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Leverkusens Aufschwung

Oliver Fritsch | Donnerstag, 25. März 2004 Kommentare deaktiviert für Leverkusens Aufschwung

Franca stehe stellvertretende für Leverkusens Aufschwung, teilt Roland Zorn (FAZ 18.8.) mit. „França, gestern noch ein Stürmer im Stau, heute ein Ideenproduzent und Torlieferant für die möglichen Erfolge von morgen, kam im vergangenen Sommer für die Leverkusener Rekordablöse von 9,5 Millionen Euro vom brasilianischen Großverein FC São Paulo. Jahrelang hatten ihn die Späher vom Bayer-Werk beobachtet, ehe sie sicher waren: Mit França kann der Klub keinen Fehler machen. Wer mehr als 150 Tore für São Paulo schießt, in der Selecão neben Ronaldo stürmt und nur wegen einer Verletzung die Teilnahme an der Weltmeisterschaft 2002 verpaßte, taugt auch zum Heldentum in der Bundesliga. Ein Fehlschluß. França tauchte in den Wirrungen und Irrungen der Leverkusener Horrorsaison unter, erzielte in 18 Spielen lediglich einen Treffer, saß oft genug nur auf der Tribüne und schämte sich. Ich war sehr berühmt in Brasilien und in Leverkusen sehr traurig, erinnerte sich der sensible und leise Brasilianer am Samstag seiner schwärzesten Tage in Deutschland. Doch França vermied jenes Selbstmitleid, mit dem sein Dortmunder Landsmann Amoroso seine Vorjahrskrise ummäntelte. Immer wieder bedeutete er den Verantwortlichen bei Bayer, daß er bleiben und sich durchsetzen wolle. Als dann gerade noch rechtzeitig Augenthaler kam und die Nachfolge der in der Saison 2002/03 überforderten Vorgänger Klaus Toppmöller und Thomas Hörster antrat, nahte das Ende von Franças Leidenszeit. An der Rettungsaktion Klassenverbleib war er noch so gut wie unbeteiligt, doch den Wiederaufschwung zurück an die Bundesligaspitze hat der Brasilianer bisher mitgeprägt (…) França blüht auch wegen zweier Mitstreiter auf, die am eigenen Leib das Auf und Ab der Leverkusener Verhältnisse zu spüren bekommen haben: Oliver Neuville, im Vorjahr ein Stürmer ohne Fortüne, und Robson Ponte, vor ein paar Jahren wegen unsicherer Perspektiven von Bayer nach Wolfsburg ausgeliehen. Alle drei profitieren davon, daß Augenthaler nicht nur einen Mentalitätswandel in seiner Mannschaft herbeigeführt hat, sondern auch einen Systemwechsel. Bayer Leverkusen, in der Zeit vor Augenthaler meist nur mit einer Spitze und drei Zuarbeitern aus der zweiten Reihe agierend, stürmt heute mit zwei Spitzen – França und Neuville – und einem dritten Mann, Robson Ponte, gleich dahinter. Wächst da etwa ein neues magisches Dreieck heran? Zumindest bündeln sich in diesem Trio brasilianische Spielkunst und deutsche Zielstrebigkeit zu einem launigen Versprechen an die Fans: In Leverkusen wird wieder Fußball zelebriert.“

Angenehmer Gegner

Christoph Biermann (SZ 18.8.) sieht das ähnlich, zweifelt jedoch an der Leverkusener Stärke. „Die große Leistung des Brasilianers war am Samstag nur Teil einer Wiederauferstehung als Massenphänomen. Oliver Neuville, im Vorjahr zumeist ein Knappe von der traurigen Gestalt, traf zwei Mal. Diego Placente, im Vorjahr ein wandelndes Sicherheitsrisiko, war so präzise wie konsequent in der Defensive und stark im Spielaufbau. Marko Babic, im Vorjahr eher ein Mitläufer, setzte auf der linken Außenbahn viele Akzente. Juan stand in der Abwehrmitte so sicher wie in seinen besten Tagen und Lucio war in der Defensive und bei seinen Vorstößen phänomenal. Das fügte sich zum besten Saisonbeginn, den es in Leverkusen je gab. Drei Auftaktsiege sind Bayer in der Bundesliga noch nie gelungen. „Einen zweifellos sehr guten Start in die Saison“ mochte Mannschaftskapitän Carsten Ramelow nicht abstreiten, „aber es ist gefährlich, denn jetzt kommen die Schulterklopfer.“ Klaus Augenthaler dürfte es jedoch nicht sonderlich schwer fallen, sie zu verscheuchen. Denn Bayer spielte nicht annähernd so gut wie das Ergebnis und eine Fülle brillanter Momente nahe legte. Problemlos könnte der Trainer die kommende Woche mit Videostudien füllen und seinen Spielern dabei eine Reihe von Fehlern vorführen. Bemerkenswert dumm hatten sie sich etwa gegen Hannovers Abseitsfalle angestellt, die radikalste der Bundesliga. Statt den Weg über die Außen zu suchen, stürzten seine Angreifer immer wieder durch die Mitte ins Abseits. Zwischenzeitlich ließ die Konzentration nach und machte sich eine gewisse Sorglosigkeit breit. Augenthaler stellte zu Recht die Frage, „was losgewesen wäre, wenn Hannover beim Stand von 2:0 der Anschlusstreffer gelungen wäre.“ Gelegenheiten dazu gab es für Hannover kurz vor und nach der Pause durchaus. „Dieses Jahr spielen wir sehr guten Fußball“, fand dennoch Oliver Neuville. Wie gut er wirklich ist, wurde in den bisherigen Spielen allerdings noch nicht überprüft. Nach zwei Siegen über Aufsteiger wurde mit dem Erfolg über Hannover zwar „der erste richtige Test“ (Neuville) bestanden. „Aber wir sollten die Kirche weiterhin im Dorf lassen“, sagte Augenthaler, der während des Spiels oft genug fluchend am Seitenrand herumgesprungen war. Nicht so häufig wird Bayer zudem auf einen Gegner treffen, dessen Spielweise der Mannschaft so angenehm entgegen kommt.“

Hertha Berlin – SC Freiburg 0:0

Christian Eichler (FAZ 18.8.) bedauert die Berliner. „Zum erstenmal seit 16 Jahren wurde am Wochenende wieder richtiges Bier im Berliner Olympiastadion ausgeschenkt. Vorbei die Zeit der dünnen Light-Getränke, die Fans des Fußball-Bundesligaklubs Hertha BSC dürfen sich endlich erwachsen fühlen. Herthas Manager Dieter Hoeneß meint nämlich, daß die meisten Zuschauer verantwortungsvoll mit Vollbier umgehen können. Den 32000 Fans, die zur Partie gegen den SC Freiburg gekommen waren, hätte Hertha am Samstag statt Vollbier ruhig Limonade in die Becher gießen können – das Publikum fühlte sich auch mit null Promille wie beschwipst. Was sich da im Freiburger Strafraum abspielte, konnte nur eine rauschhafte Sinnestäuschung sein: Exakt 53mal (stimmt diese Statistik tatsächlich?, 53 Torschüsse in einem Spiel?! of) schossen die Herthaner auf das Tor von Schlußmann Richard Golz. Und exakt 53mal kamen sie nicht an ihr Ziel.“

Zur Situation des Fußballsports in der Hauptstadt heißt es bei Javier Cáceres (SZ 18.8.). „In Konturen ist der große Fußball in Berlin durchaus erkennbar, das Gerüst steht schon. Zwanzig Meter hoch wird er werden, der vom österreichischen Multikünstler André Heller entworfene, gigantische Ball, der bald als Blickfang vor dem Brandenburger Tor ruhen und Vorfreude auf die Fußball-Weltmeisterschaft 2006 wecken soll. Anders gesagt: Illusionen nähren soll. Die Berliner Fußballbranche versteht sich darauf schon seit einigen Jahren prächtig, ebenso gut aber auch darauf, Wunschvorstellungen wieder zu zerstören. Zurzeit in bemerkenswerter Eile und fataler Koinzidenz. Beim selbst ernannten Champions-League-Kandidaten Hertha BSC haben dieses Mal 270 Minuten Bundesliga, drei Spiele ohne Tor ausgereicht, um die eh’ nicht heimelige Atmosphäre im Olympiastadion zu vergiften. Die Forderung nach einem Trainer-Wechsel („Stevens raus!“) dient dem Boulevard bereits zum grellen Aufmacher. Beim seinerseits von Erstligaträumen beseelten Zweitliga-Nachbarn 1.FC Union schaut’s noch bitterer aus. Nach drei Runden hat Union zwar zwei Tore erzielt, aber (anders als Hertha) keine Punkte auf dem Konto. Dazu kommt bei Union nun ein Fan-Problem. Nach der Niederlage bei Erzgebirge Aue randalierten am Freitag Union-Anhänger, ein Mitarbeiter des TV-Senders Premiere wurde verletzt, der Sender will klagen (handelt es sich bei dem Geprügelten um Jörg Dahlmann? meinen Segen hätten die Schläger; und mein Verständnis, of). Klare Wege aus der Krise vermag in der Hauptstadt zurzeit niemand zu Weisen.“

Netter Ausflug nach Berlin

Frank Ketterer (taz 18.8.) gratuliert den Gästen. „So ein Fußballspiel darf man sich ja immer auch als netten Ausflug vorstellen. Ein paar junge Männer treffen sich, steigen zu Hause ein in den Bus, ein paar hundert Kilometer weiter wieder aus, und dazwischen dreschen sie Karten, schauen Video oder dösen einfach vor sich hin. Horden von Kegelclubs machen das so, Gesangvereine nicht minder – und natürlich Schulklassen. Dann geht es in erster Linie um die Weiterbildung, und der Herr Lehrer wacht mit gestrengem Blick darüber, dass alle schön mitmachen und lernen. Volker Finke hat am Samstag gar nicht streng dreingeschaut, sondern eher gut gelaunt, noch mehr aber: ziemlich zufrieden. Die Exkursion nach Berlin war für ihn und seine Klasse ja auch nicht schlecht verlaufen, ganz im Gegenteil: Wir haben ganz geschickt gespielt und ganz gut zusammengearbeitet, beurteilte der Freiburger Fußballlehrer das Ergebnis der Studienfahrt in die Hauptstadt, in Zahlen ausgedrückt ergab das ein 0:0 zwischen dem SC Freiburg und der Berliner Hertha. Damit können wir leben, fand Finke, schließlich ist Freiburg Aufsteiger und Berlin selbst erklärter Champions-League-Kandidat. Neben diesem Umstand am meisten Freude dürfte dem 55-Jährigen bereitet haben, dass diesmal auch am Ende die Null stand – und zwar auf der richtigen Seite. In den ersten beiden Saisonspielen hatten die Freiburger ja gleich sechs Treffer kassiert, was deutlich zu viel war – und auch im Breisgau Schelte nach sich zieht. Es gibt einen Umstellungsprozess nach dem Aufstieg, aber ich bin guter Dinge, dass dieser ganz schnell abgeschlossen sein kann, hatte Finke deshalb auf vorschnelle Kritiken entgegnet, am Samstag durfte er sich bestätigt sehen. Der SC hat schnell gelernt.“

Bayern München – VfL Bochum 2:0

Elisabeth Schlammerl (FAZ 18.8.) kritisiert den ökonomischen Stil des Meisters. „Der deutsche Rekordmeister geizte gegen Bochum wie auch schon in den ersten beiden Partien dieser Saison, gegen Eintracht Frankfurt und Hannover 96, mit Kreativität und Ästhetik. Nur eine Viertelstunde lang zeigten die Münchner am Samstag nachmittag schönen Kombinationsfußball mit einem Hauch von Genialität. Nachdem aber zunächst Claudio Pizarro mit seinem dritten Saisontreffer und fünf Minuten später Deisler für das beruhigende 2:0 gesorgt hatten, stellte der Meister das Offensivspiel weitgehend ein. Er überließ den braven Bochumern, bei denen allein Nationalspieler Paul Freier überzeugen konnte, das Feld. Wenigstens kam so Bayern-Torhüter Oliver Kahn im dritten Spiel zu seiner ersten Glanzparade der Saison, zuvor hatte der Kapitän bei vier Schüssen auf sein Tor vier Gegentreffer kassiert. In der zweiten Halbzeit haben wir zu wenig gemacht, kritisierte Rummenigge – und reichte eine Erklärung nach, die eher nach Ausrede klang. Es hängt sicher auch damit zusammen, daß es heute sehr heiß war. Oder damit, daß die Bayern ihrer Zeit manchmal etwas voraus sein wollen. Sie traten gegen die Bochumer jedenfalls so auf, als ob sie schon mittendrin in der Champions-League-Saison wären. Dabei beginnt die erst in gut vier Wochen. Ob die Bayern dafür schon üben? Ihr Spiel jedenfalls ist schon wieder geprägt von jener Ökonomie, mit der es die Mannschaft jahrelang geschafft hat, international und national Spitze zu sein. Nur zu Beginn der vergangenen Saison hat sie den ergebnisorientierten Erfolgsfußball vermissen lassen und sich statt dessen in der Bundesliga am eigenen glänzenden Spiel berauscht. Was folgte, ist bekannt: Die Münchner schieden früh aus der Champions League aus. Dieses Jahr wird wieder von Anfang an für den internationalen Fußball geprobt.“

In der Mixed Zone des FC Bayern hat das große Gähnen begonnen

Thomas Becker (FR 18.8.) vermisst bayerische Großmäuler. „Makaay wird vor allem auf dem Feld Schlagzeilen machen, sich danach brav vor die Mikros stellen und in etwa so reden wie die Kollegen Deisler, Linke, Jeremies: sterbenslangweilig. In der Mixed Zone des FC Bayern hat das große Gähnen begonnen: vorbei die Zeit der Zornesblitzblicke von Effenberg, der Grotesktiraden von Laber-Lothar, der Stammtisch-Späße von Basler. Die Ausbrüche von Uli Hoeneß werden auch seltener, Scholl ist meist verletzt, Kahn hat andere Dinge im Kopf, und dem lustigen Giovane ist die gute Laune erst mal vergangen. Vom Schweiger Ze Roberto und den beiden Franzosen kommt sowieso nix. Dem FC Bayern gehen die Typen aus. So vernünftig wie die Chefetage ein- und verkauft, so rational arbeiten die Spieler auf dem Rasen, schalteten wie gegen Frankfurt nach zwei frühen Toren ein paar Gänge zurück und entließen die in Feierlaune angereisten 63 000 Fans zwiegespalten. Den erkennbar schnellen, aber noch lange nicht integrierten Neuen (Makaay) hatten sie noch in der Blasmusikphase eine halbe Stunde vor Spielbeginn mit einem sehr warmen Applaus begrüßt, über den anderen Neuen (Deisler) eine gute halbe Stunde lang gestaunt und mit dem eingewechselten Alten (Elber) mitgelitten, als dessen total verkorkstes Solo auf dem Hosenboden endete. Danach musste sich Makaay viele Zahlen anhören: nur zehn Ballkontakte, nur ein Torschuss, nur fünf Pässe, aber drei Mal abseits in der ersten Viertelstunde. Ein Trost: Gerd Müller traf erst im dritten Spiel.“

Nicht, dass da nicht etwa ein verirrter Holzschuhschnitzer auf der Wiese steht!

Klaus Hoeltzenbein (SZ 18.8.) suchte vergeblich nach Erkenntnissen beim Makaay-Debüt. „Manchmal ist es informativer, über ein Fußballspiel all das zu erzählen, was nicht passiert ist. Es hat zum Beispiel keinen Caravan-Stau gegeben auf der A9 zwischen Nürnberg und München, wie es ein Fernsehsender befürchtet hatte. Auf ihrem Weg ins Zillertal oder an die Adria haben sich die rollenden Fertighäuser mit den gelben Nummernschildern am Samstag nicht irritieren lassen und den Großraum ums Olympiastadion weiträumig umfahren. Auch hat die Abendzeitung keinen Farbtonwechsel beim FC Bayern herbeischreiben können – deren erste Sportseite leuchtete zwar in Orange, der Farbe des niederländischen Königshauses, in der Arena aber dominierte wie immer Rot und Weiß. In Orange, in ihren Plastikwesten, taten nur die Ordner Dienst, und Dariusz Wosz vom VfL Bochum trug eine orange Kapitänsbinde. Warum nicht? Nicht zornbebend vor die Presse getreten ist zudem Uli Hoeneß, der Manager des FC Bayern. Hoeneß hat auch nicht erklärt, dass es nur noch einen Weg gebe, mit Augusto Lendoiro, dem bösen Präsidenten von Deportivo La Coruña, fertig zu werden, nämlich den, ihn vor den Internationalen Sportgerichtshof in Lausanne zu zerren. Das wäre zu erwarten gewesen. Denn Roy Makaay, jener Wunderstürmer, den Lendoiro den Bayern für eine Rekordsumme (18,75 Millionen Euro plus Extras) überlassen hatte, tat nicht, was nicht nur die Abendzeitung von ihm erwartet hatte: „Hup Roy, schiet je doelpunt, schiet je doelpunt!“ Nix Hup, nix Tor, Makaay hat bei seiner Premiere nicht getroffen. Und Uli Hoeneß ging nach Hause. Ohne im Stadion ein einziges Wort zu hinterlassen. Ein Profi eben, dieser Hoeneß. Wusste er doch, was gefolgt wäre. Dass ganz bestimmt die nicht nur scherzhaft gemeinte Frage gefallen wäre, ob sie nicht den Falschen gekauft haben? Oder ob ihnen Lendoiro, dieser Halunke, für ihr gutes Geld nicht einen Doppelgänger geschickt hat, weshalb er jetzt vor einen Richter gehöre. So abwegig ist das alles gar nicht, auch die Bayern haben früher schon Spieler verpflichtet, in denen sie später nicht mehr jene erkannten, die sie zuvor gesichtet hatten. Einen gewissen Bernardo etwa, der 1991 im Transferpaket mit Mazinho aus Brasilien kam. Bernardo konnte, wie sich bald heraus stellte, sehr gut Samba und Gitarre. Roy Rudolphus Anton Makaay ist zuallererst ein Stürmer, und zweifelsfrei einer aus der Güteklasse A. Aber selbst den Experten im neuen Klub hat er es nicht leicht gemacht zu erkennen, dass da nicht etwa ein verirrter Holzschuhschnitzer auf der Wiese steht.“

Hansa Rostock – Eintracht Frankfurt 3:0

Ralf Weitbrecht (FAZ 18.8.) sah einen Klassenunterschied. „Lange dauerte es nicht, dann stimmte das Gros der 20 000 Fußballfans in den Chor ein: Zweite Liga – Eintracht ist dabei. Aus der zweiten Liga sind sie gerade erst gekommen, die Last-Minute-Aufsteiger aus Frankfurt. Und nun soll es schon wieder zurückgehen? Die Saison ist noch jung, drei Spiele erst sind absolviert. Doch die hämischen Gesänge aus dem Rostocker Ostseestadion sollte man durchaus ernst nehmen. So wie sich der an Harmlosigkeit kaum zu überbietende Aufsteiger an der Ostseeküste präsentierte, sind große Zweifel an der Erstligareife der Eintracht angebracht. Leicht und locker, fast wie im Training, spielten die Profis des FC Hansa mit den Hessen Katz und Maus. Hier ein Schnörkel, dort ein Haken – und zum Abschluß die große Martin-Max-Show. Drei Tore erzielte der Mann des Tages, bescherte seinem neuen Arbeitgeber nicht nur ein souveränes 3:0 gegen die überforderten Frankfurter, sondern auch jenes Glücksgefühl, das sich Hansa redlich verdient hatte: Rostock scheint das Zeug dazu zu haben, sich endlich einmal früher als sonst in den vergangenen zehn Jahren aus dem Routinegeschäft Abstiegskampf zu verabschieden. Heute haben wir ein komplettes Spiel gezeigt. Alles hat gepaßt. So macht Fußball Spaß, freute sich Armin Veh, der Trainer des FC Hansa. Macht auch der Fußball Spaß, den die Eintracht zeigt? Hat er überhaupt eine erstklassige Zukunft? Das Spiel der Hessen, vom altgedienten Uwe Bindewald präzise auf den Punkt gebracht, war eine einzige Katastrophe. Nichts hat gepaßt.“

Fußballwelten voneinander entfernt

Ingo Durstewitz (FR 18.8.) auch. “So wie am Samstag in Rostock muss es aussehen, wenn Mannschaften zwar in einer Liga spielen, aber doch Fußballwelten voneinander entfernt sind. Selbst die Spieler der Mecklenburger konnten sich, im Wissen, ihre eigene Leistung zu schmälern, nicht daran erinnern, wann jemals ein Opponent an der Ostseeküste aufgetaucht war und sich dergestalt ohne Gegenwehr in sein Schicksal ergab wie Eintracht Frankfurt. Jochen Kientz etwa, vor zehn Jahren einmal für Frankfurt in der Bundesliga am Ball und heute rustikaler Schienbeinpolierer in Rostock, resümierte: Das wird ganz schwer für die Eintracht. Der Klassenneuling, der schon nach 270 Minuten Bundesligafußball all jene Grantler befriedigt hat, die die Hessen schon vor dem ersten Anstoß als Absteiger verspotteten, ist von Hansa Rostock, einer Mannschaft, die zwischen Sylt und dem Bodensee selten für schlotternde Knie sorgt, der Lächerlichkeit preisgegeben worden. Die Eintracht, da waren sich hinterher alle einig, hatte kein Bundesliga-Niveau, indes: Mit dieser Leistung hätte sie auch nicht gegen viele Mannschaften aus der zweiten Klasse einen Blumentopf gewonnen. Die Profis fielen umher, als seien sie am Abend zuvor mit den Kumpels Jack Daniel’s, Jonny Walker und Jim Beam in der Hotelbar versackt. Trainer Willi Reimann setzte nach der Demontage eine Süßsauermiene auf und garnierte seine Ausführungen dann und wann mit einem spöttischen Lachen: Wir waren nicht zweikampf- und nicht laufstark genug. Im Mittelfeld ideenlos und vorne ohne Durchschlagskraft. Es fehlte die Leidenschaft und die Kampfkraft, der Wille und die Einsatzbereitschaft. Da bleibt dann nicht mehr viel.“

Matthias Wolf (FAZ 18.8.) beglückwünscht Martin Max zu drei Treffern. “Es ist lange her, daß ein Spieler vom hanseatischen Publikum in Rostock so gefeiert wurde wie Max, der alle Tore beim 3:0-Sieg des FC Hansa über die Frankfurter Eintracht erzielte. Vielleicht sogar schon vier Jahre, als mit Oliver Neuville letztmals ein Stürmer an der Küste eine zweistellige Torquote erreichte (damals 14). Max hat nun schon viermal getroffen. Das führte dazu, daß eine Frage immer wieder gestellt wurde: Wird es klappen mit dem dritten Titel des Torschützenkönigs in der Bundesliga, nach 2000 und 2002? Der Umjubelte jedoch kokettierte mit seinem Alter. Laßt die Kirche im Dorf, sagte der 35 Jahre alte Angreifer, ich bin ja nicht mehr der Jüngste. In meinem Alter wünsche ich mir vor allem Gesundheit. Opa Max und die Kraft aus der Rheumadecke? Die Konkurrenz lächelte milde, weil Hansa vor lauter Torschußpanik (in den letzten drei Spielzeiten gelangen nie mehr als 35 Treffer) einen Fußball-Rentner holte. Nun erweist es sich als klug, daß Armin Veh über seinen Schatten gesprungen ist. Eigentlich traut der Trainer keinem Spieler über dreißig. Bei Max machte er eine Ausnahme.“

Kein Fußballer gleicht so sehr dem Ritter von der traurigen Gestalt

Christian Zaschke (SZ 18.8.) referiert Reaktionen aus Max´ Ex-Klub. „Die Freude war sehr groß in München, als die Kunde von Maxens drei vorzüglichen Treffern überbracht wurde. Max trifft jetzt für Hansa Rostock, und 1860-Präsident Karl-Heinz Wildmoser, am Flughafen von der frohen Botschaft überrascht, sagte gleich: „Ich habe es ja immer gesagt“, und das stimmt natürlich nicht, hat er nicht, ach was, nie, aber macht nichts. Die Sechziger haben ihn ziehen lassen, kein Geld, sagten sie, aber eigentlich dachte der Präsident, Max könne nicht mehr laufen, man verriete das nur nicht, damit er noch Chancen habe auf dem Markt. Ein geschicktes Manöver, auf das Hansa Rostock prompt hereinfiel und nun gar nicht weiß, wohin mit all den Toren. Man hätte es vielleicht – nur vielleicht – ahnen können, Max war bereits zweimal Torschützenkönig. Ach, den Mann musste man kaufen, man denke bloß an diese Geschichte: Nach seinem ersten und zugleich letzten Länderspiel, vergangenes Jahr gegen Argentinien, fuhr Max von Stuttgart, dem Spielort, zurück nach München. Bei Gruibingen, nachts um halb eins, ergriff ihn ein großer Hunger, und so steuerte er seinen Wagen an den Rastplatz, ging in den Shop, nahm sich Chips und Orangenlimo und stellte sich in die Schlange an der Kasse. Lauter Argentinier standen da, bald erkannten sie Max und fotografierten, was die Filme hergaben, und so gibt es jetzt ganz viele Fotos: Argentinier und Max, Trainingsanzug, Chips mit Limo, kleiner Kopf. Kein Fußballer gleicht so sehr dem Ritter von der traurigen Gestalt, dem Don Quijote, und wenn sie jetzt in Rostock clever sind, dann schaffen sie einen Moment des Glücks und verpflichten dem Don noch einen Gefährten, den Sancho Pansa des Fußballs alias Thomas Häßler.“

Borussia Mönchengladbach – VfB Stuttgart 0:1

Ulrich Hartmann (SZ 18.8.) sah „junge wilde Blockierer“. „Die schwäbische Viererkette mit Hinkel, Meira, Bordon und Gerber ist nach eineinhalbjähriger Dauerbeschäftigung mittlerweile ein Musterbeispiel in punkto Kommunikation und Kombination. „Wir sind eingespielt“, sagt der Nationalspieler Andreas Hinkel: „Wir verstehen uns gut, verschieben gut und sprechen viel miteinander.“ Das hat nun dazu geführt, dass die Stuttgarter nach drei Spielen noch ohne Gegentor sind. Auch die Gladbacher erspielten sich trotz Überlegenheit im Mittelfeld so wenige Torchancen, dass ihr Trainer Ewald Lienen nach dem Spiel druckreif diktierte: „Wir haben es nicht verstanden, unsere Stürmer gegen die massierte Abwehr des VfB in Position zu bringen.“ Mehr muss man dazu nicht sagen. Höchstens noch, dass die Stuttgarter trotz destruktiver Spielkultur auch verdient gewannen, weil der 22-jährige Cacau, der vom 1.FC Nürnberg gekommen war, sein erstes Tor für den VfB erzielte. Der schönste Satz, den je ein Reporter gesagt hat über den locker trabenden Stürmer vor seiner Einwechslung, lautete einst in Nürnberg: „Cacau macht sich warm.“ Solche Bemerkungen mit der Assoziation von selbsterhitzenden Schokogetränken könnten sich in Stuttgart jedoch erübrigen, weil Magath den Brasilianer von Beginn an gebracht hatte und Spielpartner Kevin Kuranyi bestätigte, dass das Zusammenspiel durchaus fruchtbar sei. Die Vorlage, die er dem Brasilianer in der 33. Minute zum 1:0 gegeben hatte, nannte Kuranyi jedenfalls wichtig fürs eigene Selbstvertrauen. Von diesem dürfte in den kommenden Wochen unter anderem abhängen, ob die Stuttgarter wieder zurückfinden zur flotten Verwirrung gegnerischer Defensivlinien, oder ob sie lieber die Sechserkette in der eigenen Abwehr etablieren. Dass Trainer Felix Magath die erstere Lösung bevorzugt, zeigt sich vielleicht auch daran, dass ein weiterer Abwehrspieler, Claudio Morel Rodriguez, nun doch nicht verpflichtet wurde. Der paraguayanische Nationalspieler ist heim geflogen nach Südamerika, weil man sich nicht einigen konnte. Nun sucht Magath nach einer anderen Verstärkung. In Mönchengladbach dürfte er gesehen haben, wo Bedarf ist.“

Hans-Joachim Leyenberg (FAZ 18.8.) beschreibt die Szene des Spiels. „Auf die Situation angesprochen, die zum Foulelfmeter führte, stellte Timo Hildebrand einen Satz voran: Es war keiner! Das war sein Prolog zur Erläuterung der Schlüsselszene des Spiels. Ohne das Bravourstück des Torhüters, den Strafstoß abzuwehren, wäre es schließlich nicht beim 1:0 für den VfB Stuttgart geblieben. Als Geschenk durfte die Borussia zu diesem Zeitpunkt diese Geste empfinden, als der Spielleiter auf den Elfmeterpunkt zeigte. Er ist dann mit einer gehörigen Portion Wut im Bauch zurück auf die Torlinie. Dies sei normalerweise nicht hilfreich Auge in Auge mit dem Elfmeterschützen, stellte er fest. Hildebrand hat sich dann eine Ecke ausgeguckt, nämlich die rechte, und lag damit richtig. Igor Demo zielte genau dorthin. Hildebrand ist keiner dieser Torhüter, die mit breiter Brust daherkommen. Gestählt im Kraftstudio und vom Ego. Von der Statur her ein Hänfling in Torwartkluft, bleibt der Stuttgarter Schlußmann eher unauffällig. Am Samstag aber genoß er die Genugtuung, der Gerechtigkeit auf die Sprünge geholfen zu haben. Die Mannschaft kam gratulieren, die Fans ließen ihn hochleben. Hildebrand stand im Mittelpunkt und nicht der Torschütze des Tages. Beim VfB feierten sie somit eine Rettungstat statt die Offensive. Die hat sich mit den drei Toren in den 270 Minuten dieser Saison noch nicht sonderlich hervorgetan, dafür aber das Abwehrbollwerk. Keinen einzigen Treffer haben die um Marcelo José Bordon gruppierten Aufräumposten zugelassen. Sie stehen clever und kompakt, wie der Gladbacher Trainer Ewald Lienen befand. Der VfB agierte am Bökelberg so abgeklärt, daß seine Aktionen fast schon betulich wirkten neben all der Betriebsamkeit, die von der Borussia entfacht wurde. Mit vielen Flüchtigkeitsfehlern ohne Not. Zerfahren und verfahren in der ersten Halbzeit, besser im zweiten Durchgang, aber ohne die große Linie und damit den großen Wurf.“

Borussia Dortmund – 1860 München 3:1

Christian Zaschke (SZ 18.8.). „Matthias Sammer hatte es eben bereits in die Mikrofone des Fernsehens gesagt: „Wir haben den Fehler gemacht, dass wir das Spielfeld viel zu groß hatten.“ Was war da los mit dem Spielfeld? Nun saß er in der offiziellen Pressekonferenz und erläuterte: „Wir hatten ein Spielfeld, das war teilweise 50, 60 Meter groß, da rennst du dich kaputt in der Mitte, das kannste nicht schaffen.“ Hatte das Spielfeld im Dortmunder Westfalenstadion sich eigenmächtig vergrößert? Hatte es dabei gar gegen DFB-Regeln verstoßen (Länge: mindestens 90 m, höchstens 120m, Breite: mindestens 45 m, höchstens 90 m)? Seit wann, das ist zu fragen, ändern Spielfelder scheinbar grundlos und ohne Aufforderung ihre Größe? So heiß war es doch gar nicht. Sammer beschrieb mit diesen Worten die zweite Hälfte der ersten Halbzeit, als die Münchner allmählich die Initiative im Westfalenstadion übernahmen. Sie hatten die Anfangsoffensive der Dortmunder abgewettert, nun standen sie sicher in der Abwehr und zogen ein gefälliges Konterspiel auf. Was aber hatte das Spielfeld damit zu tun? Sammer erläuterte: „Die Abwehrspieler waren hinten, und die Stürmer waren vorn.“ Das ist, für sich genommen, keine schlechte Sache, so soll es ja sein. Sammer meinte, dass im modernen Fußball das Spielfeld tatsächlich beweglich ist, er meinte die genutzte Spielfläche. Die meiste Zeit über finden Fußballspiele auf recht kleinem Raum statt, die Mannschaften stehen sich – so heißt es gern – kompakt gegenüber. Gegen Ende der ersten Halbzeit war das anders, die Sechziger liefen Konter über das gesamte Feld, die Dortmunder konnten die Lücken zwischen Abwehr und Angriff nicht schnell genug schließen. In ihrem Mittelfeld klaffte ein großes Loch, so weit war der Platz, dass Sammer die spontane Spielfeldvergrößerung erkannte (…) Es waren 15 Minuten, die den Unterschied zwischen beiden Teams exemplarisch offen legten. Der BVB spielte nach gutem Beginn nicht mehr sonderlich einfallsreich, er operierte mit vielen weit geschlagenen Bällen auf Koller im Sturmzentrum, der meist mit dem Kopf ablegte. Doch Dortmund überstand das Drängen der Sechziger vor der Halbzeit und nutzte anschließend die kurze Konzentrationsschwäche des Gegners konsequent. „Gegen einen solchen Gegner kannst du dir nicht die kleinste Nachlässigkeit erlauben“, sagte Götz, „insofern haben wir hier eine Lehrstunde bekommen.“ Und zwar in Effektivität, Dortmund ist die besser besetzte und die reifere Mannschaft. Es waren Kleinigkeiten, die das Spiel entschieden, und dennoch war der Sieg der Dortmunder vollauf verdient.“

1. FC Kaiserslautern – Werder Bremen 0:1

Martin Hägele (SZ 18.8.) sorgt sich um die Zukunft Kaiserslauterns. „Man muss Angst haben um den 1. FC Kaiserslautern. Nicht nur wegen der Pfiffe, die es nach dem zweiten 0:1 vor eigenem Publikum gab, oder weil dies so depressiv guckte, als die Blitz-Tabelle auf die Videowand gespielt wurde. Null Punkte, Platz 16. Auch, weil Trainer Eric Gerets nach der Niederlage gegen Bremen den „hundertprozentigen Fehlstart“ konstatierte und nach dem dritten Spieltag nicht mehr zu wissen scheint, wie er von seinem Team eine ordentliche Leistung abrufen soll: „Wir können uns jetzt zwei Tage lang ausweinen, und dann müssen wir wieder versuchen, eine ordentliche Mannschaft zu sein.“ Kein großer Trost ist das. Der Belgier, an dessen Moral und Willen sich die „Roten Teufel“ in der vergangenen Saison immer wieder hochgezogen hatten, sah nicht aus, als würde er an die eigenen Worte glauben. Die schlechte Lage in der kleinsten Bundesliga-Stadt verschlimmert sich noch, wenn einigen der Hauptdarsteller die Kritikfähigkeit abgeht. Steffen Freund, den Gerets vor zehn Tagen verpflichtet hatte für die nach Sforzas langwieriger Verletzung verwaiste Schalthebel-Stelle im Mittelfeld, entpuppte sich keinesfalls als jene Führungskraft, welche die strategischen Defizite in der Mannschaft behebt und Fehler gezielt anspricht. Der Früh-Pensionär aus der Premier League war offensichtlich überfordert, nach drei Jahren bei den Tottenham Hotspurs dem Tempo der Bundesliga zu folgen. Und dann auch noch beleidigt, weil einige Journalisten sein abstruses Resümee nicht widerspruchslos hinnahmen. Von wegen Freund und Kollegen hätten das Spiel nicht kontrolliert: „Bis zum Gegentor hatte ich nie das Gefühl, dass wir dieses Spiel verlieren könnten“. Ein Hoffnungsträger redet jedenfalls anders (…) Personalfragen kann sich der 1. FC Kaiserslautern im Augenblick nicht leisten – die Personaldebatte beschädigt automatisch das Retter-Image von Gerets und Klubchef Jäggi. Denn wenn in den nächsten Wochen die jüngste Vergangenheit mit Klagen und Anzeigen, mal vorm Zivilgericht, vielleicht auch vor Strafkammern, verhandelt wird, dann geraten sportliche und wirtschaftliche Rechtfertigungen in einen Topf. Und da man den Pfälzern großes Temperament nachsagt, könnten in der Südwest-Metropole schnell Emotionen die Debatten beherrschen und die Parteien unversöhnlich zueinander stehen. Eingefleischte FCKler werden es kaum zulassen, wenn ihr Nationaldenkmal Hans-Peter Briegel in den Dreck gezogen wird, weil er im Aufsichtsrat ein Modell mitgetragen hat, das Profis beim Steuer hinterziehen half. Und mit welchen Mitteln werden sich die Lokalmatadore Jürgen Friedrich, Robert Wieschemann und der ehemalige Geschäftsführer Herzog wehren, wenn sie ihre FCK-Sünden mit dem Privatvermögen büßen müssen? Die Sanierer Jäggi und Gerets haben bislang nicht viel falsch gemacht und sehr viel Kredit gewonnen. Doch eine Pfälzer Schlammschlacht können der Schweizer Manager und sein belgischer Fußballexperte nur überstehen, wenn die Mannschaft Erfolg hat und es nicht zum Kampf an zwei Fronten kommt.“

Wir haben das Spielfeld nicht klein genug gemacht

Jan Christian Müller (FR 18.8.). “Es hat fast ein halbes Jahr gedauert, bis Erik Gerets den Profis des 1. FC Kaiserslautern eingebimst hatte, dass sie den Abstieg nur mit einer modernen Viererkette verhindern könnten. Irgendwann hatte es auch der letzte kapiert, und weil in der Winterpause für die linken Seite der Kameruner Bill Tchato gefunden worden war, ließen sich die Vorstellungen des Kaiserslauterer Fußballlehrers plötzlich recht problemlos umsetzen. Irgendwann unter der Woche, vor dem 0:1 gegen Werder Bremen, muss Gerets dann die absonderliche Idee gekommen sein, es gegen die launischen Bremer mal wieder mit der altbackenen Variante zu versuchen. Weil Tchato, der nächste Woche wieder mitmachen darf, noch gesperrt war, ließ Gerets so verteidigen, wie man es im modernen Fußball schon seit geraumer Zeit nicht mehr tut: zwei Manndecker und dahinter ein Libero. Aus Respekt vor den schnellen Bremer Stürmer Ailton und Charisteas habe er seinen Ausputzern Knavs und Lembi noch einen Spieler dazu gestellt. Das war nicht gut, gab Gerets nach dem misslungenen Rückschritt in die Steinzeit kleinlaut zu. Dabei spricht es allemal für den Belgier, dass er zu seinen Fehlern steht. Denn dafür, dass wir das Spielfeld nicht klein genug gemacht haben und der letzte Abwehrspieler Thomas Hengen vom vorderen Angreifer Miroslav Klose regelmäßig 80 Meter entfernt agierte, wie Gerets kritisch anmerkte, war der Trainer ja auch selbst mitverantwortlich.“

Peter Penders (FAZ 18.8.). „Wunder geschehen nicht jedes Jahr, sagte Eric Gerets und spielte auf die gelungene Aufholjagd in der vergangenen Saison nach einer in allen Bereichen mißlungenen Hinrunde an. Sollte aber seine Mannschaft so weiterspielen wie beim 0:1 gegen Werder Bremen, wäre es kein Wunder, befände sie sich an Weihnachten wieder in einer ähnlich mißlichen Ausgangslage. Zwei Heimspiele, zwei Niederlagen – die Bundesliga ist derzeit mal wieder gern zu Gast im einst doch so gefürchteten Fritz-Walter-Stadion. Werder Bremen mußte sich nicht einmal über alle Maßen bemühen, um zum ersten Sieg in 40 Jahren Bundesliga am Betzenberg zu kommen – auch wenn sich die Norddeutschen die eigene Leistung hinterher arg schönredeten. So wie wir hier aufgetreten sind, können wir zuversichtlich in die Spielzeit gehen, meinte Sportdirektor Klaus Allofs. Soviel Optimismus überraschte, taten die Werder-Profis doch lange Zeit nicht viel mehr, als den einfallslosen Kollegen möglichst wenig Torchancen zu erlauben. Daß ausgerechnet Micoud nach 66 Minuten den Siegtreffer erzielte, paßte zur Partie. Der selten leidenschaftlich mitspielende Franzose hatte zuvor so wenig Aufmerksamkeit erregt, daß ihn die Pfälzer im Strafraum komplett übersehen hatten.“

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