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Emotionen

Oliver Fritsch | Donnerstag, 25. März 2004 Kommentare deaktiviert für Emotionen

Walter Haubrich (FAZ 22.4.) sah ein sehr gutes Spiel. „Der Klassiker der Primera División zwischen Real Madrid und dem FC Barcelona erregt immer noch am stärksten die Gemüter der spanischen Fußballfreunde und schürt mehr Emotionen als selbst die Viertel- und Halbfinalspiele mit spanischen Mannschaften in der Champions League. Und das sogar in Spielzeiten, in denen, wie in diesem Jahr, der Abstand zwischen den beiden Mannschaften elf Plätze beträgt. Real Madrid ist Spitzenreiter, und der FC Barcelona liegt mit 24 Punkten weniger auf Rang zwölf. Auf dem Feld war davon wenig zu sehen. Barcelona erkämpfte und erspielte sich am Karsamstag zu Recht ein 1:1 im Madrider Bernabéu-Stadion. Real konnte am Ende mit dem Resultat zufrieden sein. Nach Meinung der Barça-Spieler und der katalanischen Sportzeitungen war es das beste Spiel des FC Barcelona in dieser Saison (…) Der FC Barcelona freut sich über die Rückkehr von Luis Enrique nach mehrmonatiger Verletzungspause. Der Spanier versteht es wie kein anderer, seine häufig zu ballverliebten und manchmal trägen Mannschaftskameraden aus Argentinien und Holland mitzureißen und zum Angriff zu treiben. In Madrid war er diesmal der beste Spieler auf dem Rasen des Bernabéu und dazu der Torschütze. Von dort, von Real Madrid, ist er zum FC Barcelona gewechselt, ohne daß die Madrider Fans ihn deshalb als Verräter beschimpfen, wie das die culés, die Barça-Fanatiker, noch heute, zweieinhalb Jahre nach seinem Wechsel, mit ihrem früheren Idol Figo tun. Überhaupt scheinen die Real-Fans eine Spur toleranter zu sein. Die von Ronaldo geäußerte Vermutung, der traditionsreiche katalanische Verein könne in diesem Jahr absteigen, möchte eigentlich niemand bestätigt sehen. Ohne die nationalen Klassiker Real Madrid gegen FC Barcelona wäre die Primera División ihrer größten Attraktion beraubt.“

Das mögen die Diven nicht

Peter Burghardt (SZ 22.4.) nicht. „Am Mittwoch spielt die Wundertruppe wieder Europacup, da wird sie sich wohl fühlen. Oder auch das nicht mehr in diesen grauen Tagen? Gewöhnlich ist die Champions League ja die Paradeveranstaltung von Real Madrid, das in den vergangenen vier Jahren dreimal Turniersieger war und dort auch den letzten Höhepunkt hatte: Beim Viertelfinal-Hinspiel vor 14 Tagen gegen Manchester United führte die teuerste Mannschaft der Welt nach 49 Minuten 3:0 und schien durch die Saison zu fliegen. Vielleicht begann die Landung bereits mit Van Nistelrooys Gegentreffer zum 3:1, seither jedenfalls wurde es ungemütlich. In Spaniens Liga gingen die müden Helden erst 2:4 in San Sebastian baden und retteten am Samstag gegen den FC Barcelona dann mit Mühe ein 1:1, das an Hässlichkeit kaum zu überbieten war. Von einem Steilpass auf den anderen sind die Traumtänzer in die Realität abgestürzt, weil ihnen die Gegner plötzlich wieder auf die Füße stiegen (…)Die weißen Künstler waren erschrocken, dass ihnen da jemand ernsthaft den Platz für Hackentricks und Pirouetten versperrte. Trainer Vicente del Bosque riet nachher, seine Spieler sollten öfter mal ihre Intelligenz benützen, was auch ihm selbst zu empfehlen sei. Anders als del Bosque hatte Kollege Radomir Antic eine Taktik entworfen und meldete nachher stolz, sein Team habe Real Madrid „entblößt“ und „eine Bescheidenheits-Kur verpasst“. Im europäischen Halbfinale der Champions League könnten sich die Streithähne wiedersehen, sofern der FC Barcelona am Dienstag gegen Juventus Turin und Real Madrid tags darauf im Old Trafford besteht. Manchesters Alex Ferguson sollte Körperkontakt anordnen, das mögen die Diven nicht.“

Antic, das einzige lachende Antlitz

Zur Lage beim FC Barcelona heißt es (nach dem sportlich hervorragenden Auftritt beim 1:1 in Madrid) bei Markus Jakob (NZZonline 20.4.). „Von Janusköpfigkeit hat man gesprochen und vom blau-granatenen Limbo, um den diesjährigen FC Barcelona in seiner Widersprüchlichkeit zu fassen: in der Liga ein Schattendasein fristend, scheint ihm in Europa kein Ziel zu hoch (…) Durch die maladroite Geschäftsführung des im Sommer 2000 gewählten Präsidenten Gaspart wuchsen sie sich zum Bruderkrieg aus und hinterliessen, nachdem Gaspart Mitte Februar nur Tage nach dem ungeliebten Trainer van Gaal zurückgetreten war, eine tiefe Fraktur – und mehr noch Ratlosigkeit, als der Antic- Effekt verpuffte und den anfänglichen Erfolgen des neuen Trainers die ersten Rückschläge auf dem Fuss folgten. In Meisterschaftspunkten gerechnet, liegt Antics Ausbeute nur knapp über jener van Gaals, ohne dass ihn das bisher Sympathien gekostet hätte. Antic ist heute das einzige lachende Antlitz in einem Klub, dessen Verfassung sich in den Mienen der Spieler spiegelt: in den schuldbewusst herabhängenden Mundwinkeln Xavis und im traurigen Blick Riquelmes. Es ist, als sei den jungen Männern das verlorene Prestige des Klubs dauernd gegenwärtig: etwa die letzte Woche fällige, aber auf zivilrechtlichem Weg hinausgeschobene Platzsperre. Oder die Nettoschuld von 130 Millionen Euro – zuzüglich der 60 Millionen, die von Nike und den Fernsehanstalten vorgeschossen wurden. Die Grossbank La Caixa hält Barça nicht mehr für kreditwürdig; eine andalusische Bank musste einspringen. Mittelfristig wird man wohl nach dem Vorbild von Real Madrid und Espanyol die Immobilien verschachern.“

Gewinnspiel für Experten

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