Ballschrank
Englands goldene Generation?
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| Donnerstag, 25. März 2004
Ronald Reng (FTD 2.4.) beleuchtet den Zustand der englischen Nationalmannschaft. „Dass das selbst ernannte Mutterland des Fußballs seit 1966 keine Meisterschaft mehr gewann, hat die Ungeduld wachsen lassen. Dies nun ist die auserwählte Generation mit David Beckham, Rio Ferdinand oder Michael Owen. Wie lange schon wird darüber geredet, dass eine fantastische Zukunft vor dieser Elf liege – und plötzlich erkennt man in England: „Die Zukunft? Nun, die Zukunft kommt nie. Hier und jetzt musst du gewinnen“, sagt Verteidiger Gareth Southgate, der mit 32 der Erfahrenste im Aufgebot ist. Auf einmal stellt man fest, dass die Anführer der Generation wie Kapitän David Beckham oder auch Abwehrspieler Sol Campbell zwischen 27 und 30 sind. Das ist das beste Fußballalter, heißt es immer. Nur: Es bleibt kein Raum mehr, um sich auf die kommenden Jahre zu vertrösten. Jetzt muss sich langsam erweisen, wie gut dieses englische Team wirklich ist – und auch deshalb spürt Trainer Eriksson nun beim kleinsten Schluckauf wie dem uninspirierten Kick in Liechtenstein so heftige Kritik: Weil in England die Angst vor der Offenbarung wächst, dass diese Generation vielleicht doch nicht golden war. Weil das niemand sehen will, schiebt man die Schuld lieber gleich auf den Trainer. Sachlich betrachtet hat Sven-Göran Eriksson in seinen ersten zwei Jahren der englischen Auswahl das gegeben, was sie zunächst einmal brauchte: ein ruhiges Passspiel, eine systematische Defensive, exzellente Konterattacken. Welt- oder Europameister wird man damit nicht. Nun müsste der nächste Schritt folgen, mehr Kreativität, mehr Risiko, mehr Variation.“
Der Messias aus der Pfalz
Tobias Schächter (taz 2.4.) berichtet von Euphorie in Albanien „Die Hoffnung wird oft als ein zartes Pflänzchen beschrieben, das in guten Zeiten, so raten weise Geister, gehegt und gepflegt werden muss. In schlechten Zeiten wiederum soll man die Hoffnung nicht aufgeben. In jedem Fall soll die Hoffnung gewahrt werden. Über die Hoffnung sagt man – wie tröstlich –, sie sterbe zuletzt. In Albanien ist das seit letzten Samstag alles ganz anders. Die Hoffnung in Albanien ist in Deutschland geboren. Sie ist schwer und groß und 47 Jahre alt. In Albanien hat die Hoffnung nun sogar einen Namen und einen Beruf. Die Hoffnung in Albanien heißt Hans-Peter Briegel und ist Fußballtrainer. Mit 3:1 gewann die Nationalmannschaft Albaniens am Samstag das Qualifikationsspiel der EM-Gruppe 10 gegen Russland. Es war der erste Sieg einer albanischen Fußballnationalmannschaft nach knapp zwei Jahren. Und es war der erste Sieg des neuen Trainers Hans-Peter Briegel – in seinem ersten Spiel. Historisch nannten die Kommentatoren der albanischen Medien den Erfolg. Und auch drei Tage nach dem prestigeträchtigen Triumph des ehemals kommunistischen Albaniens gegen das Kernland des ehemaligen Sowjetreiches klingt die Stimme des neuen albanischen Nationalhelden heiserer, als sie ohnehin ist: Die Leute hier haben auf solch ein Ereignis gewartet, sagt Briegel und muss erst einmal husten. Nur drei Monate, ach was, nur 90 Minuten benötigte der Graugelockte, bis ihm der albanische Ministerpräsident vor Freude in die Arme sprang und Zehntausende im Stadion in Shkoder und auf den Straßen des Balkanlandes Briegels Namen skandierten – fast so, als wäre ein Messias zu ihnen gekommen, um sie zu erlösen (…) Briegel ist ein Mann der Emotion. Kritische Beobachter erkennen in seiner oft undiplomatischen Sprache, mit der er sein Amt als Verwaltungsrat des 1.FC Kaiserslautern zuweilen bekleidet, zu Recht eine gewisse Naivität. Aber wer die Walz von der Pfalz sich am Samstag im Stadion von Shkoder hat freuen sehen, als er wie ein Kind vor Freude Luftsprünge gehopst hat, der weiß: diese Emotionen sind echt. Deshalb lieben sie ihn in Kaiserslautern. Sie lieben ihn in Verona, wo er mit Hellas als Spieler italienischer Meister wurde und wo er bis heute weder Kaffee noch Pasta in den Cafés rund um die Piazza Bra bezahlen muss.“
Respekt für Vogts in Schottland
Zur Stimmung in Schottland liest man von Timm Schröder (Tsp 2.4.). „Bei einem Sieg heute in Kaunas gegen Litauen würden die Schotten die Tabellenführung gar ausbauen. Die Momentaufnahme in der Qualifikation ist nicht die einzige Statistik, die in Schottland als Bestätigung für die Arbeit des neuen Trainers ausgelegt wird. In der Rangliste des Weltverbandes Fifa haben sich die Schotten um fast 50 Plätze verbessert – bis auf Platz 13. Berti Vogts aber hat andere Zahlen im Sinn, und die gefallen ihm weniger. Es ist das sensationelle 1:1 der Litauer am Samstag in Nürnberg gegen die Deutschen, das den schottischen Trainer ein wenig aus dem Rhythmus gebracht hat. „Die Litauer sehen jetzt eine Chance, den zweiten Platz zu erreichen. Die werden sich gegen uns zerreißen.“ Es sind Tage wie die vor dem Spiel in Litauen, in denen Vogts sich schottischer gibt als die Schotten selbst. Ein wenig irritiert hat er vor dem Spiel gegen Island festgestellt, „dass einige meiner Spieler ja nicht einmal die Nationalhymne mitsingen“. Vogts kennt den Text auswendig: „Flower of Scotland, when will we see Your like again…“ In Schottland staunen sie, dass es ausgerechnet ein Deutscher ist, der von den Schotten mehr Patriotismus fordert. Wie sehr die schottische Sache seine Sache ist, hatte Vogts schon bei seiner Amtseinführung demonstriert, als er sich selbst den Künstlernamen Berti McVogts gab. Das kam gut an in der schottischen Presse. Vogts hat sich in seiner kurzen Zeit in Schottland den Respekt erworben, um den er sich in Deutschland immer geprellt sah.“
„Schottland und Litauen definieren ihre EM-Chancen neu – nur Trainer Vogts warnt vor Deutschland“ SZ
Dario Venutti (NZZ 2.4.) berichtet von einem Altbekannten. “Der Gesichtsausdruck ist wie immer leicht gequält und die Stimme leise und monoton. Seine Karriere weist zu viele Facetten auf, als dass sich Stéphane Chapuisat beeindruckt zeigen würde vom archaischen Bild, das dem Publikum in der Schweiz über Georgien gezeichnet wird, um einen allfälligen Erfolg der Nationalmannschaft in Tiflis als heroische Tat erscheinen zu lassen. Chapuisat mag darüber erst gar nicht reden, ebenso wie er nicht gerne auf Fragen nach seiner Person eingeht, sondern gleich ins Allgemeine überleitet. Im 17.Jahr als Fussballprofessional bereitet es ihm keine Mühe mehr, die immer gleichen Fragen mit eingeübten Antworten zu parieren und dabei auf eine liebevolle Art gelangweilt zu wirken. Fussballerisch betrachtet, ist Chapuisat ein Ausnahmekönner. Dieser Umstand hat schon manchen Journalisten dazu veranlasst, auch in seiner Persönlichkeit das Besondere zu suchen. Die Diskrepanz zwischen Melancholie neben und Leidenschaft auf dem Fussballplatz ist eine ideale Projektionsfläche, die aus Prägungen durch den temperamentvollen Vater und Chapuisats eigenem Wunsch nach Selbsterfahrung durch Fussball („Das Kind im Manne“) schöpft. Er ist aber in erster Linie deshalb von medialem Interesse, weil er dem Bild des idealen Helden entspricht. Durch sein Talent zum Star geworden, scheint er dennoch stets bescheiden geblieben zu sein.“
Auf Heise online lesen wir. „Die ausufernden Datenmengen über die Fußball-Weltmeisterschaft 2006 in Deutschland sollen für Fans sowie Unternehmen, Städte und Medien übersichtlich und schnell zu nutzen sein. Dieses Ziel hat eine am Montag in Berlin vorgestellte Initiative der Deutschen Telematikgesellschaft. Dabei geht es beispielsweise um die Bündelung von Daten über Verkehr, Kartenverkauf, Tourismus, Gastronomie und Veranstaltungen parallel zur WM in den Ausrichter-Städten sowie um Sicherheitsfragen. Die Meisterschaften sollen sich nicht nur auf die Austragungsorte beschränken, sondern ganz Deutschland zu einem grossen Eventveranstalter vereinen, teilt die Initiative mit.“
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