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Geldsorgen bei den Organisatoren der WM 2006 – Sebastian Kehl, (über)ehrgeiziger „Mitläufer“

Oliver Fritsch | Donnerstag, 25. März 2004 Kommentare deaktiviert für Geldsorgen bei den Organisatoren der WM 2006 – Sebastian Kehl, (über)ehrgeiziger „Mitläufer“

Peinlich, wie der Fußball das Problem angeht

Thomas Kistner (SZ 29.10.) bemerkt zu den Geldsorgen der WM-Organisatoren: „Dass die Fußball-WM in finanzielle Schräglage gerät, erstaunt. Die Geldquelle für das sportlich-kulturelle WM-Rahmenprogramm, die staatliche Oddset-Wette, ist versiegt, die eingeplanten Millionensummen müssen anders aufgetrieben werden. Gut ist das nicht, weil ja besagtes Rahmenprogramm Deutschlands Visitenkarte abgeben soll – kein Ereignis rückt ein Land mehr in den Fokus der Weltöffentlichkeit als eine Fußball-WM. Sollte also das Begleitprogramm mangels Masse auf Luftballons, Würstlbuden und Sackhüpfen zusammenschnurren, wäre das nicht nur recht blamabel, sondern folgenreich. Peinlich, wie der Fußball das Problem angeht. Die Umsatzeinbußen der Oddset-Wetten sind offenkundig auch einer in Grauzonen operierenden privaten Wettkonkurrenz anzulasten – mit der die Profiklubs zugleich dicke Geschäfte machen. Weil aber der Fußball das nicht ändern will, soll die staatliche Einrichtung Oddset etwas stärker ausgepresst (und die Umsatz-Bemessungsgrundlage von 513 auf 400 Millionen Euro runtergedrückt) werden. Jeder soll bluten, Hauptsache, der Fußball muss nicht ans Tafelsilber. Das passt nicht in die Zeit. Die Forderung der Politiker, auch der Fußball solle etwas für Oddset und die WM-Kassen tun, weist den Weg. Angefangen bei OK-Chef Beckenbauer, deutscher Werbemillionär mit Steuersitz in Österreich, verfügt die Branche ja über ein Riesenpotential an Nationalhelden, die ihre Strahlkraft für die WM einbringen können – gerade in der Werbung. Nur, dass die Millionen dafür mal nicht aufs Privatkonto fließen, sondern als Abgabe an die Solidargemeinschaft verbucht werden müssten.“

Klaus Ott (SZ 29.10.) recherchiert den Hintergrund: „Ein netter Brief an den Staat mit der „herzlichen Bitte“ um Hilfe, und schon ist die Weltmeisterschaft gerettet. Das mag sich Gerhard Mayer-Vorfelder gedacht haben, als er den Regierungschefs der 16 Bundesländer ein wichtiges Schreiben schickte. Große Teile des WM-Rahmenprogramms sind gefährdet, weil die staatliche Sportwette Oddset wegen drastischer Umsatzrückgänge als Geldquelle versiegt ist. Nun sollen die Länder dafür sorgen, dass ihre Lotto- und Totogesellschaften trotzdem bis zu 50 Millionen Euro an den DFB und das Organisationskomitee (OK) überweisen. Sonst kann sich Deutschland nicht als perfekter Gastgeber präsentieren; mit WM-Tagen in Schulen und Vereinen, Familien-Sporttreffs und mehr. Die Länder sind indes zunehmend irritiert über das Begehr von Mayer-Vorfelder und OK-Chef Franz Beckenbauer. Bayerns CSU-Regierung verweist auf die Bundesliga und deren Profiklubs, die lieber mit privaten Sportwetten kooperieren, zum Schaden von Oddset und der WM – erst einmal sei die Liga gefordert. Nun gerät auch der DFB unter Druck. Niedersachsens Ministerpräsident Christian Wulff klagt, es mangele „ganz deutlich“ am Engagement des Verbandes. Dort seien keine Werbeaktivitäten für Oddset „erkennbar“, damit die Umsätze und auf diese Weise auch die Abgaben an das WM-OK stiegen. CDU-Politiker Wulff will den Parteifreund Mayer-Vorfelder (ehemaliger Finanzminister in Baden-Württemberg) noch stärker in die Pflicht nehmen. Zu Gunsten des Kunst- und Kulturprogramms der WM müsse der Verband „darauf hinwirken“, dass die Bundesliga nicht länger die Konkurrenz von Oddset unterstütze. Wulff verweist geharnischt darauf, mit wem sich die Bundesliga einlasse: Es handele sich um „illegale Sportwettanbieter“, deren Lotterielizenzen noch aus der DDR stammten und gar nicht in ganz Deutschland gültig seien.“

Mitläufer statt Leistungsträger

Frank Hellmann (FR 29.10.) tadelt Sebastian Kehl: „Kehl plagen weder ein Erschöpfungssyndrom noch Selbstzweifel. Der 23-Jährige ist selbstbewusst, aufgeschlossen, beherrscht und beliebt – aber nur, wenn der Ball ruht. Rollt die Kugel, fällt auf, dass Kehl oft lamentiert, weil er den entscheidenden Schritt zu spät kommt, Zweikämpfe verliert in einer zentralen Spielfeldzone, in der spritzige und wendige Typen gefragt sind. Der 1,88-Meter-Mann hat aufgrund fehlender Schnelligkeit größere Defizite, als viele dachten. Das ist der Grund für überflüssige Fouls – überflüssige Attacken wie ein Schubser gegen den Schiedsrichter oder ein Tritt in den Hintern eines Gegenspielers haben andere Ursachen. Kehls Karriere klemmt. Seit er im Dezember 2001 mit großem Brimborium statt zu Bayern zu Borussia wechselte, weil die noch eine höhere Gage und Spielgarantie bot, ist es ruhiger geworden um ihn. Das war ihm recht – nicht recht ist einem Ehrgeizling à la Kehl, dass seine Entwicklung stagniert. Im Verein ist er eher Mitläufer statt Leistungsträger. Dazu gesellen sich eine große Erwartungshaltung und ein gestresster Trainer, der unentwegt aggressive Spielweise einfordert. In der Nationalelf ist der Durchbruch bis heute nicht gelungen. Vorschusslorbeeren bei Rudi Völler hat ein frischer Frechling wie er nie besessen. Kehl ahnt, dass der Karriere ein Knick droht. Der BVB will Widerspruch gegen das Urteil einlegen – ein eindringliches Gespräch mit Kehl wäre die bessere Lösung.“

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