Ballschrank
Deutscher Sieg gegen die USA
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| Donnerstag, 25. März 2004
Der Guardian beschreibt über den glanzlosen deutschen Sieg gegen die USA: „Rudi Völler muss aufpassen, dass der Stolz die Schwächen im Team nicht zu lange übertüncht. Nicht das dem deutschen Chef die Spannkraft fehlen würde. Die Welt mag die Deutschen als zweitklassig ansehen, aber sie wachsen einfach weiterhin über sich hinaus.“
Die kroatische Zeitung Vecernji List meint zum Halbfinaleinzug der Deutschen. „Fußball kann wirklich grausam sein: Die US-Amerikaner waren angriffslustig und kreierten Chancen. Ins Halbfinale kommen jedoch die Deutschen. Ganz ohne Glanz und Schönheit, einfach so – deutsch eben. Und so viel auch über das Thema „Überraschung“ geredet wird – denn niemand traute den Deutschen solch einen Erfolg zu – scheint es so, als ob die Deutschen sich ein wenig schämen; vor allem Franz Beckenbauer. Auch die deutschen Fans denken nicht anders. Es scheint so, als bemitleiden sie die Amerikaner, die ihre Elf komplett an die Wand gespielt haben. Und während die kalten Deutschen das Spiel ihrer Elf ins Lächerliche ziehen, bereiten sie bereits die Ausschreibung für ein Oliver-Kahn-Denkmal vor. Er war unbezwingbar, trieb die us-amerikanischen Stürmer zum Wahnsinn – vor allem Landon Donovan – und pflückte alles weg, was vor seinem Kasten erschein. Aber Beckenbauer hakt nach: „Frings Handspiel auf der Torlinie war ein klarer Elfmeter.“ Die US-Amerikaner sind jedoch nicht zu sehr enttäuscht. Schließlich sorgte dieser Vorfall für ausgleichende Gerechtigkeit, da im Achtelfinale gegen Mexiko das Handspiel der Amerikaner nicht mit einem Strafstoß sanktioniert wurde.“
Der Fußball ist von den Titelseiten der italienischen Tageszeitungen fast völlig verschwunden. Nach der Heimkehr der Azzurri – in Mailand grande Festa, in Rom Buhs und Schläge – lecken die Funktionäre ihre Wunden. Konsequenzen wird es weder für Trap noch für den Präsidenten des italienischen Fußballverbandes, Franco Carraro geben: „Ich und Trapattoni bleiben hier“ wird er in einer Schlagzeile der Repubblica zitiert. Auch mit selbstkritischen Tönen: „Der Schiedsrichter war zwar konditioniert, aber wir hätten mehr Tore schießen müssen!“ Der Corriere della Sera widmet unter dem Titel „Die Fifa ist eine Geldfressmaschine“ der „schmutzigen WM“noch einmal eine ganze Seite. Der Rauswurf der Engländer bewegt die italienischen Kommentatoren weit mehr als das Spiel Deutschland gegen USA. Während es in La Repubblica heißt: „Licht und Schatten, aber Deutschland ist dabei. Super-Kahn spendiert das Halbfinale“ und „Aus der Asche des Europameisterschaftsdesasters 2000 ist Deutschland wiederauferstanden“,fällt das Urteil des Corriere della Sera krasser aus: „Vorwärts die Schlechtesten“ und „Ganz schlechtes Spiel von Völlers Männern, die erstmals seit zwölf Jahren wieder einen Platz unter den ersten Vier erobern, auch mit Hilfe des Schiedsrichters“. Dazu wird Franz Beckenbauer mit den Worten zitiert: „Die Vereinigten Staaten waren uns eindeutig überlegen. Das Glück und der Schiedsrichter haben uns gerettet.“ Die zweifelhafte Schiedsrichterentscheidung wird in Italien als Fortsetzung der eigenen Schmach gesehen. Dazu Giorgio Tosati im Corriere della Sera: „Alle haben gesehen, dass Deutschland die USA eliminiert hat, weil Dallas (eigentlich ein Qualitätsschiedsrichter) den Deutschen Frings nicht gestraft hat, der angeklagt ist, den Ball mit dem linken Arm auf der Torlinie zurückgestoßen zu haben. Klassischer Elfmeter, dem auch die rote Karte hätte folgen müssen.“ In der Repubblica wird Super Kahns als „Erben von Sepp Maier“ gefeiert und sein Charakter analysiert: „Er hat sicher keinen einfachen Charakter, aber inzwischen hat er sich im Dienste seines Talentes organisiert. Vor zwei Jahren war Kahn noch von persönlichen Problemen beherrscht, er war derbrutto, hatte Mühe, seine Emotionen zu beherrschen. An einem gewissen Punkt hat er beschlossen, sich zu verändern, nicht mit Hilfe von Psychologen, sondern durch die Kraft des Willens hat er dieses Gleichgewicht gefunden, das ihn zum besten Torhüter der Welt macht.“
Die spanische Tageszeitung El País schreibt zum Spiel. „Deutschland betreibt ein anderes Spiel und gewinnt. Der deutsche Fußball entzieht sich jeder Kritik. Es ist nicht mehr die Frage, ob sie gut oder schlecht spielen. Sie betreiben ein Spiel anderer Natur. Das unterscheidet sie von den anderen Mannschaften. Vor der Entscheidung, kreativ zu spielen oder gefoult zu werden, bevorzugen sie die zweite Alternative. Dann transportieren sie alle ihnen zur Verfügung stehenden Baukräne in den Strafraum. Dort kommen sie wie Giganten, selbstbewusst und mit ihrer ausgezeichneten Karosserie. Dann geschieht das Interessante: Die Deutschen sind überzeugt, dass sie ein Tor erzielen werden, und der Gegner geriet in Panik – wissend, dass sie ein Tor kassieren werden. Es handelt sich um eine Mannschaft, die keine Geniezüge aufweist. In Ballbesitz verkörpern sie eine abschreckende Vulgarität. Sie suchen keinen Weg zu einer Verbindung mit ihrem Sternspieler Ballack, sondern das Foul. Ungeachtet ihrer Auffassung über den Fußball muss man sie fürchten. Sie sind so stark, so groß, so entschieden, sie glauben so sehr an die Effektivität ihrer kopfballstarken Spieler, dass niemand sie aufhalten kann.“
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