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Presseschau für den kritischen Fußballfreund

Ballschrank

Geschichtsträchtiges Duell zweier hochwertiger Mannschaften

Oliver Fritsch | Donnerstag, 25. März 2004 Kommentare deaktiviert für Geschichtsträchtiges Duell zweier hochwertiger Mannschaften

„Der mit Superlativen angereicherte Hauptevent von Madrid hat die Knock-out-Phase der Champions League glänzend lanciert“, schreibt ein begeisterter Felix Reidhaar (NZZ 9.4.) über den 3:1-Sieg Reals über Manchester. „Es war 45 Minuten lang ein grossartiges, ein tempostarkes Spiel zweier Teams, die ihrem Ruf nichts schuldig blieben. Zwei hochwertige Mannschaften unterschiedlicher Vorgehensweisen und Qualitäten, von denen Real Madrid den noch klar stärkeren Eindruck machte. Wie die Spanier nach der relativ frühen 2:0-Führung den Gegner vor dessen Strafraum mit genauem Passing Game zuweilen einschnürten, wie sie diesen gar nicht erst in Ballbesitz kommen liessen, gehörte zum Besten, was man zuletzt auf dieser Ebene zu sehen bekam. Allerdings nahm der Match auch früh einen vorteilhaften Verlauf für den Platzklub, der froh sein konnte, nicht gleich in Rückstand geraten zu sein (…) Das geschichtsträchtige Duell behielt den horrenden Rhythmus bis tief in die zweite Halbzeit bei, wurde dank der Steigerung der Engländer auch ausgeglichener und hatte vor den beiden Toren weit mehr zu bieten als die beiden Treffer innerhalb von rund vier Minuten unmittelbar nach dem Seitenwechsel.“

weitere Pressestimmen zu diesem Spiel und den anderen Partien morgen

Das Milliardenspiel ist vorbei

Jörg Hahn (FAZ 9.4.) analysiert den gefallenen Marktwert der Champions League. „Auf der Fernbedienung ist die Champions League ziemlich weit nach hinten gerutscht. Wissen Sie auswendig, auf welchem Programmplatz bei Ihnen das DSF eingestellt ist? Die Königsklasse des Fußballs ist vorerst keine werthaltige Premium-Ware mehr, zu der sie im Jargon der Rechtehändler und Programmstrategen geworden war. RTL hat die Liga nach dem Ausscheiden der deutschen Mannschaften als nicht mehr attraktiv bewertet; die Quoten gingen zum Ende der zweiten Gruppenphase bedrohlich nach unten. Für Fußballfans mögen Begegnungen mit englischen, italienischen oder spanischen Klubs Leckerbissen sein – fürs gewinnorientierte Privatfernsehen hierzulande ist der Spielplan ziemlich ungenießbar. So landet die Champions League an diesem Mittwoch in einem Spartenprogramm, das sonst gerne mal Kurioses aus der Wettkampfwelt wie Baumsägen oder Faßschleppen präsentiert und dessen Zukunft ein Jahr nach der Kirch-Insolvenz immer noch nicht geklärt ist (…) Der Fußball braucht insgesamt dringend verläßliche Medienpartner und einen steten Geldfluß. Anders als früher laufen ihm die Sender jedoch nicht mehr hinterher. Man muß sich umgekehrt um sie bemühen – und bereit sein, von überzogenen Forderungen abzurücken. Das Milliardenspiel ist vorbei. Eine unausweichliche Erkenntnis für Verbände, Klubs und Profis.“

calcio brutto

Dirk Schümer (FAZ 9.4.) beleuchtet die Rolle der Italiener. „In der vergangenen Saison erlebten Italiens Spitzenmannschaften in der Champions League ein kollektives Debakel und schieden allesamt vor dem Viertelfinale aus. Zusammen mit der latenten Finanzkrise im überteuerten Calcio ergab das ein niederschmetterndes Stimmungsbild. Ist unser Fußball am Ende? fragte damals die Sportpresse. Das Schlagwort vom calcio brutto, vom häßlichen, weil lahmen und berechenbaren Fußball machte die Runde. Ein Jahr später sind gleich drei Vereine – Inter Mailand, AC Mailand und Juventus Turin – unter den besten acht Mannschaften Europas verblieben; so schnell wendet sich im Fußballgeschäft das Blatt. Rechnet man noch Lazio Rom hinzu, das im Halbfinale des Uefa-Pokals auf den FC Porto trifft, dann steht Italien unter allen Ländern des Kontinents diesmal am besten da. Die stolzen Sportkommentatoren des Staatsfernsehens Rai stimmten am Wochenende die Tifosi schon einmal auf eine entscheidende Woche ein. Keine der Aufgaben dürfte für die Stars aus Mailand und Turin unlösbar sein. Ihre Klubs mußten als einzige beim allgemeinen Sparkurs nicht mitmachen, weil sie sich in Händen reicher Industriellenfamilien – und nicht von Finanzjongleuren oder Mittelständlern – befinden.“

Sir Alex, der gewiefte Taktiker

Jan Christian Müller (FR 9.4.) kommentiert die Aussagen des Managers von ManU, der der Uefa Manipulation vorwarf. “Als Alexander Chapman Ferguson in den 70-er Jahren den schottischen Provinzklub St. Mirren übernahm, schauten bei den Heimspielen kaum tausend Zuschauer vorbei. Binnen kurzer Zeit schaffte es der umtriebige ehemalige Pub-Besitzer von Fergies Bar, sich Gehör zu verschaffen: Ferguson fuhr durch die Straßen von St. Mirren, hielt seinen Kopf aus dem Autofenster und teilte über Megafon unüberhörbar mit, dass seine Mannschaft fortan guten Fußball spielen würde und Unterstützung bräuchte. Bald darauf schauten mehr als 10.000 Fans zu, wie St. Mirren in die erste schottische Liga aufstieg. Freizeitpianist Ferguson war schon in jungen Jahren einer, der auf der Klaviatur der Agitation zu spielen verstand (…) Sein Credo steht wie in Stein gemeißelt: Mein Job ist es nicht, meine Spieler vor der Presse zu kritisieren. Wenn ein Manager das öffentlich tut, dann beeinflusst er die emotionale Stabilität seiner Profis. Ferguson ist einer, der sich seiner öffentlichen Aussagen also sehr bewusst ist. Dass er vor dem Gastspiel in Madrid nacheinander Fifa und Uefa übler Machenschaften zieh und so auch im Lager von Real für Unruhe sorgen wollte, darf getrost angenommen werden. Jetzt ist er zwar unter Druck geraten, weil er den Mund reichlich voll genommen hat, ohne Beweise liefern zu können. Aber er hat damit auch Druck von seiner Mannschaft genommen. Mittlerweile rudert Sir Alex, ganz der gewiefte Taktiker, geschickt wieder zurück.“

Holländisches Modell Kaiserslautern

Stefan Hermanns (Tsp 9.4.) stellt fest. „Dem holländischen Fußball geht es schlecht, viel schlechter noch als dem kirchkrisengeschüttelten deutschen Fußball. In der vergangenen Saison haben die 36 Erst- und Zweitligisten einen Verlust von 80 Millionen Euro gemacht – dreimal so viel wie im Jahr zuvor. Die Hälfte der 18 Zweitligisten will daher im kommenden Jahr zum Halbprofitum zurückkehren. Immer häufiger aber müssen auch die Städte und Gemeinden einspringen, um ihren örtlichen Profiklub mit finanzieller Hilfe am Leben zu erhalten. Das Modell Kaiserslautern ist gewissermaßen in Holland erdacht und bis zur Marktreife entwickelt worden. „Fußballprofis sind immer öfter eine Art Halbbeamte im städtischen Dienst”, hat die Volkskrant über die Folgen des niederländischen Finanzierungsmodells geschrieben. Nur einer der 36 Vereine ist im vergangenen Jahr ohne kommunale Unterstützung über die Runden gekommen: der Philips-Verein PSV Eindhoven. Eine aktuelle Untersuchung hat ergeben, dass die Kommunen ihren örtlichen Fußballklubs in den vergangenen zehn Jahren 178-mal finanziell zu Hilfe gekommen sind – mit insgesamt 300 Millionen Euro.Hauptgrund für die finanzielle Misere des holländischen Fußballs ist das Bosman-Urteil aus dem Jahr 1995. Traditionell decken die Vereine in den Niederlanden ihren Finanzbedarf vor allem durch den Verkauf ihrer besten Spieler. Die großen drei (Ajax, PSV und Feyenoord) geben ihre Topleute ins Ausland ab, die Erlöse reinvestieren sie dann im eigenen Land. Durch das Bosman-Urteil aber ist dieser Geldkreislauf weitgehend zum Erliegen gekommen. Spieler warten nun, bis ihre Verträge auslaufen und wechseln dann ohne Ablöse.“

(8.4.)

Amsterdamer Weltauswahl U23

Christian Eichler (FAZ 8.4.) hat sich die Mannschaft von Ajax Amsterdam genauer angesehen. „Die neue Stärke von Ajax wird gern mit dem alten Rezept erklärt: mit der legendären Nachwuchsschule De Toekomst (Die Zukunft). Doch die beiden wohl wichtigsten Spieler im Überraschungsteam der Champions League zeigen, daß die Amsterdamer ihre europäische Renaissance nicht mehr lokal, sondern global aufgestellt haben. In weiten Teilen ähnelt ihr Team einer Weltauswahl U 23. Der 21jährige Südafrikaner Steven Pienaar, der in beiden Spielen gegen Arsenal London den Weltstar Patrick Vieira übertrumpfte, wuchs in einer Township bei Johannesburg auf, verdiente sein Geld durch Wettgewinne bei Straßenspielen, die häufig in Schlägereien unter Jugendbanden endeten, und landete dann bei Ajax Cape Town – die erste Trouvaille der Ajax-Außenstelle Afrika, die 1998 aus den Erlösen des Klub-Börsengangs eröffnet wurde. Aber auch auf die anderen Kontinente haben die Holländer, die sich nicht mehr auf den Zustrom heimischen Nachwuchses verlassen wollen, ihre Talentsuche ausgedehnt. Sie scheuen sich dabei auch nicht mehr, viel Geld auszugeben: Drei Millionen Euro für einen 18jährigen Abwehrspieler, dazu gehört Mut. Doch es war eine Geldanlage, um die mancher Aktionär die Amsterdamer beneiden wird. Diesen Sommer dürften sie für denselben Spieler die siebenfache Summe bekommen. Christian Chivu ist erst 22, aber schon Kapitän von Ajax und der rumänischen Nationalelf. Viele halten ihn bereits für einen der besten Abwehrspieler der Welt. Und für die Hauptursache der unerwarteten Stabilität des Ajax-Teams, das mit sechs Spielern unter 23 Jahren kein einziges Zwischenrundenspiel gegen Valencia, Arsenal und AS Rom verlor (…) Ich bin bereit zu gehen, sagt der gutaussehende Chivu, der mit dem rumänischen Mannequin und Fernsehstar Andrea Raicu liiert ist und schon als Osteuropas Antwort auf David Beckham gefeiert wird. Die Sache wäre einfacher, wenn ich hier nicht so populär wäre, sagt Chivu. Auf Schritt und Tritt wird er von Fans angefleht zu bleiben. Wirte bieten ihm kostenlose Mahlzeiten, damit er nicht wechselt. Die Leser einer Lokalzeitung wählten Chivu sogar zu Amsterdams Persönlichkeit des Monats. Zum Dank ging er in eine Schule und hielt eine Geschichtsstunde ab. Im Kunstunterricht versuchte er sich mit der Kopie von einem, der schon vor Ajax holländischer Meister war: Vincent van Gogh. Und der mußte ja auch in den Süden, um groß herauszukommen.“

Das Match könnte, sollte, müsste ein Klassiker werden

Raphael Honigstein (BLZ 8.4.) mit Vorfreude. „Es soll die größte Show der Welt werden, verkünden britische Zeitungen. Die teuerste wird es allemal. 500.000.000 Euro, in Worten: fünf hundert Millionen, eine halbe Milliarde also, werden am Dienstagabend nach konservativen Schätzungen in kurzen Hosen auf den Platz laufen, wenn im Estadio Santiago Bernabeu die Teams von Real Madrid und Manchester United im Viertelfinale der Champions League aufeinander treffen. Begegnungen der absoluten Spitzenvereine sind nicht mehr selten, seit die hochgezüchtete Königsklasse im Liga-Format ausgespielt wird, aber Real und United, die Königlichen und die Red Devils, trafen in der langen Geschichte des Landesmeisterpokals erst dreimal aufeinander. Beim letzten Duell vor fast genau drei Jahren setzte sich Madrid nach einem 0:0 mit einem 3:2-Auswärtssieg in Old Trafford durch und gewann später auch die Trophäe. Zidane, Ronaldo, Raúl gegen van Nistelrooy, Beckham und Giggs – das Match könnte, sollte, müsste ein Klassiker werden.“

(7.4.)

Paranoia in Manchester – hitziges Derby in Turin – wer ist der weltbeste Stürmer?

Ferguson mit hochrotem Kopf

Nach dem 4:0 über den FC Liverpool hat Manchester United zu Tabellenführer und Titelhalter Arsenal London aufgeschlossen. Raphael Honigstein (SZ 7.4.) kommentiert die dortige Situation vor dem Champions-League-Viertelfinale. „Manchester führt nun mit Arsenal London die Tabelle an, und doch bleiben Zweifel vor dem Champions League-Viertelfinale gegen Real. Seit der letzten Begegnung mit Madrid vor drei Jahren – Real gewann damals im Viertelfinale und holte später den Pokal – hat Manchester zwar noch zwei Mal die Meisterschaft gewonnen, aber das spielerische Potenzial des Teams hat in Wahrheit kontinuierlich abgenommen. Um seinen Stars Beine zu machen, hat Ferguson Spitzenkräften immer wieder mit dem Verkauf gedroht. Doch als Madrids Sportdirektor Jorge Valdano ihn letzte Woche beim Wort nahm und Interesse an Beckham bekundete, ruderte er zurück: Beckham sei natürlich unverkäuflich. Ferguson sieht wohl schon Unbill aufziehen und verschärft vorsorglich den Ton. Am Samstag polterte er mit hochrotem Kopf über das, was er als Unrecht empfindet: die Auslosung zum Viertelfinale sei wohl „kein Zufall“ gewesen, grantelte er, obwohl die Uefa das Finale nach Old Trafford vergeben hätte, würde man anscheinend United nicht im Endspiel sehen wollen. Und die Fifa sei auch gegen sein Team: Roberto Carlos sei nach seinem Rempler gegen den Schiedsrichter bei Brasiliens Niederlage gegen Portugal noch nicht gesperrt worden – damit er gegen United spielen könne, natürlich. Das hört sich nach schlimmer Paranoia an, aber der Wahnsinn hat Methode: Ferguson bläut seinen Männern vor wichtigen Spielen immer ein, dass die ganze Welt gegen sie sei. Das stärkt die Moral – und Siege werden so noch bedeutender. Und wenn es doch nicht klappt, ist nichts außer einer internationalen Verschwörung daran schuld.“

Juve siegt im Stadtderby

Angesichts des wohl nicht abzuwendenden Abstiegs in die Serie B erinnert Birgit Schönau (SZ 7.4.) an die glorreiche Vereinsgeschichte des AC Turin. „Es war einmal das Derby von Turin. Juventus gegen Torino, der Rekordmeister gegen den Herzensklub der Nostalgiker. Es hatte Begegnungen gegeben, die Fußballgeschichte schrieben – das erste Derby nach der Katastrophe von Superga etwa, bei der im Mai 1949 die legendäre Mannschaft des „Grande Torino“ mit ihrem Flugzeug am Hausberg von Turin abstürzte – „Toro“ wurde posthum die Meisterschaft zuerkannt, die fünfte in Serie. Das erste Derby danach gewann Juventus 4:3 gegen die Jugendelf des AC Turin, um am Ende der Saison den Titel zu holen und die Rivalen endgültig als neuer Stern am Firmament des italienischen calcio abzulösen. Es gab das Derby im Oktober 1967, der Toro gewann 4:0 unter den Tränen seiner Fans, die wenige Tage zuvor ihr großes Idol Gigi Meroni zu Grabe getragen hatten. Meroni war an den Folgen eines Unfalls gestorben; das Unfallauto steuerte Attilio Romero. Im Sommer 2000 wurde Romero Präsident des AC Turin. Der Toro sollte endlich wieder gleichberechtigt neben Juventus stehen. Es blieb beim Traum. Der letzte Platz ist seit Wochen zementiert, zwei Trainer hat der exzentrische Romero in dieser Saison schon verschlissen, der dritte hat auch kein Glück. Enttäuschte Tifosi haben dem ungeliebten Präsidenten bereits einen wenig höflichen Besuch an seinem Amtssitz in der Altstadt abgestattet, und als die Fans Ende Februar bei einem Match gegen den AC Mailand in einer Eruption der Gewalttätigkeit das Alpenstadion gründlich demolierten, erhielt Torino Calcio auch noch Hausverbot für den Rest der Saison. Am Samstag durften sie zwar auf dem ebenso vertrauten wie ungeliebten Rasen auflaufen, aber nur als zahlende Gäste der Juventus. Nur 20.000 Zuschauer waren gekommen, sie verloren sich in der ungeheuer großen, ungeheuer kalten Betonschüssel. In der Juve-Kurve flatterten Hunderte kleiner Hohn- Fähnchen in der Luft, darauf stand nur der Buchstabe B. In die Serie B wird Toro ohnehin absteigen, aber zum Derby wollten sie es, wie so oft in ihrer Geschichte, noch einmal allen zeigen. Daraus wurde nichts.“

Wer ist der weltbeste Stürmer?

Christian Eichler (FAS 6.4.) skizziert das Anforderungsprofil eines Weltklassestürmers und vergleicht. „Das englische Fußballmagazin FourFourTwo läßt in seiner aktuellen Ausgabe eine Jury aus Weltklassespielern und Trainern abstimmen. Und der Sieger heißt … Thierry Henry (vor Raul, Ronaldo, Christian Vieri, van Nistelrooy). Das ist eine eher sentimentale als rationale Wahl. Der Franzose ist hochelegant und pfeilschnell, aber letztlich von seiner Trefferquote (105 Tore in 188 Spielen für Arsenal London, 14 in 42 für Frankreich) kaum mehr als ein Fünzig-Prozent-Torjäger. Anders van Nistelrooy (70 in 93 für Manchester) und Vieri (83 in 113 für Juventus Turin) – deutlich über 70 Prozent, eine Weltklasse-Quote, die Ronaldo sogar seit zehn Jahren erreicht und übertrifft (216 Treffer in 277 Ligaspielen, 78 Prozent). Vielleicht ist es kein Zufall, daß Henry, der die schwierigsten Tore macht, aber manchmal wie seine Kollegen von Arsenal London die einfachen vergißt, als einziger der Top-Ten der Stürmerwahl nicht mehr im Viertelfinale der Champions League dabei ist. Die anderen neun werden diese Woche nicht nur den Kampf um den Pokal aufnehmen, sondern auch den um den Ruf des weltbesten Stürmers. Denn die Champions League, das ist ein Fest für Angreifer. Das geht auch auf den Artenschutz zurück, unter den Regelhüter und Schiedsrichter die zuvor geplagten Stürmer seit Beginn der neunziger Jahre gestellt haben. So konnte sich deren Dynamik ohne übertriebene Tritte neu entfalten. Das Resultat sind Typen wie Ronaldo und van Nistelrooy, die so schnell und wuchtig sind, daß kein Verteidiger ein unvorsichtiges Tackling wagen kann, ohne Gelbe oder Rote Karten zu riskieren. So wurden sie die neuen Prototypen der spektakulärsten Stürmergattung, der auch die Inter-Spieler Crespo und Vieri angehören: des egoistischen Dynamikers, des Endverbrauchers des Balles. Gerade die zunehmende Disziplin der dichtgeknüpften Mittelfeld- und Abwehrreihen fordert und fördert die Gattung des Diretissima-Stürmers, der keine Zeit verliert, wenn sich die kleinste Lücke auftut. Doch in der Champions League als Mustermesse des Angriffsfußballs finden noch zwei weitere Stürmerspezies beträchtliche Marktanteile. Die eine gab es schon immer: schmächtige Strafraumschleicher der Marke Raul oder Inzaghi. Die andere aber ist eine Neuentwicklung: bewegliche Riesen wie Jan Koller (acht Europa-Tore für Borussia Dortmund) und John Carew, der mit zwei Treffern für den FC Valencia den FC Arsenal aus dem Wettbewerb warf. Diese Hünen werden immer noch unterschätzt. Weder Koller noch Carew bekamen auch nur eine Wahlstimme.“

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