Ballschrank
Der DSF-Trainer
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| Donnerstag, 25. März 2004
Roland Zorn (FAZ 16.4.) schreibt zum selben Thema. „Am Montag war plötzlich auch noch Udo Lattek ein Thema. Der DSF-Trainer, wie er in der Doppelpaß-Stammtischsendung Sonntag für Sonntag launig vorgestellt wird. Thomas Hörster, der meist traurig dreinschauende, vom Amateur- zum Profitrainer promovierte Ur-Leverkusener wollte den Weg frei machen, um ein letztes Rettungssignal für Calmunds havariebedrohten früheren Vergnügungsdampfer zu setzen. Es war aber vorerst nicht mehr als ein blinder Alarm, der in der ohnehin hochgradig aufgescheuchten Leverkusener Fußballwelt ausgelöst wurde. Lattek, der es vielleicht anstelle von Hörster hätte machen sollen, und Kohler, zunächst als Latteks erster Zuarbeiter in die Diskussion gebracht, wollten zur weiteren Panik auf der Bayer-Titanic nicht auch noch beitragen, und außerdem erklärte sich die Mannschaft mit Hörsters Arbeit einverstanden. Also bewegt der redliche Mann ohne Charisma seine Mannschaft ohne Kämpfernaturen weiter (…) Calmund als Krisenmanager? Ausgeschlossen. Der Schönwetter-Rheinländer gönnt sich einfach zuwenig Zeit, um auch einmal in Ruhe nachzudenken. Lieber redet er ständig drauflos, um die mal verzweifelt, mal grotesk anmutende Situation seines Klubs möglichst originell und volkstümlich zugleich zu beschreiben. So präsentiert der Zirkusdirektor Calli seine Leverkusener mehr und mehr wie einen ganzjährig geöffneten Karnevalsverein, in dem nur einer, dafür aber andauernd Büttenreden hält: Reiner Calmund.“
Souveräner Tastenmann der Medienklaviatur
Von Erik Eggers (FTD 16.4.) lesen wir. „Natürlich ergaben sich Anschlussfragen nach dem Warum zu dieser Gespensterdebatte um einen Trainer, der nun doch bleibt. Calmund wand sich wie ein Aal bei diesen Fragen. Den Kontakt zu Udo Lattek etwa, der von der Boulevardpresse als Trainer ins Gespräch gebracht worden war, und den der neue Sportdirektor Jürgen Kohler als sein „großes Vorbild“ bezeichnet hatte, wollte er weder bestätigen noch dementieren. Auch schloss er eine Veränderung auf Trainerebene in dieser Saison nicht grundsätzlich aus. Und die Frage, wie förderlich eine solche Diskussion in dieser Situation sei, die schmeckte ihm so gar nicht. „Es ist völlig legitim“, so Calmund, „dass der Trainer sich in Frage stellt, das spricht sogar für diesen Mann.“ Noch mal: Muss sich Calmund, der sich doch gern als souveräner Tastenmann der Medienklaviatur sieht, nicht vorwerfen lassen, diese Debatte überhaupt nach draußen dringen zu lassen? „Das ist eine ein bisschen unnötige Diskussion“, sagt Calmund, aber das Problem sei heute ja, dass alles an die Medien komme, das könne man gar nicht verhindern. Das klang verblüffend kleinlaut, viel defensiver als alles, was der selbstbewusste Manager sonst von sich gibt. Ihm ist offenbar bewusst, dass er die Spekulationen letztlich selbst losgetreten hat. Schließlich hatte Calmund Hörster nicht daran gehindert, auch der Mannschaft seinen Rücktritt anzubieten. Er müsste wissen, dass so etwas eine sofortige Trainerdiskussion zur Folge hat.“
Neun zu null für Hörster
Dirk Graalmann (SZ 16.4.) betrachtet die vermeintliche Rückendeckung der Spieler skeptisch. „Seit zwei Monaten ist Hörster als Nachfolger des geschassten Klaus Toppmöller Cheftrainer in Leverkusen. Acht Niederlagen in zwölf Spielen stehen auf seinem Konto. Allein das Auftreten des Teams in Stuttgart hinterließ schon den Eindruck eines eindeutigen Misstrauensvotums gegen den nun wieder aktuellen Übungsleiter. Calmund ist das nicht verborgen geblieben. Doch dem Manager kommt in der unwirtlichen Krisensituation nicht nur der Instinkt abhanden. Auch sein Einfluss ist offensichtlich starkem Verfall ausgesetzt. Er, der schon der Idee verfallen war, Otto Rehhagel als Sportdirektor zu installieren, scheiterte auch mit seinem Begehr nach Udo Lattek. Ausgerechnet das Votum des erweiterten Spielerrates unterstützte den Klub nun in seiner quälenden Abwartetaktik. Nach dem Vormittagstraining saßen Calmund und Kohler mit den neun Akteuren um Nowotny, Ramelow, Kirsten und Butt zusammen. Es muss zugegangen sein wie in der Schule beim Vokabeltest. Jeder Einzelne wurde von Jürgen Kohler explizit gefragt, ob er „absolut zufrieden“ sei mit dem Trainer Hörster, „voll und ganz und mit 100 Prozent hinter ihm“ stehe, wie Calmund zu berichten wusste. Und alle Spieler hatten die Antworten fleißig gelernt. Die Abstimmung endete neun zu null für Hörster. „Ich nehme das zur Kenntnis“, sagte der Gesalbte und verströmte exakt jene Aura, die ihm seit Amtsantritt zu schaffen macht. Ein fleißiger Arbeiter, ein Bayer-Fan; aber einer, den die Arbeit mit den zunehmend als „untrainierbar“ geltenden Profis überfordert. Calmund konnte froh sein, dass keiner der Bayer-Profis, die hinter vorgehaltener Hand nicht nur gegen Hörster, sondern auch schon gegen die „Stimmungskanone“ Kohler sticheln, den Mumm hatte, sich zu verweigern. „Das wäre eine bittere Situation gewesen“, gestand Calmund ein. Ein Team, das den Trainer auch öffentlich demontiert – und kein Nachfolger in Sicht. So kann er jetzt wenigstens mit einem Trainer weiterarbeiten, der zwar „seit zwei Monaten nur Lack von allen Seiten kriegt“ (Calmund), aber zumindest genügend Masochismus besitzt, weiter den Prügelknaben zu mimen. Außer Zeit aber bringt das wenig.“
Golfspielen in Sonthofen
Richard Leipold (FAZ 16.4.) beschreibt anschaulich die Szenerie. “Die Vorzeichen waren düster. Am Dienstag war bei Bayer Leverkusen wieder einmal über einen Trainerwechsel spekuliert worden, und auch als die Frühlingssonne ihren höchsten Stand erreicht hatte, vermuteten viele, es werde mit einem neuen Fußball-Lehrer verhandelt, womöglich gar mit Udo Lattek, dem stammtischerprobten Altmeister. Doch Lattek hielt sich zum Golfspielen in Sonthofen auf. Und überhaupt war es ein viel zu schöner Sonnentag für eine Trainerentlassung. Dennoch war die Neugier groß. Obwohl kein offizieller Pressetermin anberaumt war, campierten viele Reporter, Fotografen und Kameraleute auf einem Rasenhügel vor der Westtribüne und warteten. Aber auf wen? Auf Godot? Auf Lattek oder bloß auf Jürgen Kohler den Sportdirektor, der eine Woche lang so wunderbare Stimmung unter dem Bayer-Kreuz verbreitet hatte, bis die Mannschaft mit einem peinlichen Auftritt in Stuttgart das zarte Pflänzchen der Zuversicht wieder zerstörte. Lattek als Feuerwehrmann wie vor drei Jahren um die gleiche Zeit in Dortmund? Nicht nur das rote Auto der Werksfeuerwehr, das für eine Weile um die Arena kreiste, deutete in diese Richtung. Auch Reiner Calmund, der Geschäftsführer des Leverkusener Fußball-Unternehmens, hatte die Spekulationen gefördert. Er wisse nicht, ob Hörster am Sonntag gegen Schalke noch auf der Bank sitze, am Ende gebe es vielleicht eine Überraschung. Calmund hatte nicht zuviel versprochen. Es kam anders, als die meisten gedacht haben. Statt des Gespanns Kohler und Lattek marschierten Calmund und Hörster am frühen Nachmittag in den Presseraum ein.“
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