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Die Lage in Leverkusen

Oliver Fritsch | Donnerstag, 25. März 2004 Kommentare deaktiviert für Die Lage in Leverkusen

Thema Nummer Eins in den Sportredaktionen Deutschlands: die Lage in Leverkusen, wie gehabt. Der Gelassenheit des neuen Trainers Klaus Augenthalers schreiben die Autoren großen Einfluss beim 3:0 über 1860 München zu. „Wie Klaus Augenthaler die Leverkusener zum Sieg führte“, liest man im Tagesspiegel, und der Lokalkonkurrent Berliner Zeitung schreibt: „Nach den wochenlangen Possen um Aushilfscheftrainer Thomas Hörster und Sportdirektorenlehrling Jürgen Kohler scheint Augenthaler in Leverkusen fast eine Erlösung zu sein. Allein schon weil er weniger Unsinn redet.“ Die SZ beschreibt den Weltmeister von 1990 als „Ruhepol im Hühnerhaufen“. Mit Spannung erwarten die Beobachter nun das Abstiegsfernduell zum Saisonausklang zwischen Arminia Bielefeld und Bayer, das ausgerechnet bei Augenthalers Ex-Klub Nürnberg antreten muss.

Weitere Themen: Richtige Feierstimmung wollte in München nicht aufkommen, wo DFB-Teamchef Rudi Völler – Leo Kirch hatte man wohl nicht gefragt – die Ehrung vollzog. Anlass für die FR teilt nach zwei Seiten auszuteilen: „Die Übergabe der Meisterschale an den nun 18-fachen Champion Bayern München war ungefähr so aufregend wie ein Heimspiel von Borussia Dortmund.“ Und: Der 1. FC Kaiserslautern, Heimstätte der Fußballleidenschaft, rettet sich dank nüchternem Vereinsmanagement.

Christian Eichler (FAZ 19.5.) beleuchtet die Spannung der Liga. „Entweder Augenthaler wird mit einem Sieg in Nürnberg, wo man ihn Ende April entließ, binnen zwei Wochen im Mai zum Retter der bestbesetzten Mannschaft, die je in Zweitligagefahr geriet. Oder er schafft es als erster, mit zwei Klubs am selben Tag abzusteigen. Allein die originelle Finalpersonalie kann nicht über den Attraktionsmangel einer Saison hinwegtäuschen, die kaum als Werbemaßnahme für den kommenden, den wirklichen Existenzkampf der Liga taugt: den um die Fernsehgelder. Hinter den Bayern konnten nur die jugendbewegten Stuttgarter einen Hauch von der spielerischen Kunst erzeugen, mit der im letzten Jahr Leverkusen die Fans des schönen Fußballs verwöhnt hatte. Sonst aber wurden allerorten nur noch triste Minimalziele verwaltet. 60 Punkte, so wenig wie nie, seit 1995 die Dreipunkteregel eingeführt wurde, werden für Platz zwei reichen. Es zeigt, wie weit sich hinter den Bayern das Niveau nivelliert, wie breit sich das Mittelmaß in der einst stärksten Liga der Welt gemacht hat (…) Mögliche Konkurrenten durch Wegkäufe zu schwächen war immer Teil der Bayern-Strategie. Nun muß sich der Meister fragen, ob er es nicht übertrieben hat. Wo die Konkurrenz den Namen nicht mehr verdient, läßt sich auch das Münchner Hochglanzprodukt schlechter verkaufen. Die ungleiche Verteilung wirkte oft so lusttötend wie beim Freizeitkick auf der Wiese, wenn sich beim Zusammenwürfeln der Teams die Besten alle auf einer Seite zusammenfinden. Spätestens wenn der Vorsprung zweistellig wird, sollte man neu mischen.“

Auch Katrin Weber-Klüver (FTD 19.5.) würde sich über mehr Abwechslung freuen. „Es war eine lausige Saison. Ohne den sagenhaften Leverkusen-Absturz und seine Personalpossen wäre sie für jede vereinsübergreifende Kneipenplauderei tödlich langweilig geworden. Man möchte sich ja als zivilisierter Mensch keine Zigarettenlänge mit dem Liebesleben dicklicher, egomaner ehemaliger Nationalspieler befassen. Man möchte sich schon ganz reell über Fußball unterhalten. Aber wenn es zwischen überforderten Cottbusern und unterforderten Bayern nur ordentlichen, unauffälligen Fußball gibt, den ordentliche, unauffällige Trainer ihre ordentlichen, unauffälligen Teams spielen lassen, ist das vergebliche Liebesmüh. Man kann sich jenseits von Schwaben nicht stundenlang am VfB Stuttgart ergötzen. Und selbst wer Sympathien für das Werk Erik Gerets in Kaiserslautern hat, sieht doch, dass der reale Pfälzer Fußball so unansehnlich ist wie – nun eben all dieser Fußball, der in seiner Ödnis eine Art Wolfsburgisierung der Liga darstellt. Auf Leverkusen kann man nicht mehr zählen. Die Leverkusener haben über Jahre unterhalten, sportlich und überhaupt. Jetzt müssen sie sich erholen, in der Zweiten Liga oder im Mittelmaß der Ersten. Wo ist egal, nichts von beidem taugt für Spektakel. Das ist die schlechte Nachricht. Die gute ist: Leverkusen verschwindet zwar, aber der Tollste aller Leverkusener steht schon wieder vor der Tür. Er hat sich angeschlichen, über Istanbul und Wien, über ein paar Interviews hier und kleine Indiskretionen da. Sonnabend hat er sich im „Aktuellen Sportstudio“ geläutert und dankbar für netten Applaus gezeigt. Die wahre Botschaft war: Christoph Daum langweilt sich in Österreich. Drei Jahre Verbannung sind genug.“

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