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Es gibt nicht viel, was den HSV mit dem FC St. Pauli verbindet

Oliver Fritsch | Donnerstag, 25. März 2004 Kommentare deaktiviert für Es gibt nicht viel, was den HSV mit dem FC St. Pauli verbindet

Jörg Marwedel (SZ 21.11.). „Es gibt nicht viel, was den HSV mit dem FC St. Pauli verbindet – als Lehrstück für die Rolle der Mitglieder in den zu Unternehmen mutierten Klubs taugen beide auf ihre Weise. 24 Stunden vor dem HSV werden auf gleicher Bühne die Mitglieder des so genannten Kiez-Klubs tagen; sie müssen nachsitzen, weil sie vor vier Wochen eine tumultartige Hauptversammlung nicht zu Ende brachten und sich nicht einig wurden, wie sie die ebenfalls schwer durchschaubaren Verästelungen des FC St. Pauli und seiner Satellitenfirmen bewerten sollen. Das hat zu derart verhärteten Fronten geführt, dass die Schlammschlacht längst zur stärksten Disziplin des Vereins geworden ist (…) Über „Kumpel Ronny“, den Interims-Vorsitzenden des Hamburger SV, weiß der Aufsichtsratschef Udo Bandow nur Gutes zu berichten. „Ronald Wulff“, glaubt Bandow, „hat in den HSV das zurück gebracht, was zuletzt vermisst worden ist: Herzlichkeit, Gradlinigkeit, Ehrlichkeit.“ Nach dem 3:1 am Samstag in Nürnberg hat Wulff den Profis sogar Bier in die Kabine getragen. Und weil die Stimmung seit dem Abdanken von Klubchef Werner Hackmann, dem interne Kritiker sogar „Stasi-Methoden“ unterstellten, so prima ist, wird es die Mitglieder auf der Hauptversammlung am Freitag im Congress Centrum nicht einmal stören, dass Hackmanns eigentlicher Nachfolger noch nicht gefunden ist – und überhaupt allerlei Fragen zum sportlichen und wirtschaftlichen Erbe der alten Führung offen sind. Vielleicht hilft ja bei der Suche das „Anforderungsprofil“, das der HSV- Aufsichtsrat für den neuen Mann erstellt hat. Der braucht demnach „natürliche Autorität, englische Sprachkenntnisse, eine effiziente Kommunikation sowie Fähigkeiten im Informations- und Konfliktmanagement“. Vom Fußball ist vorsichtshalber keine Rede.“

Frank Heike (FAZ 21.11.). „In der Führung des FC St. Pauli tobt seit einigen Wochen eine Schlammschlacht. Es gibt die Mächtigen, die im Hintergrund die Strippen ziehen und Marionetten tanzen lassen, es gibt eine Opposition aus Mitgliedern und Sponsoren, die ausgewählten Journalisten belastende Informationen zukommen lassen. Den Reportern wird später von den Mächtigen mit Unterlassungsklagen und Gegendarstellungen gedroht. Der Vorwurf der persönlichen Bereicherung steht im Raum. Von Interessenkonflikten wird gesprochen, von undurchsichtigen Firmengeflechten geschrieben, von Kontrolleuren, die sich selbst kontrollieren. Der FC St. Pauli, der vor neun Monaten in der Bundesliga den FC Bayern München besiegte und sich in der höchsten Klasse sanieren wollte, steckt wegen der auf Filz und Vetternwirtschaft lautenden Vorwürfe in einer schweren Krise.“

„Aus dem einstigen Freudenhaus der Liga ist ein Irrenhaus geworden, und das sieht auch der Hauptsponsor, die Krankenversicherung Securvita, mit Sorge.“ Aus St. Pauli berichtet René Martens (FTD 20.11.). „Am Sonntag reist St.Pauli nun zum heimstarken Aufsteiger Wacker Burghausen; als krasser Außenseiter. Eine seltsame Lage für einen Klub, der vor neun Monaten noch gegen den FC Bayern gewonnen hat, und dennoch wirken die sportlichen Begebenheiten eher unspektakulär, verglichen mit den Enthüllungen, mit denen sich der Verein seit dem Wochenende konfrontiert sieht. Die Hamburger taz und die FR enthüllten, dass die Einnahmen der FC St. Pauli Vermarktungs GmbH und Co. KG, die der Verein im Herbst 2000 gemeinsam mit der Sportmarketingagentur Upsolut gegründet hatte, nur zu einem verhältnismäßig geringen Teil beim Verein landen. Als Profiteure des Deals gelten die Mitglieder des vereinsintern so genannten Paulick-Clans. Otto Paulick war in den 80er Jahren Präsident und musste 1990 zurücktreten, nachdem sich das Hamburger Landgericht 15 Monate lang mit seiner eigenwilligen Art der Vereinsführung beschäftigt hatte. In seiner Anwaltskanzlei nahe der Hamburger Speicherstadt und in seinem Haus an der Elbchaussee treffen sich aber immer noch oft die Wichtigen und die Wichtigtuer aus dem Umfeld des FC, und vor allem ist Paulicks Sohn Peter jetzt der starke Mann im Klub. Er fungiert als stellvertretender Aufsichtsratsvorsitzender, als Aufsichtsratschef bei Upsolut, die zu einem Drittel seinem Schwager Michael Hinz gehört, und er sitzt gemeinsam mit Letzterem sowie FC-Präsident Reenald Koch im Kontrollgremium der St. Pauli-Vermarktungstochter.“

Christoph Biermann (taz 21.11.). „Schön ist es, wenn man solche Frauen wieder trifft, die man immer besonders gern hatte, ohne dass sich diese Zuneigung in erotische Aufwallungen verwandelte. Ein besonderer Zauber liegt über dieser Art von Begegnungen, ein Flirren zwischen Flirt und Wertschätzung, das ohne Schwere ist. Doch kann dieser Reiz eines Tages verflogen sein und sich die Frage stellen, warum das eigentlich passiert ist. Und damit verbunden das Rätsel sein, ob der Zauber der Vergangenheit nicht einfach nur ein Trugbild war. Auch wenn man Fußballvereine besser nicht wie Menschen lieben sollte, hilft die Analogie an dieser Stelle trotzdem weiter. Dem FC St. Pauli hat schon lange meine besondere Sympathie gegolten, ohne dass ich für den Klub je als Fan gefühlt habe. Eher war es so, dass Menschen, denen in meinem Herzen ein fester Platz eingeräumt ist, mit dem Team gelitten haben. Sowieso gebührt dem Klub ein fester Platz in der deutschen Fußballgeschichte, ohne auch nur einen Titel gewonnen zu haben. Denn selbst wenn es bisweilen selbstgefällige Züge hat, wie seine Fans ihr Anderssein stilisieren, kann man dankbar über ein Fußballpublikum sein, das so lange schon aus all den dunklen Übereinkünften ausgeschert ist, die es in unseren Stadien gegeben hat und gibt. Für Ausländer, für Frauen oder für Schwule ist das Millerntor früher als anderswo ein Stadion geworden, wo sie sich beim Fußball zu Hause fühlen durften. Gut ist das, und ich habe dort zudem schlicht schon eine Menge Spaß gehabt, oder anderswo, wenn Fans des FC St. Pauli aufgetreten sind. Auch für die fast naturgegebene Rolle des Underdogs in der Stadt des großen HSV hatte ich stets viel Sympathie. Zumal, wenn sie mit Würde ausgefüllt wird, weshalb an dieser Stelle den Fans von St. Pauli nach dem letzten Lokalderby schon einmal Respekt dafür gezollt wurde, dass sie nicht andere, sondern einfach gute Fans sind. Schön wäre, wenn das auch über die Führung des Weltpokalsiegerbesiegers zu sagen wäre.“

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