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Der DFB

Oliver Fritsch | Donnerstag, 25. März 2004 Kommentare deaktiviert für Der DFB

Der DFB hat einen Zuschuss in Höhe von etwa 5.000 zurückgezogen, den er einer Ausstellung („Tatort Stadion“) zugesagt hatte, die Rassismus und Diskriminierung rund um den Fußball thematisiert. Grund dafür ist die Schautafel („Tatzeugen Vorbilder“), auf der Zitate des DFB-Präsidenten und ehemaligen Kultusminister Baden-Württembergs Mayer-Vorfelder aus den letzten Jahrzehnten aufgelistet sind. „Wieder einmal haben Deutschlands höchsten Fußball-Repräsentanten seine stammtischartigen Sprüche eingeholt“ (Jörg Marwedel in SZ 09.01.). „Wenn einer der größten Sportverbände der Welt einen Chef hat, der nicht zitierfähig ist, dann ist das bedauerlich“ findet auch Matti Lieske (taz 21.01.). Die Ausstellung wird jedoch vom DFB als „primitiver Versuch“ gewertet, ihren Präsidenten „in die rechte Ecke zu stellen“. „Erneut tut sich der DFB schwer mit Kritik aus der Öffentlichkeit“ (Erik Eggers in NZZ 10.01.). Die Ausstellungsmacher (Bündnis aktiver Fußballfans: Baff) wiederum empfinden diese Maßnahme als Zensur und halten an ihrem Konzept fest, zumal da sie eine breite Zuschauerresonanz erfahren. Inzwischen haben sich noch andere Befürworter distanziert: der Hamburger Sport-Verein, der Vizepräsident der Vereinigung der Vertragsfußballer (VdV) Michael Preetz sowie der renommierte Gewaltforscher Gunter A. Pilz. Wie reagiert die Sportöffentlichkeit?

Zunächst kritisiert die Sportpresse MVs unreflektierten sprachlichen Umgang mit einem „Vokabular der Rechtsextremen“. „Darf man den DFB-Chef wegen dieser Zitate in die Nähe von Rechtsextremisten rücken“? Seine Frage beantwortet Marwedel – wie die meisten Autoren – differenziert, doch: „Derlei Äußerungen seien idealer Nährboden zur Stärkung rassistischer Gesinnung in den Fankurven“. Für Lieske sind es „Aussagen, die sehr wohl wahlweise als rassistisch, völkisch, diskriminierend, infam interpretiert werden können“. „Rassismus“, diagnostiziert Friedhard Teuffel (FAZ 09.01.), „äußert sich nicht nur im ausländerfeindlichen Sprechchor von Fans und im Flugblatt der rechtsextremen Partei, er wird auch von den Fußballfunktionären durch primitive Formulierungen gefördert.“ „Xenophober Unterton“, werde laut Christoph Ruf (taz 20.01.), „in den Kurven nicht zu Unrecht mit `Ausländer raus´ übersetzt und dementsprechend umgesetzt.“ In diesem Zusammenhang wird oft die Aussage rechtsextremer Fußballfans kolportiert, die ihre Freude über die damalige Wahl Mayer-Vorfelders kundtaten, „dass jetzt einer von uns“ an der DFB-Spitze rangiere. Der Fall zeige folglich, dass Rassismus nicht nur von den Rändern der Gesellschaft komme, „sondern auch aus ihrer Mitte“ (Teuffel) und der „politischen Elite“ (Philipp Selldorf in SZ 12./13.01.). Teuffel schlussfolgert: „Gut täte eine Förderung der Ausstellung gegen Rassismus und ein kluger Umgang mit der deutschen Sprache.“

In die Kritik der Öffentlichkeit gerät zudem die Führung des DFB. „Die Hüterin der Moral […], die von den Profis vorbildhaftes Verhalten in allen Lebenslagen fordert“ (Teuffel) reagiere wiederholt dünnhäutig auf Kritik von Außen. Schon bezüglich der Aufarbeitung eigener historischer Vergangenheit habe „der DFB gehofft, dass es sich irgendwann von selbst erledigt“ (Markus Hesselmann in Tagesspiegel 19.01.). „Dieser Unwille, sich mit Problemen zu beschäftigen, die scheinbar mit Sport nichts zu tun haben, ist weit verbreitet und zieht sich durch die Sport-Geschichte“ analysiert Christoph Albrecht-Heider (FR 19.01.). „Anstatt zu beklagen, dass der DFB-Präsident `in die rassistische Ecke´ gestellt werden sollte, wäre es allemal besser, sich einen zu wählen, der in diese Ecke gar nicht passt“ (Lieske). „Ich betrachte das als eine Diffamierung. Wer mich kennt, weiß, dass ich kein Rassist bin“, hatte MV entschuldigend gesagt und behauptet, er sei außerhalb des Zusammenhangs und teilweise nicht authentisch zitiert worden. Dieses „laue Dementi“ hält Hesselmann für „eine dumme Strategie“. „Besser wäre es allerdings gewesen, wenn sich der DFB-Präsident […] von rechtem Gedankengut distanziert hätte“ schreibt Selldorf. „Interessant auch die Frage, aus welchem Zusammenhang wohl [solche] Sätze gerissen sein können“ (Lieske). „Hätte ein halbwegs wichtiger Politiker aus der großen Mitte sich ähnlich wie Gerhard Mayer-Vorfelder geäußert, noch der letzte Ortsvereinsunterkassierer der Opposition hätte von `restloser Aufklärung´ gedröhnt und die `Rücktritt´-Keule geschwungen“ (Albrecht-Heider). „Joschka Fischer“ schreibt Ruf, „musste sich von Dingen distanzieren, die viel weiter zurückliegen als das älteste MV-Zitat.“ „Dass er (MV, of) das gesagt hat, das ist ihm heute natürlich peinlich“ (Selldorf). Lieske bedauert daher, dass dessen Reaktion nicht folgendermaßen ausgefallen ist: „Es tut mir Leid, dass ich je so etwas gesagt habe. Ich bin mir bewusst, dass diese Sätze des Präsidenten eines großen Sportverbandes nicht würdig sind und ich werde Sorge tragen, dass Derartiges nicht mehr vorkommt. Selbstverständlich wird der DFB die Ausstellung mit den zugesagten 5.000 Euro fördern.“ Solche Äußerungen hätten Glaubwürdigkeit und Reputation Mayer-Vorfelders sowie dem Ansehen des Fußballsports sicherlich gut getan. Leider sind sie nie gefallen.

Einen Protegé hat MV jedoch gefunden. Instinktsicher schlägt sich der kicker (14.01.) – namentlich Herausgeber Karl-Heinz Heimann – auf die Seite des Funktionärs. Er verurteilt die Ausstellung („Eine Ausstellung stellt sich selbst ins Zwielicht“), gibt aber zu, diese noch nicht gesehen zu haben. Dieses Versäumnis wird er nunmehr vermutlich nicht mehr nachzuholen gedenken, denn er wittert in der Ausstellung „eine neue Plattform, um die ideologischen Schlachten der 60er und 70er Jahre neu zu beleben.“ Folgerichtig übernimmt Heimann die reichlich beschönigende Formulierung aus der DFB-Führung, MV sei bekannt für seinen „flapsigen“ Ton. Bedenklich ist insbesondere sein kurzer Argumentationsweg. Das SA-Zitat habe „ja nun für jedermann erkennbar nichts mit Rassismus und Fußball zu tun“. Die SA hat nichts mit Rassismus zu tun? So kann man es natürlich auch sehen. Doch anstatt die Ausstellungsmacher für die Auswahl der Zitate anzugreifen, hätte man sich an dieser Stelle von Deutschlands Fachmagazin Nummer Eins eine kritischere Betrachtung des DFB-Chefs gewünscht. Immerhin handelt es sich bei der Aussage nicht nur um eine Verharmlosung derjenigen faschistischen Schlägertruppe, die bis zu ihrer zwanghaften Auflösung 1934 die extremste Weltanschauung vertrat, sondern auch um eine außerordentliche Diffamierung derjenigen, die diesem Vergleich ausgesetzt sind. Heimann jedoch will durch die Platzierung des Zitats im Rahmen der Ausstellung eine „Diskriminierung [sic!]“ Mayer-Vorfelders durch die Organisatoren erkannt haben. Diesen damit freisprechen zu wollen, stellt jegliche Logik rationalen Argumentierens auf den Kopf. „Die einen wollen sich nicht mit dem DFB-Chef anlegen, die anderen sagen hinter vorgehaltener Hand: Jawoll, stimmt doch alles, was der gesagt hat, und die dritten empfinden alles Nichtsportliche als lästig“ schreibt Albrecht-Heider resümierend. Er scheint kicker-Leser zu sein.

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