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Graue Maus des Jahres

Oliver Fritsch | Donnerstag, 25. März 2004 Kommentare deaktiviert für Graue Maus des Jahres

Daniel Theweleit (SZ 14.4.) ortet die Löwen nach wie vor im Mittelmaß. „Die erhofften Effekte, die der junge Trainer in der vergangenen Saison bei Hertha BSC Berlin bewirkt hatte, bleiben diesmal aus. So viel ist nach vier Spielen sicher. Das Löwen-Publikum beglückte Götz bislang weder mit schnellem Erfolg noch mit einer bezaubernden Mannschaft auf dem Platz. Auch in Bielefeld war das so. Die Partie reihte sich unauffällig in die Serie höchst mittelmäßiger Fußballspiele ein, die die Liga gegenwärtig wie am Fließband produziert. Mehr noch: Der Klub von Karl-Heinz Wildmoser scheint das Kunststück fertig zu bringen, in einer Jahr des fußballerischen Mittelmaßes noch ein wenig mittelmäßiger zu sein als alle anderen – nur der VfL Wolfsburg dürfte noch als ernster Mitkonkurrent um den Titel „Graue Maus des Jahres“ gehandelt werden. Als sei dieser Titel erstrebenswert, mischten die Sechziger auch ihrer Rhetorik nach dem Schlusspfiff keinerlei Glanz bei. Die Statements klangen ungefähr so wie Simon Jentzschs Analyse: „Wir haben in der ersten Halbzeit ordentlich gespielt, nur der letzte Pass hat gefehlt. Bielefeld war zweimal vor dem Tor und hat zwei Dinger gemacht.“ Und in der zweiten Halbzeit? „Das war einfach etwas zu wenig.“ Und warum, schließlich geht es um den Uefa-Cup? Schulterzucken. Ratlosigkeit. Ausweichende Antworten.“

Hier werden die Steine zum Hausbau noch mit dem eigenen Kopf aus dem Fels geschlagen

Zu den harschen Reaktionen der Bielefelder Fans über die Wechselabsichten Momo Diabangs heißt es bei Peter Penders (FAZ 14.4.). „Besonderes Temperament sagt man dem Ostwestfalen nicht nach. Die Wogen der Entrüstung waren aber während der Woche doch so hochgeschlagen, daß man sich irgendwo im Süden Italiens hätte wähnen können. Was war geschehen? Publikumsliebling Mamadou, genannt Momo, Diabang, mit dem der Verein seit Wochen in Vertragsverhandlungen verstrickt war, hatte verkündet, daß er am Saisonende zum VfL Bochum wechseln würde. Ausgerechnet zum VfL Bochum, mit dem die Arminenfans seit einem beleidigenden Fingerzeig von Darius Wosz seit Jahren innigste Abneigung verbindet. Im Internet waren danach allerlei Schmähungen über den senegalesischen Stürmer zu lesen; bei einem Einsatz von Diabang, dem erfolgreichsten Bielefelder Torschützen in dieser Saison, gegen München schienen tumultartige Pfeifkonzerte sicher. Trainer Benno Möhlmann bat um Fairneß für Momo, in der Sorge, diese geballte Form der Publikumsablehnung könne der gesamten Mannschaft schaden. Wenn wir das Thema Diabang hochkochen, machen wir uns zu Erfüllungsgehilfen der Bochumer Intentionen, erklärte Cotrainer Frank Geideck. Alles gut und richtig, aber vielleicht vergeblich, denn Ostwestfalen gelten nicht nur als wenig temperamentvoll, sondern vor allem als stur. Natürlich sind wir Sturköpfe, schrieb einer im Chat-Forum, hier werden die Steine zum Hausbau noch mit dem eigenen Kopf aus dem Fels geschlagen. Das klang nicht gut für Diabang. Dessen Vertrag in Bochum gilt nur für die Bundesliga, was den Fans angesichts der momentanen Tabellensituation schon jetzt dicke Tränen der Schadenfreude in die Augen treibt. Daß die französischen Berater des Senegalesen bei diesem Wechsel am meisten profitiert haben, gilt als ausgemachte Sache (…) Brinkmann rät seinem Kollegen, künftig die Verträge selber auszuhandeln, was sich leicht sagen läßt, wenn man noch nie einen Vertrag in fremder Sprache hat aushandeln müssen. Mit dem geschriebenen Deutschen hat Diabang schließlich seine Probleme. Er ist schon mehrmals durch die theoretische Führerscheinprüfung gefallen. Als er am Dienstag seinen Wechsel bekanntgab, mußte er deshalb zu Fuß vom Training nach Hause gehen. Von den Kollegen wollte ihn diesmal keiner mitnehmen.“

König Artur

Peter Penders (FAZ 14.4.) porträtiert den Mann des Tages. „Kurz nachdem er im November 1999 für drei Millionen Mark von Widzew Lodz verpflichtet worden war, stand das voreilig getroffene Urteil der Fans über den polnischen Nationalspieler schon fest. Noch so ein Fehleinkauf von Hermann Gerland. Auch mit Artur Wichniarek – meistens ohnehin nur eingewechselt, weil am damaligen Publikumsliebling Bruno Labbadia kein Vorbeikommen war – schaffte der Trainer der Bielefelder Arminia den Klassenverbleib in der Bundesliga nicht und mußte später nach einem mäßigen Start in der zweiten Liga gehen. Wichniarek aber blieb und nahm einen steilen Aufstieg. Vom Fehleinkauf zu einem der am höchsten geschätzten Spieler – ein bemerkenswerter Weg, wenn man bedenkt, wie unbeliebt Gerland bei den Bielefelder Fans noch heute ist. Artur Wichniarek aber gehört längst zum Bielefelder Fußballadel – auf der Alm wird der Pole nur noch liebevoll König Artur gerufen. Sein Anlauf zur Thronbesteigung war allerdings weit.“

Gewinnspiel für Experten

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