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Innere Zerrissenheit des Klubs

Oliver Fritsch | Donnerstag, 25. März 2004 Kommentare deaktiviert für Innere Zerrissenheit des Klubs

Matthias Wolf (FAZ 19.5.) beschreibt Rostocker Konflikte. “Während in der Kabine die Profis eine Lage Hochprozentiges leerten, wurde die innere Zerrissenheit des Klubs wieder deutlich. Trainer Armin Veh betonte, dass es für Rostock „keine höheren Ziele als den Klassenerhalt“ geben könne: „Die finanzielle Diskrepanz zu anderen Klubs ist einfach zu groß. Dass wir drin bleiben, ist ein Riesenerfolg, der viel zu wenig gewürdigt wird.“ Die alte Leier, von der auch der 42-Jährige weiß, „dass sie keiner mehr hören will – aber es ist die Wahrheit“. Selbst in der Stunde des Triumphes schienen sich der Fußballlehrer und die Vereinsführung ein Stück voneinander zu entfernen. Dass der wegen seiner Taktik, Menschenführung und penetranten Forderung nach neuen Spielern umstrittene Veh gleich nach dem Schlusspfiff voller Herzlichkeit viele Spieler drückte und selbst von einigen Vorstandsmitgliedern abgeklatscht wurde – ein trügerisches Bild von Harmonie. Klinkmann räumt ein, dass es Mühe kosten werde, in den nächsten Wochen die Risse zwischen Klubführung und Trainer sowie Übungsleiter und Teilen des Teams zu kitten. „Mit einem anständigen Trainer hätten wir zehn Punkte mehr geholt“, sagte ein Spieler – vor der Siegesfeier, als alle noch nüchtern waren. Doch vielleicht wird ja alles wieder gut bei der Hansa-Familie. Zum Beispiel, wenn der Verein Veh noch den ein oder anderen Wunschspieler bewilligt (…) Nächstes Jahr ist Hansa wieder der Quoten-Ossi in der Liga, was selbst der Bielefelder Trainer Benno Möhlmann als Besonderheit zu würdigen wusste: „Das ganze Umfeld hat sich die Bundesliga verdient.“ Das klang neidisch, weil der Aufsteiger sich wohl gleich wieder verabschieden muss. Auf den letzten Metern der Saison bleibt nur Zerfall und Selbstzerstörung. Keine Spur von Teamgeist.“

Dirk Böttcher (taz 19.5.) sah schwache Gäste. „Die zweite Halbzeit war gerade angepfiffen, da erschienen, frisch geduscht und hoch erstaunt, Bielefelds Ansgar Brinkmann und Maciej Murawski auf der Pressetribüne im Rostocker Ostseestadion. Ihren suchenden Blicken zufolge war die geschlossene VIP-Abteilung das eigentliche Ziel. Doch diese befand sich eine Etage höher – ganz oben eben. Also kletterten die beiden akrobatisch über allerlei Stufen und Hindernisse, um doch noch im bequemen Ledersitz Platz nehmen zu können. Eine Etage zu tief ist nach der 0:3-Abfertigung in Rostock auch die restliche Bielefelder Mannschaft gelandet. Vor dem letzten Spieltag steht sie auf einem Abstiegsplatz. Ob sie aber, wie die beiden Tribünen-Irrläufer, noch den Weg nach oben findet, scheint fraglich. Aus eigener Kraft ist der Klassenerhalt jedenfalls nicht mehr möglich. Und so ist alles, was bleibt: Hoffnung. Detlev Dammeier zum Beispiel hofft, dass sein früherer Trainer Wolfgang Wolf die Nürnberger auf Vordermann bringt und gegen Leverkusen alles versucht. Sport-Direktor von Heesen hofft gar auf ein Fußball-Wunder. An Wunder glauben tut er nicht. Beim vorletzten Saisonspiel in Rostock agierte Bielefeld erschreckend schwach.“

Der Verein macht Großartiges aus seinen Möglichkeiten

Peter Penders (FAZ 18.5.) stimmt zu. “Rostock hat so gespielt, wie man im Abstiegskampf spielen mußte, urteilte der Bielefelder Torhüter Matthias Hain, der seine Vorderleute lange nicht aufwecken konnte. Da muß man mehr Engagement zeigen, vor allem die Spieler, die ansonsten verbale Vorreiter sind, sagte Möhlmann und machte keinen Hehl daraus, daß damit Ansgar Brinkmann gemeint war. Der unberechenbare Bielefelder Rechtsaußen hatte zuletzt damit kokettiert, zwei Angebote aus der Bundesliga zu haben. Das Gerücht hält sich, daß eines davon ausgerechnet aus Leverkusen sein soll. Im Überlebenskampf in der Bundesliga ist jeder Trick denkbar, und der zur Halbzeit ausgewechselte Brinkmann konnte solche Spekulationen nicht entkräften. Besonderen Tatendrang zeigte er erst, als er mit Möhlmanns Aussagen konfrontiert wurde und den Trainer danach zur Rede stellen wollte. Weil es um die Zukunft der Vereine ging, waren zumindest die Mienen aller Offiziellen vorher angespannt und danach nur bei den Rostockern gelöst. Der Verein macht Großartiges aus seinen Möglichkeiten. Die sind bei uns nun einmal gering, auch wenn das niemand hören will. Leider wird das nicht immer gewürdigt, sagte Veh. Was wie eine kleine Grußadresse an den einen oder anderen Lokaljournalisten klang, könnte aber auch der Auftakt zu einer für Veh gefährlichen Kontroverse mit dem Rostocker Aufsichtsratschef Horst Klinkmann sein. Der hatte gefordert, in Zukunft müsse Schluß sein mit dem Abstiegskampf. Statt dessen will Klinkmann guten Fußball sehen, und da ist der Trainer gefordert. Guter Fußball aber kostet Geld, das der FC Hansa nicht hat.“

Gewinnspiel für Experten

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