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Die zunehmende Medienmacht des FC Bayern
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| Donnerstag, 25. März 2004In der fußballlosen Zeit der vergangenen zwei Sommermonate dominierte der Blick auf den FC Bayern München die Zeitungsschlagzeilen. Dabei fällt auf, dass die Qualitätspresse zunehmend dessen „Medienmacht“ (SZ) beklagt. Den Machern des deutschen Meisters gelingt es demnach, die Berichterstattung wirkungsstarker Medien über den Klub zu beeinflussen.
In der Tat: Nachdem Manager Uli Hoeneß vor Monatsfrist drei Bayern-Fanklubs verboten und deren Mitglieder als gewalttätige, kaltblütige Schlipsträger pauschal verurteilt hat, kann er sich der Linientreue seiner Erfüllungsgehilfen sicher sein. Während SZ und taz das fragwürdige Vorgehen scharf kritisieren und in ihren Wertungen auf Aussagen der Betroffenen eingehen, schnitzt die Sport-Bild Schlagzeilen aus dem Holzblock: „Terror aus dem Fanblock“. Jedoch weder Hoeneß noch seine schreibenden Adjutanten können sich auf Fakten stützen. Dennoch stellt sich Europas größte Sportzeitschrift ohne Wenn und Aber in den Dienst des Bayernmanagers und rechtfertigt seinen Rufmord.. Der kann sich glücklich schätzen, der Freunde an der richtigen Stelle hat! Der kann sich glücklich schätzen, der sein Image mitbestimmen kann!
Über diese ungleiche Auseinandersetzung schreibt die taz: „Wenn die Fans schon nicht zu kriminalisieren sind, dann wenigstens zu diffamieren. Damit versuchen die Klubs den starken Zuspruch der Fannetzwerke zu dämpfen – zum Schutz vor zuviel Einfluss der Basis“. Es bleibt der Eindruck, dass Hoeneß sozial engagierten Fans Grenzen stecken will. Schließlich möchte er sich nicht in die Vereinspolitik (Ticketverkauf, Sponsoren) reinreden lassen. Die Mitglieder des Club Nr. 12 haben auf der Klub-Homepage „Magenta“ zum Unwort des Jahres gewählt: ein Affront gegen den Sponsor Telekom, der mit seiner Farbe aus Sicht der kulturkritischen Fans in Stadion und Umfeld zu stark präsent ist. Die SZ klärt über die Motive der Debatte auf: „Vordergründig geht es zwar um Sachbeschädigungen und Nötigung, aber bei genauerer Betrachtung um die Machtfrage“. Geht es um ihre Herzensangelegenheit, wollen die Fans mitreden: ein Verstoß gegen die Spielregeln des Uli Hoeneß.
Vor Beginn der 40. Spielzeit der Bundesliga müssen die Beobachter befürchten, dass der FC Bayern seinen Konkurrenten sportlich ähnlich weit voraus ist. Dennoch ist die Vorfreude der Fußballfreunde auf has heutige Eröffnungsspiel groß. Der Meister trifft auf Aufsteiger und Abstiegskandidat Frankfurt; ein Prolog, dessen eindeutige Ausgangslage hoffentlich nicht die Dramaturgie der gesamten Saison vorwegnimmt. Das Duell David gegen Goliath kann auf Dauer nicht spannend sein.
Der gekränkte Riese wollte mit Macht die Stellung als oberste Moralinstanz des Fußballs zurück erobern
Thomas Kistner (SZ 1.8.) stellt einen Imagewechsel des Ligaprimus fest. „Das Defizit an Emotion auf dem Rasen bekämpfte die Chefetage. Fast mochte man glauben, all die manischen Zänkereien mit Fans und Deutscher Fußball-Liga, mit Real „Affentheater“ Madrid, Lothar „Greenkeeper“ Matthäus oder dem unbotmäßigen Privatsender RTL seien PR-Strategien der berühmten Münchner Abteilung Attacke, um die Branche für die früh verlorene Spannung zu entschädigen. Aber so oberflächlich liegen die Dinge nicht. Der FC Bayern hat sein wichtigstes Image aufs Spiel gesetzt – das des wohltätigen Riesen, an dem sich die Konkurrenz reiben, aber auch stets aufrichten konnte. Die Bayern: Das war der deutsche Vorzeigeklub, der Gefühle wie kein anderer polarisiert, im Kern aber unantastbar blieb als Musterbetrieb inmitten des internationalen Fußballsumpfes. Keine Finanzexzesse, keine schmutzigen Tricks, selbst die Boulevardmedien konnten aus der geringen Skandaldichte nur einen müde glitternden FC Hollywood destillieren. Und: Waren diese Bayern nicht das soziale Gewissen der ganzen Branche? Der Klub, der Not leidende Vereine per Benefizspiel vorm Untergang bewahrte, der aus Solidarität zu den weniger Begüterten gar den Weg für die Zentralvermarktung freigeräumt hatte? Die Bayern taten Gutes, die anderen redeten darüber, wirkungsvoller lässt sich ein karitatives Image nicht kreieren. Dann kam, im Februar, der Sündenfall. Ein stiller Kirch-Vertrag wurde ruchbar, es folgte eine große Moraldebatte – sieh an, auch die Bayern kungeln, sind empfänglich für diskrete Deals! – und die Demütigung, weil Hoeneß ja zu Affärenbeginn orakelt hatte: „Alle müssen sich wieder bei uns entschuldigen, wenn rauskommt, was dahinter steckt!“ Es kam heraus. Die DFL schickte eine Abmahnung, sie attestierte ihrem Frontbetrieb „moralisch verwerfliches“ Tun. Gegen diesen Affront verblasste selbst die Geldstrafe von drei Millionen Euro. Seither ist das Klima rau geworden. Der gekränkte Riese wollte mit Macht die Stellung als oberste Moralinstanz des Fußballs zurück erobern und ersetzte die verlorene Souveränität durch Drohgebärden. Im Zuge der neuen Selbstgerechtigkeit reagierte er auf kleinste Anlässe mit brausendem Zorn und stellte eigene Verdienste prahlerisch heraus. Ob beim Benefiz-Spiel, bei dem Hoeneß im St.-Pauli-Retter-T-Shirt auftrat („Ich hoffe, dass alle, die Bayern als arrogant bezeichnen, ihr Urteil überdenken“), ob vorm Matthäus-Prozess („Wenn der FC Bayern nur zehn Cent bezahlen muss, zweifle ich an der Legitimität der deutschen Justiz“) oder in Sachen Stadionbau (Bayern-Vorständler Rauch: „Die Münchner müssen für uns jeden Tag ein Dankgebet zum Himmel schicken. Schließlich bekommen sie wegen uns einen neuen Autobahnanschluss“) – sie versäumen es nicht mehr, die Dankbarkeit der Öffentlichkeit einzufordern, im Bedarfsfall auch die ganzer Landstriche. Doch die Muskelspiele wirken wie ohnmächtige Reaktionen auf den Verlust der eigenen Unschuld. Kaum eine der Androhungen wurde durchgesetzt.“
Als Krisenmanager sind die Bayern-Verantwortlichen eine Katastrophe
Matti Lieske (taz 1.8.) sieht das ähnlich. “Michael Ballack, der brave Fußballer des Jahres, sagt sie alle, diese Sätze aus dem ungeschriebenen Ehrenkodex der Münchner, der seinen letzten Schliff im Mai 2001 erhielt. Damals in Mailand, als die Bayern nach langen Jahren des Strebens und Scheiterns endlich mal wieder Europas Fußballkrone eroberten, ist etwas passiert in den Köpfen der Führungskräfte bei Deutschlands erfolgreichstem Fußballklub. Gaben sie sich vorher noch mit der Rolle des kleinen, aber schlauen Underdogs zufrieden, der die reichen Klubs aus dem Süden und aus England mit Geschick, List und Kampfkraft aufs Kreuz legt, gilt seither nur noch: Wir sind die Größten. Karl-Heinz Rummenigge geriert sich als eine Art Berlusconi des europäischen Fußballs, und Uli Hoeneß kennt überhaupt nur noch einen einzigen Gegner auf dieser weiten Welt: Real Madrid. Kein Wunder, dass es ihm gefällt, wenn Ballack Sätze sagt wie: Ich sehe keinen Verein, der besser ist als wir. Oder: Gegen eine Mannschaft mit so vielen Superstars zu spielen und zu gewinnen, macht fast noch mehr Spaß, als selbst für sie zu spielen. So etwas möchte er hören, der Bayern-Manager, der mit seinen neidgetriebenen Affentheater-Kommentaren zu Reals Beckham-Verpflichtung schon vorher sein Scherflein zur Debatte beigetragen hatte. In Madrid sind sie immer ganz verblüfft über die Vehemenz, mit der die Bayern eine Rivalität schüren, die man bei Real, wo neben dem FC Barcelona die Italiener das Feindbild sind, gar nicht sieht. Sogar eine Katastrophe wie das Vorrunden-Aus in der letzten Saison der Champions League konnte den Übermut der Bayern nur kurzfristig dämpfen (…) Das kurze Schmierentheater um den Trainer nach dem letztjährigen Aus in Europas Eliteliga gab einen Vorgeschmack darauf, wie brüchig das Konstrukt Bayern München geworden ist. Hitzfeld hat durch seine Erfolge die Messlatte so hoch gelegt, dass die Luft zum Atmen für ihn langsam Mount-Everest-Konsistenz annimmt. Franz Beckenbauer, oft Katalysator überkochender Emotionen, häufig aber auch ausgleichendes Element, ist drauf und dran, sich endgültig Richtung WM-Organisation zu verabschieden. Und im Falle von Uli Hoeneß mehren sich die Anzeichen, dass sich seine Ära ebenso überlebt hat wie die von Reiner Calmund in Leverkusen. Die Ausfälle gegen Real, die vollkommen überzogene Kritik an Spielern wie Sebastian Deisler und Zé Roberto, die schon im Vorfeld der Saison Druck und Konfliktpotenzial aufbaut, die pauschalen Angriffe gegen Fanklubs, die permanenten Ausfälle gegen die Deutsche Fußball-Liga (DFL) und deren Bestreben, das Überleben der wirtschaftlich schwächeren Klubs zu sichern, offenbaren einen Größenwahn, der den Realitäten in dieser für den Fußball schwierigen Zeit kaum angemessen ist. Die Abteilung Attacke mag dafür gut sein, in Phasen von Expansion und Glorie Impulse und Reize zu liefern, als Krisenmanager sind die Bayern-Verantwortlichen eine Katastrophe.“
Jung und schlau kann genauso zum Ausschluss führen wie jung und dumm
Christoph Biermann (SZ 1.8.) betreibt Fansoziologie. „Die Geschichte der Fußballfankultur war stets eine Schattengeschichte der Jugendkulturen, und analog zu deren fortschreitender Atomisierung sind auch Fußballfans zu einer immer heterogeneren Gruppe geworden. Anfang der sechziger Jahre konnte man in Liverpool hören, wie Jugendliche die Hits der Beat-Ära ins Stadion mitbrachten, um ihr Team zu unterstützen. Die Kurve wurde zu ihrer Bühne, sie feierten ihre Loyalität und wurden zu einer Art Elite der Fußballanhänger. Mit Verzögerung wurde das Modell in Deutschland adaptiert und hierzulande Anfang der siebziger Jahre mit der damals populären Kultur von Motorradklubs kurzgeschlossen. Dort borgten sich die Fußballfans als Erkennungsmerkmal Kutten aus, mit Vereinsemblemen bestickte Leder- oder Jeanswesten, und traten als Kreuzritter ihrer Klubs auf, was zu allerlei Unsinn führte. Von Beginn an hatte die Fankultur nämlich einen delinquenten Unterton. Fan zu sein hieß, sich daneben benehmen zu können. Zum Pinkeln (das viele Bier!) brauchte man nicht aufs Klo zu gehen, sondern konnte gleich auf den Rängen den Hosenschlitz öffnen. Nichts war dabei, auf die Melodie von Boney M’s „Belfast“ zu singen: „Gib Gas, gib Gas, wenn der Hitler mit den Schalkern durch die Gaskammer rast.“ Genau aus dieser trüben Quelle stammt, was zu einem der wichtigsten Angebote der Fußballklubs wurde: die Stimmung im Stadion. Denn die Fans prügelten sich ja nicht nur, sondern schwenkten zur Anfeuerung Fahnen, sangen Hymnen und pflegten in den Hinterzimmern der Kneipen das Vereinsleben. Sie wurden zu Produzenten einer Atmosphäre, die immer mehr als eine der Attraktionen des Spiels begriffen wurde. Heute gilt: Je bunter und einfallsreicher die Fankurven sind, umso besser ist es für die Klubs. Als Argument beim Rechteverkauf ans Fernsehen, bei Verhandlungen mit Sponsoren und Kunden für VIP-Logen. Stadionatmosphäre passt zum Geist der Zeit, der nach Events verlangt. Deshalb ist Live-Fußball im Stadion ein Erfolg geworden, und erneut haben fast alle Bundesligaklubs in diesem Sommer Rekordzahlen beim Verkauf von Jahreskarten gemeldet. Längst ist es selbst bei den gehobenen Ständen nicht mehr nur nicht degoutant, Fan zu sein, es ist schick geworden (…) Es sind Kinder der Mittelschicht, die heute mehr und mehr die Fankultur bestimmen, weshalb es mitunter zu Reibereien mit Proleten in speckigen Kutten oder altgedienten Hooligans kommt. Nicht jeder Ultra, der an einer Kurvenchoreografie arbeitet, hat Abitur, aber die Dominanz der Prollkultur ist gebrochen. Trotzdem wird auf alle Regelverstöße reagiert, als würde Hooliganismus noch eine Hauptrolle spielen. Das erklärt sich nicht allein aus der Selbsterhaltung des Sicherheitsapparates, auch die Klubs setzen andere Standards. Jung und schlau kann genauso zum Ausschluss führen wie jung und dumm. In keinem Land gibt es so viele Fanprojekte, Fanforscher und Fanpolizisten wie in Deutschland. Sie alle wissen um eine der ältesten Ängste der Fans: Nicht mehr gewollt und des Stadions verwiesen zu werden.“
Es ist sicher, dass wir oft unbequem waren für den FC Bayern
Auszüge aus einem BLZ-Interview mit Vertretern der Fanklubs, die von Uli Hoeneß verboten wurden:
BLZ: Vorfälle wie in München sind neu in der Bundesliga. Wie konnte es so weit kommen?
Weinreich: Die Beziehung zwischen uns und dem Verein hat sich über Monate weiter verschlechtert. Wir haben zum Beispiel seit Jahren alle Choreografien im Stadion durchgeführt. Und plötzlich heißt es: Das macht nun ein anderer Fanclub. Wir organisieren einen Sonderzug zum Pokalfinale – und kriegen nur 150 Karten. Wir haben den Eindruck, dass man versucht, uns überall herauszudrängen.
BLZ: Die Vereine geben offen zu, sich vor der so genannten Gruppierung der Ultra-Fans zu fürchten. Warum?
Weinreich: Diese ganze Ultra-Manie-Geschichte kommt ja aus Italien. Dort ist die Bewegung in den 70er-Jahren entstanden und sehr politisch. Die großen Ultragruppierungen in Rom oder Mailand sind oft mit Parteien verbandelt. Entweder mit extrem rechten oder linken. Was in Deutschland seit vier Jahren in der Ultra-Szene passiert, ist dagegen eine oberflächliche, unpolitische Sache. Nur die italienische Form der Selbstdarstellung, dieses Auftreten mit Fahnen und Choreografien, das wird von jungen Leuten kopiert.
BLZ: Man wirft den Ultras auch vor, mit Gewalt Einfluss auf Vereinspolitik nehmen zu wollen. In Italien, zum Beispiel bei Lazio Rom, haben sie bestimmt, welcher Spieler kommt und welcher nicht.
Weinreich: Davor haben viele Vereinsbosse Angst. Aber das ist doch hier alles viel harmloser. Wenn Werder Bremen sich ein peinliches neues Trikot in orange-hellgrün zulegt, regt sich eben breiter Widerstand. Den Leuten geht es einfach auf den Senkel, dass es eine hundert Jahre alte Vereinstradition gibt, mit Vereinsfarben, die in der Vereinssatzung festgeschrieben sind – und dann kommt eine Marketing-Agentur und sagt: Orange ist erotisch und regt zum Kaufen an. Die Fans haben Sehnsucht nach ein bisschen Tradition – und keine Lust, jedem neuen Marketing-Gag hinterherzulaufen.
Blauschmidt: Ich kenne das von unseren Union-Ultras. Die sind beim Verein relativ unbeliebt, weil sie sehr kommerzfeindlich sind. Viele Ultras sagen, wir kaufen nichts vom Verein, das machen wir alles selber; wir spielen lieber in einer niederen Liga, aber das ist noch ehrlicher Fußball. Aber viele Ultras sind Vereinsmitglieder. Und als Mitglied habe ich ein Recht, auf die Vereinspolitik Einfluss zu nehmen.
Weinreich: Wenn man es nur marktwirtschaftlich oberflächlich betrachtet, machen diese 500 oder 1 000 Leute überhaupt nichts aus bei neun Millionen Bayern-Fans. Aber was viele beim FC Bayern vergessen und noch merken werden ab dem ersten Spieltag: Dass genau diese 1 000 Leute es sind, die im Stadion für die Stimmung sorgen und Tausende mitziehen.
Blauschmidt: Selbst die Leute auf der Haupttribüne kommen, weil im Stadion etwas los ist. Denen reicht es nicht, dass da 22 Spieler einem Ball hinterherjagen.
BLZ: Nach Morddrohungen im Internet ermittelt die Polizei gegen Bayern-Fans.
Weinreich: Wüssten wir, wer das war, würden wir die sofort rausschmeißen. Aber das waren anonyme Gästebucheinträge. Der Fehler des betroffenen Fanclubs war, den Eintrag nicht zu löschen. Aber so was verhindern? Unmöglich.
Blauschmidt: Da werden jetzt pauschal Hunderte kriminalisiert. Wir hatten auch ein offenes Gästebuch bei Union auf der Website. Da gab’s immer wieder Ärger, aber ich sage: Das Internet ist ein verdammt demokratisches Forum. Und wenn da ein Idiot ist, dann muss man halt auch mit dem leben. Aber vielleicht hat einer wie Uli Hoeneß nur auf so etwas gewartet.
Weinreich: Es ist sicher, dass wir oft unbequem waren für den FC Bayern. Aber wir wollen mit unserer Kritik doch niemanden ärgern, sondern konstruktive Vorschläge zur Verbesserung machen. Auch beim Umgang mit den Sponsoren. Ein Beispiel aus dem Olympiastadion: Immer wenn irgendwo ein Tor fällt – das ist in der Bundesliga inzwischen so üblich –, kommt ein Gong. Wir hatten aber keinen Gong mehr in der letzten Saison, sondern ein Bimbim, der Erkennungsjingle des Hauptsponsors. Wenn wir dann einen Spieltag hatten mit 30 oder 40 Toren, ging alle zwei Minuten so ein Bimmeln durchs Stadion. Das ist nicht nur uns, sondern vielen Leuten auf den Trichter gegangen.
BLZ: Nun ist es wieder abgeschafft?
Weinreich: Es gab Sprechchöre mit Buhrufen und heftigeren Sachen. Herr Hoeneß hat uns erst erklärt, dass die Telekom unser Partner ist und dass wir dafür sorgen müssen, dass die Leute in der Südkurve das akzeptieren. Dann haben sie gemerkt, dass das nicht funktioniert. Jetzt bimmelt es nur noch, wenn Dortmund ein Tor kassiert.
(…)
Weinreich: Es soll jetzt bei uns ab der neuen Saison eine FC-Bayern-Blaskapelle in oder vor der Südkurve stehen. Also ich kann nur sagen, dass ich fest davon überzeugt bin, dass 99 Prozent der Leute in der Kurve das nicht haben wollen. Das ist für mich keine Fan-Kultur, wenn irgendjemand von oben sich so etwas ausdenkt.
BLZ: Für welche Fan-Probleme sollten Funktionäre Verständnis haben?
Weinreich: Die Karten werden in den neuen Stadien immer teurer, dafür aber die Stehplätze weniger.
Blauschmidt: Und nicht zu vergessen, wie Gästefans behandelt werden: In Freiburg darfst du nicht einmal deine eigenen Stullen mit ins Stadion nehmen. In Bochum haben sie uns die Fahnenstöcke abgenommen. Alles wird verboten, so vieles reglementiert: Für deine Fahne brauchst du in vielen Stadien einen eigenen Fahnenpass. Das ist doch lächerlich.
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