Ballschrank
Holland verliert in Tschechien – Frankreich siegt souverän – Spanien siegt und zweifelt
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| Donnerstag, 25. März 2004
Addition selbstgefälliger Stars
Christian Eichler (FAZ 12.9.) berichtet die Niederlage Hollands. „Die Zeitung Volkskrant gab sich am Donnerstag bildhaft die Kugel: Oranje schießt sich schon wieder in den eigenen Fuß. Mit solchen Querschlägern haben die Niederländer leidige Erfahrung. Nach dem Verpassen der WM 2002 droht ihnen nun dieselbe Blamage für die EM 2004. Seit September 2001, als ein 0:1 in Irland das traumatische Scheitern in der WM-Qualifikation bedeutete, hatten die Niederländer nicht mehr verloren. Doch am Mittwoch in Prag ging die schöne Serie zu Ende, als es wirklich zählte. Beim 1:3 gegen die Tschechen ging nicht nur der Gruppensieg verloren und damit die Chance, sich direkt für Portugal 2004 zu qualifizieren, sondern auch die Illusion, aus der Addition selbstgefälliger Stars endlich einmal eine Mannschaft mit Zusammenhalt entwickelt zu haben. Ich habe die besten Spieler in Europa, hatte Trainer Dick Advocaat schon vor der Partie fast resignierend gesagt, aber sie sind nicht bereit, füreinander einzustehen. Die Friktionen hatte eine Auseinandersetzung auf dem Trainingsplatz verdeutlicht: Dort waren sich Edgar Davids und Ruud van Nistelrooy wütend an die Wäsche gegangen. Beide sollten auch das Spiel in Prag unrühmlich prägen. Schon nach einer Viertelstunde hatte Davids, der Berserker im Mittelfeld, seinem reichen Register an disziplinarischen Verfehlungen eine weitere zugefügt. Früh verwarnt, legte Davids umgehend nach und foulte Karel Poborsky hinterrücks im Strafraum. So kam es zur peinlichsten Auflösung von Oranje: Gelb-Rot. Der Wiederholung dieser Farbkombination entging van Nistelrooy nur durch Glück. Nach einem Frustfoul verwarnt, kam der im Nationalteam erfolglose Torjäger von Manchester United nur auf dem Gnadenweg mit einer plumpen Schwalbe davon. Als Advocaat umgehend reagierte und den Stürmer, um einem Platzverweis vorzubeugen, auswechselte, geriet van Nistelrooy völlig außer Fassung. Mit rudernden Armen blaffte er den Trainer an, trat vor Wut gegen allerlei Gegenstände, konnte sich minutenlang nicht beruhigen.“
Ronald Reng (SZ 12.9.) kommentiert die Bedeutung des 2:1-Siegs Spaniens gegen Ukraine. „Vordergründig waren es nur vier Tage der Schwäche im Juni, die Spanien nun vermutlich in die Ausscheidung der Gruppenzweiten zwingt. Damals verjuxte (Nationaltrainer) Sáez’ Elf mit einem 0:1 gegen die vom Deutschen Otto Rehhagel trainierten Griechen und einem 0:0 in Nordirland seinen Kredit. Der Mittwoch offenbarte, dass die Einordnung hinter den gewiss nicht überragenden Griechen nicht nur ein Freakresultat ist. Sáez’ Spanien, technisch begabt, jung und unternehmungslustig, hat noch etliche Stellen, die poliert und geschliffen werden müssen. Operation Generationenwechsel hieß Sáez’ Auftrag, als er nach der WM 2002 antrat, und daran machte sich der 60-jährige Baske hemmungslos. Mit 28 war Rubén Baraja vom FC Valencia gegen die Ukraine der älteste Profi in der Startelf. Doch Jugend allein erobert vielleicht die Herzen, bringt aber noch lange kein Gloria. Den Mangel an Abwehrspielern mit Sicherheitsgarantie legten die ukrainischen Konter schonungslos offen.“
Ralf Itzel (SZ 12.9.) bewundert Frankreichs Nationalelf. “Welch eine Bilanz in der Qualifikation: Sieben Spiele, sieben Siege, zwei Tore kassiert, 26 erzielt, fast vier im Schnitt pro Auftritt. Derartige Werte hat kein anderer der fünfzig Kandidaten zu bieten. Sie sind wieder die alten. Im übertragenen und im ursprünglichen Wortsinne: Glatzkopf Barthez, seine Majestät Zidane, der Fels Desailly, Kraftpäckchen Lizarazu, die Gazelle Henry. Die Weltmeistergeneration von 1998 hat wieder das Kommando übernommen, nach einer Periode freilich, in der Jacques Santini ihr das Fürchten lehrte. Der neue Trainer lancierte nach Amtsantritt Talente, die unter Vorgänger Roger Lemerre den Stars allenfalls die Schuhe tragen durften. „Vorher war der Status jedes einzelnen festgezurrt“, sagt der Münchner Bayer Willy Sagnol, „und jeder begnügte sich mit seiner Rolle, ohne mehr tun zu wollen. Indem Santini vor allem zu Beginn viele Junge brachte, hat er den Alten signalisiert, dass alle kämpfen müssen.“ Dass die Routiniers noch die besseren sind, müssen sie nun in jedem Spiel beweisen. Santini reizte sie bis aufs Blut, testete ihre Charaktere. „Er hat uns durchgerüttelt“, sagt Kapitän Desailly. Bayern Münchens Bixente Lizarazu musste monatelang auf die erneute Nominierung warten. Nun legt er wie am Samstag gegen Zypern auch in der 84. Minute beim Stand von 5:0 noch einen Sprint über den halben Platz hin. Die Motivation, in Portugal den Betriebsunfall von Korea vergessen zu machen, ist groß für Lizarazu und Co. Sonderrechte genießen er und die anderen Veteranen auch im Innenleben der Equipe keine mehr. Santini nimmt alle an die kurze Leine.”
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