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Begeisterung um die senegalesischen Löwen
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| Donnerstag, 25. März 2004
Zur anhaltenden Begeisterung um die senegalesischen Löwen im Netz schreibt Alain Just in der senegalesischen Le Soleil (3.6.). “Seit dem Erfolg der Löwen über Frankreich letzten Freitag sind Mitteilungen über unsere Zeitung hereingebrochen, sei es in Form von Emails oder sei es in Form von Beiträgen in unserem Forum. Die Absender, gleich ob Senegalesen oder nicht, haben uns von überall geschrieben, unter anderem aus den USA, aus Frankreich, Polen, Italien, Spanien und aus Deutschland. Für einen von ihnen „zeigt dieser Sieg über Frankreich, in dieser ersten WM des 21. Jahrhunderts, für alle Bürger des Globus das Ende der lange bestehenden, intoleranten und übersteigerten Bevormundung Frankreichs. Wir können davon ausgehen, dass eine Milliarde Zuschauer bei diesem Begräbnis der Geschichte Anteil genommen hat! Es ist auf jeden Fall schöner als in meinen kühnsten Träumen und ich weiß nicht, seit wann ich als Afrikaner ein solches Gefühl des Stolzes durchlebt habe; oberhalb des Sports, ist es dieses deutliche Symbol, das der Sieg demonstriert und das Millionen Zeugen (selbst die Aborigines haben den Sieg gefeiert) vernommen haben.“ Während sogar eine Französin über sich sagt, „zufrieden mit dem Ausgang des Spiels zu sein“, schreibt uns ein Algerier, „dass alle Algerier stolz auf die Senegalesen“ seien. Weitere Personen schreiben uns, dass sie ihre Freude kaum in Worte fassen können.
Wie man eine Niederlage in einen Sieg verwandelt, zeigt Jacques Buob (Le Monde 3.6.). Frankreichs Ehre sei beschmutzt, aber doch nicht so sehr. 21 von 23 senegalesischen Spielern kicken in französischen Ligen, die sich damit allen Unkenrufen zum Trotz als stärkste der Welt erwiesen hätten. “Das Volk aus Afrika spielt in Gueugnon, Strassbourg, Sedan, Lorient, Chaux usw. Unsere Aristokraten – die Verlierer haben sich über die Alpen, den Ärmelkanal und die Pyrenäen davongemacht. So könnte man argumentieren, dass die französische den brillantesten Vertretern der ausländischen Meisterschaften eine Lektion erteilt hat (…) Es ist aber nicht sicher, dass Jean-Marie Le Pen dafür besonders empfänglich ist. Der Führer des Front National hat bereits geurteilt, dass es zu viele Afrikaner in der Equipe Tricolore gebe; in der – wie er meint – richtigen.”
Le Monde (31.5.) berichtet über die Veränderung des Aktienwertes von TF1: “TF1, das die Exklusivübertragungsrechte der Fußball-WM in Frankreich hat, legte bis zum Anstoß des Eröffnungsspieles um 1,14% auf 31,93 € zu, um bis zum Schlusspfiff 2,49% zu verlieren.”
Marion Aberle (FAZ 3.6.) berichtet von den Reaktionen der afrikanischen Öffentlichkeit auf das Auftaktwochenende. „der Triumph aus dem Eröffnungsspiel wirkt noch nach. Das Echo in der afrikanischen Fußballwelt ist nur mit der WM 1990 zu vergleichen, als Kamerun im Eröffnungsspiel in Italien Weltmeister Argentinien 1:0 besiegte. Wie damals hofft man nun in Afrika, den Anschluss an die internationale Fußballelite zu schaffen. Es trifft sich gut, dass der Triumph Senegal zugefallen ist, einem Land, das zu den hoffnungsvollen Staaten in Afrika gerechnet wird. Senegals Präsident Wade steht zusammen mit dem südafrikanischen Präsidenten Mbeki hinter einem neuen Aufbauplan für den Kontinent, das die konfliktreiche Vergangenheit beenden und ein demokratisches und wirtschaftlich aufstrebendes Afrika schaffen soll. Senegals Sieg wurde daher als gutes Zeichen für die „afrikanische Renaissance“ gewertet – nicht nur im Fußball.“
Le Monde (31.5.) über die Feiern im Senegal. “Wegen ihrer Freude nach dem Auftaktsieg des Senegals gegen Frankreich haben viele moslemische Senegalesen das Freitagsgebet vergessen. Das Gebet, das im Senegal jeden Freitag, dem heiligen Tag der Muslime, gegen 14:00 Uhr stattfindet, versammelt üblicherweise Tausende von Gläubigen. Der Fußball ist ein Sport und die Mohammedaner meinen, dass die Ausübung des Sports positive Auswirkungen auf die Gläubigen hat. Nach Meinung von El Hadj Aliou Moussa Samb hat die Tatsache, „dass sich elf Spieler zusammenfinden und gegen elf andere spielen einen föderativen Charakter“ und außerdem zur Folge, „dass man im Zusammenspiel ein kollektives Element entwickelt“. Dennoch musste der Prediger die wenigen teilnehmenden Gläubigen am Freitag zur Ordnung aufrufen, da diese den Kommentatoren des senegalesischen Sieges lauschten.
Die senegalesische Tageszeitung Le soleil (1.6.) publiziert die Gratulation des Staatspräsidenten. “Meine lieben Löwen, Ihr habt gerade das Pantheon des Weltfußballs betreten, indem Ihr konzessionslos den Fußballweltmeister geschlagen habt. Der Senegal, unser Land, und Afrika, unser Kontinent, die während der glorreichen 90 Minuten mit Euch gezittert haben, bewundern die Würde, die unerschütterliche Vorsehung und die Ehre, die in Euch gewohnt habt als Ihr die nationalen Farben vertreten habt. In der Tat ist dieser herausragende Sieg ein Zeichen der Zeit, da er ein wiedergeborenes Afrika und ein kämpferisches Afrika demonstriert.”
Dass selbst Fußballgroßmächte wie Frankreich ins Straucheln geraten, ist Balsam auf die arg geplagte schottische Fußballseele, weshalb der Scotsman (1.6.) schreibt: „Es war zwar nicht der Weltuntergang, aber für die geschlagenen französischen Superstars muss es sich so angefühlt haben. Es war nicht nur schlecht, es war furchtbar, wie die Weltmeisterschaftsdebütanten die Weltmeister mit einer brillianten Leistung demütigten. Frankreich muss nun Uruguay und Dänemark schlagen, um die nächste Runde sicher zu erreichen. Der Sieg gegen Frankreich war eine taktische Meisterleistung des französischen Trainers Bruno Metsu. Für Frankreich hingegen gab es nichts zu lachen. Der Senegal, dessen Mannschaft ausschließlich aus Spielern der französischen Liga besteht, verursachte einen der größten Schocks in der Weltcup Geschichte.“
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