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Presseschau für den kritischen Fußballfreund

Ballschrank

Interview mit Erik Gerets

Oliver Fritsch | Donnerstag, 25. März 2004 Kommentare deaktiviert für Interview mit Erik Gerets

Auszug:

Erklären Sie uns doch bitte einmal, weshalb die Viererkette besser ist als die Dreierkette.

Wenn man Dreierkette spielen lässt, sind immer Räume offen. Dann werden die Verteidiger nach außen gezogen und dann entsteht viel Raum dazwischen. Man kann Dreierkette spielen, wenn drei Leute auf einer Linie agieren.

Kaiserslautern hat seit Jahr und Tag mit zwei Manndeckern und einem Libero gespielt.

So kann man modernen Fußball nicht mehr spielen.

Was ist Ihnen besonders aufgefallen an den Typen in der Bundesliga?

Ich hatte geglaubt, dass die Spieler hier physisch deutlich besser sind als in Belgien und Holland. Das konnte ich zumindest bei meinen Spielern nicht feststellen. Auf der anderen Seite war ich überrascht, dass die meisten Bundesliga-Mannschaften nicht mehr so spielen wie noch vor sechs oder sieben Jahren in Deutschland gespielt wurde…

…mit dem guten alten Libero…

…das 3-5-2-System, das ja in Deutschland geradezu heilig war, sieht man eigentlich fast nicht mehr. Viele Mannschaften spielen mit drei Stürmern oder 4-4-2. Cottbus war die einzige Mannschaft, die das 3-5-2 noch gespielt hat, aber nur bis zur Winterpause.Libero, davor zwei Manndecker – das konnten die Deutschen immer gut.

Es ist natürlich klar: Wenn sehr lange ein System mit sehr viel Erfolg gespielt wird – die Nationalmannschaft hat ja lange bewiesen, dass das auch funktionieren kann –, dann hat man ja auch keinen Grund, um das eins, zwei, drei zu wechseln. Nur: Wenn man sieht, dass sich in Europa auf taktischem Gebiet sehr viel ändert, dann muss man natürlich kämpfen, um den Rückstand wieder aufzuholen. Das ist sicher ein deutliches Problem, das der deutsche Fußball noch hat. Auf der anderen Seite sehe ich große Fortschritte: Schauen Sie sich Stuttgart an, wie die ihr modernes taktisches Konzept umgesetzt haben. Das kann mit jungen Spielern sehr schnell gehen, weil die viel schneller lernen.

Belgische und holländische Mannschaften waren berühmt für ihre Abseitsfallen. Sie lassen Ihre Mannschaft praktisch nie auf abseits spielen.

So etwas geht nur, wenn du einen hast, der gerade in einer solchen Situation lautstark kommuniziert. Wir aber haben eine sehr ruhige Mannschaft. Da sind einige dabei, deren Stimmen ich noch nicht nie gehört habe. Das ist nicht gut.

Das haben Sie aber bestimmt schon hundertmal angesprochen.

Das kannst du jeden Tag ansprechen, es ändert sich nichts. Ein Lokvenc, ein Hristow, ein Dominguez, ein Miro Klose, ein Christian Timm – sie alle werden nie schreien. Ciri Sforza ist eigentlich der Einzige, der mal lautstark organisiert. Du kannst nichts machen: Wenn jemand nicht gerne spricht, dann tut er es nun mal nicht gern.

Sehr lesenswert! SZ-Interview mit den scheidenden Bayern Fink, Tarnat Dreher

Auszug:

SZ: Ein besonderes Erlebnis in Ihrer Bayern-Zeit war doch bestimmt auch die legendäre Wutrede von Franz Beckenbauer beim Bankett nach dem 0:3 in der Champions League vor zwei Jahren bei Olympique Lyon. Sie, Herr Dreher, haben damals als einziger Bayern-Profi geklatscht. Warum?

Fink : Wenn wir das gewusst hätten…

Tarnat: Drecksau!

Dreher: Ach was. Wir haben uns unterhalten, und dann hat Beckenbauer gesagt: ,Das Buffet ist eröffnet.‘ Und ich hab’ geklatscht, weil ich endlich aufstehen wollte. Da hat der Effe mich noch angemacht: ,Du klatschst?‘ ,Ja‘, hab’ ich gesagt, ,weil ich Hunger habe.‘ Ich hatte bei der Rede doch gar nicht richtig zugehört.

SZ: Beckenbauers Rede bot den Zeitungen wochenlang Diskussionsstoff. Mit Recht? Hatte sie wirklich diese aufrüttelnde Wirkung?

Fink: Nein, überhaupt nicht. Sicherlich gab’s Spieler, die gesagt haben: ,Pass’ auf, dem Penner – in Anführungszeichen –, dem zeigen wir’s jetzt. Was will denn der von uns?‘

Oliver Trust (FR 28.5.) verabschiedet Krassimir Balakov. “Magath nennt ihn einen Glücksfall für diesen Verein. Er hat beste Kontakte und kann den südamerikanischen, den süd- und osteuropäischen Raum abdecken. Balakow spricht fünf Sprachen, alle Größen der Branche kennen ihn. Für mich ist das eine große Chance, in die nächste Identität zu finden. Ich werde nicht nur zuschauen, sondern mitmachen und das Tag für Tag. Irgendwann, das steht fest, will ich ins Trainergeschäft. Schon zu Zeiten des tiefen Zerwürfnisses mit dem damaligen Coach Ralf Rangnick hat Balakow den Trainerschein gemacht und neue Erkenntnisse gewonnen: Ich sehe jetzt auch die andere Seite. Er gesteht, lange nur die eigenen Belange im Blick gehabt zu haben. Es gab nur mich. Ich habe wenig Rücksicht auf andere genommen, nicht einmal auf die Familie. Ich habe alles dem Erfolg untergeordnet. Nun will er sich und anderen beweisen, dass er auch anders kann. Und dabei, glaubt er, helfe ihm die harte Schule der letzten Jahre, als ich gelernt habe, wie man unangenehme Situationen übersteht. Den Typen, den einige als Abzocker brandmarkten, weil er drei Millionen Euro im Jahr verdiente, nennt er den alten Balakow. Der sei einer gewesen, der viel Angriffsfläche bot. Der neue Balakow sagt: Ich bin müde, mental müde. Ich habe gemerkt, dass ich immer längere Pausen brauche, um mich zu regenerieren. Er saß zuletzt oft in seinem Videozimmer und sah sich seine alten Tore an. Das hat mir Kraft gegeben, wenn ich durch ein Tal gehen musste. Nun helfen ihm die Bilder seiner letzten Identität auf dem langen Weg zum neuen Ich.“

Gewinnspiel für Experten

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