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Bundesliga

Oliver Fritsch | Donnerstag, 25. März 2004 Kommentare deaktiviert für Bundesliga

„Ballack-Bashing“ (FAZ) in München – Bastian Schweinsteiger, “Aufsteiger in einem seltsam lethargischen Team“ (SZ) – Eintracht Frankfurt, für alle ein Wunder u.v.m.

Kampf um die Deutungsmacht im Freistaat Bayern

Sehr lesenswert! Der Wechsel von Leverkusen nach München im Juli 2002 bedeutet für Michael Ballack ein Karriereknick. Michael Horeni (FAZ 19.3.) zersticht Münchner Wortballons: “Die letzte Runde im Ballack-Bashing hatte Präsident Franz Beckenbauer über seine Hauspostille eingeläutet. Er spielt ohne Begeisterung, immer im gleichen Tempo. Wie im Dauerlauf, ohne den Rhythmus zu wechseln, schrieb Beckenbauer in seiner Bild-Kolumne. Ballack würde in der Mannschaft nicht akzeptiert, man könne nicht einfach zur Tagesordnung übergehen, der FC Bayern müsse den Mißständen auf den Grund gehen. Ballack und sein Umfeld haben die abermaligen Attacken aus der Führungsspitze irritiert zur Kenntnis genommen, um das Mindeste zu sagen. Jeder braucht Unterstützung, gerade in schwierigen Zeiten, sagt Ballack. Er gibt sich nach seinen schwachen Auftritten gegen Real Madrid und Hansa Rostock diplomatisch, obwohl zu merken ist, daß er die Rückendeckung des FC Bayern vermißt. Er sagt es nur indirekt. Auf seiner Homepage aber, wo Ballack als neuer Unesco-Botschafter strahlt, wird Hertha-Trainer Hans Meyer als Verteidiger präsentiert. Die Kritik an Ballack halte ich für richtig idiotisch. Er hat die ganze Zeit immer wieder mit Verletzungen zu tun gehabt. Er ist kein Roboter. Helfer wie Meyer aus der Ferne gehören mittlerweile zur ständigen Ballack-Hilfstruppe im Kampf um die Deutungsmacht im Freistaat Bayern. Mal springt ihm Teamchef Rudi Völler bei (mein wichtigster Spieler), mal Berti Vogts, mal Klaus Toppmöller. Ihre Einzelbeiträge aber gehen unter im Rauschen der Münchner Dauerkritik. Vielleicht, so schwant es Ballack, nehmen die Bayern mit ihren wiederholten Attacken ganz bewußt auch ein anderes Ziel ins Visier: Trainer Ottmar Hitzfeld. Denn immer wieder schwingen in der Beurteilung Ballacks auch Fragen mit, die in das Aufgabengebiet des Trainers fallen: Ballacks mangelnde Fitneß, die falsche Position und/oder das falsche Spielsystem. Aber Ballack hütet sich davor, am Trainer zu zweifeln, und dem Klub damit einen Ansatzpunkt für einen Autoritätsverlust Hitzfelds zu liefern. (…) Die fehlende Trainingszeit rächt sich jetzt. Es wäre besser gewesen, das ein oder andere Test-Länderspiel sein zu lassen und gnadenlos zu trainieren – bis man kotzt. Kein Wort von Hoeneß allerdings dazu, daß auch die Bayern in keinem Spiel in dieser Saison glaubten, auf Ballack verzichten zu können – und versäumten, ihm das passende Trainingsprogramm zu verordnen. Der Bayern-Buhmann Ballack, hinter dem alle sonstigen sportlichen Schwächen zu verschwinden scheinen, hat seinen größten Fehler aus urbayrischer Sicht aber wohl schon vor seinem Wechsel begangen: Er hat es nicht als Gnade verstanden, beim FC Bayern aufgenommen zu werden. Ballack kam im Glanz von Leverkusens Traumjahr und der WM nach München, und für Hoeneß ist er damals viel zu gut weggekommen. Wir wurden belächelt, auch von seinem Berater, sagt Hoeneß. Das hat er nie vergessen. Schwach spielen darf man für den FC Bayern des Uli Hoeneß, aber niemals über ihn lachen.“

Aufsteiger in einem seltsam lethargischen Team

Andreas Burkert (SZ 19.3.) porträtiert Bastian Schweinsteiger: “Angefangen hat er beim FV Oberaudorf, seinem Heimatverein im Inntal. Mit 16 zog er ins Bayern-Internat ein, wie einst Owen Hargreaves, heute sein Freund im Team. Vielleicht wäre Schweinsteiger auch ein guter Skifahrer geworden, den aufstrebenden Rennläufer Felix Neureuther jedenfalls hat er früher öfters besiegt. Vom Skifahren hat Schweinsteiger seine kräftigen Oberschenkel, die den flüchtigen Beobachter glauben lassen, er sei zu langsam. Jetzt schaut sich angeblich sogar Teamchef Rudi Völler den jungen Mann genauer an. Vielleicht ist das ein bisschen viel der Ehre für einen 19-Jährigen, die Verantwortlichen beim FC Bayern jedenfalls achten sehr darauf, Schweinsteiger nicht herauszuheben. AG-Chef Rummenigge hat sich letztens große Reden auf den Teenager verbeten, Schweinsteiger solle erst einmal konstant gut spielen. Schweinsteiger versucht genau das, er ist der Aufsteiger in ihrem seltsam lethargischen Team, und vorigen Samstag, vor dem Spiel gegen Rostock, haben die Fans erst seinen Namen gerufen und dann „Fußball-Gott angefügt. Schweinsteiger ist sowieso recht selbstbewusst, auch wenn er oft sehr leise spricht und dabei ein Lächeln zeigt, das schüchtern wirkt. Doch eigentlich ist das ein listiges Lächeln, er selbst nennt sich ja „ein Schlitzohr. Er sei schon immer so gewesen, „das sagen mir meine Eltern, ich hab mir oft versteckte Dinge geleistet. Auch auf dem Rasen wirkt er wie ein Lausbub. Wenn er den Ball haben will, verfolgt er seine Gegenspieler unerbittlich, und wenn er ihn am Fuß führt, behauptet er ihn, robust und mit erstaunlichem Geschick. Sein großes Plus ist wohl seine Unbekümmertheit, „er überlegt nicht viel, er ist ein Instinktfußballer, sagt Trainer Hitzfeld, „er drängt sich einfach auf. Als er die ersten Male bei den Profis trainiert habe, erzählt Schweinsteiger, „da kriegst du als Junger sofort eins in die Beine, wenn du einen Übersteiger machst. Er hat es trotzdem wieder versucht, und irgendwann fiel ihm auf: „Cool, du hältst mit. So kennt ihn auch Hermann Gerland, er ist Trainer der Bayern-Amateure und wohl auch ein heimlicher Verehrer. „Der Bastian ist auf einem guten Weg, sagt er, „er ist laufstark, ballsicher, kanns mit beiden Beinen, und vor allem ist er in Ordnung – er ist ein Typ. Denn im Internat schaue der Jungstar weiterhin vorbei, er liebt den FC Bayern und er ist besessen von seinem Sport. Es gibt Wochenenden, an denen besucht Schweinsteiger die Spiele der A-Jugend oder der Amateure. Und notfalls auch eines der Löwen. Nur die extrem hoch gezogenen Stutzen, sagt Gerland, die missfallen ihm, „und das können Sie ihm sagen, dass er wie ne Frau aussieht. Bastian Schweinsteiger kennt Gerlands Meinung über seine Wadenstrümpfe, „ohne sie fühl ich mich unwohl, sagt er und revanchiert sich grinsend mit der Replik, Gerland stehe in seiner Trainerliste „ganz unten. Er meint das vermutlich nicht so. Sein bester Nachwuchstrainer sei allerdings Stefan Beckenbauer gewesen, der Sohn des Präsidenten betreut die B-Jugend. Als sie einmal 0:3 verloren hatten, habe der sie nicht rund gemacht, „sondern der ist dann mit uns zu McDonalds gegangen. Das fand er „cool.“

Felix Meininghaus (FTD 19.3.) freut sich über den Schwung Eintracht Frankfurts: „Eine anheimelnde Spielstätte ist das Frankfurter Waldstadion zurzeit nicht. Zugig ist es auf der Baustelle. Außerdem können sich die Fans der Eintracht so nah hinter den Bänken in Position bringen, dass die Gäste mit großen roten Schirmen vor unerwünschten Flugobjekten wie Bierbechern und Feuerzeugen geschützt werden müssen. Einen wirksamen Schutz gegen akustische Übergriffe gibt es jedoch nicht. Und so geschah es vergangenen Samstag, dass sich Schalkes Manager Rudi Assauer dazu hinreißen ließ, den Fans mit gestrecktem Mittelfinger zu begegnen. Assauer hat sich inzwischen dafür entschuldigt, auf die Provokationen ausfallend reagiert zu haben. Sein Kollege Heribert Bruchhagen ist da anders: „Ich schaue die Spiele immer von der Tribüne“, sagt der sportliche Leiter der Eintracht. Ein diskreter Hinweis darauf, wie Bruchhagen seinen Job versteht. Der Mann mag es nicht, sich zu exponieren, sondern erledigt die Dinge lieber still und unaufgeregt. Genau so einer hat den Frankfurtern gefehlt, Selbstdarsteller hat es bei der Diva vom Main mehr als genug gegeben. Mit Bruchhagen haben Seriosität und Kontinuität bei der Eintracht Einzug erhalten. (…) Die zweite wesentliche Komponente am Aufschwung ist der Trainer: Willi Reimann steht im schwierigen Frankfurter Umfeld seinen Mann wie eine westfälische Eiche. Der Münsterländer aus Rheine geht seinen Weg unbeirrbar. Und im Moment scheint es, als könne er den Weg zum Klassenerhalt weisen. Außerdem hat er mit Bruchhagen einen Manager hinter sich, der zu seinem Trainer steht. In dieser Saison ist Frankfurt der einzige Klub aus dem unteren Tabellendrittel, der den Trainer nicht ausgetauscht hat. Fürwahr eine Delikatesse, früher hatten sie am Riederwald zu diesem Zeitpunkt der Saison oft schon den zweiten Trainer verschlissen.“

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