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2:2-Remis der DFB-Auswahl in Bulgarien

Oliver Fritsch | Donnerstag, 25. März 2004 Kommentare deaktiviert für 2:2-Remis der DFB-Auswahl in Bulgarien

Insgesamt erreicht das 2:2-Remis der DFB-Auswahl in Bulgarien wenig Resonanz in den hiesigen Gazetten. „Völler nutzte die Gunst, die ihm und nun auch seiner Mannschaft entgegengebracht wird“, kommentiert die FAZ den Auftritt des Vize-Weltmeisters und spielt auf den „Zukunftsmut“ des Teamchefs an, zahlreichen unerfahrenen Spielern zu vertrauen. So war am Mittwoch in Sofia „eine Auswahl zusammen, wie sie im Sommer 2000 lautstark, aber im Sommer 2002 gar nicht gefordert wurde“, erinnert die FAZ an die Appelle der Experten nach der desaströsen Europameisterschaft, denen Völler damals mit „erzkonservativer“ Strategie begegnet war. Allerdings blieb ihm keine andere Wahl, hatten doch etliche Etablierten erwartungsgemäß Absagen erteilt. Also spricht die SZ von einer „Forschungsreise mit dünnem Ergebnis“ und einem „wackligen Premierenauftritt der Generation Jugend forsch“. „Rückschlüsse über die wahre Leistungsstärke der DFB-Auswahl gut zwei Wochen vor dem ersten EM-Qualifikationsspiel in Kaunas gegen Litauen ließen sich angesichts der akuten Personalnot aber nicht ziehen“, resümiert die FR folgerichtig.

Weitere Themen: Finanzkrise in Italien – Saisonstart der Frauen – Umverteilung der Fernsehgelder? u.a.

Michael Horeni (FAZ 23.8.) lobt die Strategie des deutschen Teamchefs. „Im Erfolg, so heißt es, werden die größten Fehler gemacht. Es fällt schwer, andere Wege zu gehen, wenn die bekannten so erfolgreich waren. Völler nutzt indes klug die neuen Sympathien zu Testversuchen, die mit großer Nachsicht und einiger Geduld begutachtet werden. Die Debüts in Sofia waren durchwachsen, mitunter sogar enttäuschend. Aber wen sollte das tatsächlich überraschen, wenn Neulinge fast nur Neulinge neben sich finden? Vor zwei Jahren hätten junge Spieler vielleicht schon in neunzig Minuten Kredit für lange Zeit verspielt. Völler kann es sich aber mit dem zweiten Platz bei der WM leisten, in die Zukunft zu investieren. Und der Teamchef ist Realist genug, darüber die Gegenwart Europameisterschaft nicht zu vergessen. Ein Weg, der sich lohnen kann.“

Zum Vorschlag Werner Altegoers, Präsident des VfL Bochum, eine Umverteilung der Fernsehgelder zu Gunsten der „Kleinen“ vorzunehmen, meint Christoph Biermann (SZ 22.8.).“ Das Fußvolk der Liga trifft ein Rückgang der TV-Gelder um rund 20Prozent härter, weil sie einen größeren Teil der Etats ausmachen. Der FC Bayern hingegen hat große Werbeverträge abschließen können, Borussia Dortmund kann auf Mittel aus der Aktienemission zurückgreifen und Bayer lebt mit der Sicherung eines Großkonzerns. Außerdem können diese Klubs mit den internationalen Fernsehgeldern rechnen, von denen sie ihren Konkurrenten anders als früher nichts abgeben müssen (…) Ein Argument der Spitzenklubs zählt jedoch nicht mehr, seitdem in Italien oder Spanien etliche Klubs mit der Pleite ringen. Der Verteilungsschlüssel von 1998 war nämlich vor allem damit begründet worden, dass sie international sonst nicht konkurrenzfähig bleiben würden.“

Zur Finanzkrise in Italiens Fußball heißt es bei Birgit Schönau (SZ 22.8.). „Die Ausgaben für Gehälter betragen mittlerweile fast 80 Prozent des gesamten Umsatzes – die Klubs haben sich in der Hoffnung auf Gewinne aus ihren TV-Rechten übernommen. In Italien vollzieht sich, was in Deutschland, England und Spanien später und in verkleinertem Maßstab geschehen kann: der große Crash.“

Bei Dirk Schümer (FAZ 22.8.) heißt es zu diesem Thema. „Wenn die Italiener wie jedes Jahr Anfang September vom Strand zurückkommen und wieder mit frischen Kräften an die Arbeit gehen, wird ihr Alltag anders verlaufen als geplant: Der heißgeliebte und nahezu bankrotte Profifußball kann seine Saison nämlich nicht pünktlich beginnen. Statt zum 1. September nehmen die beiden Profiligen ihren Spielbetrieb erst zwei Wochen später auf. In siebzig Jahren bezahlten Fußballs ist dies, von zwei im Weltkrieg abgesagten Spielzeiten und der Saison nach den Olympischen Spielen von Sydney einmal abgesehen, noch nie geschehen. Immer deutlicher wird damit der „Calcio“ der Fußball, den bedeutende Wirtschaftskapitäne des Landes unterhalten, zum Inbegriff einer Systemkrise.“

Anlässlich des Saisonstarts der Frauen-Bundesliga schreibt Matthias Kittmann (FR 22.8.). „Gemäß dem Motto „Scheitern als Chance“ ist zumindest der ewige Zweite Potsdam willens wie nie zu vor, den 1. FFC endlich einmal von der Spitze zu verdrängen. Dafür ist der einzige Bundesligaklub aus den neuen Bundesländern sogar ein wenig von seinem Prinzip abgegangen, nahezu ausschließlich auf Talente aus der eigenen Region und dem angeschlossenen Sportgymnasium zu setzen. Mit der Verpflichtung der Nationalspielerinnen Petra Wimbersky (FC Bayern München) und Navina Omilade (FFC Brauweiler) setzt Potsdam alles auf eine Karte. Wenigstens ein Titel muss her. Ob´s funktioniert, ist eine andere Frage. Aber wenigstens zeigt Potsdam jenen Biss, der anderen Klubs oft abgeht.“

Ein Nachruf auf Chillida, spanische Torhüterlegende der 40er Jahre, von Javier Cáceres (SZ 22.8.). „Es gibt viele Intellektuelle, die dem Fußball verbunden sind. Bei manchen hat sich das Interesse auf die Haupttribüne reduziert; andere bekannten, meist ohne Scham, den Sport selbst betrieben zu haben. Interessanterweise entpuppen sich viele später als Torhüter: Camus, Benedetti, Nabokov, Che Guevara. Doch wohl kaum einer hat sich derart intensiv mit dem Wesen des Torwarts und seinem Spiel auseinander gesetzt wie Chillida. Die Frage danach, ob ihn der Fußball in irgendeiner Form beeinflusst habe in seiner Tätigkeit als Bildhauer, pflegte Chillida zu bejahen, und zwar mit Vehemenz. Sie sei in gewissem Maße sogar Schule gewesen.“

FAZ (23.8.). „In der britischen Fußballwelt sind Schuldverschreibungen indes zum bewährten Mittel der Fremdfinanzierung avanciert. Angesichts fallender Börsenwerte, wegbrechender Fernseheinnahmen und steigender Kosten für Spielereinkäufe setzen immer mehr Vertreter der ersten und zweiten Fußball-Ligen auf Emissionen von Anleihen: Vor Manchester City haben schon Leeds United, Newcastle United, FC Everton oder der Zweitligist Leicester City ähnliche Papiere mit langfristiger Laufzeit begeben.“

Didier Rey (Le Monde diplomatiqueintaz 9.8.) erinnert. „Es ist schon erstaunlich, was ein Pfeifkonzert korsischer Schlachtenbummler gegen die französische Nationalhymne in Gang setzen kann. Es geschah im Pariser Fußballstadion am 11. Mai dieses Jahres, beim französischen Pokalfinale zwischen Lorient und Bastia. Staatspräsident Jacques Chirac kam, hörte und verließ empört die Tribüne. Erst als der Präsident des französischen Fußballverbands sich inständigst bei dem Staatsoberhaupt entschuldigte, kehrte Chirac auf seinen Platz zurück. Von den Medien und der politischen Klasse Frankreichs und Korsikas wurde der Zwischenfall fast einhellig verurteilt, und in Paris ertönte sogar der Ruf nach einer Untersuchungskommission (…) Die Vorsitzenden der korsischen Vereine und ihre Spieler, das Publikum und die Presse sahen sich als Opfer einer „Verschwörung“ der kontinentalfranzösischen Fußballbosse, die sie, nur weil sie Korsen sind, von den nationalen Meisterschaften fern halten wollten. Diese Selbstwahrnehmung als Opfer war aber nicht darauf angelegt, die Anhänger für regionalistische Autonomiebestrebungen zu begeistern. Ganz im Gegenteil: Es war ein verzweifelter Versuch, die Forderung nach Gleichstellung irgendwie mit dem Gefühl des Andersseins zu vereinbaren (…) Gleichwohl ging die Aktion für die Nationalisten eher nach hinten los. Sieht man von der spontanen Bekundung im Vorfeld des Spiels ab, fällt auf, dass sich die Bastia-Fans während des gesamten Spiels ausschließlich auf das sportliche Geschehen konzentrierten, nationalistische Transparente und Parolen bildeten die Ausnahme.“

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