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Bundesliga – der 25. Spieltag im Spiegel der Presse
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| Donnerstag, 25. März 2004„Rüpel Reimann“ (FAZ) – „FC Bayern – eine führungslose Mannschaft döst dem Saisonende entgegen“ (SZ); „Bayerns grußloser Abschied vom Titelkampf“ (FAS) – „der VfB hält Magaths Meisterfahrplan nicht ein“ (FAS); „Jäger ohne Biß“ (FAS) – „Bayer Leverkusen fühlt sich wieder reif für Europa“ (FAZ) u.v.m.
Borussia Dortmund – Eintracht Frankfurt 2:0
Freddie Röckenhaus (SZ 22.3.): „Kurz nach dem Schlusspfiff wollte sich Reimann zwar bei den Schiedsrichtern entschuldigen, um Gutwetter zu machen. Doch schon 20 Minuten später in der Pressekonferenz wetterte Reimann: „Für mich war es keine Tätlichkeit. Der vierte Schiedsrichter kann mich ja ansprechen. Aber er muss sich mir nicht in den Weg stellen. Außerdem drehte Reimann den Sachverhalt seines eigenen Sturmlaufs gegen den vierten Schiedsrichter Schriever ins Gegenteil um: „Ich weiß nicht, ob er mich anfassen darf. Er darf nicht den Rambo spielen. Wenn da einer so auf mich zukommt, dann ist das doch eine normale Abwehrreaktion. Und unter Verweis auf Dortmunds einschlägig bekannten Trainer Matthias Sammer meinte Reimann auch noch: „Der Matthias, der geht doch oft hoch wie ein HB-Männchen. Der attackiert die Linienrichter doch das ganze Spiel über. Im Vergleich zu Matthias müsste ich eigentlich für mein Verhalten eine Medaille bekommen. Am Sonntag, nach Studium der Fernsehbilder, schwenkte Reimann dann erneut um und kehrte auf den Entschuldigungskurs zurück: „Ich war in der Situation sehr aufgeregt und der ganze Vorfall tut mir ausgesprochen leid. Ich entschuldige mich beim gesamten Schiedsrichter-Gespann. Offenbar hatte vor allem Frankfurts Vorstandschef Heribert Bruchhagen seinem Trainer zum diplomatischen Rückzug geraten.“
Klaus Hoeltzenbein (SZ 22.3.): „Wie kommt es, dass Reimann ausrastet? Ausgerechnet er, der Stoiker der Liga, ein Mann wie „trocken wie Brot (Frankfurter Rundschau)? Erstmals in 41 Jahren Bundesliga ist ein Trainer handgreiflich gegen eine offizielle Ordnungskraft geworden. Die Vorbildfunktion, die viel zitierte, arg strapazierte, die mit dem Gehalt indirekt eingefordert ist, steht vor Drakons Jüngern wieder einmal zur Diskussion. Nur was ist sie wert? Ein Verstoß gegen die Vorbildrolle allein ist weder zivil- noch sportrechtlich relevant. Sonst hätten die Instanzen des Fußballs schon am Spieltag zuvor aktiv werden müssen, gegen Rudi Assauer, den Manager, der im Stadion den Mittelfinger zückte, weil Frankfurter Fans ihn provozierten: sie hatten Schalke beleidigt, sein Schalke. Der Zorn der alten Männer, von Assauer, 59, und Reimann, 54, könnte eine gerontologische Untersuchung nach sich ziehen. Oder eine Komödie im Kino.“
Roland Zorn (FAZ 22.3.): „Für heißdiskutierten Gesprächsstoff sorgte diesmal ein Trainer, der eher als mundfaul gilt, wenn er auch gelegentlich schon durch übellaunige Bemerkungen unangenehm aufgefallen ist: Willi Reimann. Der Trainer der Frankfurter Eintracht ließ sich in Dortmund zu Handgreiflichkeiten gegenüber dem vierten Unparteiischen hinreißen, nachdem einer seiner Spieler des Platzes verwiesen worden war. Einen solchen Auftritt mit einem Fußball-Lehrer außer Rand und Band hat die Liga lange nicht gesehen. Mochte Reimann sich wie im übrigen auch dessen Kollege Sammer zuvor über die selbstherrlich anmutende Art geärgert haben, in der Thorsten Schriever seines Amtes waltete, so ist das Ausrasten des Fußball-Lehrers damit keineswegs entschuldigt. Auf das nun folgende Sportgerichtsurteil darf man gespannt sein. Zur Erinnerung: Der Dortmunder Spieler Kehl wurde zu Saisonbeginn wochenlang gesperrt, weil er dem Schiedsrichter im Ligapokalfinale einen Schubser versetzt hatte. Reimanns wiederholte Tat wog auf den ersten Blick fast schwerer.“
Hertha BSC Berlin – Bayern München 1:1
Andreas Burkert (SZ 22.3.): “Sogar der einzig verbliebene Optimist in der rund 100 000 Klubmitglieder starken Glaubensgemeinschaft – Trainer Ottmar Hitzfeld – sprach, wenn auch peinlich berührt, das Wort „Vorentscheidung aus. Nur Uli Hoeneß lässt sich natürlich noch etwas Zeit, er schickt erst dann Blumen in den Norden, wenn es so weit ist. Einstweilen beschäftigt er sich mit seiner Mannschaft, und Spaß bereitet ihm das eher nicht. Seit mehr als einem Vierteljahrhundert ist er in München Manager, und auf ihn geht die medizinische Entdeckung des so genannten FC Bayern-Gens zurück. Zurzeit muss Uli Hoeneß allerdings Woche für Woche erleben, dass der aktuellen Bayern-Generation dieser Erbfaktor abgeht. Denn sie gewinnt nicht mehr, wenn sie muss, und bei ihr dauert ein Spiel nicht mehr 90 Minuten. Sondern nur ein gutes halbes Stündchen. Und so döst eine führungslose Mannschaft des FC Bayern dem Saisonende entgegen. Sie hat sich längst damit arrangiert, Platz zwei einzunehmen hinter dem SV Werder, der seine Vorderleute mit norddeutscher Störrischkeit und Siegen in Serie zermürbe, wie Kahn glaubt. Beschwerde bei der DFL wegen dieser Unverschämtheit will aber auch er nicht einlegen. Zu offensichtlich ist das eigene Verschulden (…) Ob und wann es nun wirklich vorbei ist für die Ansprüche des Rekordmeisters, das entscheidet nicht mehr der FC Bayern. Sondern allein Werder Bremen. Mit dem Titelgewinn, meinte Ballack, werde es „sehr schwer. Eher kämpfen die Bayern, trotz des „härtesten Trainingslagers aller Zeiten (Hoeneß) und des Formanfalls in einem Spiel gegen Real Madrid, mit der öffentlichen Trainerdiskussion. Und sie rätseln, welche personellen Rochaden vonnöten sind, um den teuren Kader in eine kostbare Mannschaft zu verwandeln. Uli Hoeneß ist selbstverständlich guter Dinge, gestern kündigte er der Konkurrenz ausgesprochen herzlos an, sein Klub werde nächstes Jahr „angreifen wie noch nie. Vermutlich nach der härtesten Sommerpause aller Zeiten.“
Jörg Hanau (FR 22.3.): „Das unmoralische Angebot bleibt ohne Folgen. Aber wenigstens die Hörer eines privaten Berliner Radiosenders hatten ihren Spaß. Eine Million Euro versprachen Arno und die Morgencrew von 104,6 RTL jenem Bayern-Spieler, der gegen Hertha vorsätzlich ein Eigentor schießt. Ein PR-Gag. Klar. Mit unvorhersehbaren Folgen: Die DFL empört, die Bayern außer sich. Und selbst Hertha-Manager Dieter Hoeneß stand seinem Kollegen Uli brüderlich zur Seite: Geschmacklos!“
of: Was für humorlose Gestalten, diese Fußballfunktionäre! Und für wie wichtig sie sich halten!
1. FC Köln – VfB Stuttgart 2:2
Christoph Biermann (SZ 22.3.): „Ausgedacht hatte sich das Felix Magath eigentlich nicht schlecht, als er in der vergangenen Woche laut und deutlich davon sprach, der VfB Stuttgart wolle Deutscher Meister werden – und zwar in dieser Saison. Am kommenden Sonntag wird seine Mannschaft nämlich den SV Werder Bremen empfangen. Eine Niederlage Bremens in Wolfsburg und einen Stuttgarter Sieg in Köln vorausgesetzt, hätte sich der Vorsprung des Tabellenführers auf Stuttgart auf neun Punkte reduziert, mit einem Sieg über Bremen dann auf sechs. Und das wäre in den letzten acht Partien vielleicht noch zu aufzuholen gewesen. Nach dem 2:2 sprach der Trainer des VfB Stuttgart zwar immer noch vom „entscheidenden Spiel gegen Bremen, aber viel mehr als die Fassade des großen Vorhabens stand in diesem Moment schon nicht mehr. „Ich sehe nach wie vor gute Aussichten, Deutscher Meister zu werden, sagte Magath, doch es klang eher routiniert als überzeugt. Eher wird es in den kommenden Wochen darum gehen, dem FC Bayern vielleicht noch den zweiten Platz abzujagen und sich zugleich den Rücken frei zu halten, um die Qualifikationsrunde zur Champions League zu schaffen. (…)Als der Schiedsrichter die Partie beendete, war es im Stadion so leise, als ob nicht 50 200 Zuschauer im Stadion wären, sondern bloß 500. Kein Beifall aus keiner Ecke des Stadions, das Remis hatte zwei Verlierer produziert. Die angesichts der Kölner Tabellenstandes enorme Kulisse zeigte abermals, wie sehr dieser Klub inzwischen von seinen Anhängern geliebt wird. Doch diese Liebe macht das Leiden nur größer.“
Hans-Joachim Leyenberg (FAZ 22.3.): „So kann das nichts werden mit dem 1. FC Köln. Der meistfotografierte Mann im heimischen Stadion ist in Ermangelung eines Siegtorschützen immer noch Wolfgang Overath. Beim samstäglichen Bundesligatermin seiner Leib- und Magenmannschaft mit dem VfB Stuttgart blickte Overath, neuerdings Partner des Präsidiums, so verkniffen drein wie eh und je auf seinem Stammplatz. Und er sah wieder so aus, als plagte ihn eine Magenverstimmung. Ob es nun 0:1, 1:1, 2:1 oder am Ende 2:2 aus Sicht des Tabellenletzten stand – die Leute um ihn herum suchten vergebens nach Spuren von Optimismus in der Miene des designierten FC-Präsidenten. Er wird, wenn nicht noch ein Wunder geschieht, der erste Mann eines Zweitligaklubs. Von einem rettenden Nichtabstiegsplatz sind die Rheinländer in etwa so weit entfernt wie die Schwaben von der Pole Position im nationalen Fußball. Alle hoffnungsvollen Prognosen, die sowohl in Köln als auch in Stuttgart angestellt werden, sind Hochrechnungen mit neun Unbekannten. Jene neun Partien, die noch fehlen, um die Saison 2003/2004 komplett zu machen. Solange rein rechnerisch noch alles möglich ist, werden sie in Köln und Stuttgart erzählen, sie wollten ihre Chance suchen. Nur lieferten die beiden Teams mit nichterfüllten Fahrplänen genügend Anhaltspunkte, warum es wohl nichts wird mit der Erfüllung der Saisonziele.“
Richard Reich (NZZaS 21.3.): „In Köln wird dem nekrophilen Fussballfreund derzeit einiges geboten. Am Festival “LitCologne” lesen Tribünenmelancholiker wie Nick Hornby (Arsenal) oder Marcel Reif (Premiere) aus ihren Werken. Vor der Kölner Oper hat André Heller (Austria) einen “Fussball-Globus” aufgestellt, in dessen Innern man multimedial die peinlichsten Szenen der Fussballgeschichte abrufen kann. Im “Hiatt” präsentiert das “11. Kölner Unfall-Symposium” die besten Gehhilfen für chronische Bänderprobleme. Und im fabrikneuen Rheinenergie-Stadion spielt der 1. FC Köln nach Kräften den letztmöglichen Fussball. Marcel Koller hatte in Anbetracht des erwiesenen Unvermögens seiner Belegschaft für den Besuch des VfB die dreifache Dreierkette erfunden: Mit Ausnahme des Torhüters und einer Sturmspitze stellten sich alle Feldspieler vor dem Strafraum auf, schichtweise wie eine Crèmeschnitte, auf dass alle gegnerischen Angriffe zwischen Mürbteig und Füllung stecken blieben.“
Bernd Müllender (taz 22.3.): „Beiden hätte zum Klassenziel nur ein Sieg geholfen, Köln für die Strohhalmhoffnung auf Rettung, Stuttgart für realistische Restgedanken an die Meisterschaft. Das 2:2 nach 90 unterhaltsamen Minuten machte beide zu unbesiegten Verlierern. Und dennoch wurde wohlfeil trotzig weiter behauptet, man sei immer noch auf dem guten Weg. Felix Magath etwa, Stuttgarts Trainer, der in der Woche schauspielerisch bemüht Wir werden Meister postuliert hatte, setzt seine Scherz-Offensive fort: Sicher, bei einem Sieg wäre er noch zuversichtlicher gewesen, aber man wolle weiter Druck auf Bremen ausüben. Auch wenn sein VfB nicht wie eine Spitzenmannschaft aufgetreten war und es in der hoch überlegenen 1. Halbzeit versäumt hatte, den Gegner zu zerstören. Magath ist gerüchteweise als Hitzfeld-Nachfolger beim FC Bayern im Gespräch, vielleicht lässt diese Aussicht die Maßstäbe verrutschen. [of: Vielleicht ist das so etwas wie eine Arbeitsprobe in Magaths Bewerbungsmappe.] Eine Provokation für weitsichtige Kölner war das komplett schwarze VfB-Outfit. Denn manches spricht dafür, dass Alemannia Aachens Men in Black im Spätsommer hier Europapokal spielen werden. Welche FC-Horrorvorstellung: Selbst ist man schmählich abgestiegen, und die verhassten Nachbarn, womöglich sogar selbst aufgerückt in Liga 1, trumpfen in der eigenen Kultstätte umjubelt auf.“
Hansa Rostock – Bayer Leverkusen 0:2
Javier Cáceres (SZ 22.3.): „Als sich Jens Nowotny anschickte, die Stätte des ersten Auswärtssieges Leverkusens des laufenden Jahres zu verlassen, war in seinen Augen ein fragender, erwartungsvoller Blick auszumachen: Nowotny hatte nicht gespielt. Doch hieß dies nicht, dass er nicht doch ein Thema gewesen wäre, dass sein Name nicht doch hin- und hergeworfen worden wäre zwischen Journalisten und Fußballern, dass Nowotny also nicht doch Protagonist gewesen wäre: als der wohl einzige Verlierer der siegreichen Leverkusener Expedition. Denn für die Rheinländer war der uneingeschränkt verdiente Triumph gegen Rostock (Hansa-Trainer Schlünz: „Sie haben uns unsere Grenzen aufgezeigt) der zweite Sieg hintereinander; angesichts des bisher rätselhaft verlaufenen Jahres mutete dies fast schon wie eine „Serie an. Und neben dem Umstand, dass Leverkusens Führung gegen Wolfsburg und Hansa jeweils auf Dimitar Berbatow zurückging, hatten die Siege eben auch dies gemeinsam: dass Nowotny nicht vermisst wurde, weil Lúcio und Juan in der Innenverteidigung brillant harmonierten. Am Samstag geschah dies vor allem in der ersten Halbzeit. Als Leverkusen gemäß einer (etwas übertriebenen) Schelte von Trainer Klaus Augenthaler „nicht bundesligawürdig agierte, hielten die Brasilianer Leverkusen zusammen. Als „überragend feierte Leverkusens Manager Rainer Calmund die Leistung von Juan und Lúcio, wiewohl er dann doch relativierte: „Dat sin ja brasiljanische Nationalspiller, et ess also nit janz verrückt, dat die hinge joot stehn. Und auch Augenthaler mutmaßte, dass es für Juan und Lúcio „eine Sache der Ehre gewesen sein dürfte, „einen 35-Jährigen wie Martin Max auszuschalten. So gesehen bildete sich Lúcio erstaunlich viel darauf ein, dass sein Team „gegen einen der zurzeit besten Artilleristen der Liga zu Null gespielt habe.“
1. FC Kaiserslautern – VfL Bochum 2:2
Peter Heß (FAZ 22.3.): “Zwei Tore geschossen, dem Klub im Abstiegskampf einen Punkt gerettet: eine Menge Bundesligaspieler nutzen den freudigen Anlaß, sich einen Lorbeerkranz zu winden. Andere kokettieren dann mit ihrer Bescheidenheit, nach dem Motto: Es ist egal, wer die Tore schießt. Meist konterkarieren ihre vor Selbstzufriedenheit sprühenden Augen und ihre stolz geschwellte Brust die Aussagen. Wenn Vratislav Lokvenc auf die Glückwünsche zu seinen beiden Toren abwehrend die Hände hebt, wirkt das überzeugend. Ich hätte doch noch das 3:2 schießen müssen, sagt er mit traurig gesenktem Blick. Sieben Minuten vor dem Abpfiff hatte er frei stehend den Ball über das Bochumer Tor geschossen und damit die große Gelegenheit verpaßt, im Alleingang aus einem 0:2-Pausenrückstand einen Lauterer Sieg zu machen. Der tschechische Nationalstürmer zählt zu den äußerst angenehmen Zeitgenossen der Unterhaltungsbranche Fußball. Freundlich, höflich, gut erzogen, immer im Dienste der Mannschaft. Er ähnelt seinem Landsmann und Kollegen Jan Koller in Charakter, Spielweise und Statur. Mit seinen 1,94 Metern Körpergröße und 88 Kilogramm Gewicht erreicht Lokvenc zwar nicht ganz das Format des Zweimeterhünen Koller, doch ein XL-Stürmer ist auch er. Dabei überrascht der Lauterer wie der Dortmunder mit seiner für die Größe eleganten Ballführung und ausgefeilten Ballbehandlung. Spielverständnis und der Wille zur Mitarbeit in der Defensive adeln sein Spiel zusätzlich. Seine Stärken gehen weit über das Kopfballspiel hinaus, für das ihn sein Körper prädestiniert.“
Peter Heß (FAZ 22.3.): “Daß die Lauterer sich wieder einmal zu einer begeisternden Aufholjagd auf dem Betzenberg aufrafften, hatte zwei Gründe. Zum einen den Fehler des bis dahin überragenden Torwarts van Duijnhoven, der das 1:2 ermöglichte – der Holländer klatschte den Ball nach einem Weitschuß von Bjelica genau vor die Füße von Lokvenc. Zum anderen machte das fanatische Pfälzer Publikum den Profis Beine. Die Zuschauer haben hundertprozentig Einfluß auf unsere Leistung, sagte Lokvenc nach dem Spiel. Ich liebe diese Atmosphäre. Der Kaiserslauterer Trainer Kurt Jara hatte seinen Spielern schon zur Pause Mut zugesprochen: Ihr spielt jetzt auf das Tor vor der Fankurve, wenn ihr den Anschlußtreffer erzielt, ist noch alles möglich. Die Belegschaft der Westkurve erfüllte dann alle in sie gesetzten Hoffnungen. Hier ist die Hölle, lautet der Lieblingsspruch der rührigsten Anhänger der Roten Teufel vom Betzenberg, und sie heizen den Gegnern wirklich gehörig ein. Lokvenc wünschte sich, die Hölle wäre auch noch an anderen Stellen des Stadions los. Wir sollten immer auf das Tor dieser Fans spielen, am besten würden sie zur Halbzeit die Tribüne wechseln. Das überschäumende Pfälzer Fußball-Temperament kann aber auch eine lähmende Wirkung haben. FCK-Linksverteidiger Bill Tchato wurde nach seinem verhängnisvollen Rückpaß, mit dem er Hashemian das 1:0 vorlegte, gnadenlos verhöhnt. Trainer Jara erlöste ihn nach 20 Minuten vom Spießrutenlaufen: Bevor die Stimmung auf der Tribüne auch die anderen verunsicherte, habe ich ihn lieber ausgetauscht. Zu diesem Zeitpunkt, gegen Ende der ersten Halbzeit, war die reifere Bochumer Spielanlage noch zum Tragen gekommen.“
Borussia Mönchengladbach – Hamburger SV 3:0
Gregor Derichs (FAZ 22.3.): „Gladbach befand sich zuletzt in einer großen Krise, zumindest in einer großen Stimmungskrise. Alles ist bei uns schlechtgeredet worden. Aber so übel wie behauptet ist es nicht mit uns, sagte Jeff Strasser. Bewußt grenzte er sich mit dieser Aussage von seinem Trainer ab: Ich sage nur meine Meinung. Strasser war früh ein Opfer der kritischen Analysen von Trainer Fach geworden, der ihn im vorigen Jahr zum Sündenbock der Niederlage bei Hertha BSC Berlin gemacht hatte. Der Höhepunkt der verbalen Angriffe des Trainers auf sein Personal folgte dann in der vergangenen Woche. Daß ihr Trainer ihnen permanent vorwarf, sie könnten überhaupt nicht Fußball spielen, traf die Borussen noch mehr als die Niederlagen, die Fachs Kritik ausgelöst hatte: Die durch ein Eigentor in der Schlußphase entstandene Niederlage in Bochum und das Scheitern im Halbfinale des DFB-Pokals bei Alemannia Aachen. Etliche Profis empfanden diese Kommentare als ehrabschneidend. Fachs vernichtende Analysen wirkten zuletzt kontraproduktiv. Wie schon mehrmals zuvor hatte er in Bochum seinen Spielern Dummheit vorgeworfen, in Aachen kam sein Fazit einer Abrechnung gleich. Den Spielern mangele es schlicht an Qualität. Wer ihnen was anderes sagt, lügt, erklärte Fach. Als über seine brutale Bilanz berichtet wurde, distanzierte er sich und behauptete, diese Aussagen wären vertraulich gewesen. Die Stimmung am Bökelberg war vor dem HSV-Spiel am Tiefpunkt angelangt. Selten hatte ein Trainer, der nach der Erfolgsserie zum Ende des vorigen Jahres gefeiert wurde, innerhalb weniger Wochen dermaßen an Sympathie bei seinen Spielern verloren. Kollektiv wurden die Gladbacher nach dem Pokal-Aus von den Fans in die Mangel genommen. Es hat sehr weh getan, womit wir konfrontiert wurden. Das waren Beleidigungen übelster Art, sagte Fach. Auch die Mannschaft bekam symbolische Hiebe. Die Fans hatten vor Spielbeginn – ähnlich wie die Leverkusener eine Woche zuvor – alle Zuschauer zum stillen Protest bis zum Anpfiff aufgerufen. 33 000 Stadionbesucher übten sich in ungewohnter Zurückhaltung, die erst beim Einlaufen der Gladbacher Elf aufgegeben wurde. Pfiffe und Pfui-Rufe bekamen die Borussen zu hören. Er habe die Aktion nicht ganz verstehen können, sagte Fach.“
Schalke 04 – Hannover 96 2:2
Richard Leipold (FAZ 22.3.): “Während Heynckes die Schwächen in erster Linie inhaltlich analysierte, suchte Assauer die Ursache für das Scheitern seines Neun-Punkte-Plans in der Verletztenliste. Der Manager studierte auf dem Podium des Presseraums die Statistik, die freundliche junge Damen nach dem Schlußpfiff reichen. Sein Blick galt weniger der Zweikampfbilanz, der prozentualen Aufteilung des Ballbesitzes oder der Gelb-Roten Karte, die 96-Stürmer Idrissou wegen wiederholten Foulspiels vorgehalten bekam. Assauer schaute auf die Mannschaftsliste der Einheimischen und staunte – oder tat wenigstens so. Wer vor einem halben Jahr eine derart jugendliche Schalke-Elf angekündigt hätte, dem hätte er geantwortet: Du bist bekloppt. Wie beim vorherigen 0:3 in Frankfurt mußten die Westfalen auf fünf Stammkräfte verzichten. Heynckes bot Spieler wie Lamotte, Pinto und Kläsener auf, später auch Hanke. Deren Bemühen wollte Assauer nicht geringachten, aber er kam auch nicht umhin festzustellen, daß der FC Schalke Profis, die eine gewisse Klasse haben wie Poulsen oder Kobiaschwili, nicht ersetzen kann. Ist der von Heynckes propagierte Pfad der Jugend trotzdem richtig? Assauer reagierte säuerlich, nicht auf die Frage, sondern auf die Antwort vieler Fans. Wie die Anhänger zu der jungen Generation stehen, wenn ihr Fehler unterlaufen, habe jeder gesehen – und gehört, vor allem beim Pfeifkonzert in der ersten Halbzeit. Während die Nachrücker erst am Anfang stehen, hat manch erfahrener Spieler keine günstige Prognose in Schalke. In der Schlußphase sah Heynckes sich genötigt, Profis wie Agali oder Seitz einzuwechseln, die gehobenen Bundesliga-Ansprüchen auch als Männer in den besten Fußballspielerjahren nicht genügen. Schalke leidet nicht allein unter Verletzungspech und Jugend-Sünden.“
Europas Fußball vom Wochenende: Ergebnisse – Torschützen – Tabellen – Zuschauer NZZ