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Ballschrank

Matthias Sammer

Oliver Fritsch | Donnerstag, 25. März 2004 Kommentare deaktiviert für Matthias Sammer

Spiegel-Essay (1990), sehr lesenswert, über Matthias Sammer, den Neu-Stuttgarter

Willi, was hasch‘ du geleischtet? Nix hasch‘ du geleischtet!

Der Spiegel (41/1990) schildert die rasche Assimilation des ostdeutschen Fußballers Matthias Sammer im Schwabenland: „Wertschätzung erfährt Matthias Sammer, 23, mittlerweile bundesweit. Ob nun der neue Bundestrainer Berti Vogts in ihm einen Kandidaten für die Nationalelf erkannt hat oder ob ihm Dieter Hoeneß, der Manager des VfB Stuttgart, Ecken und Kanten und das Zeug zum Führungsspieler attestiert – kein Zweifel, der ehemalige Dresdner hat es, kaum drei Monate nach seinem Transfer von Ost nach West, der Bundesligabranche angetan. Weder Andreas Thom noch Ulf Kirsten – lange als die einzig tauglichen DDR-Kicker gehandelt und deshalb als erste für zusammen sieben Millionen Mark in den Westen transferiert – haben sich eine vergleichbare Reputation erspielt. Während sie beim kühlen Werksklub Bayer Leverkusen das Plansoll erfüllen, gedeiht Sammers Karriere nicht zuletzt dank einer symbiotischen Beziehung, zu der die Schwaben und ihr emsiger Mittelfeldspieler gefunden haben. Schon jetzt fühlt sich der Mann, der angeblich nie gesächselt hat, dafür aber nun in leichter schwäbischer Tonlage daherredet, rundherum zufrieden. Und wenn Trainer Willi Entenmann dann auch noch Sammers erkennbaren Drang nach Leischtung lobt, ist einer schnell der Held in einer Region, in der es immer noch als Auszeichnung gilt, beim Daimler zu schaffen. Gerade so, als sei im Grunde der Sachse der ideale Schwabe (…) Daß Sammer sein Gehalt von rund 500 000 Mark im Jahr bis auf die Leasinggebühren für den neuen Mercedes erst mal sparen will, ist ganz nach dem Geschmack seines Trainers Willi Entenmann. Der beflissene Fußballehrer erkennt in seinem ostdeutschen Star so ganz den schwäbischen Willi der frühen Jahre wieder. Damals, mit 19, berichtet Entenmann, habe er sich beim Porsche die Nas‘ platt‘drückt, von seinem ersten Geld hätte er den Sportwagen locker bezahlen können. Aber da sei sein Schwiegervater (ein Zahnarzt) auf den Plan getreten und habe gemahnt: Willi, was hasch‘ du geleischtet? Nix hasch‘ du geleischtet. Und Willi kaufte sich lieber ein Grundstück fürs Häusle. Kein Wunder, wenn Entenmann nun mit leicht verklärtem Blick beteuert, der Matthias sei ein Profi, wie ihn sich der Trainer wünscht. Denn ganz nebenbei nimmt der gelernte Maschinenanlagenmonteur im Mannschaftskreis offenbar auch noch pädagogische Aufgaben wahr. Durch Gespräche mit Sammer hätten einige Kicker begriffen, daß es uns ja doch nicht so schlecht geht, wie manche immer behaupten, meint der CDU-nahe Coach. Auch um die Psyche seines Schützlings ist Entenmann besorgt. Zwar wolle er einen, der auf‘m Platz ein Löw‘ sei, nicht zu einem zarten Lämmle dressieren. Aber weil Sammer sich leise beklagt hat, der Medienrummel werde ihm zuviel, ist auf Entenmanns Geheiß mit Interviews erst mal Schluß. Örtliche Zeitungsvertreter monieren inzwischen die Unnahbarkeit des Fußballers, der, wie sich einer beklagt, nicht mal stehenbleibt, wenn man ihn anschwätzt.

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