Ballschrank
Erfahrungen mit Jürgen Kohler
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| Donnerstag, 25. März 2004
Christoph Biermann erzählt in der heutigen taz von seinen Erfahrungen mit Jürgen Kohler, dem neuen Sportdirektor von Bayer Leverkusen, wundert sich dabei, warum die Öffentlichkeit und nicht zuletzt die Bayer-Vereinsführung vom kürzlich noch aktiven Fußballer Großes auf die Schnelle erwarten. Gleichzeitig stellt sich wieder einmal die Frage, ob hierzulande eine Fußballerkarriere im Hinblick auf einen Funktionärsposten nicht überschätzt wird.
„Nirgendwo wird geglaubt, dass Menschen etwas ohne Erfahrungen und Lernschritte einfach zufällt. Außer im Fußball, dieser vormodernen Welt. Weshalb auch Sportdirektor Kohler noch eine ganz Zeit brauchen wird, bis er seinen Arbeitsplatz ausfüllen kann.“ Christoph Biermann (taz 3.4.) berichtet von seinen persönlichen Lehrerfahrungen mit Jürgen Kohler, den er einmal in Rhetorik unterrichtete. „Vielleicht lag es an der goldrandigen Brille, dass Jürgen Kohler mir damals wie mein Musterschüler vorkam. Aufmerksam zugehört hatte er, den Kopf dabei leicht zur Seite gelegt und mitgeschrieben, was mitzuschreiben war. Offensichtlich gehörte er zu den besonders lernwilligen Teilnehmern des Rhetorikkurses, der ein Teil des verkürzten Trainerlehrgangs für verdiente Fußballer des Volkes war. Berti Vogts hatte ihn noch als Bundestrainer angeregt und sich damit den Zorn vieler Fußballlehrer zugezogen, die nicht der Ansicht waren, dass eine große Karriere am Ball eine Abkürzung zur Trainerbank verdiente. Ich konnte den Klinsmanns, Sammers oder Kuntz damals nur wenig Neues über den Umgang mit der Presse erzählen, von ein paar grundsätzlichen Hinweisen einmal abgesehen. Auch Kohler wusste längst, wie es geht, das konnte ich dieser Tage wieder sehen, als er in Leverkusen als neuer Sportdirektor vorgestellt wurde. Gut machte er das, in einer ausgewogenen Mischung aus Verbindlichkeit und demonstrativer Entschlusskraft überzeugte er die nölige Meute Reporter. Dass dem lernwilligen Mann in den Zeitungen jedoch umgehend und ziemlich einhellig die Rolle eines Retters zugewiesen wurde, gehört zu den Mysterien des Fußballs. Denn warum soll jemand, der zuvor noch nie als Sportdirektor gearbeitet und gerade neun Monate auf der Trainerbank gesessen hatte, ein Instant-Erfolg in neuer Rolle sein? Warum bekam Kohler neben einem Katzentisch im Büro von Reiner Calmund einen Vertrag über fünf Jahre? Eine logische Erklärung gibt es dafür nicht, sondern nur eine, die in der seltsamsten Branche der Welt gilt. Eines der dort am höchsten gehandelten Güter ist nämlich Aura.“
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