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Auftritt der Bayern auf dem Betzenberg

Oliver Fritsch | Donnerstag, 25. März 2004 Kommentare deaktiviert für Auftritt der Bayern auf dem Betzenberg

Wer vor dem Auftritt der Bayern auf dem Betzenberg einen „Hassgipfel” vorausgesagt hatte, musste sich durch den ungefährdeten Gästesieg in einer emotionslosen Partie eines Besseren belehren lassen. Die SZ sah ein „Spiel, das nur Bayern-Fans und Sadisten hat beglücken können.” Ebenso hofften die Lauterer Anhänger vergebens auf den gewohnt leidenschaftlichen Kampf ihrer Elf gegen die „Großkopferten Münchner” (FAS). „Aus den stolzen Rebellen der Provinz sind verzagte Mitläufer geworden, gefügig gegenüber der herrschenden Klasse. Demütig hat sich der 1. FC Kaiserslautern am Samstag in die 0:2-Niederlage gegen Rekordmeister Bayern München ergeben, als hätte er sich schon mit dem Abstieg aus der Bundesliga abgefunden“, beschreibt die FAZ den dortigen Wandel zum Abstiegskandidaten.

Die beiden Überraschungsteams aus Bremen und Stuttgart nutzten diese Gelegenheit, sich mit Siegen ins Rampenlicht der Öffentlichkeit zu spielen. Während der „Liebling der Bundesliga“ – wie die NZZ die „jungen Wilden” des VfB nennt – durch das 3:0 über Hannover ein im Schwabenland selten gewordenes Fußballfest feierte, scheinen die Norddeutschen beim 1:0 in Berlin ihre Abwehrschwäche überwunden zu haben. Dahingegen „präsentierten Herthas Profis eine Mischung aus Angst vor dem Sprung auf Tabellenplatz zwei und aus Überheblichkeit“ (FTD).

Michael Eder (FAZ 25.11.) beschreibt die Stimmungslage in der Liga. „Das Problem ist: Es gibt nur ein‘ Rudi Völler, und deshalb fehlt schon ziemlich viel, wenn unsere Auswahlkicker nur noch getrennt von ihrem Teamchef in mehr oder weniger langweiligen Teams um schnöde Bundesligapunkte spielen. Es fehlt die große Begeisterung, vor allem fehlt die gute Laune. Rudis Fußballshow hat etwas von Popkonzert für die ganze Familie, Bundesliga hingegen ist eher etwas für Hardcore-Fans. Zum Beispiel Bayern München auf dem Betzenberg, Trauerspiel statt Unterhaltungsstück. Hitzfeld statt Rudi, Gerets statt Rudi, Sammer statt Rudi, Stevens statt Rudi – so sieht es aus, und vielleicht liegt es auch ein bißchen an diesem Personalstand, daß die Bundesliga ziemlich deutsch ausschaut, selbst wenn Belgier und Holländer an der Außenlinie stehen: sehr ernst, sehr gezwungen, sehr verkrampft. Im Fußball-Land des Lächelns – siehe WM-Logo – geben verkniffene Charaktere die Richtung vor, der Druck der Ämter und Erwartungen lastet schwer auf den Trainern, und die meisten würden wunderbare Werbefiguren abgeben für Remmi-räumt-den-Magen-auf oder irgendwelche vollsynthetischen Gemütsaufheller. Daß der Zuschauer in den Stadien – vom Fernsehpublikum ganz zu schweigen – nicht viel zu lachen hat, liegt deshalb auf der Hand, und wenn Stevens oder Sammer nach den Partien ihre Kommentare abfeuern und noch dazu verloren haben, dann tun sie es nur mit mühsam gebremstem Schaum. Warum sollten ausgerechnet ihre Spieler auf dem Feld die große Lebensfreude verströmen, die Leichtigkeit des Fußballspiels, warum sollten ausgerechnet sie Begeisterung wecken und eine Stimmung wie bei der Nationalmannschaft, die selbst mit einer Niederlage noch heiter daherkommen kann?“

Die beiden Überraschungsteams der Spielzeit aus Bremen und Stuttgart treffen nächste Woche aufeinander. Jan Christian Müller (FR 25.11.) analysiert deren ähnliche Strategie. „Beide Mannschaften machen mit ihrer mutigen, unverbrauchten, stets offensiven Spielweise auch anderen Klubs Mut. Mut, sich statt wie in den vergangenen fetten Jahren, als die TV-Gelder wie Honig flossen, vermeintlich fertiges und entsprechend teures Personal zuzulegen, bei der eigenen Jugend zu bedienen. Beim SV Werder stehen elf Spieler, beim VfB Stuttgart neun Akteure im Profikader, die bereits für die eigenen Regionalliga-Amateure spielten. Ein derartiges Konzept verfängt natürlich nur, wenn zuvor entsprechende, langfristige Aufbauarbeit geleistet wurde. Das ist in Bremen und Stuttgart der Fall.”

VfB Stuttgart – Hannover 96 3:0

Ob des Stuttgarter Höhenflugs ist Josef Kelnberger (SZ 25.11.) skeptisch. „Stets auf der Suche nach dem Schönen und Guten wollen wir heute den VfB Stuttgart loben. Ganz schnell, bevor es wieder abwärts geht mit ihm. Sorry VfB, das ist dein Schicksal, weil deine Pläne immer gar so hoch fliegen (…) Am liebsten hielte man bei diesem zauberhaften Anfang inne, am liebste würde man nun einen Zaun um dieses schwäbische Idyll ziehen – aber ach, es drängt die Erfolgreichen, Pläne zu schmieden, Ziele zu formulieren, und das ist meist der erste Schritt ins Verderben. So las man in der Stuttgarter Zeitung: Magath will mit dem VfB Europacup-Sieger werden. Er nennt das Jahr 2006. Das ist ein gewaltiger Fehler. Es wird kommen, wie es kommen muss. Aus München, oder Dortmund, wird ein Millionenangebot für Amanatidis, Hleb oder Kuranyi hereinplatzen. Der VfB wird seine Jünglinge verkaufen, wie damals Elber und später Bobic, weil er ja Schulden zu tilgen hat. Oder er wird deren Gehälter aufmörteln, wie damals bei Balakov, und das wird Neid und Missgunst säen. Zum nächsten Heimspiel des VfB kreuzen am 7. Dezember die Bayern auf. Die haben einen Heidenspaß daran, mit Idyllen aufzuräumen.“

Tobias Schächter (taz 25.11.) über Erfolgstrainer Magath. „Der Feuerwehrmann steht immer unter Zeitdruck. Wird er gerufen, steht das Gebäude schon in Flammen. Seine einzige Aufgabe ist es, den Brand zu löschen, danach hat der Feuerwehrmann seine Schuldigkeit getan, er kann nach Hause gehen. Für die Vision eines neuen Lebens, für den Wiederaufbau ist der Architekt zuständig. Der Fußballtrainer Felix Magath galt in seiner Branche als Feuerwehrmann: als Retter in der Not des Abstiegskampfes. Er bildete die letzte Instanz, den Trouble Shooter mit den umstrittenen Methoden. Magath eilte ein zweifelhafter Ruf voraus, nachdem er zuerst den HSV, dann Nürnberg und Bremen und schließlich Frankfurt vor dem Abstieg gerettet hatte. Immer musste er danach schnell wieder die Koffer packen. Ein Architekt zu sein, einer, der eine Mannschaft formt und langfristig mit ihr arbeiten kann, das schrieb man Felix Magath nun wirklich nicht zu, als er im Februar 2001 den VfB Stuttgart vor dem Abstieg retten sollte (…) Es gibt den Magath vor Stuttgart und den Magath seit Stuttgart. Zwar predigt der 49-Jährige, den man mit Saddam verglich und Quälix nannte, Grundzüge seiner früheren Arbeitsauffassung auch heute noch: Disziplin, harte Arbeit und Fleiß. Das Feuer hat er gelöscht, das Fundament gelegt, nun darf er darauf aufbauen. Felix Magath ist längst kein Feuerwehrmann mehr.“

Roland Zorn (FAZ 25.11.) berichtet vom Spiel. „Die in einer zaghaften PR-Aktion des Vereins für Bewegungsspiele offiziell so genannten „jungen Wilden“ des VfB hatten sich vor der Saisonrekordkulisse von 46.000 Zuschauern derart ausgetobt, daß ihr sonst kritischer Trainer Felix Magath nur noch zahm, aber glückselig sagen konnte: „Das Schlechte heute ist, daß ich nichts zu meckern habe. Das war ein Fußballfest, bei dem alles gestimmt hat.“ Ihm zur Seite saß ein mißgestimmter zweiter schwäbischer Rückkehrer, der Kollege Ralf Rangnick. Der beim VfB gegen Ende seiner Trainerjahre im Spott zum „Professor“ promovierte Fußballehrer konnte diesmal nicht anders, als seinem Team ein „Ungenügend“ ob dessen eklatanter Abwehrschwächen zu attestieren. Die Niedersachsen ließen sich in Stuttgart widerstandslos überrennen. „Außer Fredi könnt ihr alle geh‘n“, hämten die VfB-Fans in Richtung 96; dem im Gegensatz zu Bobic ungeliebten hannoverschen Trainer riefen sie höhnisch zu, „siehst du, Rangnick, so wird das gemacht“ (…) Stuttgart, inzwischen auf Platz drei der Tabelle, kommt – und das gewaltig. Trotz inzwischen schon 28 Pflichtspielen stürmt Magaths ungestüme Mannschaft die Tabelle und auf Europas Fußballfeldern. Der Grund für den jüngsten Aufschwung des VfB Stuttgart heißt für Balakow ganz einfach Magath. Früher mit seinem Härteprogramm oft gescheitert, hat sich der Trainer von der Aufbruchstimmung in Stuttgart beflügeln lassen. Der Trainer ist „jünger” geworden, seine Mannschaft gewinnt an Erfahrung. So überrascht der VfB Stuttgart – zuerst sich selbst, danach die ganze Bundesliga.“

1. FC Kaiserslautern – Bayern München 0:2

Die Situation in Kaiserslautern beschreibt Jan Christian Müller (FR 25.11.). „Dieser 1. FC Kaiserslautern ist nur noch ein Torso jenes Traditionsklubs, der von der landsmannschaftlichen Verbundenheit seiner Fans mit den Spielern, der aufgeheizten, Gegner und Schiedsrichter gleichermaßen einschüchternden Atmosphäre, und der brachialen Urgewalt seiner Recken in einem Maße lebte wie kein anderer Fußballklub in diesem Land. Das Band zwischen Anhängern und Klubverantwortlichen ist in den Wirren der vergangenen Wochen zerrissen, die Nachfolger der Friedrich, Wieschemann und Konsorten arbeiten mit der betriebswirtschaftlichen Nüchternheit von Sanierern in einem in Not geratenen Wirtschaftsunternehmen. Längst haben die Fans nicht mal mehr Kraft zum Pfeifen. Mit leisem, mitleidigem Beifall verabschiedeten sie eine Mannschaft, die nicht mehr die ihre ist. „Vielleicht haben sie ein Gespür dafür, dass man auf uns nicht mehr drauftritt, jetzt, da wir schon fast unterm Boden liegen“, mutmaßte Mario Basler. Der Trainer, Erik Gerets, war vor zwei Monaten als starker Mann gekommen, als einer, der in Eindhoven sogar die eigenen Hooligans kraftvoll in die Schranken gewiesen hatte; man hatte ihm die notwendigen Aufräumarbeiten auf dem Betzenberg allemal zugetraut. Jetzt steht er hilflos an der Seitenlinie. Man möchte ihn fast in den Arm nehmen und trösten.“

Elke Rutschmann (FTD 25.11.) meint dazu. „Über die Jahre hinweg haben die Fans des 1. FC Kaiserslautern ihren Gegnern immer wieder trotzig den Glauben an sich selbst und den Mythos vom gefürchteten Fußballberg entgegengehalten. Doch jetzt scheint selbst Lautern nicht mehr an Lautern zu glauben. Der FCK ist eine Mannschaft mit gebrochenem Herzen. Die dritte Heimniederlage in Folge am Samstag beim 0:2 gegen den FC Bayern München nahmen die Fans schweigend hin. Es fehlte die Kraft für Pfiffe. Die einstige Hölle wurde selbst gegen den Lieblingsfeind zur Flüstertüte. Von wegen Pfälzer Angstregime. Im Moment deutet vieles darauf hin, dass der 1. FC Kaiserslautern am Ende der Tabelle überwintern wird. Keine Vision weit und breit. Der Kader ist mit 29 Spielern aufgebläht, aber Verkäufe sind bei der Lage des Markts eher unwahrscheinlich. Und Einkäufe erscheinen beim hochverschuldeten Tabellenletzten geradezu unmöglich. Deshalb wird auch die immer noch rätselhafte Welt des Mario Basler jeden Tag ein bisschen düsterer. Selbst nach unangenehmen Niederlagen ist der frühere Meister des ruhenden Balles keiner, der das Stadion durch die Hintertür verlässt. Der Mann, den man in seiner Laufbahn immer wieder gerne für Dummheit im Dienst bestraft hätte, der Schiedsrichter und gegnerische Fans mit Gesten und Worten provozierte, wurde nach dem erneuten Debakel zum ernsthaften Gesprächspartner. Selbst auf dem Platz, wo er den Libero gab, beeindruckte der 35-Jährige mit starken Zweikampfwerten und den meisten Ballkontakten im Trikot der ansonsten toten Teufel. Basler taugt zwar nicht zum Geläuterten, aber zumindest scheint der schwierige Geist die Herausforderung Klassenerhalt neben Mittelstürmer Miroslav Klose als einziger Akteur verinnerlicht zu haben.“

Peter Heß (FAZ 25.11.) fragt. „Wo ist er geblieben, dieser Zorn, dieser Furor, diese Leidenschaft, mit der sich der pfälzische Fußballklub jahrzehntelang der gegnerischen Übermacht an Kapital und Personal erwehrte? Manche äußerten den Verdacht, die Mannschaft betreibe Arbeitsverweigerung, um Trainer Gerets loszuwerden. Aber die Spieler grätschten, traten oder rannten – nur vergeblich. Der bemitleidenswerte Nationalstürmer Miroslav Klose hatte in der Isoliertheit seines trostlosen Stürmerdaseins die Zeit, sich eine treffende Beschreibung für das Phänomen auszudenken: „Du willst jemanden treten, du willst jemanden festhalten, aber der ist schon zwei Meter weg.“ Angst lähmt – und die Angst der Lauterer Profis ist so groß wie ihr Rückstand zum rettenden 15. Tabellenplatz. Die Schuldfrage stellt sich wie von selbst. Und wie von selbst wird der Trainer zum Thema. Die Spieler loben Gerets in den höchsten Tönen. Mario Basler und Klose gaben nach dem Abpfiff geradezu Ehrenerklärungen für den Belgier ab. Der frisch gewählte Aufsichtsrat kommt bei der Fehleranalyse zu einem anderen Schluß. Er hat offenbar die Entlassung von Gerets gefordert (…) Insider des Klubs bestätigten den Machtkampf in dieser Frage zwischen Vorstand und Aufsichtsrat. Zudem berichtete Jäggi davon, daß der Aufsichtsrat den ehemaligen Meistertrainer Karl-heinz Feldkamp als Sportdirektor einsetzen will. Die Situation erinnert fatal an den vergangenen Sommer. Der damalige Verwaltungsrat demontierte den damaligen Trainer Andreas Brehme und der damalige Vorstandsvorsitzende Jürgen Friedrich wehrte sich. Diese Konstellation bildete den Ausgangspunkt der Krise, in der sich der FCK immer noch befindet.“

Philipp Selldorf (SZ 25.11.). „Dem FC Bayern, der hier mit einer Inbrunst verabscheut wird wie selten sonstwo auf der Welt, widmeten die Fans nicht mal ein leises Schimpfen, was ein bedenkliches Zeichen ist. Stattdessen applaudierten sie ihrer Mannschaft, weil die es fertig gebracht hatte, in der zweiten Halbzeit gegen die vor lauter Überlegenheit eingedösten Münchner drei Torchancen zu erspielen (…) Bei all den Teufeln, die hier als Maskottchen rumspringen, denkt man nicht mehr an nette Pfälzer Folklore, sondern an Bilder vom Jüngsten Gericht, auf denen Höllenmonster die armen Sünder in den Schlund reißen. Und wie hier gesündigt wurde: Dieser Tage wurde bekannt, dass der Spielerberater Wiesner dem Verein für den Transfer von Ciriaco Sforza 850.000 Euro Vermittlungsprovision berechnet hat – für einen Fußballer, der in München nicht mehr erwünscht war und die Zusage für den ablösefreien Wechsel besaß.“

„Uli Hoeneß mimt den braven Mann“, berichtet Jan Christian Müller (FR 25.11.). „Uli Hoeneß, im März noch impulsiver Rechtssprecher in eigener Sache und ordnungswidrig zankend mit dem ehemaligen Lautern-Trainer Andreas Brehme am Spielfeldrand gesichtet, benahm sich vorbildlich: Hosenboden wie mit Spezial-Stoffkleber angepappt auf den bequemen Sitz unterm Plexiglas, zweimal nur kurz freudig aufgesprungen, als die beiden Tore fielen, brav Autogramme gebend bei Halbzeit und nach Spielschluss. So ein Bayer würde nie zur Hassfigur, noch nicht mal in der Pfalz, wo er zum Jahresanfang unter anderem im Pokalspiel unangenehm aufgefallen war, weil er sich vorm Elfmeterschießen mit dem Schiedsrichter unterhalten hatte und auf diesen eingewirkt haben soll, damit die Entscheidung nicht vor der Tribüne der Lauterer Hard-Core-Fans stattfinde (…) Zum Abschied hatte der kreuzbrave Uli Hoeneß dann doch noch einen schneidigen Satz parat. Die Sache mit dem Aufpasser für seine Wenigkeit sei eine „Furzidee“ vom Lauterer Fanbetreuer gewesen. „Furzidee“ – man muss sich keine Sorgen machen: Unser Uli ist doch noch der Alte. Er hat sich in Kaiserslautern bloß für 90 Minuten geschickt verstellt.”

VfL Wolfsburg – Borussia Dortmund 2:0

Jörg Marwedel (SZ 25.11.) erkennt einseitige Dortmunder Menschenführung. „Es war augenscheinlich, dass dieser Mannschaft die Spielfreude abhanden gekommen ist. Die gedeiht aber nur in einem Klima, in dem neben Erfolgsdruck auch spielerische Leichtigkeit ihren Platz hat. In Dortmund bemüht sich, aus Sorge, die Profis könnten sich auf den Lorbeeren des Sommers ausruhen, seit Wochen die komplette Führungscrew vor allem um Druck. Mal drohte Sportdirektor Michael Zorc wegen fehlender Einstellung mit Konsequenzen, mal hielt Präsident Gerd Niebaum Appelle an die Willenskraft. Zuletzt prophezeite Sammer selbst, bei einer Niederlage in Wolfsburg werde das Klima „kälter als in Moskau“. Als die Niederlage Realität wurde und das Champions-League-Spiel bei Spartak Moskau am Dienstag in seinen Blick rückte, erschrak sich Sammer dann doch ein bisschen über die Aussage und versprach, künftig „jeden Satz noch besser zu überlegen“. Man kann sich bei Borussia ja keine Unruhe erlauben vor dem Mammutprogramm und bei acht Punkten Rückstand auf den FC Bayern.“

Frank Heike (FAZ 25.11.). „Es gehört zur Folklore der Fußballausreden, daß manchmal der Platz schuld sei. Daß die schlechte Qualität des Rasens als Mitgrund einer Niederlage von Borussia Dortmund herhalten sollte, überraschte am Samstag nachmittag in Wolfsburg. Denn die Dortmunder spielen zu Hause im Westfalenstadion ja auch nicht gerade auf einem sattgrünen Teppich. Doch es ging um botanische Feinheiten: Daheim sei man immerhin „einen festen Untergrund“ gewohnt, sagte Matthias Sammer, mit vielleicht nur wenig Grashalmen obendrauf, aber immerhin standfest. Das war in Wolfsburg anders. Dort flogen ganze Grassoden durch die Luft. „Einen schlechten Platz, einen tiefen Acker“ hatte der Dortmunder Trainer während des 0:2 seiner Borussia beim VfL Wolfsburg ausgemacht, und Torwart Jens Lehmann stöhnte später: „Auf so einem Platz hat man es nicht leicht.“ Er wußte, wovon er sprach. Und so rutschten und stolperten die Dortmunder über den tiefen Grund, während der Ball fröhlich über die Schlaglöcher und Maulwurfshügel im Stadion am Elsterweg hoppelte – als wohnte ein Frosch in der Kugel. Niemand wollte Sammer widersprechen, aber es war schon merkwürdig, daß dem Trainer zuerst der Platz, dann der Schiedsrichter und erst zuletzt die unbefriedigende Leistung der eigenen Mannschaft als Gründe für die zweite Saisonniederlage einfielen.“

Arminia Bielefeld – Bayer Leverkusen 2:2

Peter Penders (FAZ 25.11.) über die Ursachen der Leverkusener Misere. „Der internationale Ruhm lockt, und mancher spart die letzten Kräfte vielleicht unbewußt für das Rampenlicht auf. Es bleibt aber auch keine Zeit zur Erholung, die Leverkusen ganz offensichtlich dringend nötig hätte. Kein Verein stellte bei der WM mehr Spieler ab, und ausgerechnet dieses Bayer-Personal war auch noch bis zum WM-Schluß dabei (…) So wurschtelt Leverkusen weiter, müde wirkend und ohne rechten Esprit, ohne jeglichen Glanz – und vor allem ohne gefährliche Stürmer. Zwar gelang Brdaric mit Hilfe von Murawski, von dessen Rücken der Ball ins Tor sprang, nach 818 Minuten in der Bundesliga endlich das erste Stürmertor für Bayer, aber der Schuh drückt im Angriff dennoch am meisten. Franca, als Torjäger vorgesehen und mit 8,5 Millionen Euro Ablöse der teuerste Einkauf der Vereinsgeschichte, saß tatenlos auf der Ersatzbank; Jan Simak, der beste Spieler der zweiten Liga in der vergangenen Saison und mit sechs Millionen Euro auch nicht gerade ein Schnäppchen, durfte nur die letzte Viertelstunde ran. Allein der Hinweis, mit Ballack und Ze Roberto zwei herausragende Spieler verloren zu haben, hilft auf Dauer als Erklärung für die Misere nicht weiter. Bayer hat auch viel Geld reinvestiert. Die Gefahr wächst, immer noch von der herausragenden vergangenen Saison verblendet zu sein – allerdings nicht nur in Leverkusen. Die Bielefelder Fans, überrascht vom guten Start der Arminia und entsetzt über zuletzt drei Niederlagen in Folge, mäkeln mittlerweile über die defensive Einstellung von Trainer Möhlmann. Daß diese Taktik der spielerischen Not gehorcht und die Bielefelder vor zwei Jahren fast aus der zweiten Liga abgestiegen wären, ist längst in Vergessenheit geraten. Aber immerhin eint das die Arminia und Bayer – beide würden wohl gerne so spielen wie in der vergangenen Saison, können es aber aus ganz unterschiedlichen Gründen nicht.“

Hertha Berlin – Werder Bremen 0:1

Friedhard Teuffel (FAZ 25.11.). „Wenn im Ergebnisvergleich eine Geschichte läge, dann müßte sie so lauten: Thomas Schaaf hat seinen Spielern mitten im November die effiziente Abwehrarbeit beigebracht. Er hat sie zu Fußball-Ökonomen erzogen, die dem Gegner den Ball wie eine fallende Aktie überlassen und dann im entscheidenden Moment wieder zugreifen. Bis zum Samstag hatte der SV Werder nämlich 25 Gegentore in dieser Saison hinnehmen müssen, mehr als Energie Cottbus oder Arminia Bielefeld. Nur Hannover 96 war mit 27 Toren noch schlechter als die Bremer. Und dann dies: Bei Hertha BSC Berlin, dem Klub aus der großen Stadt mit den großen Zielen, bilden die Bremer auf einmal eine lückenlose Abwehrkette nach der anderen. Ein Freistoß aus zwanzig Metern und einer aus dreißig waren die einzigen Chancen der Berliner. Näher ließen die Bremer sie nicht herankommen.“

Spielbericht taz SZ

Borussia Mönchengladbach – VfL Bochum 2:2

Über den Torschützen zum Bochumer Ausgleich lesen wir von Christoph Biermann (SZ 25.11.),. „Im Sommer letzten Jahres kam Graulund von Bröndby Kopenhagen ins Ruhrgebiet. 2,8 Millionen Mark gab der VfL für den Transfer aus, so viel wie nie zuvor und nie danach. Der Mittelstürmer sollte den Absteiger in die Bundesliga zurückschießen, und irgendwie trug er auch dazu bei. Einige Punkte gewannen seine drei Tore und einige Vorlagen mehr, doch seit seinem letzten Treffer waren genau 365 Tage vergangen. In dieser Phase mit zwischenzeitlichen Verletzungen hatte der Däne nicht nur seinen Platz im Team, sondern auch die Perspektive verloren, dorthin zurückzufinden. Längst spielt der VfL Bochum nämlich mit drei Angreifern. Graulunds Landsmann Thomas Christiansen ist mit seinen zehn Treffern in der Mitte so gesetzt, wie Nationalspieler Slawo Freier auf der rechten Seite. Allenfalls auf der linken Seite hätte er gegen den schwankenden Delron Buckley eine Chance – nur ist diese Position überhaupt nicht seine. „Das ist tragisch“, gibt Bochums Trainer Peter Neururer zu. Er sieht den kleinen Stürmer sowieso als zweite Spitze neben einem bulligen Reißer, nur gibt es den in seinem Team so wenig wie die Option auf einen Zwei-Mann-Sturm. „Ich kann das System doch nicht ändern, weil er mal der teuerste Neueinkauf war“, sagt Bochums Trainer. Und genau das wird Graulund im Laufe dieser Woche dämmern. Spätestens dann, wenn sein Coach die Aufstellung für das kommende Wochenende an die Tafel schreibt.“

1860 München – 1. FC Nürnberg 2:2

Spielbericht SZ

Europäischer Fußball: Resultate – Tabellen – Torschützen NZZ

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