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Finanzchaos in Kaiserslautern, Krach beim VfB, Protrait Rudi Assauer

Oliver Fritsch | Donnerstag, 25. März 2004 Kommentare deaktiviert für Finanzchaos in Kaiserslautern, Krach beim VfB, Protrait Rudi Assauer

Finanzchaos in Kaiserslautern – Rudi Assauer im Portrait – Krach beim VfB? – Real ist Weltcup-Sieger – elektronische Hilfe für den Schiedsrichter u.v.m.

Finanzchaos in Kaiserslautern

Peter Heß (FAZ 5.12.). „Von neutraler Seite erhielt der 1. FC Kaiserslautern ein wenig Anlaß zur Hoffnung. Der Justitiar der Deutschen Fußball Liga (DFL), Thomas Summerer, erkärte, das Risiko einer hohen Steuernachzahlung oder einer Strafe liege bei den Unterzeichnern der Verträge: Friedrich und Wieschemann auf der einen Seite, bei den Spielern und deren Vermarktungsagenturen auf der anderen – und nicht beim FCK. Falls das Finanzamt und im Falle einer gerichtlichen Auseinandersetzung die Richter zu der Annahme kämen, bei dem Ankauf der Persönlichkeitsrechte von Spielern handele es sich um Scheinverträge – und damit um verdeckte Gehaltszahlungen –, dann müßte der Klub nur für die nicht ausgewiesenen Sozialausgaben nachträglich aufkommen. Auch der Finanzdirektor von Bayer Leverkusen, Wolfgang Holzhäuser, kann den Steuervorteil, den sich Kaiserslautern erschlichen haben soll, nicht erkennen. Der frühere Finanzexperte des Deutschen Fußball-Bundes gilt als einer der besten Kenner des Steuer- und Finanzrechtes im deutschen Fußball. Also alles halb so schlimm für den einst so stolzen 1. FC Kaiserslautern? Es ist zu früh, um an Entwarnung zu glauben. Denn die Experten, die beschwichtigen, kennen die Details der Verträge nicht (…) Die Ruhe über der Pfalz hat etwas Bedrohliches, wie Gewitterwolken, die sich aus allen Himmelsrichtungen zusammenziehen. Entladen sie sich, könnten sich die wichtigsten Helfer des Vereins zurückziehen. Bisher sind die führenden Politiker in Land und Stadt immer dem FCK zur Seite gesprungen. Die erfolgreiche Bewerbung als Spielort der Fußball-Weltmeisterschaft 2006 war nur durch die enge Zusammenarbeit mit Ministerpräsident Beck und Oberbürgermeister Deubig möglich. Als der Streit im Verein auszuufern drohte, griff der Landesvater mäßigend ein und stellte sich sogar als Leiter der Mitgliederversammlung zur Verfügung. Bestätigen sich die schlimmsten Befürchtungen, könnte es sich kein Politiker mehr leisten, mit dem FCK in Verbindung gebracht zu werden. Das könnte dann wirklich das Ende sein.“

Sven Astheimer (FR 5.12.). „René C. Jäggi, Chef und auserkorener Retter des 1. FC Kaiserslautern, rennt zum Finanzamt mit Unterlagen, die den eigenen Laden schwer belasten. Es schwirren unschöne Vokabeln wie Untreue und Steuerhinterziehung durch den Raum. Womöglich muss der Bundesligist nun eine Summe in zweistelliger Millionenhöhe nachträglich an den Fiskus abdrücken. Dazu könnte, Boris Becker lässt grüßen, eine deftige Geldstrafe kommen – mit Zinsen. Für das Wirtschaftsunternehmen FCK, das vor wenigen Wochen wegen explodierender Kosten und ungedeckter Krediten für den Stadionausbau nur knapp die Insolvenz vermied, ein fast unüberwindlicher Brocken. Ja spinnen denn die Pfälzer, sich selbst derart ans Messer zu liefern ? Ist der Retter noch zu retten? Was auf den ersten Blick wie ein Steilpass Richtung eigenes Tor aussieht, könnte tatsächlich ein weiterer Befreiungsschlag des Schweizers Jäggi sein. Angesichts der Enthüllungen über die Zustände rund um den Betzenberg waren Finanzbehörden und Staatsanwaltschaft längst alarmiert. Aktive Beihilfe zur Aufklärung kann sich später strafmildernd auswirken, macht sie doch Jäggis eingeschlagenen Aufklärungskurs glaubwürdiger.“

Peter Heß (FAZ 6.12.). „Er wird kurzfristig neue Geldquellen erschließen müssen, um Kaiserslautern das Überleben zu sichern. Eine – allerdings nur spärlich sprudelnde – bleibt derDFB-Pokal, der bei der Auslosung des Viertelfinales an diesem Samstag attraktive Gegner und mehr Zuschauer als jene 16.800 gegen Freiburg in Aussicht stellt. Doch selbst wenn jetzt die Bayern kämen, wären sie kein Lebensretter, sondern allenfalls ein vorübergehender Tröster. Der Verein braucht buchstäblich mehr. Deshalb stellt Jäggi alles zur Disposition: das Stadion, die Vereinsstruktur, die besten Spieler. Weil von Banken oder vom Land Rheinland-Pfalz nichts oder nicht mehr viel zu erwarten ist, wird möglicherweise das Tafelsilber dran glauben müssen. Man muß darüber nachdenken, ob der Verein ein Stadion besitzen muß, sagt Jäggi. Einen Verkauf oder eine Beleihung hatte er zuletzt noch ausgeschlossen. Es spricht der besorgte Buchhalter, wenn er den Grund für seinen Sinneswandel nennt: Sachzwänge. Auch neue Investoren, die angesichts der wirtschaftlichen Lage nur schwer zu finden sein dürften, kämen als Helfer in Frage – allerdings nur dann, wenn ihnen Mitsprache gewährt würde. Kapital zur Verfügung stellen und nichts zu sagen haben, weil die Mitgliederversammlung am Ende entscheidet, das ist unrealistisch, sagt er (…) Jäggi spürt mitunter Hilflosigkeit beim Blick nach vorn. Der 1. FC Kaiserslautern darf nicht untergehen, sagt er, und es klingt wie ein Appell. Er darf vielleicht nicht – aber er kann.“

Aus der Bundesliga

Richard Leipold (FAZ 4.12.) porträtiert den Schalker Manager. „Assauer kann es sich offenbar leisten, sich mit nahezu jedem anzulegen, dem er unterstellt, Schalke oder dem Fußball überhaupt zu schaden. Mal ist es der DFB, mal das Fernsehen; aber auch opponierende Würdenträger des Vereins, Fußballspieler und sogar die Fans müssen sich vor ihm in acht nehmen. Assauers Autorität scheint unerschütterlich. Er ist mit Schalke auferstanden aus Ruinen, nicht nur weil er ein gigantisches Stadion hat bauen lassen. Unter seiner Führung, sagt Assauer, hat der Klub einen großen Sprung gemacht. Und zwar vom konkursreifen kickenden Komödienstadl zum solide geführten Kleinkonzern. Assauer verkörpert das neue Schalke, auch äußerlich. Statt des Blaumanns trägt er gutsitzende Anzüge, feine Hemden und passende Krawatten. Der Klub spielt nicht mehr im heruntergekommenen Parkstadion, sondern in der modernsten Arena Europas, mit Schiebedach und Glasfassade. Der gelernte Stahlbauschlosser und Bankkaufmann zeigt den Menschen, daß Strukturwandel tatsächlich gelingen kann. In der öffentlichen Wahrnehmung ist Gelsenkirchen keine graue Revierstadt; Gelsenkirchen ist vor allem eins: Schalke, und Schalke ist ein überregional bedeutender Traditionsverein, den manche gar als Phänomen, als Mythos betrachten. Und Schalkes wichtigster Repräsentant ist Assauer (…) Wenn ihm danach zumute ist, streitet er sich mit fast jedem, nur nicht mit den Bayern. Sie sind für ihn das Maß aller Dinge im deutschen Fußball, und es fällt ihm nicht schwer, das öffentlich zuzugeben. Wenn es um die Bayern geht, wird Assauer zu einem der zurückhaltendsten Vertreter seiner Berufsgruppe.“

„Erst besiegte der Schalker Ebbe Sand den Krebs – und dann die Angst, darüber zu sprechen.“ Christoph Biermann (SZ4.12.) berichtet von der Buchveröffentlichung des dänischen Stürmers, in dm der Schalker sein Schweigen über seine Krankheit gebrochen hat. „Schalke ist eine große Gefühlsmaschine. Zum Klub kommen viele, um alles rauszulassen. Manager Rudi Assauer lebt das vor und hält seine Emotionen nicht zurück. Er hat Sand im April 1999 verpflichtet, als noch nicht sicher war, ob der Angreifer geheilt würde. „Assauer hat diese Verantwortung übernommen, wo andere Vereine eher abwarten wollten“, sagt Sand. Auch das macht ihr Verhältnis besonders. „Ebbe ist für Assauer wie ein Schwiegersohn“, sagt Östlund, der für das Buch mit dem Schalker Manager gesprochen hat. Als im Frühjahr der zweite gemeinsame Pokalsieg gefeiert wurde, nahm Rudi Assauer seinen besten Angreifer zur Seite und gestand ihm: „Ich liebe Dich.“ Sand sagt, dass er seine Karriere in Schalke beenden wird. Bis dahin will er noch viele Siege feiern und Titel gewinnen. Alle Fußballspieler wollen das, aber für ihn haben sie einen anderen Wert: Sie sind Zugaben. „Man denkt immer, dass Gesundheit garantiert ist“, sagt er und weiß, dass es nicht so ist. Das führt auch zu einem anderen Umgang mit Niederlagen.“

Oliver Trust (FR 4.12.) meldet. „Wie gerne hätten sie beim VfB Stuttgart nach den Wirren um Ex-Präsident Gerhard Mayer-Vorfelder endlich Ruhe. Wie gerne würden sie schöne Geschichten über die jungen Wilden lesen, die auf dem Spielfeld alle überraschen. In Stuttgart aber ziehen wieder dunkle Wolken auf. Es geht um Manager Rolf Rüssmann. Der sorgt im Verein für großen Wirbel und gerät immer mehr ins Abseits. Es geht um einen neuen Vertrag für den 52-Jährigen. Der alte läuft im Dezember 2003 aus. Dass Rüssmann einen neuen bekommt, wird immer unwahrscheinlicher. Im Vorstand, bei Trainer Felix Magath und bei den Spielern schwindet der Rückhalt für Rüssmann rapide. Intern ist er ins Abseits geraten. Bei Sitzungen des dreiköpfigen Vorstandes würden seine Vorschläge immer öfter niedergestimmt. Rüssmann spricht von Neid, der aufkomme, weil er mit dem Stuttgarter Modell Erfolg habe. In der Winterpause müssten Verhandlungen mit ihm stattfinden, sonst wäre des Managers Position in Verhandlungen mit Spielern geschwächt (…) Auch das Verhältnis des Managers zur Mannschaft hat gewaltig gelitten. Viele Spieler haben das Vertrauen zu Rüssmann verloren. Verstärkt wird dies Gefühl durch Rüssmanns Versuch, den VfB-Star Kevin Kuranyi an Bayer Leverkusen zu verkaufen. Zusätzliche Brisanz erhält das Ganze durch die Tatsache, dass Rüssmann mit dem von ihm eingeschalteten Berater Juan Figer seit Jahren Geschäfte macht und Kuranyis Berater Karlheinz Förster beim angestrebten Deal übergangen haben soll.“

Ian Austen (New York Times 5.12.) berichtet über das Vorhaben, „elektronische Augen“ im Fußball einzusetzen, um eine gerechtere Spielleitung zu gewährleisten.

„Ein elektronisches System zur Spielbeobachtung verhindert Schiedsrichterfehler, revolutioniert das Training und liefert den Fans jede Menge Informationen“, berichtet Dieter Dürand (Wirtschaftswoche 14.11.) über das selbe Thema.

Oke Göttlich (FR 6.12.) kommentiert den Führungswechsel beim FC St. Pauli. „Nachdem das alternative Image des Klubs zuletzt verkauft wurde, füllt der deutschlandweit bekannte Theaterleiter, Intendant und Schauspieler in Personalunion die besonderen Werte des etwas anderen Vereins nun wieder mit Inhalten. Seit 1988 prägt Littmann als Multitalent aus der Schwulenbewegung und Geschäftsführer die Geschicke des Schmidt-Theaters und von Schmidts Tivoli auf der Reeperbahn. Seit Jahren gelingt es ihm mit seinem Partner, den Spielbetrieb ohne staatliche Subventionen sicherzustellen, was ihm 1999 den Titel des Hamburger Unternehmer des Jahres einbrachte.“

Theaterchef Littmann ist neuer Präsident des FC St. PauliSZ

Vereinsportrait des Regionalligisten TSG Hoffenheim SZ

Weiteres

Martin Hägele (FR 4.12.) berichtet vom Weltcup-Finale, in dem Real Madrid die paraguayanische Elf aus Asuncion mit 2:0 bezwang. „Offensichtlich können sich Koryphäen besonders motivieren, sobald es um viel Prestige geht. In diesen Fällen tun aber auch erfolgsverwöhnten Herrschaften Niederlagen mehr weh als normalen Profis. Diese Lektion hatten Roberto Carlos, Raul und Co. zwei Jahre zuvor im Fernen Osten gelernt, als dieser offiziell Toyota-Cup genannte Vergleich der besten Fußball-Kontinente noch im alten Tokioter Olympiastadion ausgetragen worden war. Aus der Niederlage gegen Boca Juniors, die damals schon nach einer Viertelstunde feststand, hatten die Spanier gelernt (…) Anders als im Vorjahr der FC Bayern München, der sich gegen die konterstarke Truppe von Boca Juniors auf gar kein Risiko einließ und einfach auf die bessere Fitness und größere Kraft setzte, wollte Real sein weißes Ballett tanzen lassen. Diese Partie sollte erstens Revanche für die letzte Pleite sein, das Wort Revanche tauchte oft auf in den Pressekonferenzen vor dem Spiel. Vor allem aber wollten die teuersten Fußballer der Erde wieder einmal jene Show abziehen.“

Walther Kuberka (FAZ 4.12.) wundert sich über den Erfolg von Lazio Rom. „Wie bringt man einen maroden Fußballklub an die Tabellenspitze? Ganz einfach, man verkauft die besten Spieler, verschleißt drei Trainer in einer Saison, bezahlt dem verbliebenen Häuflein die Gehälter nicht, heuert einen unerfahrenen Übungsleiter an und stellt schließlich das wacklige Gebilde zum Verkauf, weil stündlich die Pleite droht. Das Konzept wirkt zwar nicht gerade wie aus dem Lehrbuch der Betriebswirtschaft, aber in Italiens höchster Spielklasse funktioniert es prächtig. Lazio Rom, der vollkommen verschuldete Verein des Finanzjongleurs Sergio Cragnotti, führt nach einer märchenhaften Siegesserie die Serie A an. Dabei schauen die Spieler von Roberto Mancini nicht nur aufs Ergebnis, sondern auch aufs Spektakel. Zuletzt fegten sie Aufsteiger Modena mit 4:0 Toren vom Feld, und am Sonntag siegten sie 3:2 in Piacenza. Wie es scheint, kennt der Verein, der wirtschaftlich mit dem Rücken zur Wand steht und demnächst vielleicht zum Imperium des australo-amerikanischen Medienmoguls Rupert Murdoch gehört, sportlich nur den Vorwärtsgang. Mancini, vor gerade erst zwei Jahren leichtfüßiger Offensivmann eben bei Lazio, hat sich seine zweite Trainerstation nach dem Vorbild der ersten ausgesucht. Schon als Fußballehrer des AC Florenz heuerte er in der vorigen Saison bei einem bankrotten Klub an und erhielt nach dem Konkurs weder Gehalt noch Abfindung. Der Eigner, Filmproduzent Cecchi Gori, sitzt jetzt im Hausarrest, Florenz wurde in der vierten Liga neu begründet. Nach geplatzten Wechseln, einer Aussetzung der Börsennotierung und ausstehenden Gehältern seit dem Sommer sieht es bei Lazio gleichfalls schwer nach Pleite aus (…) Jungtrainer Mancini, stets athletisch und hoch elegant am Spielfeldrand, scheint all das Chaos nach seinen üblen Erfahrungen im Gewerbe nicht mehr umzuhauen. Statt dessen läßt er seine Spieler um den ergrauten serbischen Abwehrchef Mihajlovic, den respektablen, von Udinese gekommenen Lenker Fiore sowie den gefährlichen Sturm mit Lopez und Chiesa weiter gegen eine Konkurrenz siegen, deren Spieler immerhin bezahlt werden. Auch im Uefa-Pokal mischt die Pleitetruppe munter mit. Ob mit oder ohne Geld, scheinen sich die fast bankrotten Himmelsstürmer von Lazio Rom wie ihre beim 1. FC Kaiserslautern beschäftigten Kollegen aus der Bundesliga zu sagen – wenn es überhaupt einen Ausweg aus dem Schlamassel gibt, dann sowieso nur durch sportliche Erfolge.“

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„Vorige Saison wäre San Sebastian beinahe abgestiegen, jetzt führen die Basken die Primera Division an. Trainer Denoueix ein Glücksgriff“ (Welt 6.12.)

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