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im Schatten der Leichtathletik-Weltmeisterschaften

Oliver Fritsch | Donnerstag, 25. März 2004 Kommentare deaktiviert für im Schatten der Leichtathletik-Weltmeisterschaften

Der Fußball stand am letzten Wochenende im Schatten der Leichtathletik-Weltmeisterschaften. Die Krise der deutschen Läufer, Springer und Werfer verdrängt den DFB-Pokalwettbewerb in den hinteren Teil der heutigen Sportseite. Für die Bundesliga-Teams ist die erste Pokalrunde gegen Amateure und Halbprofis ohnehin eine Pflichtaufgabe, bei der es nichts zu gewinnen gibt; statt dessen viel zu verlieren: Image und Geld. Doch auch wenn die Aufmerksamkeit anderen gehört, schreibt der Fußball, wie eh und je, viele Geschichten an diesem Tag des Aufeinandertreffens zwischen David und Goliath.

Dieses Mal hat es die Profis aus Bochum und Kaiserslautern erwischt, die sich nun damit trösten, dass die Schlagzeilen ihnen gehören – was im Bundesliga-Alltag selten genug ist. Das Echo ist unterschiedlich: Während die FAZ dem VfL Bochum ins Stammbuch schreibt, „einer Spur zu viel an Selbstbewusstsein“ und „Arroganz“ seien die Ursachen für die 1:2-Niederlage in Regensburg, sagen die Berichterstatter dem 1. FC Kaiserslautern nach dem 1:4 in Braunschweig schwere Zeiten voraus.

Power und Energie, die der Belgier zuletzt ausgestrahlt hat, sind offenbar verpufft

Thomas Kilchenstein (FR 1.9.) macht sich Sorgen über den 1. FC Kaiserslautern, 1:4-Verlierer beim Regionalligisten Eintracht Braunschweig. „Genau vier Spiele in der Bundesliga und ein Spiel im Pokal haben gereicht, um dem 1. FC Kaiserslautern deutlich vor Augen zu führen, wo er sich befindet: genau dort, wo er in der vergangenen, so verkorksten Saison schon einmal war. Hinten, mit dem Rücken zur Wand, in Existenznot. So, als hätten sie aus den Fehlern der Vergangenheit nichts, aber auch gar nichts gelernt. Kein Zweifel: Null Punkte in der Liga, sang- und klanglos ausgeschieden in der ersten Runde im Pokal bei einem Amateurclub – wenn es noch eines Beweises bedurfte, dann ist er an diesem letzten August-Wochenende erbracht worden: Der 1. FC Kaiserslautern steckt tief in der Krise, wieder mal. Und vor allem: Hoch droben auf dem Betzenberg sind sie ziemlich überrascht worden von dem neuerlichen Rückschlag. Von Leistungsverweigerung war die Rede und davon, dass die Mannschaft nicht habe erkennen lassen, dass sie Fußball spielen will. Da lief nichts zusammen bei den Pfälzern. Trainer Erik Gerets, der in der vergangenen Saison noch mit einem beeindruckenden Kraftakt die Wende zum Guten geschafft hatte, wirkt, und das ist das Schlimme, hilf- und ratlos. Die ganze Power und Energie, die der sympathische Belgier zuletzt ausgestrahlt hat, sind offenbar verpufft. Selbst er flüchtet sich schon in Durchhalteparolen. Ob er es noch einmal schafft, das Ruder herumzureißen, ist fraglich. Er selbst weiß nur zu genau um die Mechanismen in diesem Geschäft.“

Sascha Zettler (FAZ 1.9.) befürchtet Ratlosigkeit bei den Lauterer Verantwortlichen. „Erik Gerets saß mit versteinerter Miene auf dem Podium im Braunschweiger Presseraum. Ein paar Meter weiter stand sein Präsident René Jäggi, die Arme verschränkt, wie paralysiert wirkend. Distanz zwischen den beiden Kaiserslauterer Machern – nur ein räumliches Bild oder gar ein Sinnbild? Der Trainer steht nicht zur Debatte, betonte Jäggi. Zumindest bei ihm wohl nicht, aber Jäggi und auch Gerets kennen die Gesetzmäßigkeiten der Branche. Eigentlich müßte man die 18 Spieler auswechseln und nicht den Trainer oder Präsidenten. Aber das ist das Schicksal des Trainers, daß er in Frage gestellt wird, sagte Jäggi vor dem wohl schwersten Gang des Abends: dem zu den Fans. Die hatten sich hinter der Absperrung vor dem Pfälzer Mannschaftsbus aufgebaut, verlangten Erklärungen für den am Tiefpunkt angelangten Vorjahresfinalteilnehmer. Das alles erinnert mich an die letzte Saison, gestand Gerets. Da hatten wir Lösungen parat, die haben wir jetzt noch nicht, sagt der Belgier und hofft, sie zu finden: Ich habe bewiesen, daß ich solche Situationen meistern kann. Ob man ihm in der Pfalz, wo die alten Seilschaften angesichts des sportlichen Niedergangs schon wieder kräftig mobil machen, die Zeit dazu läßt? Neuzugänge allein werden die Probleme nicht lösen, solange sich die Mannschaft nicht als solche präsentiert: Lucien Mettomo wirkte bei seinem Debüt im FCK-Trikot wie ein Fremdkörper, kann nicht helfen, solange die Kollegen auftreten, als wollten sie keine Hilfe.“

Letzte Ausfahrt vor dem Nichts

Jörg Marwedel (SZ 1.9.) hätte Frank Pagelsdorf, Trainer des VfL Osnabrück, einen Sieg über seinen Ex-Klub Rostock gegönnt. „Pagelsdorf, 45, hatte seinen dunklen Anzug angezogen. So einen, wie man ihn bei Familienfeiern trägt, oder eben zu Fußballfesten, auf die man sich besonders freut. Für ihn ist es ja beides gewesen, dieses DFB-Pokalspiel des VfL Osnabrück gegen Hansa Rostock – nostalgisches Wiedersehen mit den alten Freunden aus Rostock, mit denen er 1995 den Bundesliga-Aufstieg schaffte, vor allem aber eine Art Rückkehr auf die große Bühne. Erstmals seit knapp zwei Jahren hat er sich wieder ein bisschen erstklassig fühlen dürfen, obwohl er als neuer Trainer der Osnabrücker genau dies nicht mehr ist. Und als sein VfL ein aufregendes DFB-Pokalspiel schließlich nach 120 torlosen Minuten mit 4:5 im Elfmeterschießen verloren hatte, da strich der Trainer über seinen Anzug und stapfte still vom Rasen. Viele Worte hat er auch später nicht gemacht. Das ist nicht seine Art, und war wohl auch zu enttäuscht, dass er den Kritikern, die immer wieder die Geschichte vom tiefen Fall des Fußballlehrers Pagelsdorf erzählen, nicht mehr Stoff genommen hatte. Nun wurde ihm wieder bewusst, dass die neue Bühne nach 21Monaten ohne Arbeit in Wirklichkeit doch deutlich bescheidener und baufälliger ist als die Fußballtempel in Turin oder Rom, in denen er vor drei Jahren mit dem Hamburger SV in der Champions League auftrat. Die „Welt“ notierte deshalb, Osnabrück, das sei für Pagelsdorf die „letzte Ausfahrt vor dem Nichts“. „Eine böse Geschichte“, nennt der Trainer das, eine „Denkweise von oben herab, diskriminierend“. Und auch, dass er wechselweise als Arbeitsloser, Privatier oder Ich-AG mit dem Ziel des Abspeckens und der Weiterbildung im Heimkino beschrieben wurde, wurmt ihn. „Alles falsch“, sagt er, „es ist vielmehr so, dass ich die Zeit zur Weiterentwicklung genutzt habe.“ Er isst nun keine Gummibärchen mehr und überhaupt nur noch die Hälfte, weshalb er sein Gewicht von 113 auf 94 Kilo reduzieren konnte. Und er hat, wie er sagt, die eigenen Fehler reflektiert. Einer war vielleicht, dass er zwar eine Nase für Talente besitzt, die Jungen aber oft links liegen ließ, wenn die ersten Probleme auftauchten. Seine eigenen Probleme wurden indes abgefedert von 4,1 Millionen Mark, die er als Abfindung vom HSV mitnahm.“

Man hat mich in Deutschland nicht vergessen

Erik Eggers (FTD 1.9.) freut sich mit allen über das Comeback Jens Nowotnys beim 3:1 Bayer Leverkusens in Kiel. „Gänsehaut? Rührung? Ja, sagt Jörg Butt, wie selten in meiner bisherigen Karriere. Sichtlich bewegt steht der Torhüter von Bayer Leverkusen nach dem 3:1 Sieg seines Teams beim Regionalligisten Holstein Kiel im provisorischen Spielertunnel. Einen Sieg wie diesen frühstückt Butt sonst en passant ab. Da wirft er den Journalisten ein paar brauchbare Zitate hin und geht duschen. Dies jedoch ist ein besonderer Tag, einer, der in der Erinnerung haften bleiben wird in dieser Flut von Fußballspielen. Und Butt hat beschlossen, diesen Augenblick zu genießen. Dabei geht es nicht um ihn, sondern um einen Mitspieler. Nach zwei schweren Kreuzbandrissen hat Jens Nowotny sich zurückgemeldet. Und wie. Es waren zwar nur 240 Sekunden, die er spielte, zwei Ballkontakte zählten die Statistiker, aber in diesen flüchtigen Momenten spiegelte sich die ganze Leidenszeit des Innenverteidigers, der laut Bayer-Manager Reiner Calmund wie kein anderer den ehrlichen Fußball verkörpert. Allein das fast vierzigminütige Warmlaufen des 29-Jährigen hatte die knapp 10.000 Zuschauer im heruntergekommenen Holstein-Stadion mehr interessiert als das müde Gekicke auf dem Rasen. Als Nowotny dann zur Einwechslung an die Seitenlinie schritt, erhob sich das norddeutsche Publikum in der Fußball-Diaspora, das nun wahrlich nicht zu leichtfertigen oder gar übertriebenen Gefühlsausbrüchen neigt, und applaudierte heftig. Eine tolle Geste, befand Bayer-Sportdirektor Jürgen Kohler. Der schönste Moment heute, viel wichtiger als das 3:1, sagte ein ebenfalls gerührter Reiner Calmund. Und auch der Rückkehrer würdigte nach dem Abpfiff dies zauberhafte Miniatur, die so gar nicht zu dem fiesen Nieselregen Schleswig-Holsteins passen wollte. Das ist wie Balsam auf die Seele, sagte Nowotny, man wird nach so langer Verletzungszeit eingewechselt, und dann feiern einen die Zuschauer des Gegners. Es gebe nur wenige ergreifende Momente für einen Fußballer, würdigte Nowotny die besondere Atmosphäre, aber das war einer im kleinen Stil. Es war wirklich so, als fände ein verlorener Sohn nach langem Irrweg zurück zur ihn sehnsüchtig erwartenden Familie. Man hat mich in Deutschland nicht vergessen.“

Thomas Becker (taz 1.9.) schreibt eine Reportage aus dem Stadion von Borussia Neunkirchen, wo Bayern München 5:0 gewann. „In der ersten Viertelstunde ist schon alles drin. 4. Minute: Ein paar Dutzend Nicht-zuschauen-Könner klettern im mehr als ausverkauften Ellenfeldstadion aus den hintersten Stehrängen über den Zaun aufs Tribünendach. 6. Minute: Der Ordnungsdienst wacht auf: Kommen runner, ihr breche durch, des is doch alles nur Wellblech. 10. Minute: Rau flankt, Santa Cruz köpfelt, 1:0. 12. Minute: Das Sondereinsatzkommando der Polizei trifft am Tatort ein, entert sehr entschlossen das Tribünendach. 14. Minute: Foul an Scholl im Strafraum, Ballack schießt den Elfmeter, 2:0. 15. Minute: Die ersten Kletterer werden zum Zwangsabstieg verdonnert, unschöne Worte fallen. Zur Überraschung aller wird dann doch das Tor zur noch reichlich Stehplatz bietenden Haupttribüne geöffnet, die kletternden Kuttenträger strömen herein, man tauscht sich aus (Was? Schon 2:0?), telefoniert mit daheim (Schatz, tu mol die ,Sportschau‘ uff Video uffhole, mir komme bestimmt im Fernsehn.) und beschäftigt sich endlich mit den wirklich wichtigen Fragen: Unn wer geht jetzt Bier hole? Borussia Neunkirchen gegen Bayern München: Vor 39 Jahren noch ein spannendes Spiel um die Qualifikation für die höchste deutsche Spielklasse (mit dem besseren Ende für die Saarländer), heute für die einen das Spiel schlechthin, für die anderen weniger als ein Trainingskick. Mit annähernd körperlosem Spiel gewinnt der deutsche Meister gegen den Tabellenfünfzehnten der Oberliga Südwest zwar 5:0, vor allem aber Erkenntnisse: 1. dass Roque Santa Cruz nach viermonatiger Pause im Spiel eins nach Elber schon wieder prima als Torjäger funktioniert: drei Treffer in 70 Minuten. 2. dass Roy Makaay ebendieses immer noch nicht tut. 3. dass der erstmals von Beginn eingesetzte Argentinier Martin Demichelis sich zu einem knorrigen, für Bayern-Gegenspieler äußerst unangenehmen Verteidiger entwickeln wird, der weiß, wie man regelgerecht die Ellbogen einsetzt. 4.dass Mehmet Scholl, schon beim letzten 6:0-Pokalsieg der Bayern vor elf Jahren in Neunkirchen dabei, sich trotz Torerfolgs in der 75. Minute schwer tut, seine Position in der Bayern-Offensive zu finden. 5. dass Sebastian Deisler auch gegen die eifrigen, aber limitierten Amateure nicht sonderlich viel gelang.“

Makaay soll den Bayern weiterhelfen, wenn es auf der europäischen Bühne ernst wird

Peter Penders (FAZ 1.9.) hat Geduld mit Roy Makaay. „Mit der Erwartung oder wenigstens Hoffnung, daß die in die Oberliga abgestiegene Borussia den großen Bayern ein Bein stellen würde, wird wohl niemand ins Stadion gekommen sein. Der David aus Neunkirchen wehrte sich tapfer gegen den Goliath aus München, für den der kleine Ausflug ins Saarland nicht mehr als eine kurze Unterbrechung des Trainingsbetriebes darstellte. Und dort, bei den Übungsstunden an der Säbener Straße, trifft Roy Makaay dem Vernehmen nach zuweilen ins Tor – bei einem Pflichtspiel des deutschen Rekordmeisters ist dem knapp 18 Millionen Euro teuren Rekordtransfer der Liga dieses Erfolgserlebnis bislang verwehrt geblieben. Auch in Neunkirchen, wo der gerade noch als bester europäischer Torjäger der vergangenen Saison ausgezeichnete Makaay kurz vor der Halbzeit zwar allein auf Torwart Purkert zustürmen durfte, den Ball aber nicht am eher kleinen Neunkirchener Schlußmann vorbeibrachte. Kein Grund zur Sorge, beeilen sich alle in München zu sagen. Nach dem Wechsel von Elber haben die Bayern schließlich mit Pizarro und dem in Neunkirchen bei seinem Comeback dreimal erfolgreichen Santa Cruz zwei Stürmer, denen das Toreschießen derzeit keine besonderen Probleme bereitet. Und Makaay? Schon melden sich die Fußballexperten zuhauf und erklären den Bayern aufgeregt, daß sie da ja einen Konterstürmer eingekauft hätten, der so gar nicht zur Spielweise der Münchner passe. Möglicherweise erzählt man damit aber niemandem besonders Neues, und dementsprechend gelassen nimmt Bayern-Trainer Ottmar Hitzfeld die Startschwierigkeiten seines Wunschspielers auch hin. In Neunkirchen streute Hitzfeld eine weitere nichtssagende Selbstverständlichkeit hinzu – Makaay sei derzeit gesetzt, aber irgendwann entscheide natürlich die Leistung über die Aufstellung. Natürlich tut sie das spätestens dann, wenn es wichtig wird. Im Ellenfeldstadion fiel Makaay nicht besonders auf, aber die Bayern haben ihn schließlich auch nicht gekauft, damit er in Neunkirchen brilliert. Makaay soll den Bayern vor allem dann weiterhelfen, wenn es auf der europäischen Bühne ernst wird. Ein Konterspieler in den Partien auf Augenhöhe gegen so Größen wie Mailand, Madrid oder Manchester – erst dann wird sich der Wert des Niederländers weisen.“

Mir scheint Makaay etwas zu arrogant

Daniel Meuren (FR 1.9.) eher nicht. „Erstaunlich aus sportlicher Sicht war während der einseitigen 90 Minuten allein, wie wenig der hochgelobte Millionen-Einkauf Roy Makaay seinem Ruf gerecht wurde. Eigentlich hätte der Bayern-Neuzugang das Spiel nutzen müssen, um die Bindung zu seinen Nebenleuten zu finden. Stattdessen sorgte er mit seiner Leistung dafür, dass in den kommenden Tagen weiter heftig über Sinn und Unsinn des Makaay-Elber-Deals diskutiert werden wird. Nach 42 Minuten setzte sich der Niederländer erstmals in Szene, scheiterte aber unbedrängt an Neunkirchens tapferem Torwart Sascha Purket. Später provozierte der 28 Jahre alte Stürmer mit einem schwachen Schussversuch Pfiffe und Elber-Rufe aus dem Bayern-Fanblock. Makaay wird bald sein erstes Tor erzielen. Das ist nur eine Frage der Zeit, kommentierte Bayern-Trainer Ottmar Hitzfeld die Leistung seines neuen Stars diplomatisch. Makaays Gegenspieler Torsten Freyer, der nach dem Spiel vergeblich um einen Trikottausch anfragte, wurde deutlicher: Mir scheint Makaay etwas zu arrogant. So findet der nicht so leicht ins Bayern-Spiel.“

Neue Fragen über Anspruch und Wirklichkeit auf Schalke

Claudio Catuogno (SZ 1.9.) sah schwache Schalker siegen. “Nimmt man zum Maßstab, was der FC Schalke 04 von zuhause gewöhnt ist, dann kann man das Stadion des TSV Aindling mit Fug und Recht als putzig bezeichnen. In der ersten Halbzeit blickten die Schalker auf ein Transparent des Fruchthof Ehinger, in der zweiten grüßte das schicke Plakat des KFZ-Sachverständigen Settele. Manchmal flog auch ein Ball auf die frisch geschorenen Maisfelder, auf denen am Samstag die Ehrengäste parkten. So klein und familiär war alles, dass der gesamten so genannten Haupttribüne ein freier Blick auf den Nacken von Jupp Heynckes gewährt war. Dieser Nacken hatte keinen besonders entspannten Nachmittag. Die ganze Zeit musste er Heynckes’ Kopf hin und her schütteln. Dann färbte er sich so rot wie Lebertran, und der Schalker Trainer machte ein Gesicht, als habe man ihm gerade einen Löffel davon eingeflößt. Letztlich war der 3:0-Sieg seiner Mannschaft beim bayerischen Viertligisten zwar nie gefährdet. Aber Heynckes erlebte seine Spieler so harmlos und unsortiert, als stünden da gar nicht Ebbe Sand, Tomas Hajto und Darío Rodríguez auf dem Platz, sondern der KFZ-Sachverständige und der Herr vom Fruchthof, die sich in die königsblauen Trikots eingeschlichen haben, und der arme Heynckes musste nun damit fertig werden (…) Jupp Heynckes hätte wütend sein können. Sein Nacken war es. Aber offiziell verwies der Trainer nur auf die vielen UI-Cup-Spiele, auf müde Beine, und darauf, dass nach dem Weggang von Emile Mpenza ein Stürmer fehle. Doch zumindest diese Last ist Heynckes nun los, denn Eduard Glieder wird für ein Jahr vom österreichischen UI-Cup-Teilnehmer SV Pasching ausgeliehen. Zwar hatte Heynckes mit der Aussage, er wolle „die besten Spieler der Welt holen“, eher Fernando Morientes von Real Madrid gemeint. Weil der sich aber für den AS Monaco entschied, kommen nun lediglich der Stürmer Glieder, frische 34 Jahre alt, sowie neue Fragen über Anspruch und Wirklichkeit auf Schalke zu.“

Elisabeth Schlammerl (FAZ 1.9.) sah einen gerechten 2:1-Sieg Jahn Regenburgs über den VfL Bochum. „Der VfL Bochum gehört eigentlich nicht zu den Klubs, die eine Mannschaft unterschätzen, sondern zu denjenigen, die eher selbst unterschätzt werden. Vor sieben Jahren war der Verein zum letzten Mal in der ersten Runde ausgeschieden, im vergangenen Wettbewerb hatte er es sogar bis ins Viertelfinale geschafft. Der Bundesligasieg gegen Bayer Leverkusen vor einer Woche aber hat diese Spur zu viel an Selbstbewußtsein gebracht, die gerne zu Arroganz wird (…) Für Neururer ist die Niederlage in Regensburg auch ein Rückschlag auf dem Weg, dem Klub ein positives Image zu verschaffen. Wir arbeiten seit langer Zeit an der Außendarstellung, deshalb ist die Enttäuschung um so größer. In den Planungen des Vereins hatte der Pokal eine wichtige Rolle gespielt. Zum einen, weil er eine Zusatzeinnahme bringt, die man in der heutigen Zeit dringend braucht, wie Manager Dieter Meinold sagte. Zum anderen, weil Neururer dabei die größten Chancen für seine Mannschaft sah, den Sprung in einen europäischen Wettbewerb zu schaffen. Wir haben kaum Möglichkeiten, über die Liga ins internationale Geschäft zu kommen, sagte er. Den Pokal zu gewinnen dagegen sei ein realistisches Ziel gewesen.“

SZ-BerichtSpVgg. Unterhaching – RW Oberhausen (6:2)

Hier die graue Arbeiterstadt Offenbach, dort das reiche und vornehme Frankfurt

Richard Becker (FAZ 1.9.) schildert die Hintergründe der Rivalität zwischen Frankfurt und Offenbach. „Die tiefgreifenden Ressentiments wurzeln in den soziologischen Strukturen beider Städte. Hier die graue Arbeiterstadt Offenbach, von vielen als Vorort von Frankfurt verspottet, dort das reiche und vornehme Frankfurt, stolz auf seine Schönen und Reichen, auf seine Hochhäuser, seine Banken. Im Fußball spiegelte sich alles in den Protagonisten wider. In den fünfziger Jahren war es bei der Eintracht Alfred Pfaff, ein genialer Spielmacher, der Fußball als Kunst verstand und sie entsprechend pflegte, während bei den Kickers ihrem größten kämpferischen Vorbild, Hermann Nuber, sogar ein Denkmal gesetzt wurde. Der Bieberer Berg wurde zum Synonym für Grätscher und Kämpfer, wo, zum Beispiel, der damals noch junge Trainer Otto Rehhagel seinen Abwehrspieler Amand Theis aufforderte, dem flinken Bernd Hölzenbein doch richtig in die Knochen zu hauen. Das Frankfurter Waldstadion galt im Vergleich zum Bieberer Berg als Musentempel, wo Fußball in den größten Zeiten von Spielern wie Jürgen Grabowski, Bernd Hölzenbein oder Bernd Nickel zelebriert wurde. Derbys wurden zu Bestätigungen von Weltanschauungen. Und wenn einmal einer den Standort und die Mainseite wechselte, hatte er es schwer, sich Kredit bei den jeweiligen Fans zu erarbeiten. Der Makel, von drüben gekommen zu sein, haftete jedem an. Nur Leistung konnte ihn mit der Zeit abwaschen. Der Offenbacher Traum, irgendwann wieder auf Augenhöhe mit der Eintracht in derselben Liga zu kicken, wird weiter geträumt. Einerseits waren die Frankfurter meist doch zu stark, um ganz nach unten wegzufallen, andererseits die Kickers nie mehr so stark, die Eintracht sogar in der zweiten Liga einholen zu können. Für die Regionalliga haben sie in Offenbach für diese Saison eine Mannschaft aus Altgedienten zusammengebastelt, die für den Zweitliga-Aufstieg garantieren soll.“

Gewinnspiel für Experten

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