Ballschrank
Buntes
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| Donnerstag, 25. März 2004Themen: Union Solingen will sich auf bemerkenswerte Weise finanziell retten – Chaos in Nürnberg – Rudi Kargus , der Maler – DFL-Aufsichtsrat Holzhäuser schlägt in einem SZ-Interview Innovationen fuer Bundesliga-Modus und Fußballregelwerk vor
Marketing-Gag
Jörg Hahn (FAZ 7.5.) meldet einen bemerkenswerten Finanzplan aus dem Amateurfußball. „Im Fußball mag Union Solingen nicht mehr besonders hoch im Kurs stehen, ja, der Verein mit dem altdeutschen Namen dürfte bei vielen sogar schon in Vergessenheit geraten sein. Im Internet dagegen ist der frühere Zweitligaklub dagegen plötzlich ein interessantes Gut im elektronischen Auktionshaus Ebay geworden. Dort, wo normalerweise unter der Rubrik Sport allenfalls Memorabilien wie Nationaltrikots, Schlauchboote Wasserski, Westernsättel oder auch Angelruten fürs Fliegenfischen angeboten werden, findet sich plötzlich dieses: Artikelnummer 3607291744 – Marketingrechte des 1. FC Union Solingen. Startpreis: ein Euro. Not macht erfinderisch. Deshalb werden die Rechte und erhebliche Forderungen in Höhe von 210 000 Euro gegen Union vom derzeitigen Inhaber veräußert. Ein neuer Investor soll den Fortbestand des jetzigen Oberligaklubs, der in der Niederrhein-Staffel auf eine treue und recht beachtliche Fan-Klientel bauen kann, sichern. Ob aus einem Marketing-Gag, der einen ins sportliche wie wirtschaftliche Abseits geratenen Klub wieder ins Gespräch bringt, auch ein gutes Geschäft wird, muß sich noch zeigen. Man kann am Computer zuschauen, wie von Minute zu Minute die Zahl der Interessenten und die gebotene Summe in die Höhe schnellt.“
Wie der Redakteur einer Schülerzeitung
Philipp Selldorf (SZ 7.5.) bemerkt dazu. „Wie rettet man einen maroden Traditionsverein? Dazu findet sich in dieser von Pleiten geplagten und bereits dezimierten Liga viel kreatives Potenzial. Stets ein Vorbild ist Fortuna Düsseldorf, Tabellennachbar der Kölner Fortuna. Der Klub finanzierte vor Jahren den Kauf von Verteidiger Anthony Baffoe mit Konzerteinnahmen der Toten Hosen. Von jeder verkauften Eintrittskarte zweigten die Punkrocker eine Mark für den Transfer ab – und reklamierten später die Ablöserechte an Baffoes linkem Bein. Bei Fortuna Köln (zweites Insolvenzverfahren in Gang) wählte man zuletzt die üblichen Methoden: Während der Marketingleiter Sponsoren sucht, indem er wie der Redakteur einer Schülerzeitung mit dem Fahrrad von Laden zu Laden fährt, leistete die Mannschaft ihren Beitrag, indem sie sich komplett bis auf den letzten Schienbeinschoner auszog, um per Aktfoto Geldgeber zu animieren.“
Mit Bierkästen und Brotzeiten im Kofferraum
Zur Stimmung in Nürnberg heißt es bei Kathrin Zeilmann (taz 7.5.). „Eigentlich ist das Weißbier schuld, dass jetzt beim 1. FC Nürnberg, dem stark abstiegsbedrohten Bundesligisten aus Franken, Chaos herrscht. Besser gesagt: Es herrscht wieder einmal wildes Durcheinander beim Club. Ruhig und beschaulich konnte es eben am Valznerweiher, der Trainingsstätte des Vereins nahe einem idyllischen Naherholungsgebiet in Nürnberg, nicht werden. War es ja auch nie. Der Präsident Michael A. Roth hat in seiner seit 1994 währenden Amtszeit mittlerweile zwölf Trainer entlassen, in der Bundesliga ist das Rekord. Jetzt war der Sportdirektor dran. Am Montagabend verkündete Teppichhändler Roth die Beurlaubung Edgar Geenens. Die Posse dieser Saison wird derzeit in den Blättern eifrig diskutiert: Hat etwa Klaus Augenthaler, bis vorige Woche noch Trainer des FCN, durch übermäßigen Weißbier-Genuss die Misere verschuldet? Auge habe dem Gerstensaft zu sehr zugesprochen, deshalb manch eine Mannschaftssitzung versäumt und stattdessen nächtelang gezecht, heißt es (…) Weiter mit der Geschichte, wie das mit dem scheinbar von den Fans treu geliebten Augenthaler wirklich war. Die Fanbekundungen damals im März, als eigentlich schon klar war, dass der Trainer gehen musste, seien von einem einzigen Block initiiert worden, keinesfalls habe die ganze Anhängerschaft hinter dem Coach gestanden, berichtet Roth nun. Die Fans, die für Augenthaler geschrieen haben, haben dem Verein einen Bärendienst erwiesen. Schließlich hätte man mit einem neuen Trainer das Ruder noch herumreißen können. Er habe sich aber dem Fan-Votum gebeugt und verkündet: Wir gehen mit Klaus Augenthaler auch in die zweite Liga, wenn es sein muss. Hier kommt wieder das Weißbier zurück ins Possenspiel. Denn Augenthaler-Freunde, so verlautet es nun, seien mit Bierkästen und Brotzeiten im Kofferraum zu den Fanclubs im Frankenland gefahren und hätten sie mit diesen Genussmitteln für die lautstarken Sympathiebekundungen geködert.“
Also, die Malerei hört für mich bei van Gogh auf
Frank Heike (FAZ 7.5.) war auf einer Vernissage. „Also, die Malerei, sagt der Fotograf des Blankeneser Wochenblatts, hört für mich bei van Gogh auf. Er sei ja nun kein Kenner, aber das, was er hier heute abend so sehe, das könne er auch. Die paar Striche. Er fotografiert trotzdem, denn der Künstler ist bekannt in Hamburg. Rudi Kargus hat die Kritik an seinen Bildern nicht gehört. Aber ein bißchen muß er sich an diesem Abend doch fühlen wie früher, bei den großen Spielen im Volksparkstadion: Alle schauen auf das Werk seiner Hände. Und so mancher meint, daß er es doch genauso gut und vielleicht sogar besser könne als der frühere Torwart des Hamburger SV, der heute lieber Rudolf Kargus genannt werden möchte und Maler ist. Bei der ersten großen Vernissage des Absolventen der Kunsthochschule Blankenese im Hamburger Gaswerk hat ein Freund aus der Gastronomie geholfen und die Räume bereitgestellt in dem futuristisch anmutenden ehemaligen Gaswerk im Stadtteil Bahrenfeld. Ein wenig PR und ein paar Beziehungen aus den alten Zeiten können nicht schaden, gibt der bescheidene Kargus zu. Vom Verkauf der Bilder kann er nicht leben. Darüber redet er auch nicht so gerne: Das Finanzielle macht meine Frau, sie hält mir den Rücken frei. Vielleicht hätte die Einstellung zum Geld im Leben des professionellen Ballfängers etwas ausgeprägter sein sollen. Viel ist nicht übriggeblieben aus 18 Jahren Berufsfußball und 408 Bundesligaspielen beim HSV, beim 1. FC Nürnberg, bei Fortuna Düsseldorf, beim Karlsruher SC und beim 1. FC Köln. Wir haben nicht so viel verdient wie heute, aber ich habe mir auch viele Verletzungen geholt, sagt Kargus rückblickend und meint nicht nur die an der Hüfte, die ein künstliches Gelenk erforderlich machten, sondern vor allem in sogenannte Bauherrenmodelle gestecktes Geld, das er nie wiedersah.“