Am Samstag fährt er nach Rostock, an die alte Wirkungsstätte. Ungefragt betet Pagelsdorf die taktischen Grundmuster aller Bundesligaklubs herunter. Keine Frage, wenn das richtige Angebot kommt, wird der geborene Hannoveraner einen neuen Job annehmen; auch im Ausland, aber nur, wenn der Verein international dabei sei.“
Zu den Bewerbungen um die EM 2008 lesen wir von Martin Hägele (SZ 17.10.). „Berechtigte Hoffnungen dürfen sich nur wenige der sieben Bewerber machen. Bestünde die elitäre Herrenrunde aus lauter echten Sportsfreunden, die sich ausschließlich von den Idealen des Spiels sowie politischer, sozialer und geschäftlicher Vernunft leiten ließen, dann wäre heute schon klar, wo die EM steigt: In der Alpenregion, wo sich auf den 1000 Kilometern zwischen Genf und Wien acht Stadien hübsch in einer attraktiven Landschaft verteilen lassen. Der Anpfiff für die EM würde im neu erbauten Wankdorfstadion in Bern ertönen, die Siegerehrung vier Wochen später in der renovierten Ernst-Happel-Arena in Wien steigen. Die Argumente für die beiden Länder sind überwältigend, sie bieten: Tradition, ein mehrsprachiges Ambiente, Sicherheit und eine verkehrstechnisch günstige Lage mitten in Europa. Alle anderen Bewerber haben mindestens ein Handicap.“
Christian Zaschke (SZ 17.10.). „Meist ist Stig Töfting ein freundlicher Mann. Er spricht ein fröhliches Deutsch mit dänischem Akzent, und wenn er lacht, sehen selbst seine Tätowierungen, seine Glatze und seine Muskeln freundlich aus. Aber es gibt die Momente, in denen die Erinnerung zu ihm kommt. Als er ein Junge war, hat sein Vater die Mutter getötet und anschließend sich selbst. Die Erinnerung macht Stigs Gedanken dunkel. Und sie dient alsErklärung, wenn er die Kontrolle verliert. Diesmal wollte der Richter nichts davon wissen. Töfting hat wiederholt andere Menschen geschlagen, und deshalb schickte der Richter ihn nun ins Gefängnis. Einen, und vielleicht nicht nur diesen Vorteil hat das: Er weiß an jedem schönen Morgen, wenn das Licht das Muster gerader Stäbe auf ie Decke wirft, wo er ist. Vier Monate lang, ohne Bewährung.”
Portrait Frank Neubarth SZ
Interview mit Johan Micoud (Werder Bremen) FR
„Hans Schäfer, torgefährlicher Held von Bern, wird morgen 75“ FR
Die FAZ (18.10.) erinnert. „Selbst in Bagdad, wo er vor gut zwei Wochen angekommen ist, lassen dem ehemaligen Trainer der DDR-Auswahl deutsche Journalisten keine Ruhe. „Ich bin doch Fußballtrainer und kein Politiker“, sagt er (Bernd Stange, of) und kann sich noch immer nicht recht erklären, weshalb sein geplanter Vierjahresvertrag im Irak in Deutschland „wie eine Bombe“ eingeschlagen hat. Er habe sich in seiner Laufbahn, die ihn nach der Wiedervereinigung unter anderem nach Australien und Oman führte, nie vereinnahmen lassen: Das werde er auch jetzt nicht tun, sagt er – weder von Deutschland noch vom Irak. Beim Thema Vereinnahmung offenbarte der Fußball-Lehrer allerdings eine Gedächtnislücke: Hertha BSC hatte Stange 1995 entlassen, weil ihm eine intensive Tätigkeit als Inoffizieller Mitarbeiter (IM) der Stasi zwischen 1973 und 1986 nachgewiesen werden konnte. Stanges Berichte an die Firma, verfaßt unter dem Decknamen „Kurt Wegner“, enthielten Informationen über die Republikfluchtpläne einer Studentin, über Spieler und Trainer, zum Beispiel den inzwischen in Aachen arbeitenden Jörg Berger. Er war nach seiner Flucht in den Westen zunächst dankbar, daß Stange den Kontakt zu ihm suchte. Beim Studium seiner Opferakte fand Berger dann den IM „Wegner“ als Informanten, stellte Stange nach der Entschlüsselung des Decknamens zur Rede und kündigte ihm anschließend die Freundschaft.“
Michael Horeni (FAZ 18.10.) blickt hinter die Kulissen des Sportsponsors Telekom. „zur Verwunderung des DFB wird sich das Unternehmen, das sich im Juniorenfußball engagiert, zum Jahresende komplett verabschieden. Im Frühjahr seien noch die schönsten Pläne gemacht worden, heißt es beim Verband, doch wenige Monate später wurde das Engagement einseitig gekündigt. Dabei seien auch Enttäuschungen und Frustrationen abgearbeitet worden, heißt es aus Verbandskreisen. Auf die Frage, ob die Krise des Unternehmens auch Auswirkungen auf das Sportsponsoring habe, reagiert Kindervater ärgerlich. Sportsponsoring sei kein persönliches Hobby, sondern diene als Teil der Werbung der Imagebildung des Unternehmens und sei langfristig angelegt. Allerdings sind längst nicht alle Aktivitäten des Unternehmens auf das gleiche Ziel ausgerichtet. Beim FC Bayern liegt laut Kindervater der Schwerpunkt darin, die Bekanntheit von T-Mobile vor allem auf dem europäischen Markt zu vergrößern. Beim Engagement mit dem deutschen Rekordmeister fühlt sich Kindervater in bester Gesellschaft, da der englische Konkurrent Vodafone mit Manchester United wirbt. Sollten die Münchner jedoch nicht die zweite Gruppenphase erreichen, wird sich das bei den stark leistungsbezogenen Zahlungen deutlich auswirken.“
„Milde Rekordstrafe: Roy Keane von der FA mit Spielsperre und Geldstrafe belegt. Im Stillen wird Roy Keane am Dienstagabend gegrinst haben.“ NZZ
Die FAZ (18.10.) berichtet. „Fußballanhänger sehen sich einer zunehmend repressiven Behandlung ausgesetzt. Zu diesem Fazit kam die dreitägige „Bundeskonferenz der Fan-Projekte“. Abgesandte von 31 deutschen Vereinen, Gäste aus dem europäischen Ausland, Wissenschaftler, Sozialarbeiter, Polizisten und Vertreter des Deutschen Fußball-Bundes diskutierten in Offenbach über die neuesten Entwicklungen in und um die Stadien. „Es gärt an der Basis“, sagte Thomas Schneider von der in Frankfurt angesiedelten Koordinationsstelle der Fan-Projekte. Er beklagte, daß die Bewegungsräume unverhältnismäßig eingeengt worden seien. Er äußerte die Befürchtung, daß die Fankultur mit Blick auf die Weltmeisterschaft 2006 ”gezähmt” werden solle, die Möglichkeiten zur Selbstinszenierung weniger würden. Das kategorische Auftreten der Polizisten sowie der Ordnungsdienste werde jedoch zu erheblichen Problemen führen, wenn nicht „differenzierter mit Fans umgegangen wird“. Thomas Weinmann, Sprecher der „Aktion 15:30“, nannte vor allem den Umgang mit Fans der Gästemannschaften „menschenverachtend. Man fühlt sich wie ein Schwerverbrecher.“ Als Beispiel führte der Mönchengladbacher Aktivist die Arena „AufSchalke“ an, „wo man als Sympathisant des Gegners in Käfigen gehalten wird“. Er sprach von einem „nicht nachvollziehbaren Sicherheitswahn“, der beim Bau neuer Stadien zu beobachten sei. Obwohl die Statistiken einen Rückgang der Kriminalität im Zusammenhang mit Fußballspielen belegten, sei ein verstärkter Wille zur Überwachung und Bestrafung zu registrieren.“
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