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Bayer Leverkusen

Oliver Fritsch | Donnerstag, 25. März 2004 Kommentare deaktiviert für Bayer Leverkusen

Bayer Leverkusen befindet sich nach dem 0:3 beim VfB Stuttgart wieder auf Talfahrt, „setzte damit die Reihe ärmlicher Resultate fort, schloss früh einen Pakt mit der Trägheit, verlor Zweikämpfe und zeichnete chaotische Laufwege ins Grün. Nirgendwo war der Trotz erkennbar, der Fußballer packt, wenn ihnen die Niederlage ins Gesicht schaut. Jeder dachte nur noch an Flucht. Allen voran der neue Sportdirektor mit Namen Jürgen Kohler, dessen Fähigkeit zum Handauflegen schnell verflogen ist“ (FTD).

Wer will Olympia, wir haben den VfB

Elke Rutschmann (FTD 14.4.) analysiert die Reaktionen der Sieger. „Manfred Haas strich sich auf dem Podium nochmals kurz über seinen mächtigen Schnauzer, bevor er die freudige Nachricht auf den Weg schickte. „Die Olympiaentscheidung ist gegen Stuttgart ausgefallen. Vor diesem Hintergrund arbeiten wir jetzt an einem Konzept für ein reines Fußballstadion und werden entsprechende Gespräche mit der Stadt führen“, sagte der Präsident des VfB Stuttgart nach dem 3:0 gegen Bayer Leverkusen. Der dritte Bauabschnitt soll schon im November beginnen, die Fans endlich näher ans Spielfeld rücken. Die Trennung von der Laufbahn bedeutet gleichzeitig den Abschied von der Sportstadt Stuttgart, die sich vor allem als Leichtathletikstandort einen Namen gemacht hat. Den Anhängern tut das nicht weh, angesichts der Darbietungen, mit denen sie ihr VfB entzückt. „Wer will Olympia, wir haben den VfB“, sangen die Fans trotzig auf dem Heimweg nach der Verschmähung ihrer Metropole, die trotz Unterstützung von Nena bereits in Runde eins passen musste. Wunder geschehen in der Landeshauptstadt vor allem auf dem Rasen. „Ein neues Stadion ist ein hohes Gut“, sagte Haas und tröstet sich damit über die Tatsache hinweg, dass bis zur Fertigstellung 2005 nur noch 30 000 Zuschauer ins Oval passen. Keine große Kulisse für die Champions League. Ohnehin wird bei Experten schon länger diskutiert, ob der Kader des Tabellenzweiten die Belastungen in der Königsklasse überhaupt aushalten könnte. Felix Magath begegnet diesen Mutmaßungen meist mit einem freundlichen Grinsen und tüftelt als passionierter Schachspieler bereits an der neuen Strategie. „Wir werden unser Spiel verändern müssen ohne Balakow, den Kader für den Fall der Fälle entsprechend verstärken und nicht nur ergänzen.“ Inzwischen rückt der Trainer von seiner Untertreibungstaktik ab.“

Arbeitsverweigerung

Hans-Joachim Leyenberg (FAZ 14.4.) hält diesen die der Verlierer entgegen. „Nach dem 4:1 über Hertha BSC Berlin hatte Sportdirektor Jürgen Kohler kein Mikrophon ausgelassen, in Stuttgart aber überließ er Hörster das schwierige Feld der Erklärungsversuche für eine Vorstellung, die selbst den Redeschwall des geladenen Managers Reiner Calmund ins Stocken geraten ließ. Spielerisch war das höchstens zweite Liga, vielleicht nur Regionalliga, sprach Calmund leiser als sonst. Wir haben den ganzen Nachmittag geschlafen, urteilte Bernd Schneider. Unfreiwillig mobilisierten sie damit unzufriedene Leverkusener Fans, die den Profis beim Training am Sonntag morgen Arbeitsverweigerung vorwarfen. Über die Qualität des Leverkusener Teams gaben sich die Stuttgarter keinen Illusionen hin. In Bochum erwartet uns härtere Gegenwehr, prophezeite Magath mit Blick auf die kommende Dienstreise und fällte somit ein vernichtendes Urteil über den Abstiegskandidaten Bayer 04 Leverkusen. Als Magath den VfB übernahm, bewegte sich dieser in ähnlichen Tabellenregionen wie Bayer heute. Wo Leverkusen vor einem Jahr zu finden war, ist jetzt Stuttgart. Seit 1992, dem letzten Stuttgarter Meisterjahr, ist der Klub zu so einem fortgeschrittenen Saisonzeitpunkt nicht mehr so weit oben zu finden gewesen. Nur noch elf Punkte, hörte man VfB-Fans flachsen, als die Kunde vom 0:1 der Bayern aus München kam. Magath spricht inzwischen vorzugsweise von der Pflicht Uefa-Pokal, die es zu erfüllen gelte. Sobald man im Obligo sei, lasse sich an die Kür denken. Und die heißt Champions League. So berauschend die Stuttgarter spielen, so nüchtern stellen sie ihre Hochrechnungen mitten im Höhenflug an. Magaths Machbarkeitsstudie ergibt sich aus dem Tabellenenstand. Ist es am Ende Rang zwei oder drei, darf es bei der Einkaufstour auch mal ein Luxusartikel sein, weil dann das Geld dafür da wäre (…) Das Zusammenspiel ohne Balakow werde sich verändern, aber Offensive bleibe weiter Trumpf. Die Hierarchie werde eine andere, das heutige Stammpersonal solle sich gezwungen sehen, seine Position zu verteidigen. Die Saison ist noch nicht vorüber, da bastelt Magath bereits an einer Frischzellentherapie, damit die Mannschaft von morgen nicht eine von gestern wird.“

Regionalliganiveau

Martin Hägele (FR 14.4.) sieht schwarz für Bayer. „Rudi Völler, Teamchef und ansonsten bekennender Bayer-Mann, hat den Absturz dieser Mannschaft als Kopfproblem geortet. Wenn es nur das wäre. Die ehrliche Diagnose, die auf dem Platz, und die von den Gegenspielern erscheint viel verheerender. Die schlechteste Mannschaft, die dieses Jahr bei uns gastiert hat, hat Trainer Felix Magath vom VfB Stuttgart gesagt. Und einer seiner Spieler, der Name sei höflicherweise verschwiegen, fand, dass die schon richtig tot waren. Die haben sich nicht einmal gewehrt. Leider kann man solche Legionäre nicht wegen Charakterschwäche entlassen. Und die Einstellung dieser Spieler, denen Meister Calmund in dieser Verfassung allenfalls noch Regionalliganiveau attestiert hat, lässt sich nur noch schwer verändern von irgendeinem Vorturner, nachdem sich nun auch die frische Magie von Weltmeister Kohler pulverisiert hat. Möglicherweise könnte es helfen, wenn dieser Kohler direkt auf die Ramelow und Schneider und Placente losgeht, wenn er sie von morgens bis abends mit seinem Willen und seiner Disziplin infizieren kann. Den Trainer Jürgen Kohler hat sich Calmund als allerletzte Option offen gehalten. Es wäre kein Wunder, würde er sie schon bald wahr nehmen. Denn alle andern, auch Calmund und der Rest des Bayer Führungszirkels, sind mit ihrem Latein am Ende. Ohnmächtig standen sie vorm Zerfall ihres sportlichen Champions-League-Monuments, was in Stuttgart umso frappierender wirkte, da sich hier das Gegenmodell zu Bayer anschickt, dessen Nachfolge zu übernehmen.“

Gewinnspiel für Experten

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