Ballschrank
Champions League
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| Donnerstag, 25. März 2004
„die Bayern besitzen keine große Mannschaft mehr“ (FAZ); Madrid gegen München: „Schein-Riesen gegen Schein-Kämpfer“ (FAZ); „die Bayern spielen auf der großen Bühne keine Hauptrolle mehr, bewahren aber Haltung“ (FR) – viel Kritik an Michael Ballack – „Frankreich läuft Deutschland den Rang ab“ (NZZ) u.v.m.
Klaus Hoeltzenbein (SZ 12.3.) sorgt sich um Deutschlands Fußball: „Jetzt wäre es eigentlich dringend geboten, die Künste einer PR-Agentur in Anspruch zu nehmen. Teil eins des Auftrags: Zimmern Sie aus folgenden Fakten eine Erfolgsgeschichte des deutschen Fußballs. a) Sat 1 mit Rekordquote bei Bayern-Real, im Schnitt 12,87 Millionen Zuschauer. b) Deutschland ist – mancher mag es verdrängt haben – noch immer Zweiter der letzten WM. c) Die Bundesliga versucht, in neuen, schönen Stadien eigene Zuschauerrekorde zu brechen. d) Triumph der Jugend: Ein 19-Jähriger (Bastian Schweinsteiger) trotzt dem Lampenfieber und zeigt den Bayern in Madrid, was Sturm und Drang bedeuten. Teil zwei des Auftrags an die PR-Verpackungskünstler: Rücken Sie obige Tatsachen so in den Vordergrund, dass die folgenden überdeckt und hoffentlich vergessen werden. a) Internationale Bühne ohne deutsche Darsteller: die Champions League spielt fernab der Bundesliga weiter, im Uefa-Pokal sind Bremen, Schalke, Dortmund, Hamburg, Kaiserslautern, Wolfsburg und Berlin schon seit der Runde der letzten 32 nicht mehr dabei. b) Von 1958 bis 2002 stand stets mindestens ein deutscher Klub im Viertelfinale eines Europacups, nun zum zweiten Mal hintereinander keiner. c) Ein Ballack ist halt kein Zidane. d) Ein Kahn ist am Ball fehlbar, so wie e) Wildmosers in der Buchführung. Und dann sagt f) die personifizierte Lichtgestalt, dass es Zeit sei für die Notbeleuchtung: ¸Langsam gehen die Lichter aus, schwant Franz Beckenbauer. Der Ärmste hat 2006 eine WM zu verantworten, und Tag für Tag verliert er gute Argumente.“
Der FC Bayern fühlt sich nicht mehr auf Augenhöhe mit Real Madrid
Michael Horeni (FAZ 12.3.) fügt hinzu: “Madrid feierte wenige Stunden vor den Anschlägen im Estadio Bernabéu seine Fußball-Helden, die das Viertelfinale erreicht hatten gegen eine deutsche Mannschaft, die in Madrid als Angstgegner, als bestia negra gilt. Das sind Worte und Begriffe aus der Sprache des Sports, der damit seine eigene Welt aus Gut und Böse konstruiert, bis dieses Vokabular wie nun in Madrid mit der blutigen Wirklichkeit zusammentrifft und in sich zusammenfällt. An einem solch grauenvollen Tag haben Worte eine andere, nicht beabsichtigte Wirkung. Angstgegner gibt es dann nicht mehr auf dem Fußballplatz und auch keine Helden, keinen Untergang und keine Trauer. Nach dem Ausscheiden des FC Bayern München in Madrid ist der deutsche Fußball nicht mehr in den Europapokal-Wettbewerben vertreten. Von 1958 bis 2002 war immer mindestens ein deutscher Klub dabei, wenn es zu den Viertelfinals kam. Nun ist schon das zweite Jahr nacheinander kein Bundesligaverein mehr am Ball, wenn die acht Besten in der Champions League und im UEFA-Cup um die Titel spielen. Das ist kein Zufall mehr in einer Spielklasse, die guten Fußball kaum mehr zu bieten versteht und sich gegen Kritik wider besseres Wissen als resistent erweist. (…) Die Bayern besitzen keine große Mannschaft mehr. In dieser Saison haben sie ihr Publikum nur beim Heimspiel gegen Real überzeugt. In Madrid versäumten sie es gegen eine Mannschaft, die viel schwächer als ihr Weltruf war, ihre erstklassige Chance zu nutzen. Nach dem gescheiterten Versuch war jedoch von Aufbruchstimmung nichts zu spüren. Der erste Fußballklub des Landes gab sich kleinmütig. Der FC Bayern fühlt sich offensichtlich nicht mehr auf Augenhöhe mit Real Madrid. Er schaut auf zur Konkurrenz. Eine Perspektive, an die sich der deutsche Fußball zu gewöhnen scheint.“
Geknorz
Felix Reidhaar (NZZ 12.3.) sieht Frankreich Deutschland überholen: „„Wir können rundum zufrieden sein“, schrieb Gerhard Mayer-Vorfelder zum letzten Jahreswechsel. Der Präsident des DFBs bilanzierte im offiziellen Verbandsorgan die Saison mit dem Weltmeistertitel der deutschen Frauen und Teilerfolgen von Nachwuchsauswahlen und nannte 2003 „ein wirklich gutes Jahr“, abgerundet noch durch die EM-Qualifikation 2004. Das tatsächliche Geknorz des Nationalteams bis zu diesem Ziel wurde in seinem Editorial ebenso geflissentlich ausgeblendet wie der – europäisch gesehen – an den Rand gedrängte Klubfussball. (…) Die Bundesliga-Elite setzt weiterhin auf mehr vermeintlich denn wirklich verstärkende Ausländer und vernachlässigt die kontinuierliche Integration eigener Landsleute. Wirft man einen Blick auf den FC Bayern, der sich gegen das Starensemble der Gegenwart durchaus achtbar hielt, so findet man unter 14 eingesetzten Profis in Madrid gerade 3 mit deutschem Pass. In der „Königsklasse“, dem Mass aller Dinge, steht hingegen nur mehr ein einziger aus dem grössten, einst für Ia-Qualität des Fussballs bekannten Land des Kontinents: Jens Lehmann, zweiter deutscher Nationalkeeper, heute zwischen den Pfosten der französisch inspirierten „Gunners“ von Arsenal London. Die Franzosen geben heute den Kurs vor – nicht nur den Deutschen. Ihre in regionale Formationszentren ausgelagerte Ausbildungsarbeit gilt als exemplarisch. Wozu sie führt, lässt sich seit Ende der neunziger Jahren gleich an mehreren Fronten ablesen: an nationalen Jugend- und Erstauswahlen (Welt- und Europameister 1998 und 2000) und an Klubteams (Lyon und Monaco unter den letzten acht der Meisterliga), die die „Emigration“ führender Spieler in andere europäische Ligen offenbar spielend mit Eigengewächs und Fremden kompensieren. Aber auch die Champions-League-Viertelfinalisten aus der Premier League wollen französischen Einfluss nicht missen. Arsenal geht mit sieben Franzosen im Kader und einigen Ambitionen in den Finish dieses Wettbewerbs, Chelsea mit deren vier. Die kosmopolitische Durchmischung mit starken Elementen à la française macht dort den (spielerischen) Reiz aus. Das kann man von arrivierten Bundesligaklubs derzeit nicht unbedingt behaupten.“
Welch ein Irrtum, welch ein Realitätsverlust
Helmut Schümann (Tsp 12.3.) kritisiert Michael Ballack und die Bayern: „Die Nacht singt ihre Lieder? Manche davon mögen von Enttäuschung erzählen und das Schicksal beklagen, aber wo war in der Nacht von Madrid der Platz für Enttäuschung, wo der Grund? Die Lieder der Nacht von Madrid waren zornig und eins, zum Beispiel, heißt „Die Ballade vom Ballack“. Sie handelt von Lorbeer, vielleicht verfrühtem Lorbeer, und von Hoffnungen, vielleicht falschen Hoffnungen. Und den Refrain grölten ein paar Fans in die Katakomben des Estadio Santiago Bernabeu, als just dieser Michael Ballack, Mittelfeldstar des FC Bayern München, nach bisheriger Ansicht mancher Experten auch Weltstar, der fast einzige Weltstar des deutschen Fußballs sogar, als also Michael Ballack sichtlich gut gelaunt und sichtlich gut onduliert die Kabine verließ: „Ballack, du Flasche!“ Ballack lächelte dazu, gab der versammelten Presse ein paar dünne Statements zur Lage der Nation („Wir können stolz sein, wir haben uns teuer verkauft“) und zur eigenen dazu. Befragt, wie er denn die eigene Leistung beurteile, befand der Star, dass er nicht der Mann sei, die eigene Leistung zu beurteilen, „das mache ich nie“ – und dann lächelte er wieder, was möglicherweise charmant erscheinen sollte, aber nur arrogant wirkte. Stolz auf ein 0:1 bei Real Madrid? Teuer verkauft gegen eine Mannschaft, die wegen Verletzung auf Ronaldo hatte verzichten müssen, wegen Sperre auf Roberto Carlos und die des Könnens ihrer weiteren Stars nicht bedurfte? David Beckham, der Brite, konnte und brauchte nicht zu zeigen, warum er allerorten Hysterie entfacht, sondern rieb sich auf im defensiven Mittelfeld, Luis Figo, der Portugiese, brauchte und konnte nicht mehr zeigen, dass er mal Weltstar war, und Zinedine Zidane, der Franzose und für manche der weltbeste Fußballer aller Zeiten, wurde fast zugedeckt vom wackeren Bayern Demichelis, demonstrierte aber, dass der Rest vom Fast immer noch zur Augenweide reicht und erst recht für diesen FC Bayern München. Teuer verkauft? Bei welchem Spiel war Ballack? Dann, nach seinen Statements, trat Ballack ab, schritt hinaus aus den Katakomben, hinüber zum Mannschaftsbus, der ihn zum Buffet bringen sollte. Wie der Herr so’s Gescherr. Oder umgekehrt. Michael Ballack hatte schlecht gespielt, sehr schlecht, aber war er allein schuld, dass der FC Bayern München so furchtbar klaglos ausschied im Achtelfinale der Champions League? Wahrlich nicht. Man konnte am den Eindruck haben, dass den Münchnern nahezu in Gänze ein guter Auftritt im Hinspiel und ein Sieg in der Bundesliga gegen desolate Leverkusener gereicht hatte, um sich in aller Selbstherrlichkeit mal wieder in der Spitzenklasse des Weltfußballs zu wähnen. Welch ein Irrtum, welch ein Realitätsverlust.“
Ralf Itzel (FR 12.3.) vergleicht Bastian Schweinsteiger mit Ballack: „Einer, der im zarten Alter von 19 Jahren vor 80 000 feindlichen Spaniern im Estadio Santiago Bernabeu gegen Real Madrid so auftritt, der ist zu Hohem berufen. Und ganz abgesehen davon, dass man in der von Attentaten erschütterten spanischen Hauptstadt weit mehr hätte verlieren können als ein Fußballspiel, ist das vielleicht das Positivste, was die Bayern von der Reise mit nach Hause bringen: Die Erkenntnis, einen Anführer für die Zukunft entdeckt zu haben, einen Mittelfeldspieler, der die Elf auch in schwierigen Momenten wird lenken können. So einer für die Gegenwart fehlt ihnen leider. Michael Ballack fiel einmal mehr durch. Im Vergleich zu Schweinsteiger wirkte der Nationalspieler geradezu depressiv. Beckenbauer merkte süffisant an: Er hat mitgespielt. Angesprochen auf Ballacks Leistung, hielt sich Ottmar Hitzfeld bedeckt: Er wolle keine Einzelkritik üben, sagte er. Der Trainer war eine Viertelstunde nach Schlusspfiff in den Saal für die Pressekonferenz gekommen, um festzustellen, dass dort gerade Kollege Queiroz von Real Madrid Fragen beantwortete. Die Hände auf dem Rücken verschränkt, wartete Hitzfeld geduldig am Rande des Podests auf seinen Einsatz. Auch das ein Bild mit Symbolwert: Die Bayern spielen auf der großen Bühne keine Hauptrolle mehr, bewahren dabei aber Haltung.“
Jan Christian Müller, der kurzhaarige Fußball-Chronist, (FR 12.3.) kritisiert Kahn und Ballack: “Die neben Dietmar Hamann und Jens Lehmann einzigen deutschen Fußball-Profis mit internationaler Reputation, die einzigen überdies, die als werbe-tauglich über die Grenzen der Republik hinaus gelten, entscheidend zum Ausscheiden beigetragen: Kahn, der unnahbare Blonde, weil er im Hinspiel einen Kullerball unter dem Körper durchrollen ließ, Ballack, der dunkelgelockte Beau, weil er sich im Rückspiel nur unzureichend von der Kreidelinie des Mittelkreises abhob. Beide werden sicher nicht begeistert über derartige öffentliche Urteile sein, doch es gehört zu ihrem Job, Kritik – auch unsensiblere, verletzendere Kritik als an weniger begabten Mitspielern – ertragen zu müssen. Beide sind während der WM 2002 mit Lob überschüttet worden und haben nichts dagegen gehabt. Man konnte annehmen, dass Kahn (nach seinen famosen Leistungen im Champions-League-Finale 2001 im Elfmeterschießen gegen den FC Valencia) und Ballack (nach einer grandiosen Champions-League-Saison mit Bayer Leverkusen und dem unglücklich verlorenen Finale 2002 gegen Real Madrid) es auf Sicht mit den Besten ihrer Zunft aufnehmen können. Diesen Beweis sind sie in den vergangenen Wochen schuldig geblieben: Die Bayern, Kahn und Ballack haben ihre Zielvorgabe nicht erreicht.“
of: Weiß die FR nicht, wie sie ihre Zeitung voll kriegen soll? „Kahn, der unnahbare Blonde, Ballack, der dunkelgelockte Beau“ !?! Solch überflüssige Information nennt man wohl „an den Haaren herbeigezogen“.
Selbstgefälligkeit
Andreas Lesch (BLZ 12.3.) wirft ein: „Was ist schief gelaufen beim FC Bayern in den vergangenen drei Jahren? Warum ist der Verein (Selbsteinschätzung: Forever number one) abgekommen von dem Pfad, den er doch deutlich vorgezeichnet sah? Zwei Aussagen von Karl-Heinz Rummenigge könnten Klärung bringen, erstens: Letztes Jahr sind wir durch den Hinterausgang geschlichen. Jetzt können wir mit erhobenem Kopf durch das Hauptportal gehen. Zweitens: Es gibt keinen Grund für eine Grundsatzdebatte über das Niveau des deutschen Fußballs. Muss man sich Sorgen machen? Hat der Vorstandsvorsitzende der FC Bayern AG ein Wahrnehmungsproblem? Die Selbstgefälligkeit der Münchner Unternehmensführung fällt auf in diesen Tagen. Auch im Rennen um die Meisterschaft versuchen Rummenigge und Manager Uli Hoeneß seit Wochen erfolglos, ihren FC Bayern auf Platz eins zu reden. Es ist bezeichnend, dass Franz Beckenbauer, im Hauptberuf Plappermaul, die Fehlleistungen der Mannschaft noch am treffendsten beschrieb: Im gemächlichen Dauerlauf sei ein Team wie Real nun einmal nicht zu beeindrucken. Wenn aber die anderen Bosse alles schön reden, wenn sie schon blutleere Auftritte zufrieden stimmen, darf nicht verwundern, wie die Mannschaft sich verkauft: Sie hört die Signale von denen da oben. Doch die Münchner sollten sich nicht zu sehr grämen. Eigentlich ist alles bestens gelaufen: Alle deutschen Mannschaften sind ausgeschieden – wer hat wieder am längsten durchgehalten? Keine Frage: der FC Bayern, die ewige Nummer eins.“
Claudio Klages (NZZ 12.3.) befasst sich mit der Zukunft Bayern Münchens: „Wer den Schaden hat, braucht für den Spott nicht zu Sorgen. Und Spott wird im eigenen Land in diesen Tagen auch der FC Ruhmreich wieder ernten, weil zwischen Anspruch und Wirklichkeit eine Lücke klafft. Die Bayern haben nach dem einigermassen geglückten Auftritt im Hinspiel eine – ihnen anscheinend angeborene – Arroganz versprüht, die nun nach dem Fall eben Schadenfreude provoziert. Obwohl das Ausscheiden gegen Real Madrid keineswegs blamabel und sogar absehbar war, haben die im Vorfeld geäusserten Kommentare der Bayern nun einen ganz anderen Klang: „Vor Real ist uns nicht bang, solange die Spanier immer nur Stars für die Offensive verpflichten.“ Zuletzt hatten die Münchner eben auch für die Vorwärtsbewegung (Makaay) einige Millionen lockergemacht, die belächelte madrilenische Defensive damit aber nicht bezwingen können. Wie Manchester United und Juventus Turin sind auch die Bayern nicht mehr in der Crème des Fussballs, bis gegen 30 Millionen Franken an Einnahmen werden heuer fehlen – auch für den reichsten Bundesligaklub nicht einfach nur eine Zugabe. Der deutsche Meister wie der gesamte Fussball des Landes sind offensichtlich in einer Schaffenskrise. Schon in den Gruppenspielen mit Ach und Krach eine Runde weiter, konnten die Bayern auch in den zwei Spitzentreffen gegen das keineswegs majestätische Real Madrid spielerische Defizite nicht vertuschen. Die porös gewordene Abwehr inklusive Torhüter Kahn erlaubte den Madrilenen zwei Gegentreffer, die vermeidbar waren, im konstruktiven Bereich ist das Rendement von Ballack nicht einmal eine schlechte Kopie von Zidane oder Beckham, Klar, dass sich die Diskussionen auch auf den Trainer ausrichten, zumal Hitzfeld offensichtlich intern nicht mehr unumstritten ist. Er selber verspürt aber weiterhin Lust, das Ensemble aufzurichten. Das Bestreben, eine Art Kopie Real Madrids zu werden, ist im direkten Vergleich gescheitert. Die „Süddeutsche“ hatte vor einigen Wochen vielleicht die richtigen Fragen bereit: „Funktioniert das Dreigestirn Hoeness, Rummenigge, Beckenbauer wirklich noch? Liegt die Perspektive nicht zu sehr auf Aktienrecht und Stadionbau und zu wenig auf Talentpflege und Spiel? Funktioniert das Sichtungssystem eines Vereins, der den Jugendtrend der Bundesliga ignoriert hat?““
Birgit Schönau (SZ 12.3.) sorgt sich um Juve: „Dass Fußball auch mit dem Kopf gespielt wird, behaupten immer nur die Verlierer. Diesmal war es Marcello Lippi, mit Juventus Turin Italiens erfolgreichster Vereinstrainer, Champions-League-Finalist der vergangenen Saison, jetzt im Achtelfinale an Deportivo La Coruna gescheitert. ¸¸Wir hatten ein psychologisches Problem, stellte anschließend ein sorgenzerfurchter Lippi fest – neben den Verletzungsausfällen natürlich (erst Trezeguet, nach sieben Minuten auch Del Piero). Das psychologische Problem der alten Dame Juve dauert seit den Elfmetern im Old-Trafford-Stadion zu Manchester, mit denen der italienische Rekordmeister im Mai von seinem Erzrivalen, dem AC Mailand, im Endspiel besiegt wurde. Davon haben sie sich nicht erholt. In der Liga hat die vormalige Eins-zu-Null-Mannschaft Juventus eine radikale Abkehr von ihrem bewährten calcio cinico vollzogen und bislang 25 Tore kassiert. Wobei der Juve eindeutig nicht nur Nerven fehlen, sondern eine Abwehr, die weiß, wohin der Ball läuft, und die Impulse ihres Mittelfeldterriers Edgar Davids. Der Holländer war in Ungnade gefallen und rackert jetzt erfolgreich für den FC Barcelona. Ohne ihn erlebt auch der Tscheche Pavel Nedved eine ausgesprochen blasse Saison. Lippi hatte seinerzeit geschworen, wenn er nicht die nächste Champions League gewinne, wolle er nur noch mit seinem Enkel Fußball spielen. Weil er dabei den Kopf ausschalten kann. Schon möglich, dass er es wahr macht, denn in Turin rufen sie schon nach dem galligen Gallier Didier Deschamps (jetzt AS Monaco) – einem Mann, der besser austeilen als einstecken kann, wie Lippi in einem famosen Schlagabtausch mit seinem ehemaligen Spieler am eigenen Leib feststellen musste. Ach, Gerüchte.“