Ballschrank
Konflikt Markus Babbels mit seinem Trainer in Liverpool
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| Donnerstag, 25. März 2004
Ronald Reng (SZ 16.5.) berichtet den Konflikt Markus Babbels mit seinem Trainer in Liverpool. “Der Zorn in ihm machte sich selbstständig. Markus Babbel konnte ihn nicht mehr kontrollieren, nur ableiten. Statt auf den Trainer ging er auf sein Trikot los. Er riss es sich vom Leib und warf es weg, ehe er beim Ligapokal-Spiel gegen Aston Villa der Anweisung seines Trainers Gerard Houllier folgte, sich auswechseln zu lassen. Es war der 18. Dezember, und nun, ein halbes Jahr später, scheint für Babbel das Spiel beendet, von dem er damals für seinen Geschmack viel zu früh, in der 39. Spielminute, lassen musste: Er soll das Trikot des englischen Rekordmeisters FC Liverpool nie wieder tragen. „Er ist nicht mehr in meinen Plänen“, sagte Houllier. „Markus’ Einstellung ist nicht in Ordnung.“ So endet für Babbel, einen der herausragenden deutschen Verteidiger seiner Generation, ein Fußballjahr, das als Märchen begann, auf die bitterste Art. Nur acht Monate, nachdem ihm die Nervenkrankheit Guillain-Barré die Beine lähmte und er das Gehen völlig neu lernen musste, kehrte Babbel im August 2002 in den Profifußball zurück. Doch während alle Welt noch schwer gerührt über sein Comeback war, schwelte bald ein Konflikt zwischen Trainer und Verteidiger. Ein Alltagsproblem: Houllier wollte Babbel behutsam aufbauen, Babbel wollte sofort wieder spielen. Dass es im totalen Zerwürfnis endete, ist unfassbar. Öffentlich kann Babbel zu Houlliers Vorwürfen nichts sagen, sein Vertrag läuft noch drei Jahre, er will keine fristlose Kündigung riskieren.”
Maradona, Figo und Netzer stehen für die 10, Möller steht für die 7
Stefan Willeke (Zeit 15.5.) erkennt unsere Wissenslücken in Sachen Karriere des derzeit erfolgreichsten Fußballer Deutschlands. „Einige Journalisten, die Andreas Möller gut kennt, haben ihm vorgeschlagen, als Ghostwriter ein Buch über sein Leben zu schreiben. Möllers ehemaliger Berufskollege Stefan Effenberg hat gerade einen mutmaßlichen Bestseller hingekriegt, den die Bild-Zeitung als Poesiealbum eines Fußballpunkers vermarktet. Möller hat nachgedacht über den Vorschlag. Es muss mehr sein als eine bescheidene Sportlerbiografie, haben die Journalisten geraten, brave Fußballbücher gehen schlecht. Irgendetwas Aufregendes, das die Leute mitreißt. „Was denn?“, fragt Möller. Er weiß nicht, was in seinem Buch stehen soll außer den sportlichen Erfahrungen eines gelernten Bürokaufmanns aus Frankfurt-Sossenheim, der wegen seiner zerbrechlich wirkenden Statur als 16-Jähriger aus der Hessenauswahl der Fußballjugend flog und wenig später als jüngster deutscher Spieler bei der Weltmeisterschaft 1990 gefeiert wurde. Man fragt sich, warum man in Archiven nachblättern muss, um die beachtliche Lebensleistung dieses Menschen vor Augen zu haben. Seine Erfolge scheinen sich verflüchtigt zu haben. Der Junge soll Weltmeister sein? Natürlich, das ist er. Scheinbar ohne erkennbaren Grund ist er aus der eigenen, sehr steil ansteigenden Laufbahn geraten und hat nicht zurückgefunden. Es ist etwas schief gegangen mit diesem Möller, aber was? Erst war er ein großes Talent, technisch brillant, das große Talent, folglich kam er schnell zu Borussia Dortmund, danach zwei Jahre lang zu Juventus Turin, danach zurück zu Borussia Dortmund, diesmal sehr lange, gekrönt durch den Europapokal, plötzlich aber gelang ihm nichts mehr, und die Stadionkurven spuckten Häme. Weichei, Heulsuse, Kampfsuse. Zuschauer warteten darauf, dass Möller nach einer Niederlage mal wieder die Mundwinkel verzog, so, als kämpfe er gegen die Tränen. „Heul doch!“, schrien sie im Stadion. Daran drohte er zu zerbrechen. Nur 10 andere haben, in mehr als 100 Jahren, öfter in der Nationalmannschaft gespielt als Möller, aber Möller ist nie ein deutscher Star geworden. Eher der missglückte Versuch. An Erfolgen gemessen, ist er wirklich ein Star gewesen, aber unfähig, sich zum Helden der Massen zu erheben. Niemand will so sein wie dieser Möller, so schmächtig in jeder Hinsicht, so verletzungsgefährdet immerfort, und deswegen erschreckt einen die Vorstellung so sehr, dass es vermutlich jeden treffen, dass es in jedem mit einem Mal möllern könnte. „Aus dir wird nie was“, hat die Mutter zu ihrem Andy vor vielen Jahren gesagt, als er noch zur Schule ging. „Mama, vertrau mir. Ich werde Fußballer“, antwortete der Junge. „Nein, nein!“, schrie die Mutter entsetzt, „du bist zu klein und zu schmächtig.“ Andreas Möller erzählt diese Episode sehr beiläufig und lacht laut los, als die Stelle mit der Pointe „schmächtig“ kommt. Man kann den Eindruck haben, als amüsiere er sich über einen Fremden (…) Als Möllers Karriere begann, stand auf seinem Rücken die 7, und man glaubte zu wissen: Aus dem wird ein ganz Großer. Die 7 nahm er mit zu den Profis von Borussia Dortmund und bekam dort nach einiger Zeit, als Gratifikation auf dem Weg zum sportlichen Höhepunkt, die Nummer 10 verliehen. „Die 10 war eine Verpflichtung“, sagt Möller, „ein Symbol.“ Stets trug in einer Mannschaft der Spielmacher die 10, der offensive Alleskönner im Mittelfeld. Die 7 galt als Geheimwaffe, die manchmal versagte, die 10 aber war grandios und durfte sich nicht viele Fehler erlauben. Maradona, die höhere Gewalt des Fußballs, hatte damals die 10. Möller und Maradona. Dieser geraffte Satz sieht so schräg aus, dass man ihn sofort wieder löschen möchte. Als Möller schließlich in Gelsenkirchen landete, war in der Schalker Mannschaft die 10 längst vergeben, an das Urgestein Olaf Thon, und Möller bekam die Zahl, die er längst hinter sich geglaubt hatte. Sieben. Den Spielmacher hat er auf einer Ersatzspielerbank in Dortmund zurückgelassen, im neuen deutschen Fußballsystem ist diese Rolle nicht mehr vorgesehen. Man könnte sagen: Ein Lebenskreis hat sich geschlossen, als die 7 am Ende zurückgekehrt ist auf Möllers Rücken. Das wäre gewiss so, wenn die 10 aus Möllers Kopf verschwunden wäre. Sie ist aber immer noch da. Maradona, Figo und Netzer stehen für die 10. Möller steht für die 7.“
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