Ballschrank
Der Frankfurter Bub geht, wie er gekommen ist
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| Donnerstag, 25. März 2004Michael Horeni (FAZ 3.3.) bedauert die Art des Abschieds: “Das Karriereende des Rückkehrers, der seine Frankfurter Jugendliebe auf die alten Profitage vor dem Abstieg bewahren und sich danach als Vorstandsassistent eine Zukunft in der Heimat einrichten wollte, ist ohne Happy-End geblieben. Es hätte vielleicht auch nicht gepaßt. Der unrühmliche Abschied eines Weltmeisters vom Fußball und von der Eintracht wegen einer zerrütteten menschlichen Beziehung wirkt wie das Spiegelbild eines oftmals schlecht beratenen Profis, der nie den einfachen Weg wählte und neben großen Erfolge immer auch Enttäuschungen produzierte. In den reiferen Jahren seiner Karriere und auf der Schlußetappe hat sich Möller jedoch tadellos verhalten. Er hatte bei seiner Heimat-Mission das Pech, mit Reimann auf einen Trainer zu treffen, der Souveränität nicht zu seinen Stärken zählen kann. Möller jedenfalls ist seinem Vorsatz, sich wie jeder andere Profi behandeln zu lassen, bei der Eintracht nicht untreu geworden. Reimann indes war kleinlich genug, die Leidensfähigkeit eines Welt- und Europameisters, den er nicht haben wollte, immer wieder aufs neue zu testen. Stil- und respektlos hat das dann Möllers Freund und Berater Klaus Gerster genannt, und das war es auch. (…) Obwohl Möller den Schlußstrich unter dieses allerletzte Kapitel und diese allerletzte Affäre seiner Karriere zog, wirkte er nicht wie der bestimmende Akteur, sondern wie ein Spielball. Er ließ, als ein eigenes klärendes Wort notwendig gewesen wäre, andere für sich sprechen. Er wollte es sich nicht verderben. Ich gehe als Freund, sagt Möller nun. Man könnte auch sagen: Der Frankfurter Bub geht, wie er gekommen ist.“
„Nur Verlierer“, sieht Thomas Kilchenstein (FR 3.3.): „Eintracht Frankfurt war, trotz sportlichen Erfolgs, nicht in der Lage, diesen eskalierenden Konflikt in den Griff zu bekommen. Reimann besaß nicht die Größe, nicht die Souveränität, zu schweigen. Er demonstrierte öffentlich seine Macht, als er Möller im letzten Spiel zwei Minuten vor Ultimo einwechselte. Man kann mit alternden Stars auch anders umgehen, Otto Rehhagel hat das seinerzeit in Kaiserslautern mit Andreas Brehme vorbildlich gemacht. Reimann aber wollte nicht über seinen Schatten springen. Und auch Möller, der sich offenbar gedemütigt fühlte, hat verloren. Kaum treten erste Schwierigkeiten auf, wirft er das Handtuch. Er hätte nur noch zweieinhalb Monate durchhalten müssen. Es wäre vielleicht zum Karriereende eines der wenigen Male gewesen, dass er Flagge gezeigt hätte. Und vielleicht verliert auch Eintracht Frankfurt: Wie schnell ist ein Skela, ist ein Kreuz oder Chris verletzungshalber aus dem Spiel genommen. Man hört es schon raunen: Und ihr habt den Möller gehen lassen.“
Andreas Lesch (FTD 3.3.) gibt zu bedenken: “So friedlich klangen die letzten Worte, so trügerisch friedlich. „Wir bedauern den von Herrn Möller eingeleiteten Schritt. Eintracht Frankfurt wünscht Andreas Möller für seine Zukunft alles Gute.“ Vermutlich kann man nicht erwarten, dass Pressemitteilungen von Fußballklubs immer die Wahrheit sagen. Aber die der Eintracht deckte ein besonders hübsches Mäntelchen über das Durcheinander der vergangenen Tage. Dieses Chaos mündete gestern in einen logischen Schluss: Andreas Möller, 36, löste seinen bis Juni gültigen Vertrag in Frankfurt vorzeitig auf und beendete seine Karriere. Jener Mittelfeldmann, der begabt war wie wenige – und der doch in Erinnerung bleibt als der Unvollendete, der Missverstandene, der große Ja-Aber. Der stets gelenkt wirkte von Klaus Gerster, seinem Freund und Berater. Es fügt sich ins Bild, dass ausgerechnet Gerster, Branchenname „Schwarzer Abt“, seinen Klienten mit einem Interview in ein unwürdiges Finale trieb. (…) Gerster hat Möllers Karriere begleitet als ewiger Zwiespalt. Er ist ihm Hilfe gewesen und Hindernis. Als Andreas Möller mit sieben Jahren beim BSC Schwarz-Weiß 1919 Frankfurt mit dem Kicken begann, war Gerster sein erster Trainer. Er blieb es auch später, in der Jugend der Eintracht. Dann wurde Gerster sein Berater, und unter ihm nahm Möllers Karriere manch merkwürdige Wendung. Gleich zweimal düpierte Möller bei Vereinswechseln seine Fans: 1989 stellte er sich in Dortmund aufs Spielfeld und versprach den Anhängern der Borussia übers Stadionmikrofon, er werde den Klub nicht verlassen, schon gar nicht zu einem Ligakonkurrenten. Dann ging er doch, zurück zur Eintracht. Später zog es ihn zu Juventus Turin; aber hatte er nicht behauptet, es sei ihm „eine moralische Verpflichtung, für Frankfurt zu spielen“? Die Laufbahn des Andreas Möller war eine Laufbahn voller Fragen.“
Tsp: „Andreas Möller in Worten“
Erik Eggers (FTD 3.3.) kommentiert die Absage Wolfgang Overaths, ein Amt in Köln zu übernehmen: „Seit Jahren ist Overath immer wieder ins Spiel gebracht worden, doch der Weltmeister von 1974 verweigerte die Übernahme einer führenden Funktion im Verein stets. Bis gestern Nachmittag schien dieses Mal alles anders. „Ich habe dem Klub meine Hilfe angeboten“, sagte Overath. Genaueres wusste Kölns Oberbürgermeister: „Als das Schiff von unten so langsam leck lief, da ist er von sich aus zum Präsidenten gegangen“, berichtete Fritz Schramma. Das Thema hat mittlerweile also die Spitzen der Lokalpolitik erreicht. Der CDU-Politiker hatte sich gestern überaus aktiv in die Diskussionen eingeschaltet – mit zwei langen Zeitungsinterviews. „Als Übergangslösung kann man Overath als Stellvertreter einsetzen“, fabulierte Schramma, „allerdings ist eine Bedingung, dass er die Option hat, Präsident zu werden.“ In Berlin oder Hamburg löste es Verwunderung aus, würden sich Klaus Wowereit oder Ole von Beust so intensiv um die Führungsgremien des örtlichen Spitzenklubs sorgen. In Köln hingegen gilt so etwas als normal. (…) Overaths Pläne hätten die Stellung von Andreas Rettig empfindlich berührt. Der Manager, der den 1. FC Köln in den letzten zwei Jahren fast allein regierte und deswegen zuletzt stark in Kritik geriet, hätte dann kaum noch einen Platz im Leitungsgefüge des Klubs gehabt. Das war wohl der Grund, warum sich die Verhandlungen über die Zukunft des Vereins gestern über Stunden in die Länge zogen. Vor zwei Jahren trat Rettig seinen Job als Manager des 1. FC Köln an, und seitdem sind die Strukturen professioneller geworden in diesem Verein. Auch der Trainerwechsel im vergangenen Herbst – für Friedhelm Funkel kam der Schweizer Marcel Koller – ging für Kölner Verhältnisse fast schon geräuschlos über die Bühne. Auch im Umfeld hatte sich einiges verbessert. Rettig war zuletzt sichtlich stolz darauf, dass er den zuvor reichlichen Nachrichtenfluss rund um das Geißbockheim stets unter Kontrolle hatte. Die zahlreichen undichten Stellen, die die Kölner Boulevardpresse über Jahrzehnte mit delikaten Insiderinformationen versorgt hatten, schienen versiegt. [of: Wie können denn undichte Stellen versiegen?] Nun, da die Mannschaft als Tabellenletzter dem dritten Abstieg innerhalb von sechs Jahren entgegen taumelt, brechen sich die alten Verhältnisse wieder Bahn.“
FR-Interview mit Willi Lemke, Stellvertretender Vorsitzender des Bremer Aufsichtsrats, über den Transfer Miroslavs Kloses
FR: In der Werder-Führung wurde die Finanzierung des teuersten Transfers der Vereinsgeschichte lange diskutiert: Was hat zum Umdenken geführt?
WL: Weil die Mannschaft in der Liga von Sieg zu Sieg eilt und wir im DFB-Pokal-Halbfinale vertreten sind, haben wir eine veränderte sportliche Situation. Das Risiko haben wir zumindest fürs kommende Jahr im Griff.
FR: Und danach?
WL: Da gehen wir mit diesem Transfer ganz erheblich ins Risiko. Mit der Klose-Verpflichtung steuern wir nicht in den Ruin, aber dadurch sind wir zum sportlichen Erfolg verpflichtet. Auf Dauer. Mit dieser Mannschaft, diesen Transfers und diesem Gehaltsgefüge müssen wir künftig oben mitspielen. Wir gehen in das Risiko, das unsere Fans fordern und das die Geschäftsführung uns vorgelegt hat.
FR: Werder nimmt für Klose angesichts zu erwartender Einnahmen aus der Champions League und dem DFB-Pokal einen Kredit auf. Jetzt steigt der Druck.
WL: Ja, wenn wir das Pokalfinale verpassen und Vierter werden, wäre das eine herbe Enttäuschung – und das mit Klose vielleicht eine zu riskante Entscheidung.
FR: Werder ist nicht reich, aber Spitzenreiter. Ist dies das richtige Signal für die Liga: Geiz ist geil?
WL: Es ist grundsätzlich gut, dass Außenseiter wie Bremen oder Bochum mit geringeren Ausstattungen es gerade den Großen zeigen können. Das verdeutlicht, dass man sich nicht Hals über Kopf verschulden oder den Erfolg mit großem Geld einkaufen muss. Es gibt immer noch die Möglichkeit, mit einer fein zusammengestellten Mannschaft, einem funktionierenden Umfeld und einem guten Trainer das Gleiche zu erreichen.
FR: Der FC Bayern behauptet, Werder Bremen gerate noch in die Krise.
WL: Damit können uns die Bayern nicht erschrecken. Es ist das übliche Störfeuer aus München – das habe ich schon zu meiner Zeit erlebt. Damit können sie bei uns nicht mehr landen.
FR: Ist Uli Hoeneß immer noch ihr Feindbild?
WL: Ich kenne keinen Herr Hoeneß. Seit viereinhalb Jahren kümmere ich mich um ernsthafte Dinge in meinem Haus – ich muss in einer Großstadt mit vielen Problemen eine gute Bildungspolitik machen. Ich habe auch kein Bedürfnis darüber zu reden. Neue Frage bitte!
SZ-Interview mit Gerhard Poschner (1860 München)