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Makaay trifft doppelt und schreibt Geschichte – Fazit des ersten Spieltags

Oliver Fritsch | Donnerstag, 25. März 2004 Kommentare deaktiviert für Makaay trifft doppelt und schreibt Geschichte – Fazit des ersten Spieltags

„Geschichte wiederholt sich. Sie wechselt nur manchmal das Trikot.“ Die SZ bringt die Story des vergangenen Mittwochs auf den Punkt: Beim Comeback des FC Bayern München in der Champions League warf die Vergangenheit lange Schatten. Vor genau einem Jahr traf Roy Makaay drei Mal ins Tor – und zwar ins Münchner Tor. Sein damaliger Klub Deportivo La Coruña gewann 3:2 und leitete das sieglose Ausscheiden der Münchner in der Vorrunde ein. Vorgestern hat Makaay erneut zwei Tore geschossen; dieses Mal im Trikot der Bayern. Endergebnis: 2:1 gegen Celtic Glasgow.

Von diesem schönen Märchen abgesehen erzählt die Presse nicht viel Gutes. Der Tagesspiegel kommentiert: „Schwacher Champions-League-Auftakt reicht den Bayern, weil sie mit Makaay den Unterschied gekauft haben.“ Die FAZ stellt „Mangel an Souveränität“ fest. Die FR trägt „ein weiteres Kapitel ein ins schon recht dicke Dusel-Buch“ der Bayern. Makaays Siegtreffer fiel kurz vor Schluss und war eine missglückte Flanke. Die FTD warnt den Favoriten: „Der erste internationale Auftritt nach acht Monaten Zwangspause dürfte den Bayern verdeutlicht haben, wie stark die vermeintlich kleinen Mannschaften geworden sind – Celtic Glasgow zählt gewiss nicht zu den Marktführern der Königsklasse.“

Wieder „business as usual“?

Ist der erkämpfte Sieg ein Grundstein für eine erfolgreiche Saison? Martin Hägele (NZZ 19.9.) mutmaßt. „Das blamable Ausscheiden vor Jahresfrist hat deutliche Spuren in der Psyche aller Münchner Beteiligten hinterlassen. Dass sich die Bayern-Stars über eine Stunde lang so schwer taten im Spielaufbau, dass ihnen so viele Abspielfehler und technische Patzer unterliefen vor der Führung von Celtic, all diese Dinge haben auch mit den angespannten Nerven im FC Bayern zu tun. Die spürten sie an der Säbener Strasse nicht nur, weil mit dem Start in die Königsklasse automatisch die Erinnerung an die grosse Herbst- und Winter-Depression vom Vorjahr gekommen war. Normalerweise gehören Prüfungssituationen zum Alltag für ein Kader mit den internationalen Ansprüchen des Münchner Nobelklubs. Vor dem Hintergrund einer 2:3-Niederlage gegen den VfL Wolfsburg und der Tatsache, dass Kahn nach fünf Runden schon sieben Gegentore kassierte -normalerweise lässt er in einer halben Saison nicht mehr Treffer zu –, standen die Zeichen auf Alarm. Nun könnte der Betrieb in der hoch ambitionierten Firma an sich wieder auf „business as usual“ umschalten. Der Gewinn der ersten drei Punkte sowie die Resultate der kontinentalen Konkurrenz zeigen, dass es in der Gruppe keinen Gegner gibt, vor dem sich der FC Bayern fürchten müsste. Und angesichts der Konstellation in der Bundesliga könnte schon am Samstagabend wieder jenes Bild gelten, das man aus dem vergangenen Jahr kennt: die Bayern als Leader.“

Eines der wichtigsten Tore der Vereinsgeschichte

Klaus Hoeltzenbein (SZ 19.9.) beschreibt die Bedeutung des ersten Treffers. „Das Tor zum 1:1 – bei dem Makaay eine verunglückte Kopfballvorlage des Celtic-Profis Stanislaw Varga aufnahm und nach dem Nicht-denken-Rezept per Volleyschuss verwandelte – wird womöglich als eines der wichtigsten in der Vereinsgeschichte in Erinnerung bleiben. Am Mittwoch hat es jedenfalls eine Gerölllawine ausgelöst: Ottmar Hitzfeld, dem sportlichen Leiter, fiel „ein Stein vom Herzen“, und Karl-Heinz Rummenigge, verantwortlich in Wirtschaftsfragen, rollte einen „ganzen Felsbrocken“ hinterher. Die beiden Abteilungen des Vereins, Sport und Wirtschaft, waren ja über die vergangenen Wochen in eine gefährlichen Abhängigkeit von ihrem Rekordtransfer geraten. Diese wurde größer, je mehr Minuten gegen Celtic ungenutzt verstrichen. Nicht die Münchner, die Gäste hatten mit kluger Kontertaktik den Rhythmus diktiert, was Chef-Psychologe Oliver Kahn auf tief liegende Verklemmungen zurück führte: „In der ersten Halbzeit hatten wir zu viel Angst. Aber das war normal. Das frühe Aus im letzten Jahr steckte noch in den Hinterköpfen.“ Auch Hitzfeld ortete „Symptome, die nachwirken“. Nur, wer war der Urheber? Eben jener Makaay, der mit drei Treffern beim Champions-League-Auftakt 2002 für seinen damaligen Arbeitgeber Deportivo La Coruña die Bayern-Depression ausgelöst hatte.“

Hartelijk welkom, Roy Makaay

Rainer Seele (FAZ 19.9.) fügt hinzu. „Die Sprache hat sich ein wenig geändert auf dem Boulevard in München. Manchmal wird dort jetzt Anleihe beim Niederländischen genommen. Das glaubt man einem Mann schuldig zu sein, der helfen soll, das Ansehen des FC Bayern wieder aufzupolieren, vor allem natürlich auf europäischen Feldern des Fußballs. Also: Hartelijk welkom, Roy Makaay, so lautete eine Schlagzeile am Donnerstag. Das Blatt, das Makaay auf diese Art zu seinen beiden Toren beim 2:1 herzlich gratulierte, hatte auch schon mal zu Ehren des Holländers eine Sportseite ganz in Orange gestaltet. Erst jetzt allerdings, da der Einstand in die neue Saison der Champions League gelang, ist Oranje wirklich Trumpf in München.“

Der VfB Stuttgart, der andere deutsche Teilnehmer, bekommt Lob und Anerkennung. Die Punkte behält der Gegner. „Die jungen Wilden des VfB Stuttgart verlieren bei den Glasgow Rangers unverdient mit 1:2, präsentieren sich dabei aber zur eigenen Verblüffung als echte Champions-League-Mannschaft“, schreibt die taz. Auch dieses Spiel bemüht Erinnerungen am die Fußball-Historie: Herbert Prinz (FAZ 18.9.) . „1:2 im Ibrox Park – der erste Auftritt des VfB in der neuen Champions-League-Saison endete mit dem gleichen Ergebnis wie der bis dahin letzte vor elf Jahren. Damals, 1992 in Barcelona, verlor der VfB nach Christoph Daums peinlichem Wechselfehler von Leeds, das Entscheidungsspiel der ersten Runde gegen Leeds United. Eine schwere Niederlage, die den VfB von den damals noch prall gefüllten Geldtöpfen der Uefa abschnitt und die den Verein um Jahre zurückwarf. Ähnlich gravierende Auswirkungen sind nicht zu befürchten. Aber bitter, sagte Finanzdirektor Ulrich Ruf, der schon 1992 beim VfB tätig war, bitter ist auch diese Niederlage, weil sie so überflüssig war.

Geld schießt sehr wohl Tore

Alles wie gehabt! Andreas Burkert (SZ 19.9.) fasst den ersten Spieltag zusammen. „Viele Fragen und leisen Zweifel vernahm der FC Bayern zuletzt, wenn über den teuersten Einkauf der Klubgeschichte und den parallelen Abschied seines Vorgängers Giovane Elber debattiert wurde. Doch nach nur 90 Minuten in der Euroliga ist den Bayern zu bescheinigen, dass sie mit ihrer Personalpolitik den ersten Trend der jungen Champions-League-Saison mitbestimmt haben: Geld schießt sehr wohl Tore. Souveräner jedenfalls sind die geldschweren Favoriten selten in die Kontinentalklasse gestartet: Manchester, reichster Klub des Planeten, schickt Panathinaikos 5:0 heim auf die olympische Baustelle; die neu gegründete Gelddruck-Firma FC Chelsea kommt ebenfalls zu einem wegweisenden Starterfolg wie Milan, Real und Juventus; für Monaco trifft beim 2:1 in Eindhoven natürlich Fernando Morientes, der dem FC Schalke zu teuer gewesen ist. Es ist offensichtlich, dass sich die Champions League zunehmend spaltet in ultravermögend und fast reich. Der FC Bayern hat sich längst entschieden, das Spiel des vielen Geldes mitspielen zu wollen.“

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