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Themen heute
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| Donnerstag, 25. März 2004
Themen heute: die Sonntagsspiele der Bundesliga in Mönchengladbach und Cottbus – die Lage in Leverkusen – die Situation in Kaiserslautern – Vereinsportrait Eintracht Braunschweig u.v.m.
Borussia Mönchengladbach – Hertha Berlin 0:2
Zur Stimmung in Gladbachs Team lesen wir in der FAZ (18.2.). „Beharrlich hatte ein Boulevardblatt über die Woche das Bild eines Spieleraufstands gegen den Trainer zu malen versucht. Meyer nahm das äußerlich gelassen. Gehen Sie davon aus, daß es in jeder Mannschaft drei, vier unzufriedene Spieler gibt, sagte er und lehnte es darüber hinaus ab, diesen Schwachsinn zu kommentieren. Sportdirektor Christian Hochstätter unterstützte ihn in dieser Ansicht. Nur fünf Spieler stünden angeblich noch zu Meyer? Ich kenne noch fünf, da haben wir ja eine Mannschaft zusammen, sagte er und nannte die anonymen Zitate feige und peinlich. Auch sind die Namen der Unzufriedenen längst bekannt. Das bewies schon ein Blick auf die Aufstellung. Zwar durfte sich Münch noch als linker Verteidiger versuchen, doch die Kollegen Ketelaer und Strasser fehlten im Kader. Diese Spieler sollen sich warm anziehen, sagte Hochstätter. Fraglich, ob sie überhaupt bleiben dürfen. Der Trainer dagegen soll weiterarbeiten. Wir werden uns auch dieses Mal mit Hans Meyer befreien, sagte der Sportdirektor. Den Profis empfahl er darüber hinaus, mal auf der Baustelle für das neue Stadion vorbeizuschauen, um zu erkennen, was dieser Verein angestoßen hat und welche Verantwortung sie mittragen. Was den Trainer angehe, so gefalle ihm die Entscheidung der gleichfalls bedrohten, aber derzeit siegreichen Cottbuser. Dort wurde an Ede Geyer festgehalten, sagte Hochstätter. Ich kann mir vorstellen, daß das auch Gladbach macht.“
Christoph Biermann (SZ 18.2.). „Borussias Patchwork der Misshelligkeiten erinnert an den Saisonverlauf des SC Freiburg im Vorjahr. Auch der Sportclub spielte nie richtig schlecht, kam aber auch nie richtig in Tritt – und stieg schließlich ab.“
Energie Cottbus –Hannover 96 3:0
Jörg Hanau Wolfgang Hettfleisch (FR 18.2.) über das Cottbuser Erfolgsrezept. „Sie haben viel geredet im Winter-Trainingslager in Dubai. Nicht mehr länger über-, sondern bevorzugt miteinander. Wir hatten die Zeit, uns neu zu finden, sagt Keeper Lenz, und das nicht nur in spielerischer Hinsicht, sondern auch im Privaten. Einzeln hatte die Clubführung die Herren Profis im Wüsten-Emirat zum Gespräch aufs Zimmer bestellt. Jeder konnte Tacheles reden, und offenbar haben viele dasselbe erzählt, berichtet Gebhardt. Etwa, dass man es in der bis dato löchrigen Deckung doch mal mit der Viererkette versuchen möge. Fünf Rebellen sollen, so will es die Legende, den zögerlichen Trainer und die Clubführung vom Sinn der taktischen Neuausrichtung überzeugt haben. Überraschend genug: Geyer leistete keine Gegenwehr. Er war ja November, Dezember in einem Tief – auch gesundheitlich, sagt Stabach, der den langjährigen Wegbegleiter in der Winterpause zum Weitermachen überreden musste, denn: Das war nicht mehr der Eduard Geyer, den ich früher gekannt hatte. Wieder bei Kräften, überfielen Geyer just vor dem Start in die Rückrunde in Leverkusen heftige Zweifel, ob das gegen Donezk und die Glasgow Rangers mit Erfolg getestete neue Abwehrsystem funktionieren würde. Er war kurz davor, wieder zum alten Modell mit Libero zurückzukehren, sagt Stabach. Er tat es nicht – Ergebnis bekannt.“
Javier Cáceres (SZ 18.2.) zum selben Thema. „Wer nach den Gründen sucht, dass Cottbus das beste Rückrunden-Team ist, und in den vier Spielen so viele Punkte gesammelt hat wie in der gesamten Hinserie, landet bei der Einsicht, dass sich der FC Energie nun nach Auskunft des Mittelfeldspielers Laurentiu Aurelian Reghecampf darauf versteift hat, „einfach Fußball zu spielen“. So wie am Sonntag. 20 Minuten lang hatte Hannover „optisch gefällig“ (96-Trainer Rangnick) agiert und „das Spiel kontrolliert“ (Mittelfeldspieler Jaime). Der Gewissheit der Cottbuser aber, dass den Gästen spielerische Mittel entgegenzusetzen waren, tat dies keinen Abbruch (…) Aus Cottbus scheint jegliches Gefühl nervlicher Belastung verschwunden zu sein. Geyer erinnerte daran, dass die Anderen, die gegen den Abstieg kämpfen, am Samstag „ja nicht gerade für uns gespielt“ und Energie somit unter Zugzwang gesetzt hatten. Dass diese Situation ohne Probleme bewältigt wurde, imponierte ihm. Denn: „Solche Spiele sind gerade für Heimmannschaften gefährlich.““
Die Lage in Leverkusen
Erik Eggers (FTD 18.2.) blickt zurück. „Der moderne Fußball erzählt mit hoher Geschwindigkeit große Geschichten, kündet von strahlenden Siegern und kläglichen Verlierern. Das macht ihn so populär. Doch die Geschichte von Bayer Leverkusen – der Aufstieg und Fall einer großen Fußballmannschaft – und das Tempo dieser Entwicklung waren atemberaubend und finden keine Parallele in der jüngeren Fußballhistorie. Das Ganze ist ein modernes Märchen, das ohne den nun gefeuerten Trainer Klaus Toppmöller nicht zustande gekommen wäre (…) Im ersten Akt schon machte Toppmöller, der sich selbst für einen Fußballromantiker hält, nun Unmögliches möglich: Er reanimierte dieses leblose Gebilde, indem er die Spieler an der Ehre packte, er motivierte phlegmatische Kicker, es den Kritikern zu zeigen. Und diese starteten daraufhin in der Liga mit einem Rekord: 36 Punkte in ungeschlagenen 14 Spielen. Bayer Leverkusen war im November 2001 auf dem Weg zum nationalen Titel. Parallel dazu überstand das Team ohne Probleme die erste Phase der Champions League. Auch der zweite Akt des Dramas ist zurückzuführen auf die Kränkung durch das Fußball-Establishment, nun aber auf der europäischen Ebene. Wer sah, wie Toppmöller nach der 0:4-Niederlage in Turin reagierte, als Juve-Trainer Marcelo Lippi sich überrascht zeigte von der Leichtigkeit des Sieges gegen Leverkusen, der bekam einen Eindruck davon, wie sehr dies den Stolz des Trainers verletzte, wie gern er es dem etablierten Italiener zeigen wollte. Der anschließende 3:1-Heimerfolg gegen Juventus darf im Nachhinein als Schlüsselszene in diesem zweiten Akt betrachtet werden. Hier nämlich blitzte erstmals die Spielkultur auf, mit der Leverkusen später in ganz Europa begeistern sollte: die genialen Pässe von Yildiray Bastürk und Zé Roberto, die gegnerische Verteidigungswälle wie Butter zerschnitten. Am Ende dieser Phase stand ein Rausch, und Toppmöller hatte mit seiner Idee des variantenreichen Kurzpassspiels den Beweis erbracht, dass der moderne Fußball auch ohne Schablone erfolgreich sein kann – dass er keine Fabrikware ist, sondern ein Spiel, das Fantasie erfordert und Intuition. Gegen Liverpool und Manchester kulminierte diese romantische Story, da entstanden betörende Fußballfeste. Toppmöller verhielt sich in dieser Zeit wie ein kleines Kind, er freute sich auf die von Mythen umrankten Stadien in Liverpools Anfield Road oder Manchesters Old Trafford. Der dritte Akt begann, als Leverkusen es nicht schaffte, auch nur einen Titel einzufahren. Der Beginn des Absturzes ist auch rückblickend nicht leicht zu verorten: War es die Verletzung Jens Nowotnys im Rückspiel gegen Manchester, war es jener Moment gegen Bremen, als das Team mit Wucht die Meisterschaft vorzeitig sichern wollte und planlos in den entscheidenden Konter lief? Oder war es erst das klägliche 0:1 in Nürnberg? Der Fall dieser großen Elf verlief schnell und doch schleichend.“
Anmerkung: Wenn Sie mich fragen: Der Höhepunkt des Leverkusener Auftritts in der Champions-League-Saison 01/02 war der 3:1-Sieg in Coruna (der durchaus noch höher hätte ausfallen können): eine Sternstunde des deutschen Vereinsfußballs!
Roland Zorn (FAZ 18.2.) analysiert die Rolle Reiner Calmunds. „Von weitem scheint es manchmal so, als ob die Fußball-GmbH von Bayer 04 Leverkusen eine Ich-AG wäre, für immer besetzt mit dem allgegenwärtigen Reiner Calmund. Von nahem verstärkt sich dieser Eindruck noch. Calmund hier, Calmund da und vielleicht auch dort – solange und so weit ihn die Worte tragen (…) Zur Zeit hat der arbeitswütige und titelhungrige Mann mit der manchmal allzu rheinisch-folkloristischen Aura schwer daran zu knabbern, daß er nach Toppmöllers Abgang für alle möglichen Leverkusener Versäumnisse in der sportlichen Abteilung des ehemaligen Meisterbetriebs zu Recht verantwortlich gemacht wird. Wer sich eine Rundumkompetenz angeeignet zu haben glaubt, wird im Fall des Falles auch zur Rechenschaft gezogen. Dabei ist diese Bayer-GmbH längst mit exzellentem Personal ausgerüstet, das den leidenden Angestellten Calmund bestens entlasten könnte. Da ist der Mitgeschäftsführer Wolfgang Holzhäuser, ein Fachmann auf den Gebieten Finanzen, Marketing und Verwaltung, da ist Ilja Kaenzig, als Koordinator Gesamtfußball nach außen noch nicht weiter aufgefallen, intern dafür so etwas wie der Ausputzer für Libero Calmund, da ist der Teambetreuer Hans-Peter Lehnhoff, der den Job des Teamchefs Rudi Völler übernommen hat, da ist der frühere Torjäger Ulf Kirsten, der gar nicht mehr weiß, in welchem Stand-by-Job er eines Tages wirklich gebraucht wird. Über allen aber thronte bisher in einsam-jovialer Machtfülle Calmund. Ein Bauchmensch, wie auch jeder sehen kann, aber kein Krisenmanager, wie nun jeder ahnt. Ihn modern und arbeitsteilig von mancher Fron zu befreien wäre eine Aufgabe, die Bayer Leverkusen mittelfristig voranbrächte – im Management, aber auch auf dem Fußballplatz.“
Will Bayer Leverkusen wirklich die Champions-League herschenken? fragt Martin Hägele (NZZ 18.2.). „Thomas Hörster, von der Trainerbank des Amateurteams direkt in die Champions League aufgestiegen, strich in kurzen und klaren Sätzen jene chaotischen Ideen zusammen, die Geschäftsführer Reiner Calmund schon seit Tagen und auch am Sonntag und nach der Trennung von Cheftrainer Klaus Toppmöller als Richtlinie ausgegeben hatte. Absolute Priorität besitze die Bundesliga, in einer solch kritischen Situation dürfe man sich nicht von den Sternen der Champions League ablenken lassen, die Kräfte der wichtigsten Spieler sollten für Samstag geschont werden, wenn für Bayer Leverkusen im Niedersachsenstadion von Hannover der nationale Überlebenskampf unter neuen Vorzeichen beginne. Solche Planspiele allein belegen nur den Wirrwarr, der sich in den führenden Köpfen des Konzernklubs eingenistet hat. Man muss sich nur den Vergleich vorstellen. Für 15 von 18 Ligakonkurrenten, die Renommierfirmen von Bayern München und Borussia Dortmund einmal abgezogen, wäre ein Champions- League-Match in der Zwischenrunde gegen einen Vertreter der Premiere League der absolute sportliche Jahreshöhepunkt, zumindest aber das grösste gesellschaftliche Ereignis – und in Leverkusen überlegten sie, eine solche Chance einfach zu verschenken, indem man eine B-Mannschaft aus Reservisten, Amateuren und jugendlichen Talenten auf die Bühne schickt. Toppmöllers Nachfolger aber will keine Spiele verschenken und auch kein Geld wegwerfen, Hörster macht die Partie gegen die „Magpies“ zum ernsthaften Test, um jene Leute zu finden, „auf die ich mich in Zukunft verlassen kann“. Das sollen die elf Besten sein, die Bayer derzeit zu bieten hat (…) Das, was sich in den letzten Monaten rund um Toppmöller und Calmund abgespielt hat, spiegelt die generellen Vorgänge in der Weltfirma. Die Aktie des Arzneigiganten fällt ins Bodenlose, an allen Ecken und Enden wird gespart, es kursieren Parolen, wonach weltweit 15.000 Jobs bei Bayer wegfallen sollen. Mit wem man auch spreche, ein jeder habe Angst vor dem sozialen Abstieg, so ein leitender Bayer-Mann, „es fehlt ein echter Chef, der zeigt und vormacht, wo es langgeht“. Mit seinem Herumstochern in der Personalie Toppmöller, die man spätestens zu Weihnachten hätte erledigen müssen, hat Calmund diese Ängste noch geschürt. Er selber, so scheint es, kann diese Krise nicht meistern. Auch der Drei-Zentner-Mann, in diesen Tagen mehr das Herz denn der Kopf von Bayer, braucht eine Figur, hinter der er sich selber verstecken oder der man die sportliche Verantwortung anhängen kann. Dem ehemaligen Internationalen Hörster trauen Calli und Co. diese Aufgabe nicht unbedingt zu.“
Christoph Biermann (SZ 18.2.) über den neuen Coach. „Zum Eintritt in den glamourösen Kosmos der Champions League hatte Thomas Hörster nicht die richtige Kleidung gewählt – und doch wirkte sie passend. Seine Vorstellung als neuer Cheftrainer von Bayer Leverkusen fiel mit der turnusmäßigen Pressekonferenz vor der ersten Partie des Jahres in Europas Spitzenklasse zusammen, und Hörster betrat diese Welt der Maßanzüge in Jeans und kariertem Holzfällerhemd. Den Bart auf eine Länge getrimmt, die wir von Kaiserslauterns Cheftrainer Erik Gerets kennen, repräsentiert er eine Art von Trainer, die es in Leverkusen noch nicht gab. In Nachfolge des verspielten Bauchtrainers Toppmöller charakterisiert er sich selbst als „sehr gradlinig“ und als „hart aber herzlich“. Nach den ersten Eindrücken dürfte von Hörster weder die hochfliegenden Konzepte eines Berti Vogts oder die obsessive Analysewut eines Christoph Daum, noch die Grandsigneurhaftigkeit eines Erich Ribbeck oder die Zirkusluft zu erwarten sein, die Dragoslav Stepanovic umgab. Vor allem wegen seiner „Härte und klaren Linie“ (Bayer-Manager Reiner Calmund) ist er verpflichtet worden.“
Jörg Stratmann (FAZ 18.2.) meint dazu. „Er kam in Jeans, Holzfällerhemd und einem Dreitagebart. Und auch wie er über seine neue Aufgabe sprach, zeigte, daß beim abstiegsbedrohten Bundesligaklub Bayer 04 Leverkusen bis zum Saisonende nur noch eines zählt: Leistung und disziplinierte Arbeit – und nicht etwa Ruf oder Erinnerung an alten Glanz. Seit Montag soll auf dem Platz nur noch gelten, was der neue Cheftrainer Thomas Hörster vorgibt. Was das sein könnte, um den Verein doch noch vor der Zweitklassigkeit zu retten, weiß der Sechsundvierzigjährige, der noch tags zuvor fürs Regionalligateam verantwortlich war, selbst noch nicht genau. Seine Mitarbeiter wird er zum ersten Mal kennenlernen, wenn sie an diesem Dienstag in der Champions League gegen Newcastle United antreten. Größer hätte der Sprung also kaum sein können. So konnte sich Geschäftsführer Reiner Calmund allen Sorgen zum Trotz ein joviales Dat is anders als in der Regionalliga, was? nicht verkneifen, als dem Neuling ein wildes Blitzlichtgewitter entgegenschwappte. Er selbst habe bei seinen wenigen Besuchen auf der Tribüne und im ersten Gespräch mit den Assistenten Ralf Minge, Harald Schumacher und Peter Herrmann vor allem eines festgestellt, sagte der Neue: Die Disziplin fehlt – das zieht sich wie ein roter Faden durch. Viele Spieler seien nicht bereit, ihre Aufgabe auf dem Platz zu erfüllen. Da muß ich angreifen, und da werde ich angreifen. Künftig soll also kein noch so verdienter Profi mehr erklären dürfen, er könne nur rechts oder links oder in der Mitte spielen. Ein Unding, sagte Hörster.“
Weiteres
Michael Eder (FAZ 15.2.) schreibt über die Analogien zwischen Krieg und Sport. „Manchmal hat auch der Sport etwas zu sagen. Nicht nur das übliche Klischee-Gewäsch, die fernsehkompatible Inszenierung, manchmal bietet er eine andere Perspektive: von unten nach oben, von innen nach außen. Dann kann er nicht nur von aufgeblasenen, belanglosen Veranstaltungen und Figuren berichten, sondern von Ereignissen, von Menschen, von Ängsten, von Schicksalen. Bernd Stange hat dieser Tage eine verschwindende Kleinigkeit beigetragen zur Diskussion um den drohenden Krieg im Irak. Er hatte viel Kritik einstecken müssen für seinen Entschluß, gerade in diesen Zeiten Fußball-Nationaltrainer des Irak zu werden, hat sie reflektiert, sich zu Wort gemeldet, und für manche, die das sonst nicht gehört hätten, hat er die Dimension des Betroffenen eingeführt. Er hat von seinen Spielern erzählt, von deren Frauen und Kindern, vom jahrelangen Mangel an Medikamenten und Nahrung, von seiner Angst, daß diese Menschen sterben könnten in einem Krieg, den er nicht will. Sport und Krieg. Darf man beides in einem Satz verbinden? Ist nicht das eine Spaß und das andere Ernst? (…) Die Historie, die Sprache, manche Strategie. Und es gibt noch zweierlei Gift, das in Krieg und Sport gleichermaßen wirkt: Heroismus und Größenwahn. Dem Triumph des Stärkeren verfällt man leicht, und darüber spielt die faire Behandlung von Verlierern nur noch eine kleine Rolle, sie werden öffentlich zerpflückt. Sieger, das ist überall zu sehen, treten zunehmend arrogant und zynisch auf, Dreamteams werden ausgerufen, Gegner gedemütigt. Das Gefühl für den Schwächeren geht darüber verloren, das ist der Preis dafür.“
Harald Maass (FR 15.2.) berichtet aus China. “Zum Fußball haben die Chinesen eine merkwürdige Beziehung. Keine Sportart lieben sie so sehr: Ein Milliardenvolk fieberte vergangenen Sommer vor den Fernsehern mit, als das Nationalteam seinen ersten Aufritt bei einer Weltmeisterschaft hatte. In keiner Sportart ist China so erfolglos. Bei der WM flog man torlos raus, die lokale Fußballliga hat höchstens Regionalliganiveau – trotz des sensationellen 0:0 am Mittwoch gegen Weltmeister Brasilien. Chinas Sportmedien suchen ihre Erfolgsnachrichten deshalb im Ausland, in München-Giesing zum Beispiel: Seit Shao Jiayi bei 1860 sein Geld verdient, ist der 22-Jährige in seiner Heimat ein Medienheld. Nach seinem Auftaktspiel im Löwen-Trikot war Shaos Foto auf den Titelseiten der Pekinger Zeitungen. Der Staatssender CCTV, der das Spiel gegen Hannover 96 live übertrug, schickte Starreporter Ran Xiongfei nach München, um zu berichten. Sportgazetten drucken täglich mehrere Berichte über das Training bei 1860 und Shaos Chancen in der Bundesliga. Manche Reporter haben sich auf Shaos Familie in Peking gestürzt. Wir sind so zufrieden, dass wir einen solchen Sohn haben dürfen, zitieren sie den Vater. Sina.com, das größte Webportal Chinas, berichtete über eine Anekdote bei der Geburt Shaos. Weil eine Krankenschwester beim Ausfüllen der Formulare einen Fehler machte, steht in Shaos Geburtsurkunde der 10. statt der 9. April. Sein Vater hat seinem Sohn deshalb den Vornamen Jiayi gegeben – was auf Chinesisch Plus Eins heißt.“
Zur Lage in Kaiserslautern heißt es bei Frank Schneller (FTD 18.2.). „Geld verprasst wurde beim FCK in der Vergangenheit trotz der aufkommenden Kirch-Krise – so viel steht fest – ungeniert. So soll der Vertrag von Sforzas, den Friedrich im ZDF als wirtschaftlich besonders angemessene und „stark leistungsbezogen“ bezeichnete, dem Schweizer in Wirklichkeit nicht nur einen Managerjob, sondern in aktiven Zeiten 90.000 Euro Grundgehalt monatlich garantieren. Prämien exklusive. Und Mario Basler erhielt bei Vertragsabschluss ein millionenschweres Darlehen, welches er durch eingespielte Prämien abstottern soll. Der 1. FC Kaiserslautern ist längst zum Politikum auf rheinland-pfälzischer Landesebene geworden. Nun weitet sich der Fall möglicherweise zum größten Vereinsskandal der Bundesligageschichte aus. Die Liste der Verdächtigungen und Verdächtigten birgt schließlich weitere bekannte Namen: Die Staatsanwaltschaft ist beispielsweise wiederholt auf den Namen von Ex-Spieler und Trainer Andreas Brehme aufmerksam geworden. Außerdem soll auch die Rolle von Aufsichtsratmitglied Peter Briegel, der vor wenigen Monaten selbst noch „lückenlose Aufklärung“ forderte, überprüft werden.“
Wie der 1. FC Kaiserslautern mit der Politik verflochten ist Tsp
Javier Cáceres (SZ 17.2.) sah sich beim Zweitligaschlusslicht um. „Nicht, dass wir uns da falsch verstehen, sagt Uwe Reinders, man habe bei Eintracht Braunschweig durchaus noch Spaß. Am Morgen erst, da habe er, der Trainer, gehörigen Lärm vernommen, „happy birthday und come on California“; Jacob Thomas, gebürtiger Texaner und Stürmer, hatte Geburtstag. „Ich sach: how old? Sagt er: Twentysix. Ich sach: can yu mäik e door? Und er: What is a door? Sach ich: A goal! Sagt er: Yes! Sach ich: Gut, dann spielste heute“. Thomas spielte tatsächlich, nur das door traf er nicht. Keiner seiner Kameraden tat es. St. Pauli gewann 1:0, weil sich Eintrachts Torwart Spoelder einen Freistoß selbst ins Netz boxte. Vor dem Spiel gegen den Vorletzten der Zweiten Liga hatte Reinders vorgeschlagen, das Spiel „auf der A2“ auszutragen, die Autobahn sei „genauso hart wie der Platz“ im Stadion an der Hamburger Straße, „aber wenigstens eben“. Es war schon deshalb eine gute Idee, weil man ohne Tempolimit hätte flüchten können. So grausig war das Spiel, dass 17.000 Braunschweiger nach Schlusspfiff nur auf den Platz starrten und nicht einmal Kraft fanden, zu pfeifen.“
Interview mit Dirk Lottner (1. FC Köln) FR
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