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Die schlimmste aller Fußballphrasen

Oliver Fritsch | Donnerstag, 25. März 2004 Kommentare deaktiviert für Die schlimmste aller Fußballphrasen

Über die Reaktionen des Berliner Managers liest man von Frank Heike (FAZ 5.5.). „Dieter Hoeneß flüchtete sich in die schlimmste aller Fußballphrasen. Wir müssen jetzt wieder von Spiel zu Spiel denken, sagte der Manager von Hertha BSC Berlin nach dem 2:4 bei Werder Bremen. Einmal dabei, die umstehenden Reporter mit Floskeln zu versorgen, legte Hoeneß nach: Nach dem nächsten Spiel ergibt sich automatisch eine neue Konstellation. Aha. Hoeneß wirkte nach der deutlichen Niederlage der bis dahin besten Mannschaft der Rückrunde bei den daheim zuletzt von fast jedem Abstiegskandidaten besiegten Bremern äußerlich gut gelaunt, er scherzte, er grinste, aber wie sehr ihn der Verlust der Punkte in Tateinheit mit neunzigminütiger Unterlegenheit störte, merkte man an der Wahl seiner Worte.“

Eine Art reisendes Straflager

Jörg Marwedel (SZ 5.5.) meint dazu. „Irgendwann am Samstag gegen halb sechs hat sich Marcelinho davongeschlichen in seinen organge-leuchtenden Fußballschuhen. Elegant wie er ist, hat der Brasilianer in Diensten von Hertha BSC alle Fragesteller umdribbelt und fluchtartig die Gästekabine im Weserstadion angesteuert. Doch auch die war in diesem Moment kein angenehmer Ort. Vielmehr begann dort Trainer Huub Stevens umgehend mit der Fehleranalyse. Und das klang, wie Ohrenzeugen raunten, nicht so gütig wie die Ankündigung von Manager Dieter Hoeneß, man müsse in dieser Woche „mal reden und in die Spieler hineinhorchen“, um den Gründen für ihr Versagen auf die Spur zu kommen und weshalb „die Bremer uns einfach überrannt haben“. Eigentlich hatte der Manager nach dem Spiel in Bremen über etwas ganz anderes reden wollen. Erstmals sollte, ganz offiziell, das Ziel Champions League ausgerufen werden, es sollte um „Big Points“ (Hoeneß’ Lieblingsbegriff) gehen und um schöne Geschäfte. Nun wollte der Manager über Tabellenplätze gar nicht mehr spekulieren, sondern sagte: „Die Diskussion über die Champions League ist müßig, weil wir mit so einer Einstellung nur im UI-Cup spielen.“ Womit der nette Herr Hoeneß doch noch eine schreckliche Drohung ausgesprochen hatte, gelten doch diese Sommerrunden im heißen Europa bei Fußballprofis als eine Art reisendes Straflager.“

Hertha war nicht konkret genug

Christof Kneer (BLZ 5.5.) ergänzt. “Man hat dem Fußball schon oft Unrecht getan. Zum Beispiel ist er noch nie gelobt worden für die Verdienste, die er sich um die deutsche Sprache erworben hat. Man muss es dem Fußball hoch anrechnen, dass er zum Beispiel die Nickligkeiten (Adjektiv: nickelig) in die Welt gebracht hat. Man kann das nicht in Gebrauchsdeutsch übersetzen, aber gewiss ist, dass die Welt ohne dieses Wort ärmer wäre. Auch das schöne Wort Führungsspieler hat der Fußball erfunden, und vor kurzem hat der Trainer Sammer in Form von Galligkeit eine weitere Perle zum Sprachgebrauch beigesteuert. Man lernt also nie aus, und im Laufe der Woche ist auch Dieter Hoeneß, dem Manager von Hertha BSC Berlin, eine neue Formulierung zugelaufen. Leider kam es so, dass er diese Formulierung gleich am Wochenende gut gebrauchen konnte. Ich habe Oliver Bierhoff im Fernsehen sagen hören, dass eine Mannschaft nicht konkret genug gespielt habe, sagt Hoeneß, leider trifft das genau auf unseren Auftritt vom Wochenende zu. Hertha war nicht konkret genug, so kann man das sagen.“

Toni, der Denker

Paul von Engeln (FR 5.5.) befasst sich mit den Siegern. „Ailton war restlos bedient. Nach seiner Auswechslung in der 84. Minute setzte sich Werders Torjäger auf eine Werbebande und sah dem Treiben der Kollegen zu. Es war ihm, wieder mal, rein gar nichts geglückt in diesem so wichtigen Spiel. Dreimal stand er frei vor dem Berliner Keeper Kiraly. Dreimal verhaspelte sich Toni. Dabei will er doch Torschützenkönig werden. Aber so wie er den Ball am Fuß hat, mutmaßte Sportdirektor Klaus Allofs, sind Elber und Christiansen in seinem Kopf. Die schärfsten Konkurrenten im Kampf um die Torjägerkrone. Denken ist nicht gut für einen Stürmer vor dem Tor, sagte Werder-Trainer Thomas Schaaf. Toni, der Denker, drosch in der 74. Minute frustriert den Ball weg, fing sich damit seine fünfte gelbe Karte ein, ist nun gesperrt und wird ob dieser Undiszipliniertheit vom Verein bestraft werden. Trotzig sagte er: In den letzten beiden Spielen schieße ich vier Tore. Das kann gut sein. Denn das Überraschungsmoment gehört in diesem Jahr zu Werder wie die Stadtmusikanten nach Bremen (…) Dann drückten zwei Kicker dem Spiel ihren Stempel auf, die den Fans zuletzt viel Kummer bereitet hatten: Johan Micoud und Angelos Charisteas. Der französische Mittelfeld-Star, der in der Rückrunde mehr durch Lustlosigkeit, heikle Interviews, rote Karten und eine Ohrfeige für einen Reporter aufgefallen war, zauberte, dass manch einer dachte: Ja, er ist doch ein Weser-Zidane. Der griechische Stürmer traf zweimal und bot ebenfalls Fußballkunst, die Spaß bereitete. Trainer Schaaf hatte ihn zuletzt trotz schwacher Leistungen aufgestellt. Der junge Grieche bedankte sich für diese Geduld.“

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