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Es gibt kein Verhältnis mehr – nach Matthäus‘ Klage gegen den FC Bayern

Oliver Fritsch | Donnerstag, 25. März 2004 Kommentare deaktiviert für Es gibt kein Verhältnis mehr – nach Matthäus‘ Klage gegen den FC Bayern

Rufschädigend findet der FC Bayern das Vorgehen von Matthäus, der nicht mal mehr Greenkeeper im neuen Stadion werden dürfe, unter der Heile-Welt-Oberfläche verbergen sich mächtige Eisberge

Lothar Matthäus hat sein Versprechen wahr gemacht und die Summe von rund 300.000 Euro einem guten Zweck gestiftet. Klaus Hoeltzenbein (SZ 26.3.) war bei der Verkündung im Englischen Garten Münchens anwesend. „‚Es fehlen Unterlagen‘, sagt Georg Stanggassinger, der Manager von Matthäus. ‚Sie können hier herkommen und jedes Papier bekommen‘, entgegnet Uli Hoeneß, der Manager des FC Bayern. Hoeneß erinnert jedoch daran, dass die Matthäus-Berater bereits vor vier Wochen Akteneinsicht genommen und sich seither nicht mehr gemeldet hätten. ‚Fast schon rufschädigend‘ sei für den FC Bayern die Geschichte, die sich beim Landgericht München das Aktenzeichen 12/O/ 23094/02 gesichert hat, und in deren zehrendem Verlauf Hoeneß einen Satz sprach, der den empfindlichsten Nerv des Rekordnationalspielers traf: ‚So lange Karl-Heinz Rummenigge und ich in diesem Verein etwas zu sagen haben, wird Lothar Matthäus nicht mal Greenkeeper im neuen Stadion.‘ Unterm Nebel der Polemik sammeln sich jedoch die harten, unbestrittenen Zahlen: 3.927.671 Mark und 16 Pfennige seien als Reinerlös des vom FC Bayern veranstaltenen Servus-Kicks auf ein Matthäus-Konto überwiesen worden. Vor Wochen hieß es, Matthäus suche in den Abrechnungen konkret nach einer verlorenen, zusätzlichen Million (damals Mark, heute 511.291 Euro). Dass diese Forderung besteht, wollte Stanggassinger nicht bestätigen. Sein Klient benötige die kompletten Unterlagen zur Vorlage beim Finanzamt, um eine unendliche Geschichte doch noch zu beenden. ‚Ich weiß heute, dass meine Entscheidung, erst eine ordnungsgemäße Abrechnung abzuwarten, gegenüber den Kindern aus menschlicher Sicht nicht glücklich war‘, las Matthäus am Dienstag vor. Spielraum genug, um auch Teil zwei der Verlängerung abzuschließen, wäre momentan gegeben: Partizan liegt in der Tabelle 15 Punkte vor Roter Stern, der FC Bayern 15 Punkte vor Borussia Dortmund. Zeit also, um vielleicht einmal gemeinsam tief hinab ins Archiv zu steigen. Schade nur: ‚Es gibt kein Verhältnis mehr‘, schildert Karl-Heinz Rummenigge den Zustand der Zerrüttung in jener Großfamilie, die stets so schrecklich nett erschien.“

Thomas Becker (FR 26.3.) schildert die Atmosphäre. „Das Eis ist weg, das Blesshuhn wieder da. Wo noch vor ein paar Wochen halb München schlittschuhte, eisstockschoss und sonntagnachmittagspazierte, da sind nun die Gefiederten wieder in ihrem nassen Element: Schwäne, Enten und Gänse ziehen im Kleinhesseloher See unaufgeregt ihre Bahnen zwischen Tret- und Ruderbooten, kein Gedanke mehr an die monatelang nervende Eisschicht. Ein paar Meter neben dem Schwabinger Idyll ist die Kulisse ähnlich pittoresk, aber unter der Heile-Welt-Oberfläche verbergen sich mächtige Eisberge (…) Die Szene: Der Pavillon im Seehaus, Münchens Nr. 1-Biergarten für die Schönen und besonders Schönen, romantisches Dekor inklusive (siehe Schwäne, Ruderboote etc.). Drinnen im Restaurant: nobelrote Säulen samt blank gewienerten Messingmanschetten unter edelholzvertäfelter Tiffanydecke, kardinalsrote Vorhänge gegen neugierige Blicke erster Freiluft-Weißbiertrinker. Eine besondere Atmosphäre, um über notleidende Kinder in Mexiko, Serbien oder Thailand zu reden. Die Eisberge: Die Kollisionsgefahr des Dampfers Matthäus mit den Münchner Eisblöcken rührt natürlich nicht daher, dass der Rekordnationalspieler Geld spenden will. Man wartet vielmehr seit fast drei Jahren darauf, dass er dies tut.“

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