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Edelboutiquenkicker wieder in der Wirklichkeit angekommen
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| Donnerstag, 25. März 2004Die erste Runde der europäischen Königsklasse hat den dieses Jahr bisher verwöhnten deutschen Fußballanhänger ernüchtern müssen. Alle drei gestarteten Mannschaften trafen auf überlegene Teams und verloren bekamen den Tarif bekannt gegeben. Dementsprechend spricht die FAZ von einem „Kurssturz“ hiesiger Fußballaktien. Insbesondere das 2:6-Debakel des letztjährigen Vorzeigeklubs Leverkusen in Piräus gibt den Experten Anlass zu Sorge. „Es war eine epische Niederlage, in die sich der Vorjahresfinalist fügte“, schreibt die FR, während die FAZ geschockt das „komplette Versagen der Bayer-Elf ohne erkennbares System“ feststellen musste.
Dahingegen war die 0:2-Niederlage des Deutschen Meisters beim englischen Pendant offenbar einkalkuliert gewesen. „Den kunstvollen Laufwegen von Arsenal London“, fasst die SZ das Geschehen in Highbury nachsichtig zusammen, „ist Borussia Dortmund noch nicht gewachsen.“ Die FR sah ebenso ein ungleiches Duell zwischen „Avantgarde-Künstlern und Bäckerbuben“, während die FAZ spottend klarstellt: „Arsenal kämpft darum, das beste Team Europas zu werden. Borussia muss erst einmal wieder das beste im Ruhrgebiet werden.“
Die erste Heimniederlage der Bayern seit fünf Jahren (damals 0:1 gegen IFK Göteborg) hat Beteiligte und Beobachter erkennen lassen, dass das seit Wochen angestimmte Hohelied auf das „weiße Ballett“ verfrüht war. Ob das 2:3 gegen La Coruña tatsächlich nur auf mangelnde Konzentration und Einstellung zurückzuführen ist, wie die Verantwortlichen nach dem Spiel unisono behaupteten? Der galizische Gegner zeigte sich nämlich an diesem Abend vor allem taktisch und spielerisch deutlich überlegen.
Der große Sieger des ersten Spieltags war die Primera Division. Neben Deportivo überzeugten die Königlichen aus Madrid beim eleganten 3:0 bei der AS Roma, während der Spanische Meister FC Valencia dem ambitionierten Team aus Liverpool keine Chance ließ (2:0). Die NZZ ist angetan: „vom Schönsten, was man auf europäischen Feldern schon seit langem zu sehen bekam.“ Insgesamt „zeigte die Champions League schon an ihrem ersten Spieltag die spielerische Überlegenheit gegenüber der Weltmeisterschaft, wo Vergleichbares in fünf Wochen nicht zu sehen war. Es war, als wollten sie sofort zu Beginn der Spielzeit auf der europäischen Bühne zeigen, wie sehr die Feinabstimmung von Europas besten Klubteams die der weltbesten Nationalteams übertrifft.“ Kein Gütezertifikat für den deutschen Fußball. Schließlich revidiert dieses Urteil der FAZ die Bedeutung des Vizeweltmeistertitels. Andererseits bleiben den deutschen Vertretern fünf Spieltage Zeit, um den schlechten Eindruck dieser Woche zu korrigieren bzw. den hervorragenden in Fernost erworbenen zu bestätigen.
Christoph Biermann (SZ 20.9.) fasst den Auftritt der deutschen Champions-League-Teilnehmer zusammen, indem er diesen mit der jüngsten Vergangenheit deutscher Fußballherrlichkeit vergleicht. „Weil sich im Fußball die Epochen so schnell ablösen, als seien die Uhren gedopt, ist nun schon wieder alles ganz anders. Bekanntlich gelang in Fernost der Sprung von Rudis Resterampe zu den Sternen. In der Nationalmannschaft zu spielen, war für die Kicker auf einmal so erbaulich, wie in einem barocken Kirchlein zu verweilen, während in dieser Woche die Kathedralen des Vereinsfußballs auf einmal komplett eingerissen wurden. Borussia Dortmund trafen die Bagger nicht unerwartet, den FC Bayern zum ersten Mal seit fünf Jahren im eigenen Stadion schon, während Bayer Leverkusen von der Abrissbirne am heftigsten getroffen wurde.“
Bayern München – Deportivo La Coruña 2:3
Roland Zorn (FAZ 20.9.) über bayerische Erkenntnisse. „Schmerz, lass nach, dem deutschen Fußballrekordmeister ist zu Beginn der neuen Champions-League-Runde ein Zahn gezogen worden: nämlich die Einbildung, jeden Gegner jederzeit austanzen zu können. Das Sommernachtstraumgerede vom „weißen Ballett“ erwies sich vis à vis dem ersten veritablen Gegner in dieser Spielzeit als Vorspiegelung falscher Tatsachen. Dummerweise schienen die Münchner Profis zum Auftakt der schweren Begegnungen in der Gruppe G daran geglaubt zu haben, auch ihre internationalen Widersacher wie daheim in der Bundesliga Aufsteiger Bielefeld oder Abstiegskandidat Nürnberg en passant beherrschen zu können. Ein fataler Irrtum, den die Galizier, allen voran ihr dreifacher holländischer Torschütze Makaay , weidlich ausnutzten. Zwanzig Minuten Münchner Gegenwehr und waren letztlich zuwenig, um die erste Heimniederlage in der Champions League seit 1997 – damals setzte es ein 0:1 gegen IFK Göteborg – noch zu verhindern (…) Ausgerechnet die Münchner, an Champions-League-Erfahrung so schnell von niemand zu übertreffen, meldeten sich in diesem anspruchsvollsten europäischen Vereinswettbewerb so zurück, als hätten sie die Konkurrenz mit einem Einladungsturnier in der Saisonvorbereitung verwechselt. Gegen Deportivo La Coruña sind die Edelboutiquenkicker aus ihrer Selbstbespiegelung herausgerissen und in die Fußball-Wirklichkeit zurückgestoßen worden.“
Martin Hägele (NZZ 19.9.) sah einen verdienten Verlierer. „Der Artisten-Fußball, mit dem das Münchner Star-Ensemble erst die Bundesliga und dann den Kontinent aufmischen möchte, ist nur noch ein künstliches Luftgebilde (…) Der stolze Leader der Bundesliga trat so selbstgefällig auf, wie er das aus dem nationalen Sportbetrieb gewohnt ist – und es sich dort auch oft genug leisten kann: zu wenig Tempo, zu wenig Bewegung, zu wenig Präzision.“
Philipp Selldorf (SZ 20.9.) ebenso. „Tatsächlich hatte der FC Bayern beim 2:3 gegen Deportivo La Coruña ein dermaßen mieses Bild abgegeben, dass augenblicklich alle Anzeichen der guten Laune unter Verbot gestellt wurden, weshalb dann auch der Fototermin mit Neuerwerbung Zé Roberto bei der Lederhosenanprobe ausfiel. „Lederhosenpanik“, höhnten die Beobachter (…) Der erste Auftritt im Europacup offenbarte tatsächlich eine Spielart der neuen Bayern, die noch keiner kannte. Franz Beckenbauer, der tags zuvor noch erklärt hatte, er würde Michael Ballack nicht mal gegen Zinedine Zidane tauschen wollen, sah sein großes Lob schlecht belohnt. Ballack bildete in einer Elf, die laut Beckenbauer „nachlässig und arrogant“ aufspielte, keine Ausnahme.“
„Dank der Weisheit von Valerón und der unendlichen Liebe zum Tor von Makaay“, schreibt die spanische Tageszeitung El País (19.9.), siegt Deportivo an einem offenbar geschichtsträchtigen Ort. „Im eigenen Haus des Kaisers, wo das holländische Dream Team von Cruyff niedergeschlagen wurde und wo der spanische Fußball eine Reihe von Erniedrigungen erleben musste, schrieb Depor ein unvergessliches Kapitel des europäischen Fußballs. Niemals hatte eine spanische Mannschaft im Olympiastadion gewonnen, bis sich eine noch vor kurzem als Debütant geltende Mannschaft entschied, den Mythos des Bayern zu zerstören. Eine Mannschaft ohne glorreiche Vorgeschichte, aber mit einer jugendlichen Frechheit und Ambition, trat – dezimiert durch eine Verletzungsmisere – auf einen Gegner, der bis jetzt in der Bundesliga alles überrollt hatte.“
Olympiakos Piräus – Bayer Leverkusen 6:2
Michael Horeni (FAZ 20.9.) ist von Leverkusens Darbietung geschockt. „Nach dem ersten internationalen Auftritt von Bayer Leverkusen in der neuen Saison ist vom weltmeisterlichen Glanz nichts mehr übriggeblieben. Auch das WM-Quartett konnte in einer vollkommen überforderten Mannschaft den schwersten Rückschlag des Werksklubs in der Champions League weder verhindern noch eindämmen. Eine Niederlage bei Olympiakos Piräus galt zwar beim Champions-League-Finalisten keineswegs als ausgeschlossen, ein 2:6-Debakel verändert aber die Geschäftsgrundlage. Bayer ist am schwarzen Mittwoch auf einem Tiefpunkt angelangt, der vorläufig zu nennen wohl angebracht ist. Die Erfolge des Vorjahres, Zweiter in Europa, Deutschland und im DFB-Pokal, wirken nun eher wie Belastungen angesichts einer Krise, die so einfach nicht zu beenden sein dürfte.“
Erik Eggers (Tsp 20.9.) verfasst einen Nachruf. „Das große Team Bayer Leverkusen, das vergangene Saison die Herzen vieler europäischer Fußballfans eroberte, weil sein Offensivfußball eine neue Stilprägung versprach, eben das Antikonzept zu den effektiven Maurern aus Mailand, Madrid und München – dieses große Team, es ist nicht mehr.“
Spielbericht FAZ
Die SZ (20.9.) zitiert. „Nach dem 2:6-Debakel bei Olympiakos Piräus war nur noch die Frage offen, wie wenig Leben in der Mannschaft von Bayer Leverkusen sei. Keines mehr, fand die griechische Sport- Tageszeitung Derby und stellte die derb sarkastische Behauptung auf: „Olympiakos treibt Unzucht an der Leiche von Leverkusen.““
Torsten Haselbauer (FAZ 18.9.) porträtiert den Leverkusener Gegner. „Olympiakos Piräus ist so etwas wie der FC Schalke 04 und Bayern München zusammen. Der Verein wurde 1925 von Hafenarbeitern und Flüchtlingen aus Kleinasien gegründet und war in den dreißiger Jahren mit sechs Meistertiteln sehr erfolgreich. Noch aus dieser Zeit der lokalen Verwurzelung im Hafenmilieu stammt der Ruf einer „roten Mannschaft“, was sich nicht nur auf die Trikotfarben bezieht, sondern auch auf die politische Ausrichtung des Gesamtvereins. Die Klubführung in Piräus vermag dieses „linke“ Image trendgerecht zu vermarkten. Seit den neunziger Jahren ist Olympiakos jedoch ebenso zu einem Team der Sozialaufsteiger in der griechischen Hauptstadt geworden (…) Olympiakos beschäftigt Marketing- und Merchandisingexperten und besitzt einen eigenen Fernsehsender. Der Gang an die Börse wird vorbereitet. Siebzig Angestellte verdienen ihr Geld beim modernsten und beliebtesten Sportverein Griechenlands.“
Von Andreas Morbach (FR 18.9.) erfahren wir von einem vermeintlichen Schiedsrichterskandal. „Wenn Karlheinz Pflipsen, vor einem Jahr von Panathinaikos Athen zu Alemannia Aachen gewechselt, an seine zwei Jahre in der ersten griechischen Liga denkt, kommt ihm manch seltsame Schiedsrichterentscheidung in den Sinn. Wobei am seltsamsten war: Immer fielen sie zu Gunsten des Rivalen Olympiakos aus. Der 31-Jährige bekam bei seinem fußballerischen Intermezzo im Südosten Europas sehr wohl spitz, dass Piräus nicht allein aus eigener Kraft zu elf Meistertiteln – zuletzt sechs in Folge – seit Einführung der Profiliga vor 23 Jahren gekommen ist. Ein Elfmeterpfiff hier, ein nicht gegebenes Tor dort – auf Hellas ist die kontinuierliche Benachteiligung der Olympiakos-Konkurrenz, allen voran von Panathinaikos und AEK Athen, ein offenes Geheimnis.”
Arsenal London – Borussia Dortmund 2:0
Europäischen Wettbewerben diagnostiziert Christian Eichler (FAZ 19.9.) eine inflationäre Bedeutung. „Europapokal, erster Spieltag, das war einmal das Signal, dass der Sommer vorbei war, dass man aber zum Ausgleich über das Rauschen des Radios, das Flimmern des Fernsehers besondere Emotionen serviert bekäme – den aufregenden Fußballvergleich verschiedener Ligen, Länder, Kulturen. Champions League, erster Spieltag, das ist nur noch ein Pflichttermin im vollen Kalender, Zusatzgeschäft, Alltag, eine leicht lästige Dienstreise. Genauso hat Borussia Dortmund am Dienstag in London auch gespielt: nichts riskiert, nichts gewonnen, nicht mehr verloren als nötig. Eine Übung in Schadensbegrenzung. So hat der deutsche Meister in der Champions League nur kleine Brötchen gebacken. Man fabrizierte eine Niederlage ohne Nebenwirkungen, ein Rückzugsgefecht ohne Kollateralschäden (…) Doch Sammers Klagen hielt sich in Grenzen. Niemand hatte sich blamiert, nichts von dem noch dünnen Selbstvertrauen der neuen Saison war aufs Spiel gesetzt worden. Motto: das Glück nicht gerade erzwungen, aber auch kein Unglück riskiert. Kein Abend, um irgend etwas anzuprangern (…) Arsène Wenger, dem Trainer von Arsenal, ist das Brot längst nicht mehr genug – seit der Elsässer in England wirkt, ziert französische Patisserie die Londoner Fußballkost. Das Publikum in Highbury ist längst an höchste Kombinationskunst gewöhnt, wie sie Arsenal vor dem 2:0 bot. Nach einer Ecke von Dortmund brauchte es nur 13 Sekunden und sieben Ballberührungen von vier Spielern, bis der Ball im Dortmunder Netz lag.“
Raphael Honigstein (SZ 19.9.) sah einen verdienten Sieger. „Ohne wichtige Kräfte wie Amoroso, Ricken, Rosicky und Wörns war Borussia Dortmund am Dienstag kein Team, das den zur Zeit brillant aufspielenden Gunners auf Augenhöhe begegnen konnte. Um den eklatanten Unterschied einigermaßen auszugleichen, hatte die Mannschaft von Trainer Matthias Sammer tapfer die deutschen Tugenden in die Waagschale geworfen, aber schnell gemerkt, dass diese gegen traumhaft sicheren Kombinationsfußball kaum ins Gewicht fallen. Während den einen ein kreatives Hirn fehlte, das die redlichen Bemühungen in produktive Bahnen lenken konnte, schienen sich die anderen für schnöde Grundbedürfnisse des Fußballs wie Einsatz oder Zweikampfstärke gar nicht groß zu interessieren; die Londoner denken nämlich längst in ganz anderen Kategorien.“
Spielberichte von den Uefa-Cup-Spielen
Gomel-Schalke FR
Stuttgart-Ventspils FR
Donezk-Bremen FR
AS Roma – Real Madrid 0:3
Bei einer 1:0-Führung bei der AS Roma begleitete Birgit Schönau (SZ 19.9.) Real Madrid in die Pause. „Es blieb noch eine ganze Halbzeit, um die Demontage des italienischen Vizemeisters komplett zu machen. Und die Mannschaft aus Madrid vollzog sie ebenso genüsslich wie gnadenlos. Lässig und nahezu traumwandlerisch sicher spielten die Spanier mit dem völlig kopflosen AS Rom Katz und Maus, vollführten im Überschwang ein paar Dribblings ohne Sinn und Ziel – und machten noch zwei Tore. Es erschien alles so mühelos, klar und selbstverständlich, dass sie gegenüber der gedemütigten Roma generös auf großen Torjubel verzichteten und die italienischen Tifosi staunten.“
FC Valencia – FC Liverpool 2:0
Zum 2:0-Sieg Valencias über den FC Liverpool liest man bei Felix Reidhaar (NZZ 18.9.). „Es war mithin erstaunlich, wie stark die einfallslosen Briten um das Geschick des Handelns gebracht wurden. Vor allem die Abwehr wusste sich oft nicht zu helfen, wurde häufig mit Leichtigkeit ausgespielt, aber auch im statischen Aufbau fehlten Bewegung und Tempovariationen. Die Valencianos waren von ganz anderem Schrot. Auf direkte Zuspiele und Beschleunigung der Vorstöße statt auf Abwarten bedacht, zeigten sie, wer Herr im Hause ist. Mit dem wunderschönen Führungstor nach 20 Minuten veranschaulichten sie ihre Klasse im Kombinationsspiel (…) Der Manager des FC Liverpool wäre nicht Franzose, hätte er die vergangene Saison geäußerte Kritik am Safety-first und an der eindimensionalen Spielweise seines Teams nicht als Herausforderung angenommen. Ihm schwebt seit je eine bessere Mischung aus Wirksamkeit des mannschaftlichen Konzepts und offensiver Unterhaltung vor, und seit Saisonbeginn bieten sich ihm zur Revision der Angriffs-Philosophie auch mehr Optionen. Von diesem Savoir-faire war in der ersten Phase der Premiership ansatzweise schon zu sehen. Je drei Siege und Remis sowie 13 Tore im ersten halben Dutzend Meisterschaftspartien verraten einen Trend zu mehr Sturmkraft“
Über die Verlierer heißt es bei Felix Reidhaar (NZZ 19.9.). „Die Reds, in den siebziger und frühen achtziger Jahren europaweit bekannt für ihren Angriffsstil und viermal Meistercup-Sieger, blieben erneut matt statt feurig. Offensivvarianten, im eigenen Land schon höflich applaudiert, waren nicht einmal ansatzweise erkennbar. Die Ursache hierfür bildete ein spanischer Meister, der auch dann noch die Autorität auf dem Feld blieb, als die Briten nach dem Seitenwechsel ein bisschen mehr Initiative ergriffen. Auch dies allerdings wenig inspiriert, wenig durchdacht und zudem verblüffend fehlerhaft. Man mag sich nur schwer an eine Spitzenmannschaft der Premier League erinnern, die so harmlos auf fremdem Terrain auftrat, wo sich doch Briten kaum beeinflussen oder ablenken lassen von gänzlich anderen, südländisch inspirierten Spielarten oder lauten Kulissen.“
FC Basel – Spartak Moskau 2:0
Peter B. Birrer (NZZ 18.9.) berichtet von einem „Höhepunkt Schweizer Fußballs“, dem 2:0-Heimsieg des Schweizer Meisters über Spartak Moskau. „Letztlich gab es nur einen Kritikpunkt: Der FC Basel hätte den Auftakt in der berühmten Champions League gegen Spartak Moskau viel früher zu seinen Gunsten entscheiden müssen (…) Der FC Basel ging und geht weiter seinen Weg, fügt seinem Märchen ein Kapitel nach dem anderen bei und scheint durch nichts und niemanden zu stoppen zu sein. Was bringt die nächste Bewährungsprobe in dieser Champions League, das Auswärtsspiel von nächster Woche an der Anfield Road von Liverpool? Es ist nichts mehr auszuschließen.“
Spielbericht SZ
Weiteres
Ein Spielbericht (FAZ 20.9.) über den 2:0-Sieg des FSV Mainz gegen Tabellenführer Eintracht Trier. „Nach zwei Siegen zum Auftakt der zweiten Liga gingen drei Partien am Stück verloren, darunter das Pokalspiel beim Regionalligaverein Unterhaching, und selbst die Heimaufgabe gegen den Tabellenletzten Reutlingen erwies sich als unlösbar. Da kam die Partie am Mittwoch Abend gegen den rheinland-pfälzischen Nachbarn und überraschenden Tabellenführer Eintracht Trier gerade recht. Fast 11.000 Zuschauer waren auf die Baustelle ins Bruchwegstadion gekommen, und mit dem Mut zur Emotion hat man sich gemeinsam zu einem 2:0 gekämpft. Es war kein Abend mit filigranem Fußball, aber es war ein Spiel mit dampfendem Temperament, schnell, mit hohem Risiko auf beiden Seiten. Die Zuschauer waren begeistert.“
Zum DFB-Förderkonzept heißt es bei Martin Hägele (SZ18.9.). „Es ist kein billiges Raster, in das der DFB da für die Stars von morgen investiert. Mit gut zehn Millionen Euro per annum steht das Talentförderprogramm in den nächsten Bilanzen, so lange jedenfalls wie der Präsident Gerhard Mayer-Vorfelder heißt. Dies ist sein Beitrag zum Wohl des deutschen Fußballs, die Idee ist ihm nach der nationalen Blamage bei der EM in Holland und Belgien gekommen. Im Pressedienst des DFB erklärt der 69-Jährige die Umsetzung des Projektes zur „Chefsache“, und jedermann kann sehen, dass dies wirklich „MVs Baby“ ist. Ob in Gütersloh, im schwäbischen Ebersbach oder in Wendelstein, nur ein paar Kilometer weg vom Gelände des 1. FC Nürnberg weiht MV Zentren ein oder macht Antrittsbesuche. Stolz wie ein Opa, der den Enkel im Wagen chauffiert (…) Kein Zweifel, der schwäbische Multifunktionär und emeritierte Politiker, der in ehrbaren Sportlerkreisen schon lange als nicht mehr vorzeigbar gilt, hat nun ein Mittelchen entdeckt, das all seine Image-Flecken verdecken soll. Gerade an der Basis, bei den Amateuren, dort, wo an den Theken und in den Kabinen der Klubheime die Stimmung gemacht wird, gibt es spontanen Beifall, wenn auf einmal den eigenen Kindern rosige Zeiten prophezeit werden. Kein anderer Sportverband hat sich jemals in solch einer Höhe für seinen Nachwuchs engagiert wie Mayer-Vorfelder und dessen Präsidiumskollegen.“
Neue Situation für Trainer Rangnick in Hannover SZ
„So genannte „Expressentführungen“ und sonstige kriminelle Übergriffe auf Fußballspieler und deren Familienangehörige sind mittlerweile Alltag im wirtschaftlich gebeutelten Argentinien“ erfahren wir von Jörg Wolfrum (FAZ 19.9.). „Prominentester Entführungsfall war im April das Kidnapping des 17 Jahre alten Cristian Riquelme, Bruder des von den Boca Juniors Buenos Aires zum FC Barcelona gewechselten Spielmachers Juan Román Riquelme. Erst nachdem dieser 160.000 Dollar unter einer Autobahnbrücke deponiert hatte, kam der entführte Bruder nach zwei Tagen wieder frei. Seinen folgenden Wechsel nach Spanien begründete Riquelme vor allem mit dem Wunsch, fortan „ohne Angst“ leben zu wollen. Denn der Großraum Buenos Aires wird in diesen Monaten von einer Welle der Gewalt bisher unbekannten Ausmaßes überrollt. Pro Tag sieben Morde lautet die Bilanz für das laufende Jahr (…) Um potenziellen Übergriffen zu entgehen, wechseln Fußballspieler heute wie einst Unternehmer und Politiker während der Militärdiktatur immer öfter die Route zwischen Trainingsplatz und Wohnung.“
Die FAZ (18.9.) vermeldet. „Nach 48 Jahren nimmt die afghanische Fußball-Nationalmannschaft wieder an den Asienspielen teil. Die letzten offiziellen Länderspiele der Afghanen wurden 1984 ausgetragen.“
Philipp Selldorf (SZ 18.9.) schlägt vor. „Während die Politiker die Nähe zum Fußball suchen, nähert sich erstaunlicherweise selten ein Fußballer der Politik. Dabei versorgen viele Funktionäre ihre Ämter auf eine Art, die sie für hohe politische Ämter qualifiziert. Südkoreas Verbandsboss Chung Mong-Joon, ein Machtpolitiker erster Güte, hat gerade seine Kandidatur als Staatspräsident bekannt gegeben. Und wäre der listige Weltfußballpräsident Joseph Blatter nicht auch ein idealer Weltmachtpräsident? Oder Rudi Völler ein Bundespräsident aller, wirklich aller Deutschen? Der Weltmann Franz Beckenbauer nicht der perfekte Außenminister?“
Friedhard Teuffel (FAZ 20.9.) berichtet von den politischen Karrieren ehemaliger Sportler.
Die Zeit(19.9.) stellt ein Deutschbuch für die ausländischen Fußballer von Bayer Leverkusen vor. Denn bei den bestehenden Lehrbüchern für Deutsch lachen sich die Spieler kaputt. Wenn der Lucio im Lehrbuch das Bild einer Waschmaschine sieht, dann kommt der nicht mehr in den Unterricht. Aber erst, wenn “ein Spieler im Alltag sprachlich zurechtkommt, fühlt er sich wohl. Wenn dann noch seine Frau Deutsch kann, fühlt sie sich wohl, und dem Spieler geht es auch besser. Er ist besser integriert. Er hat mehr Kontakt. Er spielt besser. Gerade südamerikanische Fußballer stoßen in Deutschland auf besondere Hindernisse. In Südamerika gibt es keine Selbstbedienungstankstellen. Als Diego Placente ein paar Tage hier war, kam ein Anruf von seiner Freundin. Die stand vor einer Tankstelle, und nichts passierte. Die war mit den Nerven völlig fertig. Es ist ein Buch für Fußballer, eingeteilt in 17 Kapitel für die 17 Heimspiele der Bundesligasaison. Im ersten Abschnitt geht es um die Begrüßung der Mannschaftskameraden in der Kabine. Deutschland wird über die Städte vorgestellt werden, die nächste Saison in der Bundesliga spielen, und höhere Zahlen werden über die Abschlusstabelle der vergangenen Saison veranschaulicht. Und Hausaufgaben? Machen die Spieler nicht. Definitiv.”
Gewinnspiel für Experten