Ballschrank
Ein ganz normaler Spieltag
Kommentare deaktiviert für Ein ganz normaler Spieltag
| Donnerstag, 25. März 2004„Das nennt man wohl einen ganz normalen Spieltag“, lesen wir in der gestrigen FAS (und hörten dieselben folgenden Worte abends in der Tagesschau aus Reinhold Beckmanns Mund): „Der Tabellenführer gewinnt und sein stärkster Verfolger auch. Die Nummer eins und zwei bleiben also oben. Wie oft haben wir das schon erlebt. So wohl noch nie!” Angesichts jeweils torreicher Auswärtstriumphe erfahren Bochum und Rostock die angemessene Würdigung der einheimischen Presse. Dabei überzeugt nicht zuletzt die mit frechem Offensivdrang gepaarte hohe Spielkultur beider Mannschaften. Die Experten sind sich darüber einig, dass Titelkandidat Leverkusen mit dem 2:4 gegen die Ruhrstädter noch gut bedient war. Und Cottbus musste beim 0:4 gegen Rostock einen Klassenunterschied eingestehen. „Es wurde auch ein Derby zu Grabe getragen“, spielt der Berliner Tagesspiegel auf das gewandelte Image der Hansa-Elf an, die, im Gegensatz zu ihrem Konkurrenten, nicht mehr als Underdog aus dem Osten wahrgenommen werden will.
Bei der Lektüre der aktuellen Tageszeitungen fällt auf, dass die Freude an der „großen Kleinkunst“ (FAS) der Teams von Peter Neururer und Armin Veh sogar die Berichterstattung über die Führungskrise auf dem Betzenberg dominiert. Jedoch ist man sich einig, dass das „Provinztheater“ um den FCK erstens einen Rufschaden verursacht hat und zweitens eine unabsehbare sportliche Dekadenzphase einzuläuten imstande ist.
Weiteres Thema: Der „VfL Effenberg, früher einmal VfL Wolfsburg“ (FAS) steht auch mit seinem neuen Star weiterhin im Mittelfeld der Liga.
Einzelne Pressestimmen:
Michael Horeni (FAZ 26.8.) kommentiert die Lage. „Dem VfL Bochum ist es in kürzester Zeit gelungen, den Fußballfans schon wieder neue Träume zu schenken. Dem berauschenden Offensivfußball hatte nun auch Bayer Leverkusen – der unbelohnte deutsche und europäische Vorjahresmeister – nur noch Staunen entgegensetzen können (…) Natürlich wagt in Bochum auch nach dem imposanten 4:2 niemand im Ernst, von allergrößten Zielen zu sprechen, auch wenn die Spaßgesellschaft aus dem Pott derzeit keine Grenzen zu kennen scheint. Doch was wäre, wenn sie doch schaffen sollten, was bis zum Coup von Rehhagel als unmöglich galt? Wäre das nicht herrlich? Es sind nicht zuletzt diese romantischen Hoffnungen, die Möglichkeiten einer faszinierenden amerikanischen Karriere, die die Phantasie des Publikums beflügeln. Dass endlich auch einmal diejenigen, die immer ganz unten waren, groß herauskommen. Wo Träume möglich sind, muss die Gegenwart ein bisschen zurückstehen. Wie sonst ist es zu erklären, dass sogar die irrwitzige Krise in Kaiserslautern mit den Spekulationen um den Vorstandsvorsitzenden Friedrich, seinen möglichen Nachfolger Jäggi und Teamchef Brehme spielend leicht von den ersten Seiten verdrängt wird? Der Absturz der Roten Teufel gehört zur anderen, der dunklen Seite der Liga.“
Zur Führungskrise in Kaiserslautern bemerkt Uwe Marx (FAS 25.8.). „Das jüngste Revirement in der Führung bestätigt den über die Jahre erworbenen Ruf des Vereins als Pfälzer Provinztheater. 1. FC Kaiserslautern – das klingt zwar zunächst nach den Walter-Brüdern, Zusammenhalt und einem immerwährenden Kampf David gegen Goliath, der meist Bayern München hieß. Die Bayern sind als Lieblingsgegner geblieben, ansonsten aber hat sich viel getan (…) Der Wandel, der Abschied von der familiären Struktur, hat viel mit den gewachsenen Einnahmen zu tun. Mit der Zeit kam das Geld und mit dem Geld der Zwist. Aus dem Familienunternehmen wurde ein mittelständischer Arbeitgeber mit über 10.000 Mitgliedern und 50 Millionen Euro Jahresumsatz (…) Dabei ist der Verein keineswegs, wie die chronische Anfälligkeit fürs Chaos vermitteln mag, ein Pflegefall. Kaiserslautern gehört zu den zwölf deutschen WM-Städten für 2006. Das Fritz-Walter-Stadion ist Vereinseigentum, das Nachwuchsleistungszentrum ein Vorzeigeprojekt. Im letzten Geschäftsjahr wurde 12,7 Millionen Mark Gewinn erwirtschaftet. Alles wohlgemerkt in einer Stadt, die mit etwas über 100.000 Einwohnern kleiner ist als etwa Pforzheim, Bergisch-Gladbach oder Salzgitter. Andererseits haben Erfolge wie die Meisterschaften oder die beiden Pokalsiege übertriebene Begehrlichkeiten geweckt. Wer Meister war, darf nicht Siebter werden – diese simple Logik wabert ausdauernd durch das Umfeld des Vereins.“
Thomas Kistner (SZ 26.8.) zum selben Thema. „Alles ist derart eng verwoben, verwoppelt und verschwagert miteinander, dass sich nicht mal mehr Betrachter von außen wundern dürfen, wenn es am Betzenberg so brachial familiär zugeht. Stehauf-Präsident Friedrich, Noch-Vorständler Wieschemann und eine eingesessene Stammeltischbrüderschaft um sie herum pflegten nur bestes Brauchtum, als ihre Wahl jetzt auf Jäggi fiel. Der Romika-Boss aus dem nahen Trier darf getrost als einer der ihren betrachtet werden. Landsmannschaft gilt in der Pfalz seit jeher mehr als anderswo.“
Homepage der FCK-Opposition Unser FCK
Bayer Leverkusen – VfL Bochum 2:4
Christoph Biermann (SZ 26.8.). „Sensationeller als das blanke Ergebnis von 4:2 für den Aufsteiger beim deutschen Vizemeister war nämlich der Umstand, dass dies Resultat kein Produkt glücklicher Zufälle und kurioser Schiedsrichterentscheidungen war (…) Zwar ist auch Leverkusens „absolut missratener Start“ (Toppmöller) zunächst nur eine Momentaufnahme. Doch nach dem schlechtesten Bundesligaauftakt der Vereinsgeschichte sieht man schon in deutlichen Umrissen, dass Bayer wohl eine Zeit brauchen wird, um sich wieder zu sammeln. Klaus Toppmöller, das war die für ihn wahrscheinlich bitterste Erkenntnis, hat derzeit keine Mannschaft, sondern nur einen losen Haufen Spieler mit Formkrisen, die noch so manchen Gegner fassungslos vor Glückseligkeit machen könnten.“
Ingo Durstewitz (FR 26.8.). „Der Bochumer Stürmer Christiansen hat nach 62 Minuten im Bundesligaspiel zwischen Bayer 04 Leverkusen und dem VfL eine kesse Nummer probiert, wollte Torwart Hans-Jörg Butt mit einem Lupfer aus 16 Metern wie einen abgetakelten B-Klasse-Schlussmann aussehen lassen. Das war ganz schön überheblich und arrogant und ging schief, war aber nicht tragisch, weil Christiansen eine Minute zuvor recht abgezockt ein Tor für Bochum erzielt hatte, das 4:1 – nicht in irgendeinem Klickerspiel gegen eine Ruhrpott-Kreisauswahl, sondern in der BayArena gegen Leverkusen, vor Monaten noch Zweiter in allen Wettbewerben. Es war eine Szene mit symbolischen Gehalt, dieser aus dem Überschwang der Emotionen heraus entstandene Heber, es ging den Zwergen aus Bochum eine halbe Stunden vor Schluss nicht mehr darum, die Giganten aus Leverkusen zu besiegen, nein, sie wollten sie demütigen – und sie demütigten sie, führten sie vor, wie tumbe Tanzbären am Nasenring, gaben sie der Lächerlichkeit preis. 2:4 hat Leverkusen am Ende verloren gegen den Aufsteiger, der Tabellenführer bleibt, und ist dabei noch mit einem blauen Auge davongekommen. Wenn die Werkskicker am Ende sechs, sieben, acht Tore gefangen hätten, sie hätten sich nicht beschweren dürfen. Was Wunder, dass der Schlusspfiff einer Erlösung gleich kam, die hoch gehandelten Fußballspieler in den roten Hemden schlichen wie geprügelte Hunde in die Kabine, in den in tiefen Höhlen liegenden Augen spiegelte sich unendliche Leere wider.”
Thomas Kilchenstein (FR 26.8.) über die Ursachen des Leverkusener Fehlstarts. „In dieser Saison zählen die Leverkusener zu den großen Drei der Liga, trotz der Abgänge von Ballack, Kirsten und Zé Roberto, die Erwartungshaltung ist entsprechend hoch. Allerdings schlagen bei keinem anderen Klub so sehr die Nachwirkungen der WM durch wie bei Bayer: Immerhin hatten acht Spieler, die am Samstag gegen die Frechdachse aus Bochum so sang- und klanglos untergegangen waren vor ein paar Wochen noch in Südkorea und Japan Fußball gespielt. Ganz offenkundig haben sie sich von den Strapazen, den physischen wie den psychischen, noch nicht erholt. Dazu ist der Integrationsprozess der Neuen noch keineswegs abgeschlossen, zudem fehlt weiterhin die Führungskraft Nowotny. Klaus Toppmöller steht in seiner zweiten Saison mit Leverkusen zwar noch nicht unter Druck, aber auf dem Prüfstand. Die Aufgabe, Bayer wieder auf Kurs zu bringen, ist keine leichte. Die glorreiche letzte Saison ist Hypothek genug.“
1. FC Nürnberg – Hannover 96 3:1
Volker Kreisl (SZ 26.8.). „Das Vorteilhafte an so einem Fehlstart ist, dass grundsätzliche Fragen schnell geklärt sind. Jeder hat in den ersten zwei Bundesligaspielen gesehen, wie schlecht die Mannschaft des 1. FC Nürnberg spielen kann, ein Tor und null Punkte gegen mäßige Gegner lassen erst gar keine Ausreden zu. Das Management des Klubs gibt zu, dass mangels Mitteln keine Verstärkung denkbar ist, die Mannschaft diese Spiele also alleine gewinnen muss, und das Team erkennt frühzeitig, was es hat – Technik, taktisches Verständnis – und was ihm fehlt: Sprintkraft, Ellbogeneinsatz, Konzentration. Manche Fehlstarts ziehen sich in die Länge, weiten ich zu kleinen Krisen aus, doch der des 1. FC Nürnberg war offenbar deutlich genug. Die Mannschaft von Trainer Klaus Augenthaler rehabilitierte sich (…) Die Akteure von Trainer Ralf Rangnick zeigten sich vom Nürnbergs erblühter Spielkultur derart beeindruckt, dass sie keine ernsthafte Gegenwehr zustande brachten. Hannover hatte keine Torchancen, die Abwehr erwies sich als zu langsam.“
Hamburger SV – FC Bayern München 0:3
Andreas Burkert (SZ 26.8.). „Ein wenig muss man sich also sorgen um das Ansehen der Münchner, die nicht nur mit dem 3:0 im Volkspark ihre Neigung zum Egoismus provokant auslebten. Denn überdies eilen sie in ihrem Denken bereits nach dem dritten Spieltag der Konkurrenz voraus, obwohl doch die verblüffenden Wettbewerber aus Bochum und Rostock von der Spielleitung weiterhin ganz oben im Tableau geführt werden. Bayern-Manager Uli Hoeneß hatte zwar davon gehört, als er kurz nach dem Abpfiff um eine Grußbotschaft gebeten wurde. Aber er antwortete kalt und unerbittlich. Hoeneß sagte: „Ich kann das leider überhaupt nicht ernst nehmen, ich schau’ nur auf Dortmund, Schalke und Hertha – die zwei da oben können das nicht durchstehen, so leid mir das für den Herrn Neururer tut.“ Bochums Coach wird das bestimmt nicht gerne hören, wie auch all die anderen, die nicht in rot-blauer Bettwäsche schlafen. Doch allen Romantikern hat der FC Bayern in Hamburg recht deutlich zu verstehen gegeben, wie wenig er in diesem Jahr für Außenseiter, Jubilare und das eigene Versagen übrig hat.“
Herbert Stoffers (FR 26.8.). „Es ist aber auch zum Haare raufen, da hat der HSV seine zwölf Vorbereitungsspiele allesamt gewonnen, aber nun spielt er in der Bundesliga wieder nur die Rolle der grauen Maus. Mittelmaß ist das Maß aller Hamburger Dinge. Aber im Norden sind die Fans schon mit den kleinsten Dingen zufrieden. Da tunnelte Bernd Hollerbach Gegenspieler Hargreaves, und es gab donnernden Applaus von der Tribüne. Oder Erik Meijer holt einen Eckball heraus: ohrenbetäubender Lärm (…) Der FC Bayern konnte an der Elbe im Schongang aufspielen, oft erinnerte das sichere Ballgeschiebe an den guten alten Schalker Kreisel. Die HSV-Spieler hechelten immer nur hinterher. Bei den Bayern griff ein Rad ins nächste, obwohl Michael Ballack kaum einmal groß in Erscheinung trat. Die Ruhe am Ball, die Reife, die Cleverness und die Leichtigkeit der Münchner beeindruckte.“
Frank Heike (FAZ 26.8.). „Es war wieder einmal beeindruckend, wie beiläufig die Bayern in Hamburg dreifach gepunktet hatten und nun mit sieben Punkten aus drei Partien auf einem guten Weg zur Meisterschaft sind, wie (Manager) Hoeneß glaubt. Ihre Souveränität beziehen die Münchner neuerdings nicht nur aus der totalen Humorlosigkeit auf dem Feld, mit der Kovac, Linke und Jeremies als zentral-defensiver Block die Hamburger Angriffsversuche einfach ignorierten, sondern auch aus der neuen Sympathiewelle, die ihnen in fremden Stadien entgegenrollt: Da fliegen noch ganze sechs Bananen, wenn Oliver Kahn zu Beginn der zweiten Halbzeit an seinen Arbeitsplatz vor dem Hamburger Fanblock läuft – dafür begrüßen ihn die Anhänger des HSV mit Applaus. Kahn dreht sich um, klatscht Beifall. Was ist denn hier los? Vergessen der letzte Spieltag der Saison 2000/2001, als Kahn hier mit der Eckfahnenstange tanzte und die Meisterschaft feierte. Am Samstag waren selbst hartgesottene HSV-Fans auf Schmusekurs mit dem Helden der Weltmeisterschaft. Andere frühere Reizfiguren der gewiss nicht zimperlichen HSV-Anhänger spielen jetzt in Wolfsburg oder Udine. Und die Neuen, Ballack und Zé Roberto, sind von ihrem schwiegersohnhaften Auftreten her sowieso nicht geeignet als Zielscheibe für Pfiffe und Schmähungen. Aus der Abneigung der Fans gegen die Großkopferten aus dem Süden ist im Norden endgültig Respekt geworden.“
Borussia Mönchengladbach – 1. FC Kaiserslautern 3:0
Ulrich Hartmann (SZ 26.8.). „Die Frage nach der Weiterbeschäftigung von Andreas Brehme war freilich eine elementare am Wochenende. Die Mannschaft war in der Begegnung in Mönchengladbach so lustlos aufgetreten, als würde sie in Kürze vom Spielbetrieb abgemeldet. In einer Art nihilistischem Anfall taumelten die Spieler durch die eigene Platzhälfte, während Andreas Brehme so verkrampft auf der Bank saß, als stünde er kurz vor einer Zahnoperation. Die leidende Mimik hatte Berechtigung.“
Bertram Job (FR 26.8.). „Es kam einem Debakel gleich, wie sich die Kaiserslauterer Elf an diesem Samstag vor 27.000 Zuschauer präsentierte. Verhalten bis unlustig in den Zweikämpfen, einfallslos im Aufbau, dabei oft auch ohne Zuordnung und Raumaufteilung – so bettelten die „Roten Teufel“ von Beginn an um die Niederlage. Und bauten damit einen Gastgeber auf, dem bis dato noch kein Tor in der jungen Saison geglückt war. Wie Zuschauer in der ersten Reihe beobachteten die vermeintlichen Akteure des FCK das muntere Kombinationsspiel ihrer Gegner, das im Verlauf der Partie immer flüssiger wurde.”
Borussia Dortmund – VfB Stuttgart 3:1
Freddie Röckenhaus (SZ 26.8.). „Während Stuttgart im Vergleich zum jugendlich-frischen Auftritt der vergangenen Saison eher in der Entwicklung stehen geblieben wirkte, walzte Dortmunds pure Spielerqualität jeden Widerstand nieder. Ausfälle wie die von Amoroso, Wörns oder Ricken steckt der Dortmunder Kader weitgehend unbemerkt weg. Stattdessen merkt man vor allem den jungen WM-Fahrern Metzelder, Frings und Kehl einen spürbaren Gewinn an Selbstvertrauen und Schaffenskraft an. Das Dortmunder Mittelfeld, bisher wegen der Konditionsrückstände aus der WM-bedingt verspäteten Vorbereitung noch nicht einmal in bester Form, besticht vor allem durch Zweikampfstärke und Dynamik (…) Vor allem die offenbare Weiterentwicklung der vielen sehr jungen BVB- Spieler lässt erwarten, dass Dortmund in dieser Saison nicht nur intelligenten Zweckfußball wird spielen können, wie meist in der letzten Saison. Ziemlich erwartbar, dass Dortmund dank seiner Individualisten noch viele solcher erwartbaren Spiele machen wird. Geld regiert eben doch die Bundesliga.“
Richard Leipold (FAZ 26.8.). „Während der Individualist Balakow den Schwaben fehlte, setzte sich der BVB dank der Klasse einzelner Spieler durch. Die Torschützen Koller, Dédé und Ewerthon sowie der eifrige Regisseur Rosicky erwiesen sich als Erfolgsgaranten einer Mannschaft, deren Zusammenspiel den eigenen Ansprüchen noch längst nicht genügt (…) Sebastian Kehl indes arbeitet für Sammers Geschmack derzeit zu viel. Der Mittelfeldspieler läuft mehr, als gut für ihn und die Mannschaft ist. Die Wege des Kehl sind für seinen Trainer zuweilen unergründlich. Der Dauerläufer müsse lernen, seine Kraft besser einzuteilen. Solange ihm das nicht gelingt, bekommt er nur ein Fleißkärtchen Marke Sammer. „Sebastian Kehl will manchmal fleißiger sein als der Ball.””
Arminia Bielefeld – VfL Wolfsburg 1:0
Jörg Marwedel (SZ 26.8.). „Effenbergs Heimkehr in die Bundesliga, wo der einstige Bayern-Star fortan die hochfliegenden Träume der (noch) provinziellen Wolfsburger realisieren helfen soll, reduzierte sich fürs Erste auf ein Medienspektakel, das vor allem dafür sorgte, dass der Mannschaftsbus mit Verspätung abfuhr. Bis es so weit war, hatten sich freilich fast alle Wolfsburger inklusive Effenberg nach Kräften darum bemüht, dessen mäßiges Debüt im grün-weißen Trikot in ein möglichst mildes Licht zu tauchen und Spott- Attacken wie die des Bayern-Präsidenten Franz Beckenbauer im Premiere-Studio („Der Stefan bläst ja wie ein Blasengel“) oder des Bielefelder Publikums („Ohne Effe hättet ihr ‘ne Chance“) zu kontern.“
Interview mit Stefan Effenberg SpOn
Schalke 04 – Hertha Berlin 0:0
Christoph Biermann (SZ 26.8.). „In ihrer Spielanlage relativ ähnlich, neutralisierten sich die beiden fleißig arbeitenden Teams weitgehend und ließen nur wenige Torchancen zu (…) Zwischendurch konnten sich auch Stevens und Assauer noch etwas ankeifen. Herthas Trainer forderte nach einer Schwalbe von Andreas Möller im Berliner Strafraum die Gelbe Karte. Assauer sprang aus seinem Stuhl, schimpfte auf Stevens ein und wedelte dazu entrüstet mit der Zigarre. Auf dem Feld blieb das sehr ausgeglichene Spiel zwar intensiv und interessant, wurde aber nie richtig gut oder besonders unterhaltsam. Dazu setzten beide Teams zu sehr auf Engagement und Kampf, im Getümmel auf dem Rasen entwickelte sich durchgehender Spielfluss zu selten.“
Energie Cottbus – Hansa Rostock 0:4
Claus Vetter (Tsp 26.8.). „Ost gegen Ost oder doch Ost gegen Nord? Bei Hansa Rostock und Energie Cottbus wird die gemeinsame DDR-Vergangenheit inzwischen unterschiedlich bewertet. Dies wurde am Sonnabend im Cottbuser Stadion der Freundschaft deutlich. Rostock siegte 4:0, und angesichts beeindruckender Überlegenheit konnten sich die 3.000 mitgereisten Hansa-Fans schon früh verbalen Diffamierungen in Richtung Cottbus widmen. Gesteigerten Wert auf die Erhaltung eines vermeintlichen Ost-Derbys schien niemand zu legen: Rostocks Anhänger sangen schon mal Energies Abstieg herbei und freuten sich auf eine Zukunft, in der sie nicht mehr nach Cottbus reisen müssen. Die Rostocker Lokalkonkurrenz spielt längst im Norden und nicht im Osten.“
Javier Cáceres (SZ 26.8.). „Jedenfalls war nicht erkennbar, dass Geyer in der Sommerpause Revolution gepredigt hat: Energie spielt den selben Stil wie ehedem. Die ideologischen Grundfeste in der Lausitz sind dennoch erschüttert. Denn gescheitert ist Cottbus an einer Mannschaft, die schlicht einen Sport betreibt, der „sehr viel mit Fußball zu tun hat“, wie Vehbeteuerte. Auch das Cottbuser Publikum wusste es zu schätzen. Es gab Applaus für Hansa, beim Stand von 0:4 Wünsche nach Zugabe und vernehmliche „Geyer raus!“-Rufe. Das war Hansa zu gönnen. Nicht nur, weil die Treffer allesamt fein herausgespielt waren, sondern weil die Elf auch sonst ein derart kultiviertes Kurzpass-Spiel betrieb, als wolle sie sich für die argentinische Liga bewerben (…) Dass Hansas Spiel handwerklich solide, unprätentiös und selbstbewusst wirkte, war das eigentlich Beeindruckende. Nicht viele Mannschaften versuchen, in Cottbus den eigenen Stil durchzusetzen, noch weniger schaffen es.“
Zum Einfluss von Trainer Veh heißt es bei Christian Ewers (FAZ 26.8.). „In der letzten Saison, als Veh den Kollegen Friedhelm Funkel abgelöst hatte, quälten sich die Rostocker wieder einmal zum Klassenverbleib. Die Mannschaft spielte auch unter dem neuen Trainer schwach, verlor auswärts Spiel auf Spiel, und es machte einfach keinen Spaß, dabei zuzusehen, wie sich Hansa mit minimalem Aufwand auf den 14. Platz rettete. Dabei hatte Veh den Fans bei Amtsantritt versprochen, „offensiven und erfrischenden Fußball“ spielen zu lassen. Erst jetzt, mit gehöriger Verspätung, löst der aus Reutlingen gekommene Trainer dieses Versprechen ein. Hansa spielt in der laufenden Saison begeisternd schön. Neun Punkte, 8:0 Tore und Platz zwei in der Tabelle – Rostock hat die Lust am Spiel entdeckt. Dieser plötzliche Wandel ist kein Zufall. Veh baute seine Mannschaft in der Sommerpause radikal um, zwölf Spieler mussten gehen, elf neue kamen.“
Wolfgang Hettfleisch (FR 26.8.) übe dessen Wirken. „Vehs Teams haben noch immer Fußball gespielt. In Reutlingen hat seine No-name-Truppe nach dem Aufstieg die Zweite Liga teils mit Zauberfußball aufgemischt. Monatelang roch es damals verführerisch nach Bundesliga-Fußball in der schwäbischen Provinz. Nun hat Veh offenbar in Rostock aus dem Puzzle der verfügbaren Ballkünste eine seetaugliche Kogge unter voller Takelage zusammengefügt. Wobei, wohlgemerkt, Top-Einkauf Rade Prica und der namhafteste Inlands-Neuzugang Thomas Meggle noch nicht auf der Höhe des Geschehens sind. Man darf sich ein bisschen fürchten vor Armin Veh und Hansa Rostock.“
Direkter Freistoß
Europäischer Fußball (Ergebnisse, Torschützen, Tabellen) NZZ
Gewinnspiel für Experten