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Bayers Klage über Sat1 – Beinlich, das zu oft verhinderte Genie
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| Donnerstag, 25. März 2004Bayer klagt über Berichterstattung von SAT1 – DFL erteilt vielen Klubs Lizenzen nur unter Auflagen – Beinlich, das leider zu oft verhindertes Genie
Kommunikationsdesaster
„Man kann den Eindruck gewinnen, der Klub kämpfe mehr gegen Kameras, Mikrofone und Stifte als gegen die Gegner auf dem Rasen“, schreibt Christoph Biermann (SZ 23.4.) über die Beschwerden seitens der Klubführung Bayer Leverkusens über die Berichterstattung von ran. „Auslöser des Zorns sind Aufnahmen, die am Sonntagnachmittag zwei Stunden vor der Partie gegen Schalke gemacht worden waren. Vom Spielfeldrand aus war durch die Scheiben eines Büros in der BayArena ein Zusammentreffen der Vereinsführung gefilmt worden, wo man vage erkennen konnte, wie Manager Reiner Calmund aufgeregt hin und her lief. Im Rahmen der Live-Übertragung von Premiere wurden die Bilder nach Angaben von Holzhäuser bewusst nicht benutzt. Später in der ran-Sendung wurden sie jedoch Sportdirektor Jürgen Kohler vorgeführt und von Jörg Wontorra im Studio dazu die These geäußert, Calmund hätte in dieser Situation seinen Rücktritt angeboten. Holzhäuser hält das für „Profilierungssucht“ des Moderators, „davon abgesehen, dass es vollkommen absurd ist, Calmund hätte den Rücktritt angeboten, und dann auch noch Kohler“. Weil der neue Sportdirektor von Bayer vor dem Interview nicht auf die Frage vorbereitet war, auf dem Monitor vor sich die Bilder nicht richtig sehen konnte und nicht wusste, auf welches von mehreren Treffen am Sonntag sich das bezog, glaubt Holzhäuser zudem, „dass sie den waidwunden Partner Leverkusen vorführen wollten, und das lassen wir uns nicht bieten“. Nun soll die Deutsche Fußball Liga (DFL) grundsätzlich klären, ob der Fernsehvertrag derlei Berichterstattung einschließt und für die Zukunft ein „vernünftiges Miteinander“ (Holzhäuser) erzwungen werden kann. Dass sich gerade Bayer Leverkusen mitten im Abstiegskampf mit diesem Medienthema herumschlagen muss, mag man für Zufall halten. Oder auch nicht. Denn längst ist diese Saison für den Klub ein Kommunikationsdesaster geworden.“
Nirgendwo anders ist das Risiko derart groß wie im bezahlten Sport
Die DFL hat bei ihrer Lizenzvergabe für die Saison 03/04 zwölf Vereinen Auflagen gemacht, u.a. würde der 1. FC Kaiserslautern für den Fall eines Abstiegs keine Zweitligalizenz erhalten. Jan Christian Müller (FR 23.4.) nimmt die Verantwortlichen in den Vereinen in Schutz. “Es ist kinderleicht, die Verantwortlichen in den finanzschwachen Clubs dafür zu rüffeln, sie hätten ihre Hausaufgaben nicht ordentlich verrichtet. Aber der Vorwurf ist nicht immer fair. In kaum einer anderen Branche laufen die Kosten den Erträgen derart weit vorweg wie im Profifußball. Selbst die Hasardeure, die den FCK in die bedrohliche Situation gebracht haben, wollten ja mit der erfolgreichen Bewerbung um eine Handvoll WM-Spiele nicht nur Gutes für sich persönlich tun, sondern auch für Club und Region – und haben sich dabei in ihrer Euphorie ähnlich übernommen wie manch ganz normales Wirtschaftsunternehmen aus der Medien- oder Telekommunikationsbranche, das im Zuge des Internet-Hypes zu hoch pokerte. Nirgendwo anders ist das Risiko, dass die Investitionen auch Früchte tragen, derart groß wie im bezahlten Sport – siehe Bayer Leverkusen. So unangenehm die einbrechenden TV-Erträge auch sind, sie geben den Clubs die Chance, ihre immer noch fürstlich dotierten Angestellten davon zu überzeugen, dass auch sie einen Großteil des Risikos mitzutragen haben. Der Spielermarkt gibt das jetzt, anders als noch vor zwei Jahren, recht mühelos her.“
Leider zu oft verhindertes Genie
Frank Schneller (FTD 23.4.) berichtet den Vereinswechsel Stefan Beinlichs. „Vor einer Woche absolvierte er den Gesundheitstest bei seinem künftigen Klub – und bestand. „Von medizinischer Seite her steht seiner Verpflichtung nichts im Wege“, sagt HSV-Arzt Gerold Schwartz. Das ist keine Selbstverständlichkeit, schließlich gilt „Paule“ Beinlich als verletzungsanfälliger Profi. Nur zwei Drittel – 207 von 300 – aller möglichen Bundesligaspiele hat Beinlich seit seinem Wechsel von Aston Villa zu Hansa Rostock im Jahr 1994 bestreiten können. Nachdem er im Sommer 2000 über Bayer Leverkusen nach Berlin zurückgekehrt war, konnte er in nur 60 von 96 Erstligapartien sein Können unter Beweis stellen. Für Hertha war dies eine teure Angelegenheit. Das Jahreseinkommen des zwischen Brillanz und Rekonvaleszenz wandelnden Beinlich liegt dem Vernehmen nach bei rund 2,1 Mio. Euro – und zwar als Garantiesumme. Die Krankenakte aus seiner Berliner Zeit erinnert mitunter an Pechvogel Sebastian Deisler, wie Beinlich ein Spieler aus dem Portfolio des Berliner Spielerberaters Jörg Neubauer: Zunächst mysteriöse Schmerzen im linken Fuß, ausgelöst durch einen zu langen Zeh, dann mehrere Muskelfaserrisse und daraus resultierende Folgebeschwerden im Oberschenkel, außerdem plötzlich auftretende Kniebeschwerden – immer wieder musste Beinlich pausieren. Zur Führungspersönlichkeit konnte sich der Mittelfeldstratege so nie entwickeln. Schon in Leverkusen galt er als „leider zu oft verhindertes Genie“, wie man sich in der Führungsetage des Klubs erinnert. Dass man den damals wie heute ablösefreien Exnationalspieler (fünf Länderspiele) dort von der Gehaltsliste bekam, wird Bayer-Manager Reiner Calmund noch heute „gutgeschrieben“, heißt es dort. In Berlin, so die offizielle Version, hätten sie Beinlich durchaus noch behalten wollen – allerdings zu deutlich verringerten Bezügen. Darüber und von der Hinhaltetaktik des Klubs enttäuscht, zog Beinlich die Konsequenzen.“
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