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schottischer Teamgeist und Kampf besiegt holländische Dekadenz – Spanien erfüllt Erwartungen nur teilweise u.v.m.

Oliver Fritsch | Donnerstag, 25. März 2004 Kommentare deaktiviert für schottischer Teamgeist und Kampf besiegt holländische Dekadenz – Spanien erfüllt Erwartungen nur teilweise u.v.m.

Länderspiele (EM-Qualifikation, Freundschaftsspiele, WM-Qualifikation in Südamerika) im Überblick NZZ

Internationale Presse-Stimmen FR

Schottland – Holland 1:0

Reputation gewinnt keine Fussballspiele

Bertram Job (NZZaS 16.11.) zweifelt, ob Bonds-Coach Advocaat die richtige Elf ins Spiel geschickt hat: “Seine Treue zu den erfahrenen Kickern wurde schlecht belohnt. Erst mit der Einwechslung von Youngster Rafael van der Vaart (Ajax) und dem zwischenzeitlich ausgemusterten Clarence Seedorf kam etwas mehr Drive in das betuliche Spiel. Die Vorstellung in Glasgow war zumindest hilfreich, um die hohen Erwartungen der Oranje-Fans einstweilen zu dämpfen. Im krassen Unterschied zur Nationaltugend sind Hollands Einwohner, wenn es um ihre Fussballauswahl geht, von calvinistischer Bescheidenheit einen guten Abstoss weit entfernt. Der nationale Verband (KNVB) hatte seine Kampagne für die Heimspiele früh mit der Verlosung von Portugal-Reisen angeheizt – als sei die EM-Qualifikation nicht viel mehr als eine Formalität. Auch wurde oft und gerne darüber spekuliert, wer am 4.Juli 2004 der Gegner im EM-Final sein könnte. Inzwischen aber zeigt sich, wie recht Advocaat mit einem kürzlich geäusserten Aphorismus behalten sollte. Dabei hatte der Bondscoach in Bezug auf sein hochkarätig besetztes Team georakelt: „Reputation gewinnt keine Fussballspiele.““

Raphael Honigstein (FR 17.11.) stellt gravierende Mängel bei den Holländern fest: „Auf dem Platz hatten die schlecht organisierten Gäste auffallend viel Gesprächsbedarf untereinander, später kamen in den spärlichen Sätzen allerhand Vorwürfe zum Vorschein. Wir haben unsere Chancen nicht genutzt, das geht auf diesem Niveau nicht, beschwerte sich De Boer über die Stürmer. Torwart Edwin van der Saar bemängelte das Abwehrverhalten seines in die Jahre gekommenen Kapitäns vor dem Gegentreffer: Wenn man so nahe am Stürmer dran ist, muss man den Ball eigentlich blocken können. Der ohne nennenswerte Aktion gebliebene Kluivert gab die Schuld unverblümt an den Trainer weiter. Dick Advocaat hatte sich dem öffentlichen Druck gebeugt und überraschend Ruud van Nistelrooy als Kluiverts Partner aufgestellt. Warum diese Umstellung? Das hat bisher noch nie funktioniert, und es hat auch heute nicht funktioniert, beschwerte sich Kluivert und merkte an, man habe erstmals in 16 Spielen unter Advocaat kein Tor erzielt. Nach dem Debakel auf der Insel könnte man viele rätselhafte Entscheidungen des Bondscoachs sezieren, aber Kluivert versus Van Nistelrooy bleibt das Hauptproblem einer Mannschaft, der es nicht gelingt, ihre überragenden Fähigkeiten in adäquate Ergebnisse zu verwandeln. Die Klassestürmer sind sich nicht grün, beide haben im Team ihre Leute, der Kader zerfällt in zwei Fraktionen. Dass auch die Hautfarbe eine Rolle spielen soll, macht die Sache brenzlig. An dem Konflikt entzündet sich überdies die überfällige Debatte um das Wesen des niederländischen Fußballs: Kluivert steht für Ästhetik und Spielkultur, Van Nistelrooy für schnörkellose Effizienz. Advocaat muss sich entscheiden, und zwar schnell, sonst wird er bald nichts mehr zu entscheiden haben. Die EM ist die letzte Chance unserer Generation, noch in die Geschichtsbücher zu kommen, weiß Kluivert. Bei einem Misserfolg fänden sich die Kicker im orangefarbenen Dress ebenfalls dort wieder. Allerdings aus weit weniger erfreulichen Gründen.“

FAZ-Interview mit Berti Vogts

FAZ: Die meisten deutschen Fußballfans werden mit Ihnen mitfiebern wie vermutlich nicht mehr, seit Sie Bundestrainer waren. Schließlich ist es das beliebte Duell David gegen Goliath, und dann noch gegen die unbeliebten Holländer. Gefällt Ihnen die Rolle?

BV: Natürlich, wir haben nichts zu verlieren, die Holländer stehen dafür unter großem Druck. Aber man darf die Verhältnisse nicht vergessen. Wer kann es sich sonst schon erlauben, einen Makaay, einen Seedorf, Topspieler von Klubs wie Bayern München und AC Mailand, auf der Bank zu lassen und erst in der zweiten Halbzeit einzuwechseln? Ich dagegen mußte einen Neunzehnjährigen vom FC Motherwell bringen.

FAZ: Sie haben seit Beginn Ihrer Amtszeit vielen jungen Spielern eine Chance gegeben. Hat Sie deshalb das von dem 19jährigen Darren Fletcher und dem 20jährigen James McFadden herausgespielte Tor besonders begeistert?

BV: Herrlich, wie Fletcher den Doppelpaß mit der Hacke gespielt hat, besser kann man das nicht machen. Auch die Ballmitnahme und der Abschluß von McFadden.

FAZ: Sehen Sie sich in Fletchers Fall auch als Ahnenforscher bestätigt?

BV: Natürlich, wegen seiner irischen Mutter hätte er ja auch für Irland spielen können. Als ich hörte, daß es bei Manchester United ein 18jähriges Sturmtalent mit schottischem Vater gab, bin ich gleich hingefahren. Nachdem ich Fletcher überzeugt hatte, für Schottland zu spielen, ließ ich ihn von meinem U-21-Trainer Rainer Bonhof sofort bei einem Juniorenländerspiel einwechseln. So hatten wir ihn sicher.

Spanien – Norwegen 2:1

Georg Bucher (NZZ 17.11.) hat – wie die Spanier selbst auch – mehr von den Spaniern erwartet: „Der Ausstich sollte schon im Hinspiel entschieden werden, und es bestand kein Zweifel daran, dass die Skandinavier zu für sie ungewohnter Stunde (22 Uhr) in Valencia antreten müssten. Im Mestalla, wo die Selección seit 1992 alle Länderspiele gewonnen und Österreich 1999 gar 9:0 deklassiert hat und stets mit frenetischer Unterstützung der im Bürgerkrieg als (unterlegene) Verfechter republikanischer Werte hervorgetretenen Levantinos rechnen kann. Vom famosen Animateur Manolo und von 110 eigens aus der Provinz Albacete angekarrten Trommlern, die einen für spanische Ohren gewohnten Höllenlärm veranstalteten, liess sich Nils Johan Sembs abgeklärtes Team allerdings nicht aus der Ruhe bringen. Nachdem die Norweger zwei brenzlige Szenen dank Glück und dem brillanten Keeper Esper Johnsen überstanden hatten, sass schon ihr erster Konter. Iversen, in Rotterdam (EM 2000) Matchwinner gegen Spanien, profitierte von kopfballstarken Kollegen und schlechter Zuordnung in der Innenverteidigung des Gegners. Damit waren die hochtönenden Prognosen des baskischen Ausbildners über den Haufen geworfen. Wie Tiger würden seine Mannen die Herausforderung annehmen, Geduld bewahren und vorzugsweise über die Aussenseiten Löcher in die Wikinger-Wand schlagen, hatte Saez frohlockt. Vom Flügel wurde die Stimmung auch bald aufgehellt, nach einem Freistoss des filigranen Sevillano Reyes kam Raul zwischen vier Abwehrhünen wie die Jungfrau zum Kind per Kopf zum Ausgleichstreffer. Bis zu diesem Zeitpunkt bestand in puncto individueller Technik, Dynamik und Kombinationssicherheit ein Klassenunterschied zwischen den Prototypen diametral entgegengesetzter Spielauffassungen. Ironische Kommentare, die Norwegen einen paläontologisch-altenglischen Stil bescheinigten, waren jedenfalls verfehlt. Sie können den Ball auch auf kurzem Raum halten, geben ihn fast immer nach einer Berührung weiter und lauern auf Fehler.“

Russland – Wales 0:0

Martin Pütter (NZZaS 16.11.) berichtet: „Die Chancen stehen gut, dass sich Wales zum ersten Mal seit 1958 wieder für ein grosses Turnier qualifiziert. Kampfgeist und taktische Disziplin trugen dazu bei, dass die Waliser im Hinspiel der EM-Play-offs in Moskau gegen Russland ein 0:0 erreichten. Allerdings erhielt die Mannschaft von Mark Hughes auch Schützenhilfe von den Russen. Der Gruppengegner der Schweiz machte zu wenig aus den spielerischen Vorteilen. Er spielte lange zu verspielt, was die Aufgabe der dicht gestaffelten Verteidigung der Waliser wesentlich erleichterte. Wirklich unter Druck war das walisische Team nur in den ersten zehn Minuten, in denen Russland vehement angriff und die Waliser kaum noch aus der eigenen Hälfte herauskamen. Doch keiner bei den Russen wollte im Abschluss die Verantwortung für den Torschuss übernehmen. Immer wieder wurde der Ball abgegeben.“

NZZaS-BerichtKroatien-Slowenien (1:1)

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