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Afrikas Fußball
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| Donnerstag, 25. März 2004Den Sieg Senegals könnte man als weitere Etappe des afrikanischen Emanzipationsprozesses deuten. „Womöglich ist Afrikas Fußball doch viel besser, als im Vorfeld des Turniers von Europäern und Südamerikanern behauptet wurde“ (taz), lautet daher die vorsichtige Schlussfolgerung. Doch welchen Aussagewert dieses Spiel tatsächlich für die interkontinentale Hierarchie besitzt, wird sich erst im weiteren Turnierverlauf zeigen. „Jedenfalls wäre es erfreulich, wenn ein Land der Dritten Welt den Pokal gewinnt. Je kleiner das Land, desto höher schlägt mein Herz“, wird der Rhetorikprofessor Walter Jens (FAZ) zitiert.
Hoffen wir also auf weitere Überraschungen! Es muss ja nicht unbedingt heute sein: „Im vergangenen Jahrzehnt war keine Nationalmannschaft der arabischen Welt und Asiens erfolgreicher als die Saudi-Arabiens“ (FAZ). Wird die deutsche Mannschaft den heutigen Gegner unterschätzen? Die akribischen Beobachtungen des Trainerstabs sprechen jedenfalls dagegen.
Außerdem: „Sapporo hat sich auf die Fußball-Weltmeisterschaft vorbereitet, als ob der Einfall der Hunnen bevorstünde“ (FAZ), Team Deutschland und sein Chef Völler sowie: über die Eröffnungsfeier.
Pressestimmen aus Deutschland, Schweiz, Frankreich, Senegal und Italien zum Eröffnungsspiel
Die Eröffnungsfeier kommentiert Andreas Burkert (SZ 1.6.). „Die Gastgeber haben wie gewohnt den Anspruch, die Bestmarken der Vorgänger zu übertreffen. Bei den Kosten ist ihnen ein Rekord bereits sicher: Einen Etat von 560 Millionen Euro hat der Weltfußballverband Fifa für die erste WM in Asien veranschlagt, womit sich das Budget im Vergleich zur WM 98 in Frankreich verdoppelte. 50 Millionen Euro sind allein für die massiven Sicherheitsvorkehrungen verplant, welche die Fifa nach den Terroranschlägen des 11. September anordnete. Trotzdem soll diese WM ein Fest des Sports, der Farben und der Verständigung werden. Da passte es gut, dass ein Friedensnobelpreisträger vor dem Auftaktspiel die Eröffnungsformel sprach: Kim Dae Jung, Südkoreas Staatspräsident, der den Versöhnungsprozess mit dem kommunistischen Nordkorea in Gang gebracht hat. „Durch die Fußballspiele wird sich die ganze Welt vereinen, unabhängig von Abstammung und Religion“, sagte er.“
Michael Horeni (FAZ 1.6.) über Teamchef Völler. „Völler wirkt in diesen Tagen relativ entspannt. Es war in Mimik, Gestik und Tonfall in den Tagen der Vorbereitung in Miyazaki kein Unterschied zu erkennen zu einem gewöhnlichen Länderspiel. Der Teamchef führt seine Mannschaft auf eine angenehm beiläufige Art. Völler hält auch jetzt nichts von großen Ansprachen, lieber nimmt er sich auf dem Trainingsplatz mal einen Spieler zur Seite und erklärt, wie die Sache auf dem Spielfeld laufen soll. Oder er setzt sich beim Essen zu einem Spieler, um ihm en passant auf Dinge aufmerksam zu machen, die zu verbessern sind. Die Spieler schätzen es, wie es Völler versteht, solche Sachen ohne Tamtam auf den Punkt zu bringen.“
„Wenig Stars, viele Stripes“ heißt es zum Zustand der deutschen Mannschaft und in Anspielung auf Christian Zieges schwarz-rot-goldene Haar-Streifen in Repubblica (1.6.): „Im Gegensatz zu Kanzler Schröder, der einen Prozess gegen eine deutsche Zeitung gewonnen hat, die ihm unterstellte, sich die Haare zu färben, hat sich Ziege mit seiner neuen Haartracht stolz den Fotografen gestellt.“
Warum Deutschland nicht mehr Weltspitze ist, erklärt Christof Siemes (Die Zeit 29.5.) mit dem Zustand unseres Landes. „Nie ist eine deutsche Mannschaft mit geringeren Hoffnungen zum wichtigsten Turnier der Welt aufgebrochen. Wie im richtigen Leben, in all den Rankings in Wirtschaftswachstum, Reformfähigkeit, Innovationsfreude, Schlagersingen, so ist Deutschland auch im Fußball von der Weltspitze weit entfernt (…) Rudi Völler ist die klassische Problemlösung Ära Schröder: Sie ist vor allem publikumswirksam (…) Ob der ungelernte Trainer der ersten Mannschaft eines Landes, das gerade in Sachen Taktik, neuer Spielsysteme, Flexibilität auf dem und jenseits des Platzes hinterhinkt, Beine machen kann? (…) Die jetzige Mannschaft ist eine, die es nicht als Lust oder Chance, sondern als ihre saure Pflicht begreift, aus dem Mittelmaß herauszukommen.“
Den heutigen Gegner der deutschen Fußballelf nimmt Hartmut Scherzer (FAZ 1.6.) unter die Lupe. „Der Teamchef und sein Stab kennen den Gegner ohnehin fast in- und auswendig: ein herausragender Torhüter, zwei gute Innenverteidiger, ein kompaktes Mittelfeld, eine echte Spitze, keine ausgesprochenen Kopfballspezialisten, aber gefährlich bei Standardsituationen (…) Der Kapitän heißt Sami Al-Jaber, ist 29 Jahre alt, spielt Stürmer oder hinter der Spitze, hat 153 Länderspiele absolviert und durfte als bisher erster und einziger saudischer Nationalspieler nach Europa wechseln. Das Abenteuer bei Wolverhampton Wanderers dauerte aber nur acht Monate. Das Leben als verhätschelter Fußballgünstling der Königsfamilie ist für einen Saudi eben doch angenehmer.“
Die Stimmung in Sapporo – Austragungsort des Spiels Deutschland gegen Saudi-Arabien – ist getrübt, was durch die Intensität der dortigen Sicherheitsvorkehrungen zusätzlich verstärkt wird. Anne Scheppen (FAZ 1.6.) dazu. „Kurz vor dem ersten Spieltag in Japan herrscht im hohen Norden mehr Unsicherheit als Freude. Aus Angst vor den Gästen werden Geschäfte geschlossen, Kinder im Haus gehalten. Die Aussicht auf Horden betrunkener Fußballfans hat den Enthusiasmus gebremst, noch ehe er richtig ausbrechen konnte. Seit Wochen berichten die Medien landauf, landab über ein Schreckensgespenst: den Hooligan. Kaum ein Tag verging, ohne dass die Polizei mit großem Aufgebot an einem der zehn Austragungsorte den Ernstfall probte und mit Helmen und Schlagwaffen zum Einsatz schritt. Die Bilder sollten beruhigen, sie bewirkten aber das Gegenteil (…) Die Ängste – zumindest vor den Hooligans – wirken so überzogen, dass sogar Prinz Takamado, der als Mitglied der kaiserlichen Familie für die Eröffnung nach Seoul gereist ist, warnt, bei all den Sicherheitsvorkehrungen könnte die Freude auf der Strecke bleiben.“
Auch Benjamin Henrichs (SZ 1.6.) wird sich von einem grassierenden Virus anstecken lassen wollen. „Bald wird einen das WM-Fieber doch befallen, ob man sich wehrt oder nicht. Bald wird man selber den ersten Fußballschrei ausstoßen, und es wird nicht der letzte bleiben. Und irgendwann wird man selber dem brüllenden Torhüter Kahn vielleicht ähnlicher sehen als dem Menschen, der man heute ist. Herr K., Kafka, Kahn: Auch diese Geschichte, die jetzt beginnt, könnte dereinst den Titel „Die Verwandlung“ tragen. Wenngleich sie wohl leider nicht in die Weltliteratur eingehen wird.“
Frankreichs reagiert auf die wirtschaftsfeindlichen Arbeitszeiten
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