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FIFA-Präsident Sepp Blatter

Oliver Fritsch | Donnerstag, 25. März 2004 Kommentare deaktiviert für FIFA-Präsident Sepp Blatter

FIFA-Präsident Sepp Blatter forciert die Änderung des Reglements. Nun ist der amtierende Weltmeister nicht mehr automatisch für das nächste Turnier qualifiziert: eine politische Entscheidung.

Als politische Entscheidung mit fragwürdigem Stil interpretieren die Autoren Berries Bossmann (Welt 05.12.), Andreas Burkert (SZ 01./02.12.), Wolfgang Hettfleisch (FR 01.12.) und Roland Zorn (FAZ 01.12.) die „historische Entscheidung“ (Blatter) der FIFA-Exekutive, das Qualifikationsprivileg des amtierenden Weltmeisters zu streichen. Erstens irritiere die Vorgehensweise des „wendigen und mit allen Wassern gewaschenen Machtmenschen Blatter“. Dieser habe „die Tagesordnung souverän missachtend“ (Hettfleisch) die Agenda ohne Vorankündigung um diese Fragestellung erweitert und somit seine Kollegen im Regierungsorgan überrumpelt. Zweitens seien die primären Gründe für diese Entscheidung kaschiert worden. Tatsächlich kann nämlich der FIFA-Generalsekretär nunmehr sein Versprechen einlösen, wonach er Asien vor langer Zeit einen zusätzlichen – sprich vierten – Startplatz garantiert hatte. Statt dessen präsentiere sich Blatter als „Mann des Ausgleichs“, der den Modus an zeitgemäße Anforderungen anpassen wolle. Bei Kontinentalmeisterschaften in Europa und Südamerika schließlich muss sich der Titelverteidiger für das nächste Turnier qualifizieren.

Die getroffene Entscheidung werde den Walliser „selbst am meisten freuen“ (Burkert). Momentan dominieren nämlich Mutmaßungen, „dass die Wiederwahl Blatters als FIFA-Präsident auf dem nächsten ordentlichen Kongress in Seoul unmittelbar vor Beginn der WM 2002 noch nicht gesichert sei“ (Zorn). Im „Kampf um seine zweite Amtsperiode“ (Burkert) zähle folglich jede Stimme. Europas Gunst drohe verloren zu gehen, kritisieren seine Vertreter doch immer wieder Führungsstil und Finanzpolitik Blatters. Zu deren Besänftigung wird die Entscheidung sicherlich nicht beitragen, profitierten bisher vom automatischen Startrecht des Weltmeisters de facto Europäer und Südamerikaner. Hingegen sieht man es in „Asien und Afrika […] naturgemäß gern, wenn den Europäern und Südamerikanern ein Privileg gestrichen wird“ (Hettfleisch).

In einem so genannten Kommentar vermeidet Rainer Holzschuh (kicker 03.12.) – wohlgemerkt Herausgeber – sowohl die Namensnennung Blatters als auch jedes kritische Wort über die Angelegenheit. Zwar sieht er darin eine „politische Entscheidung“, doch bezeichnet er die Arbeit der „FIFA-Weisen(!)“ als „fleißig(!)“. Wahlkampfkalkül hat er offensichtlich nicht ausgemacht. Dabei lasse der Auftritt des profilierungssüchtigen Südkoreaner Chung Mong Joon im Rahmen der Auslosung nach Meinung vieler Autoren Ambitionen auf das höchste Amt in der Welt der Fußballfunktionäre erkennen. Dieser habe Blatter öffentlich düpiert, indem er ihn beim vorabendlichen Dinner bat, „eine Begrüßungsrede zu halten, worauf er jedoch von den Gastgebern nicht vorbereitet war“ (Bossmann). Als einer der Gastgeber der WM werden sich Chung demnächst eine Reihe von prestigewirksamen Möglichkeiten bieten. Übrigens kursiert weiterhin der Name des Bild-Kolumnisten Franz Beckenbauer als möglicher Konkurrent. Dieser verneine zwar seine sportpolitischen Ambitionen, „doch wollte er auch nie Trainer und Präsident beim FC Bayern oder DFB-Teamchef werden“ (Bossmann).

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