Ballschrank
Fuchs im Hühnerstall
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| Donnerstag, 25. März 2004Jens Weinreich (BLZ 2.4.) glossiert. „Konsequenter wäre es natürlich gewesen, sich sofort ganz von Radmann zu trennen. Doch wer kann das schon verlangen, angesichts der komplizierten personellen Bindungen und Interessens-Konstellationen. Die Story von Fedor Radmann, seinen Geschäftsbeziehungen und dem WM-Organisationskomitee ähnelt der sprichwörtlichen Geschichte vom Fuchs im Hühnerstall. Was wird ein Fuchs wohl antworten, wenn man ihn im Holzverschlag entdeckt und fragt: Sag mal, Du willst doch nicht etwa eine Henne verspeisen? Was soll Radmann antworten, wenn sich seine Partner im OK-Präsidium und im Aufsichtsrat erkundigen: Sag mal, liegt da etwa ein Interessenskonflikt vor? „Neeeeiiiiinnnn, antwortet der Fuchs, ich gebe darauf mein großes Fuchs-Ehrenwort. Wer kann es dem Fuchs verdenken? Neeeeiiiiinnnn, antwortet Radmann. Als Ehrenmann gibt er darauf sein Ehrenwort. Die Vorwürfe seien an Niederträchtigkeit nicht mehr zu überbieten, sagt der Freund von Franz Beckenbauer: Soll ich jedem Freund sagen, was für Aktien ich irgendwo habe? Wer kann es dem Mann verdenken? Fedor Radmann ist Lobbyist. Interessenskonflikte sind für ihn kein Problem. Er lebt davon, solche Konflikte in seinem Sinne zu lösen. Er hat dafür zu sorgen, dass die Geschäfte laufen wie geschmiert.“
Günstlingswirtschaft
Zur Entlastung Radmanns wirft Wolfgang Hettfleisch (FR 2.4.) sehr kritisch ein. „Dabei hatte der Marketing-Stratege, für den eine Offenlegungspflicht nur gegenüber Chef Beckenbauer bestand, den Fehler begangen, noch zu mauern, als Politik und Öffentlichkeit schon Fragen stellten. Eine gefährliche Taktik. Bundesinnenminister Otto Schily und dessen Kollegen im Aufsichtsrat dürfen nicht dulden, dass auf die Vorbereitungen zur bedeutendsten deutschen Sportveranstaltung seit 1974 der leiseste Verdacht von Günstlingswirtschaft fällt. Schily sah Klärungsbedarf. Gestern hielt er still. Vielleicht mit der Faust in der Tasche, nicht aber, so verlautete nach der Sitzung, mit der Drohung, beim nächsten Ding sei Radmann fällig. Ähnlich wie den nachträglich des heimlichen Tankens an der Kirch-Zapfsäule überführten Bayern-Bossen fehlt dem Beckenbauer-Adlatus bislang jede Einsicht in die Fragwürdigkeit seines Tuns. Dabei geht es ja gar nicht so sehr um individuelle Schuld. Das von Radmann unterhaltene Beziehungsgeflecht aber ist Sinnbild einer zuletzt immer ungenierter zutage tretenden Raubritter-Mentalität an den Schnittstellen von Fußball und Geschäft. Fällt nicht bald wer den Herren, deren Burgen die zugehörigen Handelsplätze beherrschen, in den Arm, droht ihre Geisel, der Sport, im finstersten Verlies zu verrotten.“
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