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„Le jour de gloire est arrivé“

Oliver Fritsch | Donnerstag, 25. März 2004 Kommentare deaktiviert für „Le jour de gloire est arrivé“

„Schon bei den ersten Tönen der Marseillaise gellten dissonant die Pfiffe von der Südkurve herüber. Sie kamen aus der korsischen Ecke, Tausende waren von der schönen Insel nach Paris gereist, um den SC Bastia zu unterstützen. Nun pfiffen sie. Präsident Jacques Chirac stand auf der Ehrentribüne. Bei der zweiten Zeile „Le jour de gloire est arrivé“ war sein Gesicht erstarrt. Wer ihn auch nur von weitem sah, spürte seine Wut, und besonders spürte sie Claude Simonet, der Chef des französischen Fußballverbandes (…) Wütend verlässt Frankreichs Präsident Chirac seinen Tribünenplatz, weil korsische Fans das Abspielen der Nationalhymne stören.“ (Volltext)

Ralf Itzel (taz 13.05.02) dazu:

„Es ist schon das zweite Mal in sechs Monaten, dass in Paris auf die Marseillaise gepfiffen wird, im Oktober bei der ersten Partie einer französischen Nationalmannschaft gegen die Elf der früheren Kolonie Algerien stürmten einige Fanatiker sogar das Feld. So weit kam es diesmal nicht, aber auch so langte es Chirac. Er traute seinen Ohren kaum und suchte mit ungläubigem Blick Bestätigung bei Übergangspremier Jean-Pierre Raffarin. Man konnte dem Präsidenten die Worte von den Lippen ablesen: Die pfeifen? Ich gehe! Gesagt, getan: Chirac suchte das Weite, die aufgereihten Fußballer unten trippelten genauso ratlos auf der Stelle wie oben der Präsident des französischen Fußballverbands, Claude Simonet. Der griff mit versteinerter Miene zum Stadionmikrofon, wurde aber ebenfalls niedergepfiffen.“ (Volltext)

Ralf Itzel (SZ 06.05.02) über das Siaonfinale in Frankreich und den neuen Meister Olympique Lyon:

„So ein Finale gab es in Frankreich noch nie. Am letzten Spieltag empfing der Zweite Olympique Lyon mit einem Punkt Rückstand den Ersten RC Lens. Ein echtes Endspiel, aus dem schließlich die Lyonnais als Triumphator hervorgingen. Durch ein 3:1 fing die Mannschaft den Konkurrenten noch ab, der 27 Spieltage lang die Liga angeführt hatte. Es ist der erste Meistertitel für Lyon. Nach 52 Jahren seines Bestehens wurde es höchste Zeit für den Klub, der die zweitgrößte Stadt Frankreichs vertritt und zu den reichsten der Liga zählt. Durch dieses Endspiel bekam eine chaotische Saison einen versöhnlichen Abschluss. Vorher lief das Meiste schief in der Liga das Welt- und Europameisters. Am auffälligsten war der Sittenverfall: Einige Trainer und Präsidenten gebärdeten sich wie Halbstarke. Luis Fernandez, Coach von Paris Saint Germain, schubste neulich im Zorn den vierten Offiziellen, als hätte der ihm die Freundin ausspannen wollen. Nach der Partie parkte er mit quietschenden Reifen auch noch die Stadionausfahrt zu, um die Schiedsrichter zu stellen und weiter anzupflaumen. Sechs Monate Sperre waren die Quittung.“ (Volltext)

Christian Eichler (FAZ 29.04.02) berichtet von der Hoffnung des RC Lens auf die zweite Meisterschaft nach 1998.

„Lens, das ist das Schalke von Frankreich. Früher die Hauptstadt der Kohle, heute die der Passion, die Fußball heißt. Sogar die Farben: Gelb und Rot, das waren auch einst die von Schalke 04. In Lens sind sie es noch immer, seit 1906, man nennt es „Les sang et or“. Blut und Gold – das erinnert an die Zeiten in den Minen, als viele litten und wenige den Profit machten. Arbeitslose Bergarbeiter bauten 1929 das Stadion, das englische Vorbilder hatte. Das Arbeitsethos der Kumpel prägte die Erwartung an die Spieler: Wer nicht alles gab, hörte den Ruf „A la mine“ – ab in die Mine.“

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