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Bayern München – Olympique Lyon 1:2
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| Donnerstag, 25. März 2004
das „klassische Ausgerechnet-Tor“ (taz) Elbers lässt das Herz der Bayern-Fans von vergangenen Zeiten träumen – Hitzfeld in der Defensive und in der Kritik
Bayern München – Olympique Lyon 1:2
Andreas Lesch (BLZ 7.11.) legt sein Ohr auf die Schiene: „Etwas unterscheidet die aktuelle Krise von der im Vorjahr. Diesmal gäbe es einen Kandidaten für Hitzfelds Nachfolge: Felix Magath. Beim VfB Stuttgart hat der Coach eine noch erstaunlichere Entwicklung genommen als sein Team. Er ist zum Star geworden unter Deutschlands Trainern, zum Synonym für Jugendfrische und Erfolg, für Freude und Disziplin. Er hat eine Mannschaft geformt, die kaum aufzuhalten scheint, und er hat nicht einmal viel Geld dafür gebraucht. Magath wird so positiv gesehen wie lange kein Trainer mehr, und so ist er für Hitzfeld zur Gefahr geworden.“
Elber war das Herz der erfolgreichen Bayern-Jahre
Michael Horeni (FAZ 7.11.) stellt großen Verlust bei den Münchnern fest: “Es war bemerkenswert, welche Reaktionen der Treffer und die Rückkehr Elbers beim Publikum auslösten, das oftmals wie ein Seismograph die Stimmungen eines Vereins auszudrücken versteht. Elber erhielt ersten lebhaften Applaus, als sein Name als Torschütze des für die Bayern bitteren Treffers genannt wurde. Tosend geriet der Beifall, als der Brasilianer zehn Minuten vor Schluß ausgewechselt wurde. Der Jubel der Münchner war mehr als nur eine Hommage für sechs erfolgreiche Jahre eines brasilianischen Profis beim FC Bayern. Es war ein fast demonstrativer Beifall für einen Spieler, der einem ökonomisch logischen Plan der Vereinsführung zu weichen hatte, die seinen mangelnden Nutzen an zu wenigen Auswärtstoren und zu hohem Alter festmachte. Dafür kaufte sie Roy Makaay, der in der Champions League wie ein Tor-Roboter seinen Auftrag erfüllt. Der Holländer erzielte sein viertes Tor im vierten Spiel der Meisterklasse. Aber nun spüren die Bayern schmerzhaft die Lücke, die Elbers Abschied hinterlassen hat. Mit ihm ging nicht nur ein erfolgreiches, nicht auf einen einzigen statischen Stürmer fixiertes Spielsystem dahin. Auch im Millionenbetrieb Profifußball gibt es eben noch emotionale Verluste, die sich durch teure Transaktionen nicht einfach aufheben lassen. Elber war das Herz der erfolgreichen Bayern-Jahre, nicht nur für das Publikum. Er leistete auch innerhalb der Mannschaft, wie sich nun zeigt, unschätzbare Integrationsdienste, die Kahn und Effenberg in dieser Weise nie zu leisten imstande waren – und die jetzt unerledigt bleiben. Mit Elber als Anführer der Latino-Fraktion und Gegenpol zu den konkurrierenden Stars Kahn und Ballack ist eben auch ein Teil der hierarchischen Statik weggebrochen.“
Stil der Gefühlskälte
Heinz-Wilhelm Bertram (BLZ 7.11.) ergänzt: „Eine schillernde Nebennote war Elbers Prophezeiung: Er werde, hatte er vorausgesagt, in einem der zwei Spiele gegen den FC Bayern ein Tor erzielen, und zwar in Kahns schwache Ecke. Der Umstand, dass sich seine Voraussage präzise wie in einer Traumvorschau erfüllte, muss über den Verantwortlichen hereingebrochen sein wie eine alttestamentarische Katastrophe. Das war am besten abzulesen am Bild des wie versteinerten Managers: Uli Hoeneß hockte nach dem Treffer reglos auf der Bayern-Bank wie einst die Eisblock genannte Kiewer Trainerlegende Waleri Lobanowksi (…) Keine Mannschaft, ein seelenloses Gebilde versucht und übt sich da seit Wochen, und das wirft wahrlich kein gutes Licht auf die sportliche Leitung. Trainer Ottmar Hitzfeld ahnte wohl eine Teilschuld: Am besten ist, wir lesen in den nächsten Tagen alle keine Zeitung. Bedenklich erscheint, dass sich der Stil der Gefühlskälte im gleichen Maße in der Geschäftsleitung des FC Bayern etabliert hat. War die Ägide des Präsidenten Beckenbauer noch von lauschigem Geist durchweht, so hat sich seit der Ära Rummenigge ein Technokratenhandeln ausgebreitet.“
Martin Hägele (NZZ 7.11.) stellt nicht nur Nervenflattern fest: „Ob es in einer Mannschaft stimmt, zeigt sich daran, ob jeder Spieler seinen Nebenleuten hilft und einer für den anderen läuft. Diese beiden Grundkomponenten haben die Bayern-Profis schon während ihrer letzten dürftigen nationalen Vorstellungen immer mehr vermissen lassen. Am persönlichen Einsatz hat es dagegen weniger gefehlt. Selbst als Hitzfeld nach dem 2:1 Elbers bei dessen ehemaligen Kollegen eine kollektive Lähmung feststellte, haben sich die Einzelnen nicht hängen lassen. Sie wehrten sich – wie ein Haufen internationaler Fussball-Legionäre, aber nicht wie eine richtige Bayern-Mannschaft. In der Vergangenheit sind die Erfolge des „FC Nobel“ stets damit begründet worden, dass Bayern-Profis nicht nur ein rotes Trikot, sondern auch ein Sieger-Gen mit sich tragen. Und dass die Nachfolger von Beckenbauer und Müller, Hoeness und Rummenigge erst unter Druck ihre stärksten Leistungen abgeliefert hätten. Nun aber entdeckt Hitzfeld, dass seine Leute „Nerven zeigen, wenn sie unter Druck stehen“ und dass das Kernproblem in den Köpfen stecke: die Angst vor einer Blamage.“
Wolfgan Hettfleisch (FR 7.11.) findet die Vorwürfe an Michael Ballack einseitig: „Sofort steht Nationalspieler Michael Ballack, der sich zuletzt nicht in Topform peräsentiert hat, im Mittelpunkt der Diskussion. Der Mittelfeldspieler, überreich gesegnet mit allem, was einen Klassefußballer ausmacht, hat ein schwer zu lösendes Problem: Er stieg ohne viel eigenes Zutun zum Messias der gesamtdeutschen Fußballgemeinde auf. Ein angenehmer Job ist das nicht. Schließlich: Ein Mensch hat vielleicht mal ’nen schlechten Tag, ein Halbgott wie Ballack niemals. Weil dem so ist, machen den Görlitzer nun manche, die ihn noch vor nicht allzu langer Zeit gern in den Himmel hoben, madig. Die Allzweck-Phrase, wenn es nicht läuft beim FCB, lautet: Ballack fehle das Zeug zum Führungsspieler. Der Club wird nichts dagegen haben, wenn sich alle auf den Star stürzen: Dann redet nämlich keiner über die wacklige Bayern-Abwehr, die exorbitante Fehlerquote von Demichelis oder die Lichtjahre, die Lizarazu inzwischen von der einst verkörperten Klasse trennen.“
Wir wolln die Eier sehn
Thomas Becker (taz 7.11.) vermisst vieles: „Der FC Bayern 2003 ist eine Ansammlung von Ich-AGs, eine Patchwork-All-Star-Truppe ohne das, was in früheren Generationen Teamgeist hieß. Mehr als eine halbe Stunde Zeit blieb nach dem 1:2 – nicht nur Hoeneß wunderte sich, dass wir danach mehr oder weniger ohne Torchance geblieben sind. Außer Kahn schien sich niemand gegen die Niederlage wehren zu wollen, keiner krempelte die Ärmel hoch. War ja auch kalt. Eine geballte Faust, ein aufmunterndes Wort für den Mitspieler? Nö, du, lass mal! Die Fans schrien: Wir wolln die Eier sehn. Ballack gab einen Führungsspieler im Standby-Modus, trabte auch noch in den allerletzten Sekunden so entspannt übers Feld, als stände es 4:0. Neben ihm: Demichelis, Ze Roberto – auch nicht gerade die Erfinder des temperamentvollen Aufputschens, von Santa Cruz oder Makaay ganz zu schweigen. Einige derer, die diese unverzichtbare Mitreiß-Arbeit seit Jahren praktizieren, sitzen nur noch auf der Bank: Linke, Scholl, Jeremies. Viel zu spät wechselte Hitzfeld die letzten beiden ein. Kritik an Ballack ließen weder Trainer noch Manager zu – Artenschutz für die große Hoffnung des FCB.“
Das Handelsblatt (7.11.) rühmt die Stuttgarter Elf: „Es gibt nicht viele Profis, die in der Nacht nach solch einem persönlichen Triumph so nüchtern bleiben, Magaths Kader besitzt eine Menge bodenständiger Typen. Sie haben ihre Stärken verinnerlicht, sie wissen, dass sie Präzision und Energie in extremen Situationen abrufen können.“
Martin Hägele (NZZ 6.11.) hat es kommen sehen: „Selbst am Tag, an dem die französischen Meister im Olympiastadion aufkreuzten, präsentierte sich der Tabellenfünfte der Bundesliga als Debattierklub. Diesmal war es der Franzose Sagnol, der über die Zeitung Le Parisien Kritik am System übte: Beim Champions-League-Sieg im Jahr 2001 sei die Mannschaft aggressiv und erfolgshungrig gewesen, so der rechte Aussenverteidiger des Europameisters. „In dieser Saison lassen wir diese Qualitäten vermissen. Hinzu kommt die Tatsache, dass wir keinen Leader haben.“ Ein deutlicher Hinweis darauf, dass Effenberg ganz anders als heute Ballack die Star-Gruppe vor allem emotional geführt habe. Hättest du lieber geschwiegen, kleiner Franzose, und deine Energien für das Spiel geschont. Denn weder Sagnol noch auf der anderen Abwehrseite der zweite Vertreter der Grande Nation, Lizarazu, vermochten gegen ihre Landsleute Signale zu setzen. Dafür war es Makaay, der wieder einmal bewies, warum der FC Bayern 18,75 Millionen Euro nach La Coruña überwiesen hatte. Und die Vorarbeit zum Ausgleichstreffer des Holländers hatte ausgerechnet der zuletzt vielgescholtene Ballack geliefert. Für den frühen Rückstand hatten die strengen Münchner Juroren stattdessen schnell einen Sündenbock gefunden. Ein Keeper vom Range Kahns, der berühmt dafür geworden ist, auch sogenannte „unhaltbare“ Bälle zu parieren, darf sich keinen Freistoss aus 25 Metern ins Netz zirkeln lassen. Und die Form, die den 34-jährigen Goalie zum besten seines Metiers gemacht hat, hätte man ihm gewünscht, als es in der 54. Minute zum ersten Mal zum Duell mit dem alten Kumpel kam: Elber zog flach ab, Kahn tauchte zu langsam nach unten – und damit war exakt jenes Malheur passiert, das nach Meinung aller Bayern-Verantwortlichen nie hätte geschehen dürfen.“
AS Monaco – Deportivo La Coruna (8:3) Tsp
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