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Hertha, die Rehabilitationsanstalt für enttäuschende Fußballprofis
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| Donnerstag, 25. März 2004
Friedhard Teuffel (FAZ 22.2.). „Wenn das so weitergeht, dann empfiehlt sich Hertha BSC Berlin noch als Rehabilitationsanstalt für enttäuschende Fußballprofis. Zwei erfolgreiche Behandlungen können die Berliner schon vorweisen: die des Brasilianers Alex Alves und des Niederländers Dick van Burik. Die beiden haben schließlich mit ihren Toren bewirkt, daß Hertha nun alle Möglichkeiten zum Erreichen des Viertelfinales im Uefa-Pokal hat. Das 3:2 vom Donnerstag abend vor 16.000 Zuschauern im Olympiastadion gegen Boavista Porto ist zwar keine ideale, aber doch eine ordentliche Grundlage für das Rückspiel beim portugiesischen Meisterschaftszweiten. Alves traf dabei zweimal, van Burik einmal. Jetzt gehören die beiden wieder zu den Siegertypen in der Berliner Mannschaft. Vor kurzem war sich der Klub, also Manager Dieter Hoeneß, gar nicht sicher, ob er sie noch weiter für Hertha spielen lassen will. Er drohte damit, Alves an einen anderen Verein abzugeben, und mit van Burik schloß er keinen Vertrag für die nächste Saison. Außerdem hatte Hoeneß den Niederländer für dessen offene Worte gegenüber Journalisten kritisiert. Das schienen keine guten Voraussetzungen für erfolgreiches Fußballspiel zu sein. Doch jetzt geht Alves wieder seinem Beruf nach, dem Toreschießen, und van Burik hat offenbar zu alter Nervenstärke zurückgefunden. Die Nachricht, daß der launische und eigensinnige Alves auch Tore hintereinanderweg schießen kann, ist inzwischen sogar schon eine Woche alt. Am Sonntag hatte der brasilianische Stürmer nämlich beim 2:0-Sieg der Hertha bei Borussia Mönchengladbach beide Tore erzielt. Gegen Boavista Porto zeigte er, daß dies keine einmalige Leistung war, der dann wieder saure Wochen folgen.“
Spielbericht Tsp
Vor dem Achtelfinale
Christian Eichler (FAZ 20.2.) porträtiert den Gegner des VfB Stuttgart. „Celtic, das ist das alte Lied des neuen schottischen Fußballs: Groß sind Tradition, Publikum, Ausgaben, winzig die Wirkungen in der Welt. 1967 brach Celtic die Dominanz Südeuropas und gewann den Europapokal der Landesmeister, doch seitdem ist die Konkurrenz vom Kontinent immer mehr außer Reichweite gerückt. Die beiden Glasgower Klubs, Celtic und Rangers, locken Ausländer mit viel Geld und bekommen doch vorwiegend solche, die schon die Altersteilzeit ihrer Laufbahn anstreben. Auch Andreas Thom, von 1995 bis 1998 der letzte Deutsche bei Celtic, war schon auf der Ehrenrunde. Aus Schottland führt kaum ein Weg zurück in die Top-Ligen des Kontinents, wie zuletzt auch Jörg Albertz erlebte. Der frühere Nationalspieler, Publikumsliebling bei den Rangers, fand nach seiner Rückkehr keinen Platz mehr bei seinem früheren Klub, dem Hamburger SV, und emigriert nun nach China. Die Versuche der beiden Glasgower Klubs, aus der schottischen Liga, in der sie finanziell und sportlich konkurrenzlos sind, in die englische überzuwechseln, versanden immer wieder. Bleibt nur die internationale Bühne, oft mit peinlichen Folgen. In der Qualifikation zur aktuellen Champions League scheiterte Celtic am FC Basel. Der Meister mußte in den Uefa-Pokal. In dem aber hat Celtic nun zum ersten Mal seit zwanzig Jahren in einem europäischen Wettbewerb Weihnachten überstanden.“
Raphael Honigstein (FTD 20.2.) widmet sich dem Trainer Celtics. „Seit knapp zwei Jahren muss sich Martin O’Neill fast jeden Morgen ärgern. Die schottischen Zeitungen überschlagen sich mit wilden Spekulationen über seine Zukunft, und immer läuft alles auf die Frage hinaus: Wann geht er? Das ging schon vielen Kollegen so, aber hier liegt der Fall ein wenig anders – über O’Neill wird nicht mangels Erfolg diskutiert, sondern weil er in seinem Job zu gut ist. Gleich in seiner ersten Saison als Trainer von Celtic hat der 50-Jährige 2001 das Tripple aus Meisterschaft, Pokal und Ligapokal gewonnen. In der vergangenen Saison wurde er erneut Meister und veränderte damit die Machtverhältnisse im schottischen Fußball: Das katholische, nach Jahren der Erfolglosigkeit unter einem Minderwertigkeitskomplex leidende Celtic hat den einst übermächtigen Protestanten-Klub Rangers überholt. Der in Belfast geborene O’Neill erfüllt sich bei Celtic einen Kindheitstraum, er war schon als kleiner Junge ein Fan des Vereins (…) Er brachte dem für sein stürmisches Angriffsfußpiel bekannten Celtic-Team das Verteidigen bei: Seine 3-5-2-Taktik ist eine der defensivsten der Liga. Seine Arbeitsweise akribisch zu nennen, wäre ein Euphemismus, den der fast schon krankhafte Perfektionist wahrscheinlich als Beleidigung empfinden würde. Er kann über Schwächen und Stärken von allen nennenswerten Spielern Europas dozieren. Vor ein paar Jahren hat er sich Jura-Grundkenntnisse angeeignet; in seiner Freizeit rollt er noch mal alte, rätselhafte Mordfälle auf. Seine Detailversessenheit wird nur noch von seiner Leidenschaft übertroffen. Schon als Spieler bei Nottingham Forest war sein Kampfgeist legendär, er hatte maßgeblichen Anteil am zweimaligen Europapokalgewinn 1979 und 1980. Heute springt er im Stadion wie ein Gummiball vor der Bank umher und hat auch seine Zunge selten unter Kontrolle.“
Martín E. Hiller (Tsp 20.2.) über Herthas Gegner. „Die Namen klingen verheißungsvoll. Die Mannschaft von Boavista Porto schmückt sich mit Spielern wie Nuno Gomes, Silva oder Cafú. Allein, all diese Protagonisten sind lediglich Namensvettern der berühmten Nationalspieler aus Portugal und Brasilien. Kein Spieler aus dem aktuellen Kader von Boavista hat je in einem der europäischen Topvereine eine Rolle gespielt, kein Spieler hat einen Namen, der hierzulande wirklich geläufig wäre. Der Gegner von Hertha BSC im heutigen Uefa-Cup-Achtelfinale ist vielmehr eine Mannschaft, die nach internationalen Maßstäben als durchschnittlich einzustufen ist. Boavista ist regelmäßig in europäischen Wettbewerben vertreten und verzeichnet immer mal wieder respektable Erfolge. In dieser Saison warfen die Portugiesen immerhin Paris Saint Germain aus dem Wettbewerb. Dennoch gelang nie der große Wurf in Form eines internationalen Titels.“
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