Nachschuss
Der Tod von Fritz Walter
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| Donnerstag, 25. März 2004
Der Tod von Fritz Walter hat die deutsche Fußball-Welt in den letzten Tagen mehr bewegt als die Leistungen seiner Nachfahren am Ball in Fernost. Mit der Nachricht seines Ablebens wurde eine wahre Trauer- und Gedenkwelle ausgelöst, die nicht nur seine fußballerischen Weggefährten erfasste oder Sport- wie Feuilletonredaktionen zu Sonderschichten animierte. Die ohnehin schon ausufernde Fußballberichterstattung im Fernsehen wurde um ein leise-nachdenkliches Nachtprogramm erweitert und schließlich strömten mehrere Tausend Trauergäste in „sein“ Stadion auf dem Kaiserslauterer Betzenberg. Und auch nach dieser ersten Welle des Andenkens wird es noch reichlich Erinnerungslektüre um das „behagliche Bürgerwunder im pfälzischen Alsenborn“ (Harry Nutt FR 19.6.) geben. Eine Auswahl.
Die vielleicht erste Biografie des Ehrenspielführers berichtete bereits vor dem epochalen Triumph von Bern von der „Geschichte eines Sportsmannes“. Ein Jahr vor den denkwürdigen Ereignissen im Wankdorf Stadion hatte Bernhard Gnegel 1953 den Werdegang des Pfälzers aufgeschrieben und in einem kleinen Neustädter Verlag veröffentlicht. 1960 sollte daraus die Lizenzausgabe für einen aufstrebenden Lesering aus Gütersloh werden.
Mit dem WM-Jahr 1954 beginnt auch die eindrucksvolle publizistische Karriere des Fritz Walter, unter dessen Namen nunmehr beinahe jährlich im Münchner Copress Verlag ein Buchtitel veröffentlicht wurde. Noch im Weltmeisterjahr erschien das legendäre „3:2. Die Spiele zur Weltmeisterschaft“, das zur Basis für zahlreiche folgende Werke werden sollte. Ohnehin bedachte Fritz Walter die Welttitelkämpfe regelmäßig mit einem Begleitband, so die Spiele von Schweden (1958) und Chile (1962), auch das Wembley-Drama wurde publizistisch verarbeitet (1966). Angesichts einer solchen Publikationsliste nimmt sich das gewiss nicht schmale Werk eines Lothar Matthäus recht bescheiden aus.
Eine rückblickende Walter-Biografie entstand schließlich in Zusammenarbeit mit Rudi Michel, der Mitte der 90er Jahre „Die Legende des deutschen Fußballs“ aufschrieb. Dass Leben und Karriere Fritz Walters aufs Engste mit der Vaterfigur des Sepp Herberger verwoben war, ist hinlänglich bekannt. Aus diesem Grunde sind zumindest zwei wesentliche Biografien des Erfolgstrainers und Ball-Philosophen in eine Büchersammlung zu integrieren: einerseits die in Zusammenarbeit mit Jürgen Leinemann entstandene Schrift „Sepp Herberger: Ein Leben, eine Legende“, andererseits das sehr empfehlenswerte Buch „Als der Ball noch rund war. Sepp Herberger – ein deutsches Fußballeben“ von Lothar Mikos und Harry Nutt.
Einen anderen Beitrag zur Erschließung der recht umfangreichen Schriften aus der Hand des „Chef“ leistet dagegen der Beitrag von Gerhard Fischer und Jürgen Roth. In ihrem Band „Leben voller Fallrückzieher“ dokumentieren sie die „relevanten autobiographischen Fußballerschriften der letzten fünfzig Jahre“. In ihrem 350 Seiten starken Sammelwerk füllt Fritz Walter die Seiten 25 bis 42. Unter der Überschrift „Der rote Jäger. Fritz Walter und die Geburt der Republik“ beleuchten sie vor allem den umstrittenen Band „11 rote Jäger – Nationalspieler im Kriege“. Darin beschreibt Walter seine Erlebnisse der vierziger Jahre als von Herberger protegierter Soldat im Jagdgeschwader 11, das vielen Fußballern als Zwischenstation diente.
Die meisten Bücher des „Autors“ Fritz Walter sind im regulären Buchhandel längst nicht mehr erhältlich, doch in gut sortierten Antiquariaten finden sich noch reichlich Exemplare der Erinnerungsbücher. Meist zu recht moderaten Preisen, gelegentlich sogar ein signiertes Exemplar – doch vielleicht ziehen die Preise in den nächsten Wochen ein wenig an. Einen guten Einstieg liefert das „Zentrale Verzeichnis Antiquarischer Bücher“ im Internet (www.zvab.com), eine weitere Fundstelle sind auch die „zshops“ des Online-Buchladens amazon.de.
Das Internet erweist sich ohnehin als nützliche Quellensammlung, unter www.fritz-walter-stiftung.de befindet sich ein guter Einstiegspunkt sowohl in die sportfördernde Arbeit der Stiftung wie auch in die Biografie des Ausnahmefußballers. Eine umfangreiche Foto- und Videodatenbank versammelt zahlreiche Dokumente, ergänzt um die Wiederholungen der Sendungen anlässlich seines Todes vom 17. Juni. Und auch das Deutsche Historische Museum hält in seiner Online-Abteilung eine Walter-Biografie bereit – das schmucklose Dokument unter www.dhm.de/lemo/html/biografien/WalterFritz/ wäre wohl kaum der Rede wert, würde dort nicht die Radio-Reportage von Herbert Zimmermann einlagern. Und obwohl Schäfer nach innen geflankt hat und Rahn schießen musste, so ist mit dieser Reportage doch immer der Name des Mannes verbunden, der den Pokal in Empfang nehmen durfte: Fritz Walter.
Christoph Bieber
Literatur:
Fischer, Gerhard/Roth, Jürgen: Leben voller Fallrückzieher. Fußballer erzählen – von Fritz Walter bis Lothar Matthäus. Leipzig: Reclam Verlag, 1998.
Gnegel, Bernhard: Fritz Walter. Die Geschichte eines Sportsmannes. Neustadt: Neustädter Druckerei und Verlagsgesellschaft, 1953.
Herberger, Sepp/Leinemann Jürgen: Sepp Herberger – Ein Leben, eine Legende. Reinbek: Rowohlt, 1998.
Mikos, Lothar/Nutt, Harry: Als der Ball noch rund war. Sepp Herberger – ein deutsches Fußballeben. München: Ullstein, 1998.
Walter, Fritz: 3:2. Die Spiele zur Weltmeisterschaft. München: Copress, 1954.
Walter, Fritz: Spiele die ich nie vergesse. München: Copress, 1955.
Walter, Fritz: So war es. Fußballweltmeisterschaft in Schweden. München: Copress, 1958.
Walter, Fritz: 11 rote Jäger – Nationalspieler im Kriege. München: Copress, 1959.
Walter, Fritz: Die Spiele in Chile. Fußball- Weltmeisterschaft 1962. München: Copress, 1962.
Walter, Fritz: So habe ich’s gemacht. Meine Fußballschule. München: Copress, 1962.
Walter, Fritz: Der Chef – Sepp Herberger. München: Copress, 1964.
Walter, Fritz: Wie ich sie sah. Die Spiele zur Weltmeisterschaft in England. München: Copress, 1966.
Walter, Fritz: Alsenborn – Aufstieg einer Dorfmannschaft. München: Copress, 1968.
Walter, Fritz/Michel, Rudi (Hg.): Fritz Walter. Die Legende des deutschen Fußballs. Stuttgart: Engelhornverlag, 1995.
siehe auch: if-Dossier zum Tode von Fritz Walter
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